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Herbstrose

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Cover des Buches Gussie (ISBN: 9783423283861)

Bewertung zu "Gussie" von Christoph Wortberg

Gussie
Herbstrosevor 13 Stunden
Kurzmeinung: Die bewegende Lebensgeschichte der zweiten Ehefrau von Konrad Adenauer, des damaligen OBs von Köln und späteren Bundeskanzlers der BRD.
Auguste >Gussie< Adenauer – ein Leben zwischen Glück und Leid

Im Februar 1948 liegt im Bonner Johannes-Hospital eine Frau, die nur noch einige Tage zu leben hat - es ist Auguste >Gussie< Adenauer. Ihre Gedanken schweifen zurück, sie erinnert sich: Gussie Zinsser ist 24 Jahre alt, als sie 1920 den beinahe 20 Jahre älteren Witwer und Vater dreier Kinder, Konrad Adenauer, heiratet. Der Ehe entspringen fünf Kinder, der Erstgeborene stirbt jedoch kurz nach der Geburt. Als Frau des Oberbürgermeisters von Köln begleitet sie ihren Mann oft zu Veranstaltungen, ist selbst aber auch politisch und sozial tätig. Ihr Leben ändert sich entscheidend, als Hitler 1933 die Macht übernimmt. Adenauer wird überwacht, enteignet, gefangen genommen und entgeht nur durch eine List dem Konzentrationslager. Jetzt muss er sich vor den Nazis verstecken und seine Familie allein ihrem Schicksal überlassen. Mit Mut und Kraft versucht Gussie, sich und die Kinder durch die schwierige Zeit zu bringen, bis eines Tages die Gestapo erscheint und sie zum Verhör mitnimmt …

Christoph Wortberg, geb. 1963 in Köln, studierte nach seinem Abitur Germanistik, Philosophie und Geschichte und absolvierte eine Ausbildung zum Schauspieler. Er ist Autor einiger preisgekrönter Jugendromane, mehrerer Kriminalromane und Verfasser zahlreicher Drehbücher für Fernsehproduktionen. 

Auguste "Gussie" Amalie Julie Adenauer (geb. Zinsser)

* geboren 07.12.1895 in Köln - † gestorben 03.03.1948 in Bonn 

Sorgfältige Recherche um größtmögliche geschichtliche Genauigkeit zeichnet diesen biografischen Roman aus. Auf unterhaltsame Weise erleben wir hier ein Stück Zeitgeschichte, flüssig geschrieben und ansprechend aufbereitet. Kurze Kapitel, denen jeweils ein kurzer Auszug aus dem Briefwechsel zwischen Gussie und ihrem Vater bzw. zwischen ihr und Adenauer vorangestellt ist, sowie sehr gut ausgearbeitete Charaktere sind weitere Pluspunkte, die das Lesen dieses Buches zu einem angenehmen Erlebnis machen. 

Fazit: Ein Buch, das ohne zu belehren geschichtliches Wissen vermittelt – sehr empfehlenswert! 

Cover des Buches Wir sehen uns im August (ISBN: 9783462006421)

Bewertung zu "Wir sehen uns im August" von Gabriel García Márquez

Wir sehen uns im August
Herbstrosevor 2 Tagen
Kurzmeinung: Faszinierende Studie über eine reife Frau, die sich und das Leben neu entdeckt – mit einem unerwarteten Schluss.
An einem Tag im Jahr

Wie in jedem Jahr am 16. August, so setzt auch Ana Magdalena Bach diesmal wieder mit der Fähre auf eine Karibikinsel über, um das Grab ihrer verstorbenen Mutter zu besuchen. An deren Todestag legt sie dort immer einen Strauß Gladiolen nieder und berichtet der Verstorbenen von ihren Sorgen und Nöten. Ana Magdalena ist 46 Jahre alt und seit 27 Jahren glücklich mit dem 54jährigen Doménico, dem Direktor des Konservatoriums, verheiratet. Das Paar hat zwei Kinder, einen zweiundzwanzig Jahre alten Sohn und eine 18jährige Tochter. Wie jedes Jahr übernachtet sie in einem Touristenhotel an der Lagune und nimmt abends an der Bar eine Kleinigkeit zu sich. Diesmal wird sie von einem fremden Mann angesprochen, der sie zu einem Drink einlädt. Sie geht auf seine Flirtversuche ein und nimmt ihn mit auf ihr Zimmer. Dieses Ereignis hat sie so verändert, dass sie fortan das Abenteuer sucht und nicht nur auf die Insel fährt, um auf das Grab der Mutter Blumen zu legen … 


