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Immchen

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Rezensionen und Bewertungen

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Cover des Buches Vier Tage in Kabul (ISBN: 9783499273841)

Bewertung zu "Vier Tage in Kabul" von Anna Tell

Vier Tage in Kabul
Immchenvor 5 Jahren
Cover des Buches Wer die Nachtigall stört ... Graphic Novel (ISBN: 9783499218224)

Bewertung zu "Wer die Nachtigall stört ... Graphic Novel" von Harper Lee

Wer die Nachtigall stört ... Graphic Novel
Immchenvor 5 Jahren
Kurzmeinung: Dieser tolle Klassiker jetzt als Graphic Novel! Das hätte bestimmt auch Harper Lee gefallen...
Cover des Buches Marlow (ISBN: 9783492055949)

Bewertung zu "Marlow" von Volker Kutscher

Marlow
Immchenvor 5 Jahren
Kurzmeinung: Leider nicht ganz so packend wie die vorherigen Teile der Kutscher-Serie um Gereon Rath...
Cover des Buches Eine Familie in Deutschland (ISBN: 9783651025561)

Bewertung zu "Eine Familie in Deutschland" von Peter Prange

Eine Familie in Deutschland
Immchenvor 5 Jahren
Meine Rezension erscheint auch bei: www.buchwurm.info

Inhalt und Eindrücke:


„Zucker schadet? Grundverkehrt! Zucker schmeckt, Zucker nährt!“ - Der Reklamespruch und Slogan seiner Fallerslebener Raffinerie ist dem Zuckerbaron Hermann Ising bereits in Fleisch und Blut übergegangen. Den Familienbetrieb, den sein Großvater gegründet hat, führt er mit Ehefrau Dorothee stolz weiter. Als er im Jahr 1933 zum Richtfest des neu errichteten Wohnhauses einlädt, ist es ein freudiges Ereignis mit Freibier und Schmalzbroten, zu dem der halbe Ort gerne vorbeikommt.


Die vier (erwachsenen) Kinder des Paares könnten unterschiedlicher nicht sein: Die Mädchen studieren beide in Göttingen – Charlotte ist ehrgeizig und auf dem besten Weg, eine gute Medizinerin zu werden, während ihre ältere Schwester Edda sich mit ihrem Romanistikstudium ein wenig schwer tut. Georg ist als begabter Ingenieur in dem Konstruktionsbüro eines Freundes beschäftigt – sehr zum Leidwesen seines Vaters allerdings fernab der niedersächsischen Heimat. An eine Übernahme des elterlichen Zuckerbetriebes denkt der Erstgeborene leider nicht und widmet sich vielmehr der Entwicklung von Automobilen. Einzig Sohn Horst ist in der Nähe der Eltern geblieben und arbeitet in der Raffinerie mit. Mit seiner Frau Ilse verbindet ihn eine glühende Begeisterung für die Nationalsozialisten und beide sind in der Ortsgruppe aktiv, Wen wundert es da, dass sie ihr erstes Kind direkt nach dem Führer „Adolf“ nennen?

Bei Hermann und Dorothee lebt außerdem der kleine Nachzügler Willy, der noch die gesamte Aufmerksamkeit seiner Mutter beansprucht und von dem, was um ihn herum geschieht, nicht viel mitbekommt.


Zwar ist die Machtergreifung der Nationalsozialisten noch nicht lange her, Veränderungen im Leben und in der Gesellschaft sind dennoch schon deutlich spürbar, die vor allem Juden, Kommunisten und Andersdenkende betreffen. Charlys Freund Benjamin Jungblut, ein Architekt, der die jüdischen Wurzeln sichtbar im Namen trägt, kann bereits ein Lied davon singen. Diskriminierungen und offene Ausgrenzungen sind an der Tagesordnung und nehmen immer mehr zu. Selbst innerhalb der Familie kommt es zu derlei Konflikten. Horst, der seine Berufung innerhalb der neuen Parteistrukturen gefunden hat und nach Macht strebt, kann den jüdischen Freund der Schwester kaum tolerieren. Vater Hermann hält es damit weitaus pragmatischer: Klar ist er Mitglied in der Partei und hat sich sogar zum Amt des Ortsgruppenleiters überreden lassen. Anders als seinem Sohn Horst bedeuten ihm die Belange seiner Familie und der Raffinerie jedoch wesentlich mehr als Linientreue zu Führer und Partei.

Schließlich hat die Familie eine gewichtige Verbindung zur Berliner Politik, denn Dorothees Bruder Carl ist dort als Jurist und Staatsrat dicht an Hermann Göring. Sein Rat wird auch von den Kindern der Isings mitunter gerne gehört und schließlich ist es kein geringerer als Carl, der Charly zur Hochzeit mit Benjamin rät, um der Beziehung eine Chance zu geben.


Ein Automobil, das sich jeder Bürger leisten kann – von diesem Volkswagen träumt nicht nur Adolf Hitler, der sogar den Bau eines Autobahnnetzes in Deutschland vorantreiben will. Auch Georg Ising ist mit seinem Freund und Arbeitgeber Josef Ganz Feuer und Flamme für diese Idee. Gemeinsam planen die beiden begabten Konstrukteure, wie dieses Fahrzeug realisiert werden kann. Doch schon bald gibt es zunehmend Probleme: Ganz, zwar ein begnadeter Ingenieur, ist Jude und den Nazis ein Dorn im Auge. Die Freundschaft der Beiden wird auf eine harte Probe gestellt, als Ganz sich gezwungen sieht, das Land zu verlassen.


