Izquierdo
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Man liebt den Verrat, aber nicht den Verräter. Vor allem dann nicht, wenn nach dem großen Krieg, die, die dafür mitverantwortlich waren, wieder in führende Positionen schlüpfen. Wer möchte da an seine Vergangenheit erinnert werden? Wer möchte da einem kleinen Beamten aus dem Auswärtigen Amt in die Augen schauen müssen, der nicht "mitgemacht" hat. Der versucht hat, sich aufzulehnen. Der spioniert und damit auch sabotiert hat, um den Krieg zu verkürzen. Um Leben zu retten, auch wenn das bedeutete, durch Verrat Leben zu opfern. Kolbe hat dafür einen hohen Preis bezahlt: erst wurde er bekämpft, dann vergessen. Obwohl er der wichtigste Spion des Zweiten Weltkriegs war.
Kollender gelingt es in beeindruckender Weise, diese Zeit aufleben zu lassen: Zerstörung, Paranoia, Brutalität, Fanatismus, Angst, Schuld und Gefahr werden spürbar. Kollenders Prosa, seine eigenartige Sprache, erschafft eine Welt des Krieges und mittendrin seine dreidimensionalen Protagonisten: Täter, Opfer, Mitläufer, Lügner, Feiglinge, Karrieristen und Verzweifelte.
Das ist alles ungeheuer spannend und gut recherchiert.
Kollender hat einem vergessenen Helden ein Denkmal gesetzt. Bleibt zu hoffen, dass er damit ein großes Publikum erreicht. Das würde Kolbe gerecht werden. Und auch Kollenders Leistung, diesen Roman zu schreiben.
Eigentlich beginnt dieser Travemündekrimi ganz so wie ein Regionalkrimi beginnen muss: jemand kommt zu Tode, jemand gerät in Verdacht,jemand gerät in Gefahr, jemand löst einen Fall.
Umso überraschender war es, dass Anke Gebert nur die Muster eines Krimi nutzt, um ein Gesellschaftsbild von hoher literarischer Qualität zu zeichnen. Die handelnden Figuren sind unglückliche Menschen, das, was sie sind, steuert sie, und so entwickelt nicht der Plot die Spannung, sondern die Figuren tun es.
Die kleptomansiche Ermittlerin Nina, das eitle Opfer, der jugendhafte Liebhaber, der verzweifelte Sohn des Opfers und die im Stich gelassene Tochter. Sie alle treiben die Geschichte voran, haben ihr Päckchen zu tragen und suchen ihr Glück. Das ist spannend geschrieben, aber vor allem: es lässt einen nicht kalt.
Travemünde scheint ein ganz eigenwilliges Fleckchen Erde zu sein - ohne den Roman hätte ich es nie wohl nie erfahren.
5 Sterne für Anke Geberts herausragenden Krimi!
Bewertung zu "Das Lied meiner Schwester" von Gina Mayer
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