Gabriel García Márquez, (geb. 1927 in Kolumbien – gest. 2014 in Mexiko) war ein kolumbianischer Schriftsteller und Journalist. Er schrieb Drehbücher, Kolumnen, Reportagen, Kurzgeschichten, Erzählungen, Romane und Memoiren. Bevor er sich dem Schreiben zuwandte, studierte er zunächst Jura an der Universidad Nacional de Colombia in Bogotá. Zu dieser Zeit lernte er auch seine spätere Ehefrau Mercedes kennen, die 2020 im Alter von 87 Jahren starb. Aus der Ehe gingen zwei Söhne hervor. Sein Durchbruch als Schriftsteller gelang Márquez 1967 mit dem Roman „Hundert Jahre Einsamkeit“, der sich mehr als 30 Millionen Mal verkaufte. 1982 wurde Gabriel García Márquez mit dem Nobelpreis für Literatur geehrt.  


Zehn Jahre nach dem Tod des Literaturnobelpreisträgers Gabriel García Márquez erscheint dessen letzter Roman, unvollendet. Seine Söhne hatten beschlossen, das Buch zu veröffentlichen.


„Wir sehen uns im August“ heißt der Roman, der vom Umfang her eher eine Novelle ist, und nun weltweit auf den Markt gekommen ist. Nach dem Willen des Autors sollte er eigentlich nicht gedruckt sondern vernichtet werden, weil er seiner Meinung nach nichts tauge. Seine Söhne sahen das anders, zum Glück für uns Leser. Eine Sensation ist es sicherlich nicht, dennoch eine recht unterhaltsame Geschichte mit teils deftigen Sexszenen. Dass der Autor den Text nicht mehr überarbeiten konnte ist daran zu merken, dass einige Stellen (zumindest auf Deutsch) doch etwas unrund und holprig rüberkommen und gefühlte Lücken vorhanden sind. Das mindert jedoch keineswegs die Lesefreude, zumal der Schluss mit einer gut gelungenen Pointe überrascht. Schade, dass dem Autor keine Zeit mehr geblieben ist, diese kurze Geschichte zu einem großen Werk zu vollenden. 


Fazit: Ein dünnes Buch mit vielen schönen ausdrucksstarken Passagen und einem großartigen Schluss – lesenswert trotz kleiner Mängel.  

Cover des Buches Das kleine Haus am Sonnenhang (ISBN: 9783446279414)

Bewertung zu "Das kleine Haus am Sonnenhang" von Alex Capus

Das kleine Haus am Sonnenhang
Herbstrosevor 4 Tagen
Kurzmeinung: Alltagsgeschichten aus dem Dorf und unterhaltsame Gedanken über das Leben, die Liebe und das Schreiben.
Erinnerungen

In den Neunzigerjahren, er war damals Journalist und noch kein Schriftsteller, verbrachte Alex Capus eine längere Zeit in seinem kleinen Haus am Sonnenhang in einem Tal im Piemont, das er als junger Mann sehr billig erworben hatte. Er hatte sich vorgenommen, dort seinen ersten Roman zu schreiben. Während der Sommermonate war nicht nur seine Freundin Nadja, die heute seine Frau ist, bei ihm, es waren auch viele Freunde zu Besuch. Ab September, als alle zurück in die Schweiz fuhren, war Alex Capus allein mit seiner Schreibmaschine und konnte an seinem Roman arbeiten. Die Tage verliefen in ruhiger Gleichförmigkeit, doch gelegentlich fuhr er mit seinem alten Fahrrad in die drei Kilometer entfernte Kleinstadt um mit Nadja zu telefonieren, danach in die Bar "Da Pierluigi", um einige Einheimische zu treffen und ein paar Gläser Wein zu trinken. Es waren immer dieselben Gäste, alles Männer, mit denen er zusammen saß, Giuseppe, Mauro, Sergio, Roberto und natürlich der Wirt Pierluigi, die alle etwas Gesellschaft suchten. Es wird viel geraucht, viel getrunken und nur das Nötigste geredet. Die Abende vergingen meist ereignislos, doch einmal herrschte Aufregung. In der Kirche wurde der Opferstock aufgebrochen, die Polizei kommt auch in Pierluigis Bar … 

