Mit der “Römermaske” legt Simone Dorra nach der “Nachtruhe” ihren zweiten Krimi mit dem Ermittler-Duo Malte Jacobsen und Melanie Brendel vor. Diesmal haben es die beiden mit einer seltenen römischen Helmmaske und zwei miteinander verfeindeten Römervereinen zu tun sowie mit der Frage: Wer hat den Experten ermordet, dessen Fachurteil über ein antikes Fundstück für Welzheim eine Riesensensation bedeutet hätte?
Erneut gelingt Simone Dorra auf ihre unverwechselbare Art eine wunderbare Mischung aus Spannung, interessanten Hintergrundinformationen und lebendigen Milieuschilderungen. Man darf bei den Ermittlungen mitfiebern und miträtseln, man lernt Schauplätze wie das Ostkastell und die Römertage in Welzheim kennen und erfährt so manch Wissenswertes rund um die alten Römer inklusive der Arbeit von Restauratoren und Spezialisten auf diesem Gebiet. Man merkt genau, dass Simone Dorra sorgfältig recherchiert und mit mehreren Fachleuten gesprochen hat – und wie viel Spaß es ihr macht, ihre dabei gewonnenen Kenntnisse mit ihrer Geschichte zu verweben und diese dadurch entscheidend aufzuwerten.
Auch das Menschliche kommt bei aller Kriminalität nicht zu kurz. Malte, das Hamburger Nordlicht, wird in Schwaben allmählich heimisch, was sicher nicht zuletzt daran liegt, dass das Knistern zwischen ihm und Melanie, das in der “Nachtruhe” bereits leise begonnen hat, mittlerweile munter Fahrt aufnimmt. Und dazu gibt es ein Wiedersehen mit dem sympathischen jungen Pfadfinder Lukas von Weyen, der Malte ebenfalls ordentlich auf Trab hält. Lauter Faktoren, die schon jeweils für sich und erst recht summa summarum nur eines bedeuten: Lesenswert. Unbedingt.
IngridZellner
- Mitglied seit 15.09.2014
- 7 Freund*innen
- 29 Bücher
- 5 Rezensionen
- 12 Bewertungen (Ø 4,92)
IngridZellners Bücher
Zur BibliothekRezensionen und Bewertungen
Simone Dorra hat eine Gabe, die nicht jedem Autoren verliehen ist: Sie erzählt nicht nur Geschichten, sie nimmt ihre Leser mit in ihre Geschichten hinein, lässt sie sie mit allen Sinnen miterleben, die Orte und Landschaften mit eigenen Augen sehen, Gerüche wahrnehmen, Geräusche hören, das Essen mit eigener Zunge schmecken und die Menschen kennenlernen wie beste Freunde oder zumindest wie die Nachbarn von nebenan. Bei ihr ist man als Leser, wie es so schön heißt, mittendrin statt nur dabei.
Das ist natürlich umso hilfreicher, wenn die Geschichte nicht in der Gegenwart spielt, sondern, wie im Fall von “Schierlingstod”, in der Mitte des 16. Jahrhunderts verankert ist. Bei Simone Dorra muss man sich als Leser nicht bemühen, sich in eine fremde Zeit lange vor der unseren hinein zu denken und zu fühlen – man hat schon nach wenigen Seiten das Gefühl, diese Zeit schon immer gekannt zu haben, und kann das Geschehen umso unmittelbarer und mit allen Sinnen verfolgen. Dazu bekommt man einen spannenden Kriminalfall geboten, Rivalitäten und aufregende Action ebenso wie eine süße kleine Liebesromanze am Rande, und man erhält eine Menge Möglichkeiten, sein historisches Wissen über die Zeit um 1550 (Alltagsleben, Weltgeschichte, Reformation etc.) zu erweitern, da die Geschichte nicht nur lebendig erzählt, sondern auch gut recherchiert ist. “Schierlingstod” ist ein Muss für jeden Freund von historischen Romanen und von Krimis. Und das nicht nur im Lutherjahr 2017.
