Bewertung zu "Euphrat, Tigris und andere schwarze Locken" von Harald Albrecht
Bevor ich kurz etwas zum Buch sage:
Ein großes Lob gilt dem Verlag für das schöne Cover-Design und die tollen Illustrationen, welche die Gedichte wunderbar ergänzen. Leider findet man immer häufiger nur noch lieblos gestaltete Bücher. Ich finde, dass dies dem Leseerlebnis schadet. Das ist hier anders und ein wirklicher Pluspunkt.
Nun zum Buch:
Mir wurde Euphrat, Tigris und andere schwarze Locken von einem befreundeten Autor empfohlen. Zugegebenermaßen bin ich noch nicht lange unterwegs im Genre der Lyrik, würde mich aber insgesamt als "erprobten Leser" bezeichnen.
In diesem Buch findet der Leser auf ca. 110 Seiten in erster Linie Gedichte, die zwischen 1982 und 2014 entstanden sind. Daneben sind auch Kompositionen abgebildet. Denn passend zum Buch ist auch eine CD mit Liedern entstanden, die sich separat oder zusammen mit dem Buch kaufen lässt (ich habe nur das Buch erworben, daher kann ich nichts zu der CD sagen).
Ich brauchte erstmal eine Weile um mich "einzulesen", denn es handelt sich hier durchaus um eher ungewöhnliche Gedichte, die sich einem nicht sofort erschließen, jedoch neugierig auf mehr machen. Und, was soll ich sagen. Das Buch hat mich wirklich gepackt.
Beim Lesen dieses Buches habe ich mich oft so gefühlt, als würde ich den Autor bei seinen Stationen durch Paris, Berlin und München begleiten. Mit jedem Gedicht eröffnete sich mir die Welt des Autors noch ein Stück mehr. Der tiefe Blick in den Gedankenkosmos des Autors gab mir neue und interessante Perspektiven auf das Geschriebene.
Als Leser wird man stetig zum Nachdenken angeregt und ist dazu aufgefordert, sich genauer mit den Gedichten auseinanderzusetzen. Das schafft irgendwie eine besondere Bindung zu den Texten, da man einfach etwas mehr Zeit mit Ihnen verbringt.
Ein gutes Beispiel hierfür ist das Gedicht Violon d’Ingres, welches ich gerne kurz vorstellen möchte. (Die Rede ist hier von dem berühmten Bild des Fotografen Man Ray, siehe hier: http://de.yellowkorner.com/zoom/726.jpg)
Violon d'Ingres
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Spiel, wie's die Regentropfen klopfen
Pizzicato die Geige, die
Weiblich ist, pizzicato
Den Träumer, der
Du nicht bist,
Pizzicato das Spiel, das ein obskures
Bild der Begierde mit uns
Spielt, im Partizip,
Präsens: die Schöne, mir den Rücken kehrend,
Ein Paperback, auf's Drehn und Wenden wartend,
Ein f, Einfall, an Resonanz teilhabend, so
Wie das Partizip an Tat und Hoffnung,
Das Foto an der Gegenwart und ich
An dem obskursten Hobby under hand, alt
Wie die Welt und
Notwendig wie sie,
Diese Gebrauchsanweisung,
Die die Regentropfen klopfen.
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Euphrat, Tigris und andere schwarze Locken ist gespickt von Gedichten dieser Art, was mir wirklich gut gefallen hat.
Am Ende war ich zwar baff von den vielen Eindrücken, die mir vermittelt wurden und die es zu verarbeiten galt. Dennoch fühle ich mich noch nicht ganz gesättigt und bin gespannt auf das, was noch folgt.
Insgesamt eine sehr empfehlenswerte und darüber hinaus auch schön anzusehende Neuerscheinung des APHAIA Verlags, die ich mit Vergnügen gelesen habe.