Währenddessen werden die Pläne zum Bau einer riesigen Automobilfabrik, in der der Volkswagen gebaut werden soll, immer konkreter. Aufgrund der guten Lage und infrastrukturellen Anbindung hat sich die Berliner Regierung das Fallerslebener Land als Ort dafür ausgeguckt. Da es mit einem Fabrikgelände nicht genug ist, soll in direkter Nähe eine ganze Stadt entstehen, die als Wohnort der zahlreichen Arbeiter dienen soll.

Die Ländereien in der Gegend gehören überwiegend dem Grafen Schulenburg, aber auch die Raffinerie der Isings liegt in der Nähe. Für Hermann Ising unvorstellbar, dass sein Lebenswerk einem derartigen Projekt weichen soll. Auch der Graf ist zunächst nicht interessiert daran, seine Ländereien zu verkaufen. Doch können sie sich wirklich auf Dauer dem widersetzen, was der erklärte Wunsch des Führers ist?


Horst Ising ist hingegen schon lange begeistert von den Plänen der Nationalsozialisten. Schließlich träumt er davon, als künftiger Lagerleiter, die Arbeiter zu beaufsichtigen und auch der Posten des Leiters der Ortsgruppe, die dort neu entstehen könne, wurde ihm bereits versprochen. Ausgerechnet in der eigenen Familie steht er aber weiterhin mit der Linientreue weitestgehend alleine da und kann nicht nachvollziehen, welchen Umgang zum Beispiel seine Schwestern pflegen. Die Eine plant eine Hochzeit mit einem Juden, während die Andere mit einem Kommunisten liiert ist. Das kann Horst so nicht auf sich sitzen lassen!


Die jüdische Familie Bernstein ist schon seit langer Zeit mit den Isings befreundet. Der Berliner Fabrikant lebt mit Frau und Tochter im Wedding. Die junge und reichlich umtriebige Gisela nimmt den Leser mit auf ihre Ausflüge in das Berliner Nachtleben, von denen allerdings ihre Eltern nichts ahnen. Doch die Naziherrschaft geht auch an dieser Familie nicht spurlos vorbei – auch sie bekommen immer mehr davon zu spüren und sehen sich schließlich sogar gezwungen, ihre Firma und ihre Wohnung aufzugeben.


Eine Flucht ins Ausland scheint bereits für viele Juden der letzte Ausweg. Doch selbst das wird von den Nationalsozialisten mit zunehmenden Auflagen erschwert. Nur wer es sich noch leisten kann, die eigens eingeführte Reichsfluchtsteuer zu bezahlen, hat überhaupt eine Chance dazu.

Die Ereignisse spitzen sich dramatisch zu, als es im November 1938 zur sogenannten Reichskristallnacht kommt, in der viele Juden unsagbares Leid erfahren müssen. Wer bis dahin ausgehalten hat, denkt spätestens jetzt über eine Flucht aus Deutschland nach. Doch für viele ist es bereits fast zu spät dafür.


Edda, die älteste Tochter der Isings, hat es nach einem Schicksalsschlag schließlich nach Berlin verschlagen, wo sie durch ihren Onkel Carl Bekanntschaft mit der bekannten Filmemacherin Leni Riefenstahl macht. Die jungen Frauen kommen sich schnell näher und fortan ist Edda als Lenis Produktionsleiterin mit ihr unterwegs. Riefenstahl ist nicht nur eine gefeierte Künstlerin, sie ist außerdem nah am Führer und seinen mächtigen Männern. Keines ihrer Filmprojekte könnte ohne deren finanzkräftige Unterstützung gelingen und Leni weiß sich entsprechend zu präsentieren. Was allerdings niemand weiß: mit Edda Ising verbindet sie mehr als nur eine Freundschaft. Doch gelten gleichgeschlechtliche Beziehungen zur Zeit des Nationalsozialismus als abnormal und sind absolut unerwünscht.


Daheim in Fallersleben wundern sich Eddas Eltern zwar darüber, dass die Tochter noch immer keinen Mann gefunden hat. Allerdings sind für Hermann und Dorothee andere Sorgen momentan viel präsenter: der Nachzügler Willy scheint nicht altersgerecht entwickelt und ein böser Verdacht schleicht sich ein. Kann Tochter Charly, die inzwischen einen Job in der Göttinger Klinik hat, ihrem Bruder helfen? Oder ist sie als Ehefrau eines jüdischen Mannes nicht zunehmend mit ihren eigenen Sorgen beschäftigt?



Peter Pranges Roman ist in drei Teile gegliedert: 1. „ Das Richtfest 1933/1934“, 2. „Stadt des KdF-Wagens 1937/1938“ und 3. „Volksmobilmachung 1939“

Jeder thematische Abschnitt ist wiederum in zahlreiche, zum Teil recht kurze Kapitel untergliedert, die aus abwechselnden Perspektiven in der dritten Person erzählt werden.

Der Roman spielt größtenteils im Ort Fallersleben im Wolfsburger Land, aber auch in Göttingen und zum Teil in der Hauptstadt Berlin.

„Eine Familie in Deutschland – Zeit zu hoffen, Zeit zu leben“ bildet den Auftakt zu einem Zweiteiler, dessen Nachfolgewerk bereits im Herbst 2019 im Fischerverlag erscheinen soll.




Mein Fazit:


Der Roman spielt in einem der dunkelsten Abschnitte der deutschen Vergangenheit und Autor Prange hat sich selbst bei der Entstehung des Buches immer wieder die Frage gestellt, wie er selber sich zu dieser Zeit verhalten hätte bzw. was wohl aus ihm geworden wäre. Das finde ich interessant und gerade in der heutigen Zeit wichtig. Regt es doch dazu an, Dinge zu hinterfragen, statt alles hinzunehmen. Vor diesem Hintergrund würde ich das Roman sogar zur Lektüre in der Schule empfehlen!