Ich kenne Simone Dorras “Das Haus des Friedens” schon seit längerer Zeit; ich habe die Geschichte gelesen, während sie entstand und noch bevor wir auch nur ansatzweise daran gedacht haben, irgendwann gemeinsam daran weiterzuschreiben und eine insgesamt siebenbändige Kashmir-Saga zu kreieren. Was mich seinerzeit sofort gefesselt hat, war der mit viel Sorgfalt und Liebe zum Detail gestaltete Hintergrund: Kashmir, dieses von jahrzehntelangen, anhaltenden Konflikten geschundene Tal im Grenzbereich zwischen Indien und Pakistan, wo man noch heute jederzeit mit Stacheldraht, Militärkontrollen und Anschlägen rechnen muss, wo es für eine Traumatherapeutin wie die Irin Sameera Sullivan leider mehr als genug zu tun gibt… und wo es nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist, wenn jemand wie der indische Ex-Agent Vikram Sandeep ein Waisenhaus eröffnet, darin jedoch aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse gerade mal zehn Kindern ein Zuhause bieten kann. Immerhin, diese zehn Kinder im “Dar-as-Salam” (Haus des Friedens) haben bei ihm eine Chance auf ein Leben in Sicherheit und Frieden, soweit das auf diesem Pulverfass Kashmir überhaupt möglich ist. Und dass der Hindu Vikram ganz gezielt muslimische Waisenkinder großzieht, ist ein Zeichen, das gar nicht hoch genug gewertet werden kann.
Wie Sameera und Vikram einander kennenlernen, wie Sameera behutsam versucht, nicht nur den traumatisierten Waisenkindern zu helfen, sondern auch Vikram, der ebenfalls schlimme Erinnerungen mit sich herumträgt – und wie sie beide in die Mühlen alter Feindschaften und Konflikte geraten und dabei einander ebenso zu verlieren drohen wie sich selbst, das wird von Simone Dorra spannend, sprachlich gewandt, in lebendigen Bildern und mit großen Gefühlen erzählt. “Das Haus des Friedens” liest sich wunderbar und flüssig, und ich wünsche dem Buch viele begeisterte Leser.
Der Hamburger Kriminalkommissar Malte Jacobsen wird nach einem Burnout ins schwäbische Waiblingen versetzt. Dort hat er als erstes zusammen mit seiner neuen Kollegin Melanie Brendel einen Mordfall aufzuklären, der Erinnerungen an seine (wenn auch kurze) Pfadfinderzeit in seiner Jugend in ihm wachruft: Das Mordopfer war der Leiter eines kleinen Backnanger Pfadfinderbundes. Schnell kristallisiert sich ein erstes mögliches Mordmotiv heraus: Kindesmissbrauch. Hat sich das Mordopfer an seinen Schützlingen vergangen? Musste er deshalb sterben? Und was hat es mit der 16-jährigen Pfadfinderin auf sich, die zur gleichen Zeit im Mühlbach tödlich verunglückte? Malte Jacobsen vergräbt sich in die Ermittlungen, dringt immer weiter vor - und bringt erschütternde Tatsachen und Wahrheiten ans Licht...
Simone Dorra ist mit ihrem ersten Krimi ein großer Wurf gelungen. Sie verzichtet auf knallige Sensations-Action, setzt stattdessen mehr auf leise, ruhige Töne und erzeugt dadurch einen langsamen, aber stetigen Spannungsbogen, der den Leser unaufhaltsam in seinen Bann zieht. Mit ihrer typischen bildhaften Sprache lässt sie den Leser das Geschehen quasi hautnah miterleben, und ihren Figuren haucht sie dermaßen Leben ein, dass man schon bald glaubt, sie persönlich zu kennen. Bei Simone Dorra ist keine Romanfigur jemals nur ein Name - jede bekommt ihre eigene, gut durchdachte und liebevoll ausformulierte und gestaltete Persönlichkeit. (Und "geschwäbelt" wird nicht zu knapp, was für mich als Nicht-Schwäbin einen zusätzlichen Leseanreiz ausmachte.)
