Bewertung zu "Einunddreißig Tage in einer einzigen Nacht" von Sabine Nagel
Einunddreißig Tage in einer Nacht. Einunddreißig Fragen an die Charaktere Fredi, Sascha und Markus, die ich aus den anderen Büchern von Sabine Nagel schon kannte, und Noah und Caro, die ich neu kennenlernen durfte. Fragen, die so vielschichtig sind, dass ich vor der Leistung, die verschiedenen Antworten in eine einzige Geschichte zu formen, den Hut ziehe. Sabine Nagel ist das so faszinierend schön gelungen, dass ich nicht aufhören konnte, zu lesen, bis ich das fulminante und trotz Anspielungen völlig überraschende Ende erreicht hatte.
Fredi, Sascha und ihre Freunde sind zu einer Party im Freibad verabredet, sie trinken und tanzen, mal ausgelassen, mal nah am Abgrund, doch schon nach einigen Songs ist klar, dass irgendetwas anders ist als sie es kennen. Sabine Nagel schafft es, mit ihren Worten eine zauberhafte Atmosphäre zu kreieren: die Sterne am Himmel, die Lichter, die sich als Girlanden durch das Freibadgelände ziehen, dazu der Klang der Musik, aufgelegt von einem DJ, der sich wummernd im Bauch der Freunde ausbreitet, Erinnerungen hervorruft und Blicke in die Zukunft schon fast möglich macht. Die Songs schlingen sich um die Geschichte, formen sie, halten sie zusammen, weisen die Richtung, tanzen und trudeln durch den Abend, bis Sascha und Markus sogar gemeinsam einen Song performen.
Die Kapitel sind mal leicht, mal kraftvoll, mal lustig und mal atemberaubend geschrieben. Durch Sabine Nagels Worte leuchtet in diesem Buch der Zauber des Schreibens, das Erschaffen von Charakteren, von Welten und Wundern, die Faszination, die Protagonisten zu erleben, wie sie ihre Abenteuer meistern, wie sie reagieren, fast wie echte Menschen.
Die Stimmung der einzelnen Protagonisten und auch die zwischen ihnen wird in diesem Spin-off auf eine Weise eingefangen, die man nur selten in Romanen findet. Sabine Nagel schaut ganz genau hin, wie ihre Charaktere miteinander agieren und blickt auch dann nicht weg, wenn die Gefühle bis ganz nach innen weisen, bis tief hinab in die Seele und manchmal auch bis dahin, wo es wehtut. Feinfühlig und sicher führt sie mich als Leser durch alle zauberhaften und auch teils heftigen Gefühlsmomente.
Durch die besondere Entstehung des Textes ist auch die Handlung in diesem Spin-off faszinierend anders, denn die Realität der Protagonisten ist ausnahmsweise durchscheinend wie Seifenblasen. Nichts ist, wie ich es zu Anfang geglaubt habe, weder Zeit noch Raum, alles dehnt sich aus, bis die Nacht schließlich unendlich zu sein scheint und die fünf Freunde einem Menschen begegnen, mit dem sie niemals gerechnet hätten.
Seite für Seite und Kapitel für Kapitel durchdringt mehr Zauber diesen Roman. Mehr faszinierende, fantastische Elemente und ein ganz besonderer Nachthimmel entstehen und entführten mich in eine kurzweilige Welt, die unserer so ähnlich und doch alles, nur nicht gleich ist.
»Wir lassen einander leuchten« ist ein wunderschönes Zitat aus dem Roman. Und ich kann mich nur anschließen. Sabine lässt ihre Protagonisten und ihren Text leuchten. Hell und klar.