Anfangs dachte ich, der sprunghafte Erzählstil würde mich auf Dauer nerven und das Lesevergnügen mindern. Doch das Gegenteil war der Fall! Gerade dieses Sprunghafte macht die Geschichte so authentisch, weil ich tatsächlich das Gefühl hatte in "Poppys" Innerstes - hinter die mühsam aufgebaute Fassade - zu blicken. Die vielschichtigen Gedanken eines kleinen Mädchens, das nicht weiß, wie ihr geschieht, rasen am Leser vorbei und reißen ihn immer tiefer in einen Strudel der Unfassbarkeiten. "Poppy" ist nichts für schwache Nerven. Das unvorstellbare Leid des Mädchens ist berührend und erschütternd zugleich. Manches wird nur angedeutet, anderes unverblümt ausgesprochen - so oder so lässt es einen fassungslos zurück.
Doch "Poppy" führt uns nicht nur in eindrucksvoller Weise die Ungeheuerlichkeit und Abscheulichkeit des sexuellen Missbrauchs vor Augen. Am liebsten möchte man "Poppy" in die Arme schließen und sie in Sicherheit bringen, weit weg von ihrem Peiniger, aber auch weit weg von ihrer Mutter und deren Familie, die in ihrem Verhalten so ignorant und widerlich sind, dass es einem den Magen umdreht.
Astrid Korten ist ein tolles Buch gelungen. Sie nimmt sich eines aufwühlenden Themas an und setzt es einfühlsam, aber nicht gefühlsduselig um, ohne dabei reißerisch oder voyeuristisch zu werden. Fakt ist, dass das, was "Poppy" widerfährt, für viele Kinder in unserem Land bittere Realität ist. Das Thema zu ignorieren, mag für einige von uns angenehmer sein als dieser Realität ins Auge zu blicken, es ändert aber nichts an den Tatsachen. Astrid Kortens Buch leistet einen wichtigen Beitrag, sich besser in die Opfer hineinversetzen zu können. Klare Leseempfehlung!