Zum Buch:
„Schattenspringer. Wie es ist, anders zu sein" wurde von Daniela Schreiter geschrieben und ist 2013 im Panini Verlag erschienen. Der autobiographische Comic der autistischen Autorin hat 158 Seiten. Mittlerweile sind zwei Folgebände in der Schattenspringer Reihe erschienen.
Inhalt:
In ihrer Graphic-Novel erzählt Daniela Schreiter, wie es für sie war, als undiagnostizierte Autistin aufzuwachsen. Ihre Erzählungen fangen im Kleinkindalter an und dauern an bis in ihr Erwachsenenleben. Sie zeigt anschaulich auf, mit was für Schwierigkeiten sie in ihrem Alltag konfrontiert war und wie oft sie über ihren eigenen Schatten springen musste. Dabei vergleicht sie sich mit einem ausserirdischen Männchen, das auf der Erde gelandet ist. Dieser Vergleich zeigt auf humorvolle Art, wie sich Daniela in ihrem Leben des Öfteren gefühlt hat.
Meine Meinung:
Gestaltung: Die Idee, in einer Comic-Form über Autismus aufzuklären, finde ich grundsätzlich sehr interessant. Im Gegensatz zu einem klassischen Fachbuch schaffen es die Comic-Bilder die Thematik aufzulockern und auf eine neue Art zu verpacken. Die Zeichnungen an sich gefallen mir gut, schade fand ich allerdings, dass nur die ersten 15 Seiten farbig sind und der Rest des Buches komplett schwarz-weiss ist. An sich finde ich auch schwarz-weisse Bilder in Ordnung, aber diesen plötzlichen Bruch habe ich absolut nicht verstanden.
Inhalt: Grundsätzlich mochte ich es, das Buch zu lesen. Ich habe noch kein derartiges Buch über Autismus gelesen, und durch den Comic-Stil schafft es das Buch, sich von anderen über Autismus abzugrenzen. Ich kann mir gut vorstellen, dass autistische Menschen, die aber nicht allzu gerne lesen, an diesem Comic Freude haben und dadurch etwas mehr über sich selbst und andere Autist*innen lernen können. Obwohl ich das Buch gerne gelesen habe, habe ich aber einige Kritikpunkte.
Das Buch wird im Klappentext beworben mit «für jedermann und jedes Alter». Diese Äusserung passt zusammen mit meinem Leseeindruck: Mir war nämlich bis zum Schluss unklar, welches Alter die Zielgruppe dieses Buches bildet. Die Aufmachung und das comicartige Cover wirken für mich zunächst wie ein klassisches Kinderbuch. Da der Fokus der Erzählungen auf dem Schulalter liegt, würde ich es auch inhaltlich so einordnen. Sprachlich passt es für mich aber an einigen Stellen nicht für ein Kinderbuch. So finden sich darin Wörter wie Surrogat (S. 55) oder Kompagnon (S. 132), die das Verständnis eines Kindes überschreiten.
Ein weiterer Punkt, der mich gestört hat, ist dass die Autorin fast ausschliesslich von Autisten statt von Autist*innen spricht. Bei gewissen Büchern könnte ich über das generische Maskulin hinwegsehen, aber gerade bei der Thematik Autismus wäre es mir wichtig gewesen. Bis heute herrscht nämlich noch das Vorurteil, autistische Menschen seien fast ausschliesslich männlich. Dass dies nicht stimmt, zeigt sich zwar bereits dadurch, dass dieses Buch von einer Autistin geschrieben wurde. Aber dennoch hätte ich es an dieser Stelle wichtig gefunden, explizit darauf hinzuweisen, dass autistische Menschen jedes Geschlechts mitgemeint sind. Das Buch ist zwar aus dem Jahr 2013, wo die Genderdebatte noch nicht so auf dem Vormarsch war. Allerdings liegt mir eine neu überarbeitete Ausgabe aus 2023 vor, von welcher ich auch in diesem Bereich eine Anpassung erwarten würde.
Mein grösster Kritikpunkt ist aber, dass meiner Meinung nach der Fokus zu stark auf den schwierigen statt auf den schönen Seiten des Autismus liegt. Erst auf den letzten Seiten kommt zur Sprache, dass autistische Menschen auch viele positive Eigenschaften und Stärken haben, wie eine hohe Detailwahrnehmung, Loyalität und einen hohen Gerechtigkeitssinn. Das fand ich einen schönen Abschluss für das Buch, aber ich finde dennoch schade, dass dieser Aspekt so kurz gekommen ist.
Schreibstil: Der Schreibstil hat mir gut gefallen. Er ist locker und sehr humorvoll, schafft es aber auch, an einigen Stellen Fachwissen einfliessen zu lassen. Die Mischung aus eigenen Erfahrungen und Informationen zu Autismus haben mir gut gefallen. Wie vorhin aber schon angesprochen, fand ich einige Äusserungen aber zum hochgestochen, wenn das Buch von einem Kind gelesen werden sollte.
Fazit: Ein kurzweiliges Buch über Autismus, das viele Seiten anschaulich aufzeigt. Auch die Idee, die Thematik in einem Comic aufzugreifen, finde ich sehr spannend. Leider war mir das Buch aber etwas zu negativ geprägt und für mich von der Zielgruppe her zu unklar. Darum kann ich dem Buch nur 3/5 Sternen geben.