Auf Grundlage einer tollen Familiensaga hat Prange ein authentisches historisches Zeitbild geschaffen, in das eine Vielzahl von Persönlichkeiten und Gegebenheiten gut und schlüssig eingebettet wurden. Der Roman ist unterhaltsam und zugleich lehrreich, stimmt nachdenklich und ist gleichzeitig besonders im Schlussteil sehr spannend. Die kurzen Kapitel sind dabei flüssig und gut zu lesen.


Ich warte gespannt auf den zweiten Teil der Geschichte!



Cover des Buches Haltung zeigen! (ISBN: 9783499634246)

Bewertung zu "Haltung zeigen!" von Anja Reschke

Haltung zeigen!
Immchenvor 6 Jahren
Kurzmeinung: Das musste mal gesagt/geschrieben werden! Gerade in dieser Zeit...Danke, Frau Reschke!
Cover des Buches Der Schmetterling (ISBN: 9783959672054)

Bewertung zu "Der Schmetterling" von Gabriella Ullberg Westin

Der Schmetterling
Immchenvor 6 Jahren
Kurzmeinung: www.buchwurm.org
Guter schwedischer Krimiauftakt

Die Handlung:

Johan Rokka hat in Stockholm Karriere gemacht. Doch nun kehrt der Kriminalinspektor nach Hudiksvall zurück. Er hat sich geschworen herauszufinden, was vor zwanzig Jahren geschehen ist. Damals verschwand seine große Liebe Fanny spurlos. In der Nacht ihrer Abiturfeier wurde sie zuletzt gesehen, eine Leiche wurde jedoch nie gefunden. Rokka weiß, dass er sich der Vergangenheit stellen muss, sonst kommt er nicht weiter. Nach Weihnachten soll er seinen Dienst als Ermittler antreten. Doch ausgerechnet an Heiligabend wird er zu seinem ersten Tatort gerufen. Eine Frau wurde brutal mit mehreren Schüssen hingerichtet. Der Fall sorgt für Aufsehen, denn ihr Mann ist der berühmte Fussballspieler Måns Sandin. War sie das Ziel, oder wollte sich jemand an ihrem Mann rächen? Und wenn ja, warum? (Verlagsinfo)

Inhalt und Eindrücke:

Weihnachten – das Fest der Liebe?! Doch was in dem schwedischen Ort Hudiksvall passiert, hat damit so gar nichts zu tun: während sie noch auf den Weihnachtsmann warten, wird die junge Henna Pedersen vor den Augen ihrer Kinder brutal mit mehreren Schüssen niedergestreckt. Ihr Ehemann und Vater der Kinder findet sie wenig später in ihrer Blutlache und ist erschüttert. Måns Sandin ist als berühmter Fußballspieler in der Gegend bekannt wie ein bunter Hund und wohnt mit seiner Familie nach einer längeren Zeit in Italien erst seit Kurzem (wieder) in Schweden.

Auch Ermittler Johan Rokka ist gerade erst in seine frühere Heimat zurückgekehrt und soll dort im neuen Jahr seine Stelle in der örtlichen Polizeidienststelle antreten. Nach dem Mord an Sandins Frau wird allerdings jede Kraft benötigt, die zu einer schnellen Aufklärung beitragen kann und Rokka wird direkt hinzugezogen. Neben seiner strengen Chefin Ingrid Bengtsson lernt er auch gleich die Kriminaltechniker Janna Weissmann und Hjalmar Albinsson kennen, den Kollegen Pelle Almén kennt Rokka sogar noch aus früheren Zeiten.

Und überhaupt hat er sich seine Rückkehr eigentlich anders vorgestellt: statt die Feiertage mit alten Freunden ausgiebig genießen zu können, wächst der Druck zunehmend, als die Ermittlungen in dem Mordfall mehr als schleppend vorangehen. Dass so viele „alte Bekannte“ dabei auftauchen, macht es insgesamt nicht einfacher, eher im Gegenteil. Im Grunde genommen ist Rokka selbst noch nicht „angekommen“ und immer auf der Suche nach Bestätigung. Seine eigene Vergangenheit in dieser Stadt lässt ihn nicht zur Ruhe kommen. Eine kurzzeitige Affäre, ausgerechnet mit der attraktiven Tochter eines Bekannten, lässt ihn das Verschwinden seiner früheren Freundin Fanny ebenfalls nur kurz vergessen.

Zwar kann der Ehemann der Getöteten in Bezug auf die grausame Tat bald entlastet werden, doch stochern Rokka und die Anderen weiterhin im Dunkeln. Liegt die Lösung für die Tat im Leben des Opfers? Nicht einmal der Ehemann scheint Henna besonders gut gekannt zu haben und die gerichtsmedizinische Untersuchung bringt Ergebnisse, die viele Fragen aufwerfen. Die Ermittlungen führen den Kriminalinspektor höchstpersönlich in die liebliche italienische Stadt Florenz. Hier trifft er eine gute Freundin von Henna und findet Details über deren Leben heraus, bevor diese ihren Mann Måns kennenlernte.

Als später ein weiterer Mord in der Nähe von Hudiksvall bei einer Trabrennbahn passiert, wird nicht nur Rokka nervös: Die Polizei wird durch die Medien stark kritisiert und es gilt, ein schnelles Ergebnis herbeizuführen. Welche Rolle spielen im Raum stehende Manipulationen bei den Trabrennen? Haben sie es noch mit ein und demselben Täter zu tun? Das Verhältnis zu seiner neuen Chefin Bengtsson war ohnehin von Anfang an angespannt, aber drohen Rokka nun auch noch Schatten aus seiner eigenen Vergangenheit einzuholen?