Die Themen, die diesen Krimi durchziehen, sind teilweise leider nur allzu aktuell und gehen an die Nieren, sei es Kindesmissbrauch oder (Internet-)Mobbing unter Teenagern. Und dennoch ist "Nachtruhe" keine "schwere Lektüre" in dem Sinne, denn Simone Dorra gelingt es mit verblüffender Leichtigkeit, die bedrückenden Passagen immer wieder aufzubrechen und dem Leser ein Lächeln ins Gesicht zurückzuzaubern... mit dem sympathischen Ermittler-Duo Malte und Melanie und mit noch einigen weiteren Figuren und Situationen, die ich hier nicht nennen will, um nicht zu viel zu verraten. Das muss man einfach selber lesen - genauso wie Maltes nicht immer leichten Weg hin zur Lösung des Falles, die einen noch einmal tief betroffen macht. "Nachtruhe" bekommt meine volle Leseempfehlung!
Bewertung zu "Der kleine Prinz. Illustrierte, klassische Übersetzung" von Antoine de Saint-Exupéry
Selten erlebt man es, dass man sich mit allen Sinnen in ein Buch hineinfallen lassen kann. Bei “Fluchmond” geht das, und wie! Eine gut durchdachte Geschichte, die fesselt und mitreißt; Figuren, mit denen man mitfühlt, mitfiebert und mitleidet, und das Ganze menschlich und warm geschrieben in einer so lebendigen, bildhaften und farbenfrohen Sprache, dass man das Geschehen nicht nur lesen, sondern zugleich auch sehen, hören, fühlen und riechen kann. Chapeau - das erlebt man auch als leidenschaftlicher Viel-Leser nicht alle Tage, und allein schon dafür würde dieses Buch meine volle Empfehlung bekommen.
Aber noch etwas fasziniert an “Fluchmond”: Das ist die erste Fantasy-Geschichte, bei der ich mir allen Ernstes vorstellen könnte, dass sie tatsächlich passiert ist. Hier geht es nicht um ein fernes, fremdes Land in einer anderen Welt, um alte Zauberer, übermächtige Krieger/innen oder sagenumwobene Schwerter - hier geht es um ganz normale Menschen wie du und ich, die im ganz alltäglichen Deutschland von heute leben und arbeiten und denen ich jederzeit an der nächsten Ecke über den Weg laufen könnte. Die Historie um den Fluch, seinen Ursprung, seine Wirkung und wie er vererbt wird, wird so detailliert, real und glaubwürdig dargelegt, dass man sich irgendwann nur noch fragt, warum um alles in der Welt das alles nicht wahr sein soll. Klar kann sowas passieren. Jedem von uns.
“Fluchmond” ist nicht nur Fantasy in dem Sinne. Dieses Buch könnte ebenso gut auch als Liebesroman verkauft werden, in dem eine der Figuren eben ein ungewöhnliches Geheimnis mit sich herumträgt, so wie andere Menschen ein Verbrechen oder einen Ehebruch - und die aus den gleichen, verständlichen Gründen diesen dunklen Punkt zu verbergen versucht beziehungsweise mit ihm umgehen muss, ebenso wie seine Mitwelt. Auch wer mit Fantasy nicht ganz so viel am Hut hat und eigentlich lieber Liebesromane liest, oder Geschichten über zwischenmenschliche Beziehungen ganz allgemein, sollte sich “Fluchmond” nicht entgehen lassen. Ihn erwartet in jedem Fall ein wunderbares, ungewöhnliches und spannendes Lesevergnügen für sämtliche Sinne!
Bewertung zu "Men Inte Om Det Galler Din Dotter [Imported]" von Jan Guillou
Bewertung zu "Harun und das Meer der Geschichten" von Salman Rushdie
Über mich
- weiblich
- 19.12.1962
- https://www.ingrid-zellner.de