Bewertung zu "Ich. Darf. Nicht. Schlafen." von S.J. Watson
Stellt euch vor, ihr wacht auf und stellt fest, ihr wisst nicht wo ihr seid. Dann blickt ihr euch um, und erkennt noch immer nichts - nicht einmal den Mann, den ihr angeblich geheiratet habt.
Schrecklich oder? Und das jeden Tag auf Neue.
Für mich persönlich eine wirklich unvorstellbare Situation, die doch jeden Tag ausgelöst werden kann. Durch einen Unfall, eine Krankheit oder durch andere Umstände: passieren kann sie jedem von uns. - Weder möchte ich selbst betroffen sein, noch würde ich dies jemand anderem wünschen.
Allein das Lesen dieser Handlung ist schon sehr nervenauftreibend und teilweise sehr anstrengend. Denn nicht nur dür die Protagonistin, Christine, beginnt jeder Tag aufs Neue mit dem Unbekannten, sondern auch für den Leser. Dieser bekommt gnadenlos mit, wir Christine sich in ihrer Welt zurechtfügen muss.
Das Tagebuch, das Christine führt, nimmt einen wesentlichen Teil des Buches ein, doch das ist genau richtig so. Andernfalls gäbe es keine Handlung, die auch nachvollziehbar wäre, denn man muss immer im Hinterkopf behalten, dass Christine ja von nichts weiß. Dabei steht sie selbst oft genug vor der Frage, ob das, was dort geschrieben ist, auch der Wahrheit entspricht.
Stellenweise denkt man, man weiß genau, was am Ende dabei herauskommt, doch dann das Überraschende: es kommt ganz anders.
Der Schreibstil des Autors ist dabei aber sehr angenehm zu lesen und er findet immer wieder andere Worte, das bereits Geschehene, neu zu verpacken und die Situation neu zu erschaffen. Eine flüssige und bildreiche Angelegenheit mit einem ordentlichen Tempo.
Die Charaktere wirken allesamt sehr durchdacht und auch aufeinander abgestimmt, aber dennoch nicht zu offensichtlich und mit einem Hauch des gewissen "Etwas".
Gerade bei 'Ben' hält sich die spannung durchgehend aufrecht. je mehr das Buch gen Ende strebt, desto mehr hinterfragt man bei ihm und versucht auf des Rätsels Lösung zu gelangen.
Lediglich bei Dr. Nash, Christines Therapeut, hatte ich teilweise den Eindruck, dass er sehr erpicht darauf ist, einen Erfolg zu verbuchen, der einen riesen Schritt seiner Karriere darstellen würde. Das lässt ihn aber nich unsympathischer werden.
Einen kleinen negativen Punkt, den ich allerdings nun nicht in die Bewertung einfließen lassen werde: das Cover. Dieses finde ich persönlich ziemlich nichtssagend und auch unpassend gewählt.
Da hätte man durchaus etwas passenderes finden können.
Da ich demnächst beruflich selbst mit Krankheiten und Thematiken wie Amnesie oder die Selbstfindung konfrontiert werden könnte, war dieses Buch unglaublich spannend und auch aufschlussreich zu lesen.
Ich habe auch ziemlich lange für dieses Buch gebraucht, das lag auch nicht selten daran, dass ich das Buch einfach auch zur Seite legen musste, um die Dinge erst einmal selbst zu verarbeiten.
Denn auch als Leser ist es unglaublich anstrengend jeden Tag aufs Neue erleben zu müssen, wie sich ein Betroffener durchschlagen muss und oft zwischen Wahrheit und Lüge unterscheiden muss.
Auf dem Cover findet man den Satz "Schlicht und einfach der beste erste Thriller, den ich jemals gelesen habe." von Tess Gerritsen, und ich kann diesem nur beipflichten.
Ich kann dieses Buch wärmstens empfehlen und das nicht nur Thriller-Liebhabern!