Der Roman wird in kurzen Kapiteln chronologisch erzählt und die Handlung erstreckt sich vom 24. Dezember bis zum 6. Januar des Folgejahres. Aus unterschiedlichen Perspektiven wird jeweils in der dritten Form erzählt und schnell kann der Leser noch mehr beteiligte Charaktere erahnen, als den Ermittler Rokka und sein unmittelbares Umfeld. Eingeschobene, kursiv gedruckte Kapitel erzählen parallel eine weitere Geschichte, die sich wie ein Brief liest.

Mein Fazit:

Autorin Gabriella Ullberg Westin versteht es, ihre Leser mit diesem Kriminalroman schnell zu fesseln. Klassische Ermittlungsarbeit wechselt sich in gelungenem Maße ab mit den privaten Aktivitäten der von ihr geschaffenen Charaktere. Dazu gibt es genügend geheimnisvolle Nebenstränge, die erst später Licht ins Dunkel bringen sollen.

Johan Rokka ist zwar in erster Linie ein charismatischer und durchaus sympathischer Ermittler – mich störte allerdings zunehmend die Tatsache, dass er ständig und überall „auf Brautschau“ war. Ok, ich habe als Leser bestimmt nichts gegen eine schöne Romanze als Nebenschauplatz, aber bei Rokka habe ich es schon als etwas anstrengend und übertrieben empfunden.

Zumal letztlich das im Klappentext und am Beginn des Romans angeführte Detail seiner verschwundenen Liebe aus früheren Zeiten viel zu kurz kommt bzw. nicht endgültig und abschließend für ihn geklärt wird.

Gut gefallen haben mir aber der lebendige Stil, die interessanten Nebenschauplätze, die sich überwiegend und überzeugend in die gesamte Handlung fügten, und der Ortswechsel, der vom winterlich-eisigen Schweden zeitweise in das frühlingshafte Italien führte. Auch die Umschlaggestaltung war absolut passend gewählt.

Bleibt zu hoffen, dass Johan Rokka als Ermittler im schwedischen Hudiksvall weiterbeschäftigt wird und uns in naher Zukunft wieder begegnen wird!

Cover des Buches Der Abgrund in dir (ISBN: 9783257070392)

Bewertung zu "Der Abgrund in dir" von Dennis Lehane

Der Abgrund in dir
Immchenvor 6 Jahren
Kurzmeinung: Dieser Thriller konnte mich leider nicht überzeugen!
Dennis Lehane - Der Abgrund in Dir

Die Handlung:

Rachel Childs hat alles, was man sich erträumt: ein Leben ohne finanzielle Sorgen, einen gutaussehenden, liebevollen Ehemann. Doch im Bruchteil einer Sekunde macht ausgerechnet dieser Mann ihr Leben zu einer Farce aus Betrug, Verrat und Gefahr. Nichts ist mehr, wie es scheint, und Rachel muss sich entscheiden: Wird sie kämpfen für das, was sie liebt, oder im Strudel einer unglaublichen Verschwörung untergehen?

( Verlagsinfo)

Inhalt und Eindrücke:

„Der Abgrund in Dir“ beginnt mit einem Prolog, der erstaunlicherweise bereits ein ganz entscheidendes Teil der Handlung vorwegnimmt. Ohne spoilern zu wollen: nach dem Lesen des Prologes vermutet man sich direkt mitten drin in dem spannenden Thriller, den der Klappentext verspricht.
Der Roman ist danach wie folgt gegliedert: Teil I „Rachel im Spiegel 1977-2010“ umfasst insgesamt 8 durchschnittlich lange Kapitel, die jeweils eine Überschrift haben. Teil II heißt „Brian 2011-2014“ und umfasst wiederum die Kapitel 9-22. Beide Teile sind jedoch eher epischer Roman denn Thriller. Erst Teil III „Rachel in der Welt 2014“, bestehend aus den Kapiteln 23 bis 35, enthält eigentliche Elemente eines Thrillers bis zum Schluss des Romans.

Rachel Childs wächst alleine bei ihrer Mutter, der berühmten Autorin Elisabeth Childs auf. Das Verhältnis von Mutter und Tochter ist gespalten, nicht zuletzt, weil Elisabeth ihrer Tochter vorenthält, wer ihr Vater ist. Davon abgesehen ist sie ein schwieriger Charakter und mit sich selbst nicht im Reinen – Rachels Kindheit und Jugend sind geprägt von ihrer unglücklichen und verbitterten Mutter. Nach deren plötzlichem Tod begibt sich Rachel dennoch auf die Suche nach ihrem Vater, von dem sie nicht mehr als den Vornamen kennt. Als sie alleine erfolglos dabei ist, versucht sie sogar, einen Privatdetektiv zu engagieren und lernt einen gewissen Brian Delacroix kennen. Leider kann auch er ihr nicht wirklich bei der Suche nach dem biologischen Vater helfen – zu vage sind einfach die Details, die sie über ihn zu wissen glaubt und so gibt sie zunächst auf.
Unterdessen ist Rachel eine Journalistin und Reporterin mit Feuereifer, die erfolgreich bei einem Sender arbeitet. Ihr Freund Sebastian arbeitet ebenfalls beim Fernsehen und ist für sie ein wichtiger Berater. Der Herzenswunsch, endlich ihrem Vater in die Augen zu sehen, lässt Rachel nebenbei immer wieder recherchieren. Über Umwege gelingt es Rachel, Jeremy ausfindig zu machen. Auch wenn dieser Mann, der eine Beziehung mit ihrer Mutter führte, sich letztlich nicht als ihr Vater herausstellt, entwickelt Rachel zu ihm fast schon eine Vater-Tochter-ähnliche Beziehung.

