Bewertung zu "Barfuß auf spitzen Steinen" von Renate Lehnort
--- An der Tür drehte sich Tim noch einmal um, sagte: „Bitte besuch mich nicht mehr“, und ging danach mit gesenktem Kopf hinaus. Britta starrte ihm nach. Seine Erklärung, dieser Satz, den er mit kühler Stimme gesagt hatte, ließ sie erschauern, lähmte sie … Emily war zur falschen Zeit am falschen Ort – das ist alles. Mir war gerade nach Sex. ---
Wie muss sich das für eine Mutter anfühlen, die ihren 17-jährigen Sohn im Gefängnis besucht, weil er ein 10-jähriges Mädchen vergewaltigt und ermordet hat?! Nur zu versuchen, sich das vorzustellen … geht nicht!!!
--- Und die Leute stupsen einander an, gaffen und tuscheln, so in etwa: "Schau, da vorne steht sie! Das ist die Mutter von Tim Konrad, der die kleine Emily Oswald umgebracht hat …" ---
Eigentlich bräuchte es gar kein weiteres Wort mehr, um zu beschreiben, wie dieses Buch auf mich gewirkt hat. Und doch will ich noch zum Ausdruck bringen, wie außergewöhnlich lebensnah die Autorin die Geschichte dieser beiden Familien weitererzählt hat. Nach diesem furchtbaren Geschehen, infolgedessen die beiden Mütter nicht mehr miteinander befreundet sein können, wiewohl sie seit Kindertagen eng und vertraut miteinander waren.
Um diese beiden Frauen und ihre Lebenspartner, wie sie versuchen, mit einer Gegebenheit zurechtzukommen – weiterzuleben – mit der man im Grunde gar nicht zurechtkommen und weiterleben kann, darum geht es in diesem Buch: Laura, die Mutter des ermordeten Mädchens, ihre Trauer, ihre Ohnmacht und ihr Hass. Überdies Georg, der Vater, dessen Leben genauso aus der Bahn geworfen wird, der nur eins fühlt … immer öfter die Notwendigkeit sich zu betrinken. Auch Martin, Brittas Mann, hat schwer zu kämpfen mit dem Unverständnis in seinem Inneren, muss mehr als einmal das Wort „Mördermutter“ von der Hauswand abwaschen.
Eindrucksvolle Szenen bei der Gerichtsverhandlung, die den Täter letztendlich hinter Gitter katapultiert. Ein Moment, an dem die Geschichte dieses Buches aber noch lange nicht zu Ende ist. Denn, wie kann man so etwas überhaupt zum Abschluss bringen? Vermutlich nie. Die Story des Buches zieht sich noch über viele weitere Jahre hin, in der sie aber nicht an Spannung und Entfaltung verliert. Und zu alldem finde ich, dass der Autorin auch noch ein wirklich tolles Finale gelungen ist.
Viiiiielen Dank für die bewegende und spannende Unterhaltung!