Der Autor Alex Capus wurde 1961 in Frankreich geboren und lebt heute in Olten im Schweizer Kanton Solothurn. Er ist verheiratet mit Nadja, die im vorliegenden Buch erwähnt wird. Das Paar hat fünf Söhne. Capus studierte Geschichte, Philosophie und Ethnologie und arbeitete während und nach seinem Studium als Journalist und Redakteur bei verschiedenen Schweizer Zeitungen. 1994 veröffentlichte er seinen ersten Erzählband. Sein Debütroman ist „Munzinger Pascha“, der 1997 erschien und dessen Entstehung Grundlage dieses Romans ist. Mehrere Kurzgeschichten, historische Reportagen und Romane folgten, für die er zahlreiche Preise erhielt. Sorgfältig recherchierte und geschichtlich überlieferte Tatsachen verknüpft Capus gerne mit fiktiven Geschichten, die überwiegend in der Schweiz spielen. 

Jetzt, dreißig Jahre später, erzählt uns Alex Capus, der inzwischen ein gefeierter Schriftsteller ist, von der Entstehung seines ersten Romans „Munzinger Pascha“ während seines Aufenthalts im kleinen Haus am Sonnenhang. Er entführt uns in eine Zeit in der keiner ein Handy besaß, Mitteilungen noch per Post befördert wurden und man an Tankstellen von einem Tankwart bedient wurde. In seinem gewohnt flüssigen und gut verständlichen Schreibstil, in dem ab und zu eine gute Portion Humor durchblitzt, erzählt er von alltäglichen Ereignissen. Es geschieht nicht viel, sein Leben dort ist ruhig und von Routine geprägt, dennoch ist die Geschichte sehr unterhaltsam. Großartig sind seine Gedanken über das Leben, über Kunst und Literatur und über die italienische Polizei, die damals bei Diebstahl ihre eigene Methode hatte. Zum Schmunzeln ist auch sein Kampf mit dem Siebenschläfer, der sich auf dem Dachboden einquartiert hat, für Stromausfälle sorgt und ihn nachts durch sein Getrappel wach hält. 

Fazit: Eine solide Geschichte aus dem Leben des Autors, die mir unterhaltsame und kurzweilige Lesestunden beschert hat. 

Cover des Buches Daheim (ISBN: 9783103970357)

Bewertung zu "Daheim" von Judith Hermann

Daheim
Herbstrosevor 9 Tagen
Kurzmeinung: Über Aufbruch und Neuanfang, über Distanz und Nähe zulassen, jedoch leider wenig Handlung.
Überall und nirgends daheim

Früher wohnte sie in der Stadt und war in der Zigarettenfabrik beschäftigt, jetzt lebt die Mittfünfzigerin am Rande eines kleinen Dorfes an der Küste und arbeitet für ihren älteren Bruder in dessen Kneipe. Sie hat viel Zeit und denkt über Vergangenes nach, über ihre Tochter, die als 19Jährige ausgezogen ist, über ihre müssglückte Ehe und über ihre lieblose Kindheit. Es ist recht einsam um die namenlose Erzählerin, bis in der Nähe eine neue Nachbarin einzieht. Mimi ist Künstlerin und nach drei gescheiterten Ehen in ihre Heimat zurückgekehrt, wo auch ihr Bruder Arild einen Bauernhof mit Schweinezucht betreibt. Die beiden einsamen Frauen freunden sich an und bald beginnt unsere Protagonistin eine leidenschaftslose Affäre mit Arild. Ihr beinahe 60jähriger Bruder hat sich unsterblich in Nike, eine zwanzigjährige Kellnerin, verliebt, die seine Vernarrtheit gründlich ausnützt. 