Als es ein Erdbeben auf Haiti gibt, schickt der Sender die talentierte Journalistin Rachel, die inzwischen ihren Freund geheiratet hat, für die Krisenberichterstattung dorthin:
Eine wahrhaft einschneidende Reise mit Erlebnissen, die Rachels Childs für immer verändern werden! Ihre seelische Gesundheit, ihre Ehe und nicht zuletzt auch ihr Job – in dieser Phase ist nichts vor dem Umbruch in ihrem Leben sicher.

Erst als sie scheinbar zufällig Brian Delacroix wiedertrifft, den Mann, der ihr als Privatdetektiv einst bei der Suche nach dem Vater helfen sollte, kehrt im zweiten Teil des Buches wieder Hoffnung und Mut in Rachels Leben ein. Dieser Mann, zu dem sie in vielen Jahren immer mal einen sporadischen Kontakt pflegte, entpuppt sich als verständnisvoller und liebenswerter Mann, der sie in dieser schwierigen Lebensphase auffängt und ihr hilft, ihre Panikattacken in den Griff zu bekommen. Als Rachel zum zweiten Mal in ihrem Leben heiratet, scheint sie mit Brian als Ehemann einen Glücksgriff gemacht zu haben, alles wirkt fast zu schön, um wahr zu sein.  Bis eines Tages ein fürchterlicher Verdacht in ihr aufkommt… Ist Brian wirklich aufrichtig zu ihr? Wohin genau führen ihn seine regelmäßigen Geschäftsreisen? Von Zweifeln geplagt beginnt Rachel, ihrem Mann hinterher zu spionieren und entdeckt dabei ein unglaubliches Konstrukt aus Lügen und gefährlichem Verrat.

Während die erste Hälfte des Romans zwar anschaulich erzählt wird, aber vielmehr „dahinplätschert“, beginnt erst am Ende des zweiten Teils die Handlung, die mit Thriller betitelt werden kann: ab hier gibt es Nervenkitzel, Verfolgungsjagden und eine Menge Action.
Autor Dennis Lehane hat mitunter tief in die Trickkiste gegriffen und einen Plot kreiert, der reichlich abenteuerlich ist.

Mein Fazit:

Mit gewissen Erwartungen an ein Buch gehe ich schon nach der Lektüre des Klappentextes und so war ich doch verwundert, als sich „Der Abgrund in Dir“ innerhalb des ersten und zweiten Teils ganz anders entpuppte als erwartet: vielschichtige Charaktere und eine interessante (Lebens)Geschichte, die zwar gut und unterhaltsam waren. Die Elemente des Thrillers begegnen dem Leser erst viel später, doch empfand ich diesen Übergang als starken „Bruch“, fast wirkte es, als hätte ab hier ein anderer Autor den Roman fortgesetzt oder als ob dem Autor erst eingefallen wäre, dass er einen Thriller erschaffen wollte. Einige Handlungselemente aus dem ersten Teil der Geschichte erschließen sich im Nachhinein nicht mehr – warum wurde beispielsweise die Vatersuche der Protagonistin zu einem derart großen Thema, welches später nahezu keine Rolle mehr spielt?
Der letzte Teil ist zwar wirklich spannend, jedoch sind einzelne Handlungen übertrieben und reichlich realitätsfern. Insgesamt ist der Plot unübersichtlich, wirkt ebenfalls zum Teil überzogen.
Schade, dass auch das Ende mich leider letztlich nicht überzeugen konnte.

Cover des Buches Einfach losgehen (ISBN: 9783847906483)

Bewertung zu "Einfach losgehen" von Bertram Weisshaar

Einfach losgehen
Immchenvor 6 Jahren
Kurzmeinung: Dieses Buch motiviert direkt zum Loslaufen! Schnüren Sie Ihre Schuhe und folgen dem Spaziergangsforscher Bertram Weisshaar
Bertram Weisshaar - Einfach Losgehen

Diese Rezension wurde von mir auch auf www.buchwurm.info veröffentlicht!

Weisshaars Buch „Einfach Losgehen“ trägt noch zusätzlich den schönen Untertitel: „Vom Spazieren, Streunen, Wandern und vom Denkengehen“ und ist in drei Abschnitte untergliedert:

Teil 1: Die Welt mit den Füßen lesen
Teil 2: Gehen ist Kraft
Teil 3: Pfade in die kritische Landschaft

Alle Teile sind wiederum in einzeln überschriebene und kürzere Kapitel unterteilt und an zwei Stellen im Buch zeigt Weisshaar einige Fotos von seinen Wanderungen.
Umschlaggestaltung und Layout sind wirklich stimmig und schön gemacht: Fuß- bzw. Schuhabdrücke in einer Umgebung aus Bergen und Bäumen, aber auch mit Windrädern, Strommasten und Fabriken – eben mit dem, was das Landschaftsbild hierzulande ausmacht.

Der Text wird an mehreren Stellen durch Farbfotografien ergänzt, die einige interessante Motive von ganz unterschiedlichen Wanderungen des Autors zeigen.

Im ersten Teil nimmt Autor Weisshaar, freiberuflicher „Spaziergangsforscher“ seine Leser mit auf diverse Wanderungen durch das ganze Bundesgebiet. Den Titel nimmt er dabei wörtlich, als er zum Beispiel direkt von seiner Wohnung aufbricht zu einer Wanderung durch die nähere Umgebung. Der Osten Deutschlands, in der Gegend südlich von Leipzig vormals geprägt vom Tagebau, wurde vom Autor bereits im Jahr 1993 durchwandert. Als er die Wanderung ein Vierteljahrhundert später wiederholt, zeigt sich ihm ein vollständig verändertes Landschaftsbild: Durch Flutung ehemaliger Abbaugebiete sind dort ganze Seenlandschaften entstanden, die inzwischen entsprechend als Naherholungsgebiete genutzt werden und die rekultivierte Landschaft zeigt heute eine ausgeprägte Vielfalt an Pflanzen, wo früher Abraum abgeworfen wurde.

