In dem Buch Putchiqua um-um hat Ulla Burges zwanzig Märchen zusammengestellt für alle Kinder von 4 bis 98.
Die Märchen nehmen den Leser mit auf eine phantastische Reise, bei der er eintaucht in seltsame, aufregende und nachdenklich machende Begebenheiten, eintaucht in phantasiereiche Erzählungen mit oft überraschenden Wendungen. Manche Geschichten haben etwas Dunkles in sich, wie Märchen oft etwas Dunkles in sich tragen. Das Fiese, Böse, Hinterhältige, Zynische katapultiert die Figuren oft in Situationen, die ausweglos erscheinen. Doch die Kinder in den Märchen finden den Weg hinaus aus den Verstrickungen, meistens. Nur die Spinne Arachne behält sich vor, die Dystopie bis in die Zukunft piepen zu lassen. Manchmal ist die Lösung aus den Verstrickungen einfach da, manchmal durch Singen, durch starken Willen, durch einfach was tun. Und in dem starken Charakter der Märchenkinder und in ihrer Unerschrockenheit und Aufmüpfigkeit lichtet sich das dunkel Belegte und wandelt sich in Lebendigkeit.
Häufig sind es Mädchen, die in den Märchen als kleine Heldinnen erscheinen. In etlichen Begebenheiten schöpfen sie aus sich heraus eine Stärke, die gegen das Übliche und Eingefahrene angeht und es überwindet. Die innere Kraft macht auch das Böse und Hinterhältige unwirksam und löst es geradezu auf.
In manchen Geschichten offenbart sich dem Leser sprachliche Schönheit von besonderer Intensität. Wenn die Glasscherben zu tanzen, vertrocknete Blätter zu leben anfangen und die schrumpeligen Kastanien den Takt geben, bis sie alle in schwacher Mondlicht-Farbigkeit glänzen. Hinzu kommt ein spielerischer Umgang mit der Sprache, phantastisch erzählt zum Beispiel in der Phantasiesprache Putchiqua um-um zwischen der Kröte und dem Spatz.
Zu jedem Märchen hat die Autorin ein oder zwei Bilder gemalt, die eigenständig und oft auf untergründige Weise die Geschichte miterzählen. In verkruschtelten Gesichtszügen wird das Innere nach aussen gewendet. Die Traurigkeit des kleinen Jungen ist greifbar nahe. Die Bilder zeigen, wie die Figuren unglücklich und ratlos sind, selbst die gute alte Sonne, und wie sich die Brüder verzweifelt nach etwas anderem ausstrecken. Die Bilder offenbaren das Dunkle im dunklen Tod, das Entrüstetsein unsympathischer Menschen in festlich-aggressiver Gesellschaft. Und dann ist da der befreiende Flug des befreiten Vogels in voller Spannweite der Flügel. Ebenso die selbstbewusste Erscheinung eines Wesens mit erhobenem roten Haupt, dass seine Wildheit tanzt und unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass es sich nicht bändigen lässt.
Zwischen den einzelnen Märchen tauchen Aka und Uku auf, zwei sprachgewitzte Schelme, die sich auflockernd mit sinnreich-sinnlosen Nonsens-Gesprächen zwischen die Märchen schieben. Diese Gespräche regen zum Weitermachen, zum Weitererzählen und zum Weiterspielen an.
Die wunderbaren Geschichten sprechen mit den Kindern, die sie hören und lesen. Sie haben keine abgeschlossene Moralwelt. Vieles bleibt offen, so manches kann nicht erklärt werden, wie eben vieles in der Welt auch nicht erklärt werden kann. Viele Geschichten können weitererzählt werden. Die Märchen ermutigen dazu. Und es werden Fragen gestellt, was ist wahr und was nicht. So geben die Geschichten den Kindern und den Erwachsenen etwas in die Hand, dass sie selbst weiterformen können, in ihren Gedanken, in ihren Erzählungen, in ihrem Handeln.
Diese Märchen, diese Geschichten gehen auf die Kindern und auf die Erwachsenen zu und lassen sich bei ihnen nieder. Denn es sind Erzählungen, die nicht einfach verstauben. Sie sind lebendig und herausfordernd.