Judith Hermann, geb. 1970 in West-Berlin, ist eine deutsche Schriftstellerin. Sie besuchte nach dem Abitur die Berliner Journalistenschule, die sie mit einem Diplom abschloss. Danach folgte ein Praktikum in New York, bevor sie 1998 ihren ersten Band mit Kurzgeschichten veröffentlichte, 2003 folgte ein zweiter Band mit Erzählungen. Ihr erster Roman erschien 2014 – „Daheim“ aus dem Jahr 2021 ist ihr zweiter Roman. 

Altes hinter sich lassen, Neues erkunden und annehmen, Nähe zu anderen zulassen und Distanz wahren, das sind wohl die Grundgedanken dieses Romans. Die Autorin lässt die Protagonistin selbst erzählen und springt immer wieder zwischen der Gegenwart und den Erinnerungen der Erzählerin hin und her. In knappen Worten skizziert sie die Handlung, deutet vieles nur an. Auch die Dialoge sind kurz und einsilbig, so redet doch kein Mensch, und Emotionen sucht man dabei vergeblich. Zu all dem bleibt auch das Ende offen, richtig offen, wie abgehackt – ärgerlich. 

Fazit: Wenig Handlung aber vieles angedeutet – nicht mein Lesegeschmack. 

Cover des Buches Der Ausflug - Nur einer kehrt zurück (ISBN: 9783328110811)

Bewertung zu "Der Ausflug - Nur einer kehrt zurück" von Ulf Kvensler

Der Ausflug - Nur einer kehrt zurück
Herbstrosevor 12 Tagen
Kurzmeinung: Ein atemberaubender Thriller in grandioser Landschaft, in der jeder um sein Leben kämpfen muss.
Trekkingtour auf Leben und Tod

Wie schon in den letzten Jahren, so wollen auch in diesem Jahr Anna, ihr Lebensgefährte Henrik und ihre gemeinsame Freundin Milena eine Wanderwoche zusammen in den schwedischen Bergen verbringen. Doch diesmal ist es anders, Milenas neuer Freund Jakob ist mit von der Partie. Schon zu Beginn überredet er die Gruppe, eine andere Gegend als die gewohnte aufzusuchen. Er möchte in den einsamen Nationalpark Sarek im schwedischen Lappland, der bekannt ist für seine tief eingeschnittenen Täler, seine reißenden Flüsse, seine schroffen Gebirgsmassive und eisigen Gletscher. Etwas zögerlich willigen die Freunde ein – die falsche Entscheidung, wie sich bald herausstellen soll. Die Wanderroute wird immer beschwerlicher, das Wetter wird immer schlechter, die Stimmung unter den Wanderern kippt, man streitet sich …

Ulf Kvensler, geb. 1968, ist ein schwedischer Schriftsteller, Drehbuchautor und Regisseur. Der Roman „Der Ausflug“, 2024 auf Deutsch im Penguin-Verlag erschienen, (Originaltitel SAREK, 2022) ist sein Debüt und stand wochenlang an der Spitze der schwedischen Bestenliste.  

Die Geschichte beginnt nicht mit dem Ausflug, sondern mit dem Geschehen danach. Wir lesen ein Protokoll über die Rettung einer schwer verletzten Frau die sagt, sie hieße Anna. Danach folgen Ereignisse aus der Vergangenheit, immer wieder eingeschoben Protokolle der polizeilichen Befragung Annas, und dazwischen natürlich die Erlebnisse der vier Wanderer auf dieser mörderischen Tour. 