Bei dieser Tour transportiert Weisshaar gar ein kleines Zelt mit sich und beschreibt die besondere Erfahrung des Zeltens bei Wind und Wetter in freier Natur, die er jederzeit auch den Campingplätzen vorzieht. Ganz nebenbei beschäftigt er sich mit Werken von bekannten Philosophen wie z.B. Jean-Jacques Rousseau und Henry David Thoreau, zitiert aus verschiedenen Schriften und gibt seine Einschätzung darüber ab, wie es aus heutiger Sicht betrachtet werden könnte. Das Wandern hat für Weisshaar eine entschleunigende Wirkung, er bezeichnet es als „Fenster zur Welt“ und beschreibt selbst fast schon philosophisch, wie er Eindrücke unterwegs aufnimmt.

Nicht zuletzt aus dieser Sehnsucht zum Aufbruch in derartige Erfahrungen sind gerade in den letzten Jahren Pilgerwege populär geworden: Den Camino de Santiago, oder landläufig als Jacobsweg bezeichnet, nennt Weisshaar auch, geht aber zusätzlich auf weitere bekannte Strecken ein. Er ist offenbar selber auch ständig unterwegs, wobei die Art und Themen seiner Wanderungen selbstgewählt und interessengebunden sind. So beschreibt er eine Wanderung von Leipzig bis Köln, bei der er von Kleingartenkolonie zu Kleingartenkolonie wanderte. Gärtnern und Wandern sind für ihn miteinander verknüpft und dieser Thematik ist ein Kapitel des Buches gewidmet.

Nach dem Vorbild des englischen Coast-to-coast-Weges macht sich der Spaziergangsforscher im Übrigen auch auf einen Querweg durch Deutschland, der wiederum zwar einige bekannte Wanderwege in besonderen Naturparks beinhaltet, aber auch durch gewöhnliche Feldflure und vorbei an Braunkohletagebau führt. Diese Abwechslung auf dem sogenannten „Denkweg“ macht es für den Autor aus.

Weitere Wanderungen führen auf historischen Wegen durch den Schwarzwald und auf ornithologischen Erkundungspfaden über die Insel Hiddensee.
Nicht immer geht es um (mehrtägige) Wanderungen, sondern im zweiten Teil widmet sich der Autor vielmehr dem Spazierengehen. In unseren Städten, die oftmals eher auf den motorisierten Verkehr oder aber auf die Belange der Radfahrer ausgerichtet sind, hat er vielfach beobachtet, welcher Stellenwert den Fußgängern zukommt – er bezeichnet sie gar als „Schafe, die sich duldsam einpferchen lassen“. An dieser Stelle wird allerdings auch der Verein FUSS e.V. vorgestellt, der sich für die Belange der (Spazier)Geher einsetzt und etwa auch gemeinsame Märsche organisiert.

Im Vergleich dazu wird das „Streunen“ als fußläufige Fortbewegung erwähnt, bei der es hauptsächlich darum geht, ziellos aber neugierig umherzulaufen und dabei Zeuge von ganz unterschiedlichen Momentaufnahmen zu werden.

Weisshaar gibt uns viele beispielhafte Anregungen für verschiedene Themenwanderungen und Aktionen und er macht auch auf andere Anschauungsweisen aufmerksam: Im Kapitel „Gehen als Kunst“ stellt er das Projekt von Richard Long vor, der das Gehen sichtbar macht und sich zudem auch Materialien aus der Natur bedient.
Das Gehen hat einen unmittelbaren Einfluss auf Körper und Geist – durch das Gehen werden Anspannungen gelöst und wer seine Sensorik aktiviert, kann beim „Denkengehen“ neue Impulse und Ideen für sich herausziehen.

Nicht immer müssen es Wanderungen in gepflegten Nationalparks oder auf ausgewiesenen Wanderwegen sein: der dritte Teil des Buches geht auf eher schwierige, vom Autor als „kritische“ Landschaften bezeichnet, ein. Hier greift er einige Beispiele auf, die bereits im ersten Teil angesprochen waren, wie etwa die (ehemaligen) Tagebau-Halden, aber auch andere Agrarsteppen.

Immer aber ist das Gehen ein Zugang zur Welterfahrung, zum Naturerleben und zur Erholung.

Fazit:


Gehen spielt auch in meinem Leben eine Rolle: Jeden Tag gehe ich mit dem Hund spazieren, im Urlaub und an den Wochenenden lockt die Natur mich auch mal zu einer Wanderung hinaus.


Der Titel des Buches sprach mich daher wirklich an und ich war gespannt auf die Ausführungen zu diesem Thema. Abgesehen von der wirklich tollen Umschlaggestaltung gefällt mir auch die Gliederung des Buches sehr: die Kapitel sind gut und schlüssig aufgebaut und lassen sich angenehm lesen. Eine Bandbreite von regionalen Kuriositäten lassen einen manchmal schmunzeln!


Inhaltlich ist es aber nicht nur eine intensive, feinfühlige und zum Teil schon philosophische Auseinandersetzung mit allen Belangen rund um das „Gehen“ – es gibt dem interessierten Leser eine große Menge Anregungen (Warum nicht tatsächlich einmal eine Wanderung an der eigenen Haustür beginnen?) und schafft überdies ganz neue Blickwinkel. In den 122 Anmerkungen gibt Weisshaar Quellenangaben zu diversen Zitaten und im Buch erwähnten Personen – für weitere Anregungen lohnt auch das Studieren dieser Hinweise!


