Ein Wissenschaftsthriller, mit dem man erst nach der Hälfte losschlittert, der aber mit umfangreichem Wissen unter der Eissonne glänzt.
Der Riss | Ein Wissenschaftsthriller, der zwischen Eisschollen umherspringt, die unterschiedliche Geschichten erzählen wollen.
Der Riss ...nimmt uns mit auf die halsbrecherische Expedition der Vukanologin Antonia Rauwolf in die Antarktis, die nicht nur das Verschwinden ihres Bruders aufklären will, sondern auch herausfinden muss, ob im ewigen Eis eine Gefahr für die ganze Welt lauert. Doch auf der Forschungsstation Neumayer III sind Antonia nicht alle wohlgesonnen.
Der Thriller verbindet ein unverbrauchtes und frisches – nein, eisiges – Setting mit einer spannenden Forschungsreise, die gerade im zweiten Teil des Buches von einer guten Portion Action profitiert. Antonia ist dabei unsere antarktische Lara Croft, die mit einer Menge Hintergrundwissen im Gepäck anreist und sich durch nichts abschrecken lässt.
Allerdings wirkt sie dabei am Anfang ein wenig unnahbar und abgeklärt, dafür, dass sie vom Tod ihres über alles geliebten Bruders ausgehen muss und erst vor kurzem davon erfahren hat. Später erhalten wir mehr Einblick in Antonias Gefühlswelt – nichtsdestotrotz bleibt die Stärke von „Der Riss“ in der Realitätsnähe seiner Geschichte auf der „fachlichen“ Ebene.
Von Anfang an wird deutlich, dass umfassende Recherchen betrieben wurden, um ein lebendiges Bild des Lebens und Forschens in der Antarktis zu zeichnen. Während zwischen den Figuren eine klare Gut-Böse Linie verläuft und manche ihrer Entscheidungen etwas zu sprunghaft, radikal oder offensichtlich (durch einen vorgegebenen Plot bestimmt) sind, ist der Einblick in die Eiswüste umso facettenreicher. Spielerisch erfahren wir von den faszinierenden Eigenschaften des Kontinents und seiner Unbarmherzigkeit. Mit Lesevergnügen fortbilden funktioniert in diesem Wissenschaftsthriller! (Natürlich ist aber auch etwas Fiktion dabei.)
Der Einstieg in „der Riss“ war für mich durch die Distanz zu Antonia als Protagonistin etwas holperig. Auch danach haben einige Perspektivwechsel bzw. Sprünge zu anderen Figuren den Fortschritt der Geschichte etwas in die Länge gezogen bzw. vor allem schon einiges vorweg- und an Spannung weggenommen. Nachdem das aber überwunden war, nahm der Thriller zusammen mit Antonia (buchstäblich) Fahrt auf.
Mit dem portionsweise verdichteten Hintergrundwissen und dem Verständnis über die Auswirkungen menschlichen Handelns liest sich der zweite Teil des Thrillers rasant und lässt uns den Kopf darüber schütteln, mit welcher Selbstverständlichkeit wir Menschen uns als Herrscher über die Natur begreifen, obwohl wir gegen ihre rohe Gewalt heillos unterlegen sind.
Nach Beendung des Buches hatte ich das Gefühl, dass die anfänglichen Startschwierigkeiten des Buches mit der Unschlüssigkeit zusammenhängt, was es sein bzw. welche Geschichte es uns erzählen will: Die einer möglichen Entdeckung eines weltverändernden Phänomens, die einer drohenden Naturkatastrophe, die der persönlichen Aufarbeitung eines (politischen/humanitären) Skandals, die der Suche einer Forscherin nach ihrem Bruder und seinen Geheimnissen oder sogar die einer beginnenden Liebesgeschichte?