Der Roman ist an Spannung kaum zu überbieten. Genau wie die Protagonisten immer wieder vom rechten Weg abkommen, so führt uns auch der Autor auf falsche Fährten. Wir lesen über eine wunderbare Landschaft und über eine grandiose Bergwelt, und erleben dabei gleichzeitig den brutalen Kampf ums Überleben. Der Schreibstil ist flüssig und, abgesehen von den vielen schwedischen Namen der Berge, Flüsse und Täler, sehr gut lesbar. Das Geschehen ist aus Annas Sicht geschrieben, was uns durch ihre Gespräche mit ihren Wandergefährten den Gefühlen und Emotionen aller Beteiligten sehr nahe bringt. 

Den Schluss dieser nervenaufreibenden Geschichte finde ich großartig gelungen, plötzlich wird der Blickwinkel gewechselt, eine perfekte Lösung, ganz anders als man es erwartet hat – es bleibt noch viel Raum für die eigene Fantasie. 

Fazit: Eine gut gelungene Mischung aus großartigen Landschafts- und Naturbeschreibungen und gnadenlosem Überlebenskampf, spannend bis zum Schluss.   

Cover des Buches Das andere Tal (ISBN: 9783257072822)

Bewertung zu "Das andere Tal" von Scott Alexander Howard

Das andere Tal
Herbstrosevor 14 Tagen
Kurzmeinung: Ein gut geschriebenes spannendes SciFi-Buch darüber was geschehen würde, wenn man in eine andere Zeit wandern könnte.
Was wäre, wenn man in der Zeit vor und zurück gehen könnte?

Odile Ozanne ist 16 Jahre alt und soll bald eine Ausbildung beginnen. Ihre Mutter möchte, dass sie am Auswahlverfahren für‘s Conseil, der Verwaltung des Bezirks, teilnimmt, um so ihr Ansehen und ihren Lebensstandard zu verbessern. Die beiden leben in einem Tal, umgeben von anderen Tälern, deren Grenzen jedoch mit Stacheldraht und Wachtürmen gesichert sind. Im Nachbartal im Osten leben dieselben Bewohner, jedoch 20 Jahre in der Zukunft, während selbige Bewohner im Westen 20 Jahre in der Vergangenheit leben. Begegnungen zwischen den einzelnen Zeitzonen müssen verhindert werden, da mit unvorhersehbaren Folgen gerechnet werden muss. Ein kurzer anonymer Besuch kann vom Conseil nur in ganz besonderen Fällen erlaubt werden, meist um einen Verstorbenen, von dem man sich nicht verabschieden konnte, nochmals zu sehen. Odile hat bei der Auswahl gute Aussichten im Conseil aufgenommen zu werden, doch dann geschieht etwas, das sie ihre Bewerbung abbrechen lässt. Das sollte fatale Folgen für ihre Zukunft haben …  

Scott Alexander Howard lebt in Vancouver, British Columbia. Er promovierte in Philosophie an der University of Toronto und war Postdoktorand in Harvard, wo er sich mit der Beziehung zwischen Erinnerung, Emotion und Literatur beschäftigte. „Das andere Tal“ ist sein erster Roman. 

Es handelt sich hier um eine ganz   außergewöhnliche Geschichte, vom Autor philosophisch durchdacht und intelligent geschrieben, die nachdenklich stimmt und zum Grübeln anregt. Was wäre, wenn man in die Vergangenheit zurück könnte, um seine gemachten Fehler und falschen Handlungen zu korrigieren? Welche Auswirkungen hätte es für mich und für die Zukunft anderer beteiligter Personen? Wäre es sinnvoll, verstorbenen lieben Menschen noch einmal zu begegnen und wäre der Kummer des Verlustes dann nicht noch größer? 

Kein einfaches Thema, das Howard jedoch großartig umgesetzt hat. Es geht im Roman nicht alleine um „Zeitreisen“, sondern neben Schmerz und Trauer spielt auch eine aufkeimende junge Liebe eine große Rolle. Die Handlung, die Personen und auch die Beschreibung der Landschaft konnten mich voll überzeugen. Neben ruhigen und besinnlichen Phasen knistert es in der Geschichte manchmal vor Spannung, so dass es nie langweilig wird. Glaubt man irgendwann zu wissen wie es ausgeht, wird man wieder eines Besseren belehrt. Der Schluss überzeugt, beruhigt und macht glücklich. 