Kurzum: Das Buch motiviert direkt zum Losgehen und öffnet die Augen für bisher möglicherweise nicht wahrgenommene Dinge entlang der Strecke.
Schnüren auch Sie Ihre Schuhe und begleiten den Spaziergangsforscher Bertram Weisshaar!

Cover des Buches …und ich will nicht gnädig sein! (ISBN: 9783746734637)

Bewertung zu "…und ich will nicht gnädig sein!" von Wolfgang Wirth

…und ich will nicht gnädig sein!
Immchenvor 6 Jahren
...und ich will nicht gnädig sein!

Inhalt und Eindrücke:

Der Alltag in einem türkischen Gefängnis ist hart – und zwar in Vielerlei Hinsicht. Nick sitzt dort bereits seit elf Jahren ein und hat seitdem nicht nur den streng geplanten Tagesablauf ohne jeglichen Komfort und voller Entbehrungen erlebt, sondern sich auch noch gegen Angriffe seiner Mithäftlinge verteidigen müssen. Als Schwächling würde er dort untergehen und so versucht er sich innerhalb der Mauern wenigstens körperlich fit zu halten.

Was war damals passiert?

Auf einer gemeinsamen Türkeireise mit einer Gruppe von Schulfreunden geriet er unter Mordverdacht. Nach einer durchzechten und feuchtfröhlichen Nacht soll er die Tochter eines Gastgebers ermordet haben, alle Indizien sprachen offenbar eindeutig gegen den jungen Urlauber aus Deutschland.

Das Problem: Nick kann sich an die Nacht nur noch schemenhaft erinnern. Trotz seines Filmrisses ist er aber sicher, dass er dem Mädchen keinen Schaden zugefügt hat. Warum nur konnte ihm dennoch niemand seiner Freunde damals helfen? Alle Aussagen führten letztendlich nur zu seiner Verurteilung, die ihn direkt in die Haft brachte.

Weder Brille, Benny, Django, Vicky, Psycho, Pole noch Jenny hatten sich offenbar bei der
Gerichtsverhandlung nennenswert für ihn eingesetzt. Ein bitteres Gefühl für Nick, von seiner Clique, die ihm bis dato alles bedeutete, dermaßen im Stich gelassen zu werden!

Als er in der Haft den Amerikaner Joe kennenlernt, gibt es endlich einen winzigen Hoffnungsschimmer, wie sie gemeinsam dieser scheinbar ausweglosen Gefangenschaft entrinnen könnten. Zusammen mit dem jungen Rumänen Matteo schmieden sie einen fast unglaublichen Plan, wie sie aus dem Gefängnis ausbrechen wollen.
Es beginnt eine abenteuerliche Flucht, bei der nicht alles so abläuft wie geplant. Mehr als einmal spielt ihnen allerdings das Schicksal auf nicht erwartete Weise in die Karten. Schließlich gelingt es so aber zumindest Nick und Joe das Gefängnis und sogar die Türkei in Richtung Deutschland zu verlassen. Nick hat eigentlich nur ein Ziel: Er fordert Vergeltung von seinen sogenannten Freunden von damals. Dafür, dass ihm vor elf Jahren keiner der Anderen wirklich geholfen hat und er unschuldig seine Lebenszeit im Gefängnis vergeuden musste. Doch zunächst gilt es, die früheren Freunde aufzuspüren.

Was wurde inzwischen aus Brille, Fetty und co.? Dank besonderer Fähigkeiten seines Fluchtkumpanen Joe kann Nick sich wenigstens einen schnellen Einblick in deren aktuelles Leben verschaffen. Schnell wird eines klar: Ungeachtet des Standes und Berufes scheint tatsächlich jede der Personen irgendwo selbst eine „Leiche im Keller“ zu haben und gemeinsam mit Joe schmiedet Nick einen ausgeklügelten Plan für seine Rache, niemand soll verschont bleiben. Wieder gibt es zwar unerwartete Unterstützung, aber auch mehr als einen Verfolger, mit denen keiner gerechnet hat.

Zwischen Prolog und Epilog präsentiert Autor Wolfgang Wirth diese abenteuerliche Geschichte in insgesamt 24 Kapiteln, die jeweils mit dem Datum überschrieben sind und in der dritten Person erzählt werden. Es gibt es eine Vielzahl von Handlungssträngen, deren Zusammenhänge dem Leser zunächst noch nicht einleuchten. Die Freunde der alten Clique um Nick, die sich hinter den unbedarften Spitznamen von damals verbergen, haben ganz unterschiedliche Wege eingeschlagen, die sich zum Teil noch heute kreuzen.

Egal ob Automechaniker, Pfarrer oder gar Innenminister: dem Autor gelingt es, wirklich jedem seiner gut ausgearbeiteten Charaktere (nicht nur) eine dunkle Seite anzudichten. Überaus einfallsreich hat Wirth dabei viele tagesaktuelle Themen gleichzeitig mit in die Geschichte eingebaut und zu einem ausgeklügelten Plot verwoben.

Mein Fazit:

„…und ich will nicht gnädig sein“ – während ich mit dem Titel des Buches zunächst noch nicht viel anfangen konnte, gelang der Einstieg in die gut erzählte Geschichte, die ziemlich schnell sehr spannend wird, mühelos.

Zugegeben sind Teile der Story etwas unrealistisch und übertrieben. Es lohnt sich, besser nicht alles auf die berühmte Goldwaage zu legen, sondern stattdessen die Quintessenz des Thrillers wirken zu lassen. Nicht nur der Protagonist Nick, auch der Leser kommt nicht umhin, sich gedanklich mit großen Begriffen wie Schuld, Rache und Moral zu beschäftigen.