In einem Interview am Ende des Buches erklärt Howard sein Motiv für dieses „erzählerisch umgesetzte philosophische Gedankenspiel zum Thema Zeit und Zeitreisen“, wie er es nennt. 

Fazit: Ein außergewöhnlich spannendes Leseerlebnis, das mich gepackt und begeistert hat und das ich gerne weiter empfehle. 

Cover des Buches Wir werden jung sein (ISBN: 9783462003758)

Bewertung zu "Wir werden jung sein" von Maxim Leo

Wir werden jung sein
Herbstrosevor 15 Tagen
Kurzmeinung: Interessante Auseinandersetzung mit dem Thema Medikamentenversuch und die ethische Einstellung zur damit verbundenen Lebensverlängerung.
Für immer jung – Fluch oder Segen?

Der Biochemiker Professor Martin Mosländer an der Berliner Charité hat ein neues Medikament entwickelt, das Herzmuskelzellen erneuern soll, um so eine chronische Herzmuskelschwäche zu kurieren. Er testet dies an einer Gruppe von vier Personen, an sich selbst und an seinem alten Hund. Die Probanden sind: Der sechzehnjährige herzkranke Jakob, der gerade seine erste Freundin hat, der alte Fabrikant Wenger, der aufgrund seines Herzleidens nicht mehr lange zu leben hat, die fünfunddreißigjährige Verena, ehemalige Olympiasiegerin im 100-Meter Freistilschwimmen und Jenny, eine Lehrerin in den besten Jahren, die bereits jahrelang erfolglos versuchte schwanger zu werden. Das Medikament zeigt seine Wirkung, jedoch etwas anders als erwartet, alle Probanden werden biologisch immer jünger. Als die Öffentlichkeit davon erfährt, reißt sich alle Welt um das Wundermittel ... 

Maxim Leo, geb. 1970 in Ost-Berlin, ist ein deutscher Schriftsteller, Drehbuchautor und Journalist. Er wuchs in Ost-Berlin auf, absolvierte nach der Schulzeit eine Ausbildung zum Chemielaboranten, studierte danach Politikwissenschaften und arbeitete im Anschluss als Nachrichtenredakteur beim RTL. Er schrieb gemeinsam mit Jochen Gutsch mehrere Bestseller und eine Krimi-Reihe um Kommissar Voss, der in Brandenburg ermittelt. Der Autor lebt mit Frau und zwei Kindern in Berlin. 

Eine faszinierende Zukunftsvision, die uns der Autor hier präsentiert. Er erzählt die Geschichte aus  Perspektiven der Probanden, für die das Medikament einschneidende Veränderungen in ihrem Leben bewirkt – sie werden nicht nur gesünder, sondern auch biologisch jünger! Wir begleiten sie während eines Jahres und erfahren so hautnah, wie unterschiedlich sie mit der Situation umgehen und wie die Welt darauf reagiert. Was sind die Risiken und welche Möglichkeiten eröffnen sich? Ist das Medikament ein Segen oder gar ein Fluch für die Menschheit und ist eine Lebensverlängerung ethisch eigentlich zu verantworten? Der Schluss ist dann überraschend kurz. Eine schlüssige Antwort auf all die Fragen erfahren wir nicht, man muss sich seine eigenen Gedanken machen.

Fazit: Ein wirklich gut gelungener Roman über ein ungewöhnliches Thema, der sich gut und flüssig lesen lässt. 

Cover des Buches Annas Lied (ISBN: 9783103976236)

Bewertung zu "Annas Lied" von Benjamin Koppel

Annas Lied
Herbstrosevor 17 Tagen
Kurzmeinung: Ein sehr schöner Roman über Pflichtbewusstsein, Verzicht und Einsamkeit, und über die wohltuende Kraft der Musik.
Die heilsame Kraft der Musik

Hannah ist das jüngste von fünf Kindern der dänisch-jüdischen Familie Koppelman. Sie würde gerne Musikerin werden, doch im Gegensatz zu ihren vier Brüdern, die sich der Familientradition widersetzten und ihre Frauen selbst aussuchten, muss sich Hannah dem Willen der Eltern beugen. Obwohl sie heimlich Aksel liebt, soll sie die Ehre der Familie wahren und eine arrangierte jüdische Ehe eingehen, die sie nach Paris verschlagen wird. Doch zunächst kommt es anders. Der II. Weltkrieg steht kurz bevor, die jüdische Bevölkerung wird auch in Dänemark verfolgt und wer nicht fliehen konnte wird deportiert. Die Familie wird auseinandergerissen, Hannah überlebt in Schweden und heiratet nach dem Krieg, wie von den Eltern gewünscht, den jungen französischen Juden Francois … 

Benjamin Koppel, geb. 1974, ist ein international bekannter dänischer Jazz-Musiker und Autor des Buches „Annas Lied“ (2024). Er erzählt darin die Lebensgeschichte von Anna,  der Schwester seines Großvaters, die lange als verschollen galt. Der Roman beruht auf Tatsachen, wie der Autor selbst sagt, die er fiktionalisiert und mit Anekdoten ausgeschmückt hat, die in seiner Familie seit Generationen überliefert sind. 

Jüdisches Leben, ihre Sitten, Traditionen und Bräuche, sind neben Annas bewegender, mitreißender Geschichte ein großes Thema, das der Autor Benjamin Koppel in diesem Buch lebendig werden lässt. Wir lesen von der Einsamkeit im Herzen der Protagonistin und von ihrer Liebe zur Musik, die ihr über manch schwere Stunde hinweg half. Sehr feinfühlig schildert er auch Hannahs unerfüllte Träume, ihre hoffnungslose Liebe zu Aksel, der sie ein beinahe 100jähriges Leben lang nachtrauert, und von ihrer großen Sehnsucht Musikerin zu werden. 

Der Autor versteht es großartig, die Gefühle der Menschen zu beschreiben. Auf eindringliche Weise vereinigt er hier gut recherchierte Zeitgeschichte mit jüdischem Lebensgefühl und überzeugt durch Tiefgang und Spannung. Es ist kein einfacher Lesespaß, doch wer sich für Musik interessiert und gerne Familiensagas liest, wird hier auf seine Kosten kommen.  

Fazit: Interessante, gut geschriebene Lebensgeschichte über eine starke Frau, die die Liebe zu ihren Eltern über ihr eigenes Glück stellt. 

Cover des Buches Mühlensommer (ISBN: 9783462004786)

Bewertung zu "Mühlensommer" von Martina Bogdahn

Mühlensommer
Herbstrosevor 25 Tagen
Kurzmeinung: Ein unterhaltsamer humorvoller Familienroman, der nachdenklich stimmt und an die eigene Kindheit erinnert.
Beim Landleben zu sich selbst finden …

Um den Stress der Arbeit abzuschütteln hat Werbegrafikerin Maria sich entschlossen, mit ihren beiden Teenie-Töchtern die Einladung in die Berghütte von Freunden anzunehmen und mit ihnen ein langes Wochenende zu verbringen. Kaum dort angekommen erhält sie einen Anruf ihrer Mutter, die sie eindringlich bittet sofort zu ihr zu kommen, da sie dringend ihre Hilfe auf dem Hof braucht. Der Vater habe einen Unfall gehabt, liege im Krankenhaus, die Kühe und Schweine im Stall müssten versorgt werden, und auch die demente Grußmutter bräuchte ihre Hilfe. Sofort fährt Maria los. Als sie dort ankommt erwartet sie neben einer Menge Arbeit auch ihr altes Kinderzimmer, das längst verschüttete Erinnerungen an ihre Kindheit und Jugendzeit wieder aufleben lässt. Als dann noch ihr Bruder Thomas auftaucht, mit dem sie sich vor Jahren zerstritten hat, sind die Konflikte bereits vorprogrammiert. Doch Familie ist schließlich Familie und Heimat ist Heimat … 

Martina Bogdahn, geb. 1976, ist auf einem Einödhof in Mittelfranken aufgewachsen und hat in Nürnberg Kommunikationsdesign studiert. Sie lebt und arbeitet als Fotografin in München. „Mühlensommer“, das beim KiWi-Verlang am 11.4.2024 erscheint, ist ihr erstes Buch. 