Die Tatsache, dass der Autor so vielen Themen gleichzeitig einen Raum gibt, ist zwar auf der einen Seite facettenreich und interessant. Auf der anderen Seite erscheinen einige der aufgegriffenen Aspekte irgendwie klischeebeladen und werden letztlich thematisch dafür zu kleinteilig behandelt.

Sehr gut gefallen haben mir hingegen sowohl die vielgestaltig konstruierten Charaktere als auch die genialen Verstrickungen, die Wirth sich hier ausgedacht hat. Gewürzt mit einer Prise (schwarzem) Humor ist der Thriller eine unterhaltsame Lektüre, die es durchaus mit anderen Romanen aufnehmen kann!

Cover des Buches Sterne über der Alster (ISBN: 9783492306973)

Bewertung zu "Sterne über der Alster" von Micaela Jary

Sterne über der Alster
Immchenvor 8 Jahren
Kurzmeinung: Guter historischer Roman mit hanseatischer Familiengeschichte...
Empfehlenswert! Hoffentlich gibt es eines Tages eine Fortsetzung...

Mein Eindruck:

Die Stimmung kurz nach Ende des ersten Weltkrieges ist düster in Deutschland: der Erleichterung über den vermeintlichen Frieden folgt schnell die Verunsicherung ob der turbulenten innerpolitischen Zustände sowie die Fassungslosigkeit angesichts der eklatant hohen Reparationsforderungen durch die Alliierten. In genau diesen Zeitrahmen platziert Micaela Jary ihren historischen Roman „Sterne über der Alster“ und knüpft damit an die Geschichte der Hamburger Reederfamilie Dornhain aus „Das Haus am Alsterufer“ an. Großmutter und Familienoberhaupt Charlotte Dornhain hält das Zepter fest in der Hand. Ihr Sohn Victor, der seine geliebte Frau und Mutter der drei Töchter Ellinor, Helene und Lavinia bereits früh verloren hat, führt unterdessen die Geschäfte des Familienunternehmens. Verstrickungen aus früheren Zeiten machen den korrekten Reeder jedoch angreifbar und erpressbar, so dass er nur einen Ausweg sieht. Als er mit seinem Suizid einen Scherbenhaufen zurücklässt, versucht die älteste Tochter Ellinor ihren Mann zu stehen und Familie und das Geschäft beisammen zu halten. Die Großmutter sorgt sich noch um die Ehre ihrer Traditionsfamilie und schärft allen Bediensteten ein, dass die Umstände zum Tod ihres Sohnes nicht nach außen dringen dürfen. Unterdessen versucht Ellinor verzweifelt, ihre Schwestern zu benachrichtigen. Während die Jüngste, Lavinia, ihren Dienst als Fernmeldehelferin an der Westfront versieht, weilt auch die mittlere Schwester Helene fernab der nordischen Heimat in der Schweiz. Helene, genannt Nele, führt eine Beziehung zum (Noch)Ehemann von Lavinia und es droht ein kurzes Chaos, als beide Schwestern nebst Lavinias angetrautem Konrad nacheinander im Hamburger Elternhaus ankommen. Doch damit nicht genug: auch die gut situierte Familie bekommt in ihrem Haus am Alsterufer nun deutlich die Einschränkungen zu spüren und muss angesichts der bürgerkriegsähnlichen Zustände mit Streiks und Demonstrationen in der Stadt um ihre Sicherheit fürchten. Alte Bekannte machen den Dornhains zusätzlich das Leben schwer und schließlich wird ein langjähriger Bediensteter unter Mordverdacht verhaftet. Jary konzentriert sich sehr auf die zwischenmenschliche Ebene und zeichnet feine Charaktere. Die damals noch erheblichen Standesunterschiede ließen Beziehungen oftmals unnötig kompliziert erscheinen. Nicht zuletzt ist auch das Bild der Frau in der damaligen Zeit noch ein ganz anderes und die Schwierigkeiten der Hauptfigur Ellinor machen dies deutlich. Trotz aller Entbehrungen, die das deutsche Volk in jener Zeit hinnehmen musste, wird im Roman „Sterne über der Alster“ vor allem aber auch in vielerlei Hinsicht klar, dass auch eine Art Neuanfang dahinter steckte. Von den Aktivitäten der Gewerkschaften für die Arbeiter bis hin zu Entdeckung und Ausbau neuer Technologien wie beispielsweise der Luftfahrt spannt sich hier ein Handlungsrahmen, der mit der fiktiven Geschichte rund um die Mitglieder der Familie Dornhain und ihrer Bediensteten ausgeschmückt wird.


Mein Fazit:

Freunde des historischen Romans der jüngeren Geschichte werden hier auf ihre Kosten kommen und mit dem neuen Roman von Micaela Jary weiterhin eine feinfühlig erzählte Familiengeschichte vorfinden. Die Geschichte ist aus wechselnden Perspektiven erzählt und eine Vielzahl von Einzelschicksalen finden hier Berücksichtigung. Zart-prickelnde Liebesgeschichten wechseln mit Intrigen und dem durch die schwere Nachkriegszeit geprägtem Alltag in der Hansestadt ab. Der Roman ist leicht und flüssig zu lesen, durch den beschriebenen Facettenreichtum kommt keine Langeweile auf. Ich empfehle unbedingt auch die Lektüre des Nachwortes – denn hier geht die Autorin noch einmal auf den spannenden geschichtlichen Hintergrund ihres Romanes ein.

Das offene Ende lässt aber leider Einiges in den Sternen über der Alster stehen und den Leser sogleich auf eine Fortsetzung dieser hanseatischen Familiensaga hoffen!




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