Zusammenhalt in der Familie ist neben der alltäglichen Arbeit auf dem Bauernhof ein großes Thema, das die Autorin sehr einfühlsam und mit viel Humor umgesetzt hat. Ihr Schreibstil ist flüssig und sehr bildgewaltig. Sie weiß wovon sie schreibt wenn sie vom Leben auf dem Lande erzählt, da sie ja selbst in ähnlicher Umgebung aufgewachsen ist. Die Rückkehr an den Ort der Kindheit ist immer mit Emotionen verbunden. So erinnert sich Maria während der beschwerlichen Arbeit immer wieder an früher, an die abenteuerliche Zeit und die große Freiheit, die die Dorfkinder damals hatten. Der Wechsel zwischen ihren Erinnerungen und dem Geschehen in der Gegenwart erfolgt fließend und ist gut nachvollziehbar. Trotz vieler Arbeit genießt Maria diese Zeit und erkennt immer mehr den Wert eines naturverbundenen Lebens. 

Fazit: Ein berührender Familienroman, humorvoll und sehr angenehm zu lesen. Empfehle ich gerne weiter! 

Cover des Buches Ich wünsche mir, daß irgendwo jemand auf mich wartet (ISBN: 9783596158027)

Bewertung zu "Ich wünsche mir, daß irgendwo jemand auf mich wartet" von Anna Gavalda

Ich wünsche mir, daß irgendwo jemand auf mich wartet
Herbstrosevor einem Monat
Kurzmeinung: Eine Sammlung von Kurzgeschichten über das Thema Liebe mit all seinen komischen, tragischen und alltäglichen Facetten.
Momentaufnahmen im Leben unterschiedlicher Charaktere

Das Buch enthält eine Sammlung von zwölf ganz unterschiedlichen Kurzgeschichten, die meist ein Thema haben, die Liebe. Es sind alltägliche Geschichten, teils komisch, teils tragisch, die die gesamte Palette menschlicher Gefühle beinhalten. Sie sind aus verschiedenen Perspektiven, sowohl weiblicher als auch männlicher, geschrieben und bieten Einblicke in die Abgründe im Seelenleben der Protagonisten. Diese sind ausdrucksstark und vielschichtig ausgearbeitet, jede für sich eine Person mit Ecken und Kanten, aber meist mit liebenswerten Eigenschaften. Durch den sehr lebendigen flüssigen Schreibstil, dem teils bissigen Humor und den überraschenden Wendungen entwickeln die Geschichten einen mitreißenden Sog – es wird nie langweilig. 

„Ich wünsche mir, daß irgendwo jemand auf mich wartet“ ist das Erstlingswerk der noch jungen Französin Anna Gavalda, das gleich ein großartiger Erfolg wurde und in Frankreich Kultstatus erreichte. Sie wurde 1970 in Boulogne-Billancourt geboren, studierte in Paris Literatur und arbeitet als Journalistin für das Magazin Elle. Inzwischen schrieb sie mehrere erfolgreiche Romane und einige Kurzgeschichten. Die Gesamtauflage ihrer Bücher beträgt allein in Frankreich um die fünf Millionen. Die Autorin ist Mutter von zwei Kindern und lebt heute auf einem Bauernhof in Melun bei Paris.

Fazit: Die Kurzgeschichten sind ein perfekter Mix aus komischen, tragischen und alltäglichen Begebenheiten – interessant und spannend zu lesen. 

Über mich

  • weiblich
  • 18.01.1950

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Biografien, Liebesromane, Science-Fiction, Historische Romane, Krimis und Thriller, Sachbücher, Literatur, Unterhaltung

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