JonasKaufmann
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Rezensionen und Bewertungen
Bewertung zu "Ein weißer Schwan in Tabernacle Street" von Ben Aaronovitch
Peter Grant ist zurück. Und er steht vor neuen Herausforderungen. Beruflich bekommt er es mit dem Internet-Genie Terrence Skinner zu tun. Denn in dessen Firma Serious Cybernetics Corporation (kurz: SCC) schlummern Geheimnisse; eine magische Technologie ist dort verborgen, die bis tief ins 19. Jahrhundert zurückreicht.
Peter wäre nicht Peter, wenn er diese Aufgabe nicht mit aller Ernsthaftigkeit, vollem Tatendrang und einer gewaltigen Prise britischem Humor angehen würde.
Die Posse um den schauderhaften gesichtslosen Magier scheint endgültig vorüber - eine neue Zeit beginnt! So hat Peter nun auch einen neuen Job. Irgendwie schade - mochte ich doch die Gegebenheiten ums Folly, Molly, Nightingale und Toby, so wie sie waren.
Etwas ungewohnt das Stilmittel zu Beginn des Buches - ständiges Rumspringen zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Nicht schlecht gemacht, aber doch recht neu - kennt man schliesslich aus der Reihe in der Art noch nicht.
Nicht alles hat sich verändert: Der Humor bleibt trocken und schwarz, der Schreibtstil von Aaronovitch ansonsten unverändert - genial! Ich hab den Typen noch nie reden hören, vermute aber, dass der gar nicht anders kann als sich so zu geben, wie er schreibt - unverblümt, frech, ironisch; die Liste kann beliebig erweitert werden...
Ausserdem werden doch tatsächlich mit Ada Lovelace und Charles Babbage reale Figuren eingeführt! Gabs das denn schon mal? Keine Ahnung. Mir gefällts.
Das Buch hat leider meiner Meinung nach mit all den Änderungen und neuen Gegebenheiten etwas an seinem Charme eingebüsst. Schade! Nichtsdestotrotz bin ich im Innern erfüllt von Freude - habe ich doch die Vermutung gehegt, dass Aaronovitch mit dem letzten Band einen Schlusstrich unter die Flüsse-Saga zieht und wir nie wieder etwas von Peter zu hören bekommen. In meiner Vermutung sah ich mich dann durch das Erscheinen des "Oktobermannes" bestätigt. Deshalb überwiegt halt die Freude, dass es mit der Serie weitergeht. Und mal unter uns: Solange Aaronovitch seinen einmaligen Schreibstil (oder gibt's noch mehr von der Sorte?!) beibehält, kann er mich gar nicht enttäuschen.
Fazit: (Bei Weitem) nicht sein bestes Werk - das Lesen trotzdem allemal wert!
Plot:
Hamburg 1888: Als der Familienpatriarch Peter Hansen aus dem Leben scheidet, bleiben seine Söhne Robert, Karl und Georg mit einer großen Aufgabe zurück: Wie können sie in diesen turbulenten Zeiten den Fortbestand des hoch verschuldeten Familienunternehmens und die gesellschaftliche Stellung der Hansens sichern? Eine Plantage im fernen Kamerun bietet die einmalige Chance, die stark wachsende Nachfrage nach Kakao zu bedienen. Was von einem Teil der Familie als großes Abenteuer gesehen wird, ist für die anderen schon in der Vorstellung ein Albtraum.
Robert macht sich mit seiner Familie auf den Weg in das Land am Golf von Guinea. Seine Frau Elisabeth kehrt Hamburg nur sehr widerwillig den Rücken und das Verhältnis zwischen den Eheleuten wird zusehends angespannt. Luise hingegen, ihre jüngste Tochter, findet das Leben auf der Plantage sehr aufregend. Nicht zuletzt, weil mit Hamza, dem Sohn des Vorarbeiters, zum ersten Mal ein Mann in ihr Leben tritt, für den sie starke Gefühle entwickelt …
Cover:
Wie so oft bei historischen Romanen ist bereits das Cover ein echter Hingucker. ;-)
Meine Meinung:
Ellin Carsta ist das Pseudonym von Petra Mattfeldt. Dieses Buch war mein Erstes der Autorin. Frau Carsta vermag mich mit diesem Band zu überzeugen. Ein sehr verheissungsvoller Auftakt!
Die Geschichte startet in Hamburg im Jahre 1888 und erzählt die Geschichte der verschuldeten Grossfamilie Hansen, welche ein Kaffeekontor (vorher noch nie gehört, das Wort.. aber das habe historische Romane so an sich!) betreibt. Um die verschuldete Firma zu retten, trennen sich die Wege der Familie: Robert wandert mit seiner Familie nach Kamerun aus, Karl eröffnet ein Kontor in Wien und Georg bleibt in Hamburg.
Sehr bildlich und facettenreich erzählt Frau Carsta die Geschichte der Familie. Dabei stellen sich vor allem die vielen Ortswechsel als sehr belebendes Stilelement heraus, die Spannung bleibt stetig hoch. Die Charaktere sind akribisch ausgearbeitet und authentisch.
Besonders die Beschreibungen der Grossstädte Wien und Hamburg lassen einen direkt zurückfallen ins späte 19. Jahrhundert. Fazit: Ein vielversprechender Auftakt!
Bewertung zu "Enna Andersen und das verschwundene Mädchen" von Anna Johannsen
Cover: Das Cover gefällt mir - es hebt sich durch eine etwas ungewöhnliche, "vergilbte" Gestaltung deutlich von anderen Krimi-Umschlägen ab.
Plot: Nach dem Unfalltod ihres Mannes und einer beruflichen Auszeit wird die alleinerziehende Hauptkommissarin Enna Andersen in eine Abteilung versetzt, die sich um alte ungelöste Fälle kümmern soll. Zunächst wenig begeistert von der Aufgabe, macht sie sich mit ihren beiden Mitstreitern, einem degradierten Oberkommissar und einer frisch gebackenen Kommissarin, an die Arbeit.
Vor zehn Jahren ist Marie Hansen bei einer Klassenfahrt auf der Ostfriesischen Insel Wangerooge spurlos verschwunden. Trotz intensiver neuer Ermittlungen landet das Team immer wieder in einer Sackgasse. Erst ein Telefonat mit der mittlerweile in Australien lebenden Schwester des Opfers bringt Bewegung in den Fall. Enna wird plötzlich das Gefühl nicht los, dass die Familie von Marie jahrelang etwas verschwiegen hat …
Meinung: Das Buch hat mich wahrlich in seinen Bann gezogen. Viele neue Erkenntnisse in dem "Cold Case", etliche Dinge, welche die Ermittler von damals übersehen haben. Es folgt Wendung um Wendung, ruhige Passagen wechseln sich ab mit hektischen Seiten, der Abschluss ist überraschend aber stimmig.
Anfangs fühlt sich Andersen (genau so wie ihre beiden Kollegen) auf dem Abstellgleis. Dies ändert sich, als der "Cold" Case plötzlich wärmer und wärmer wird.
Hat mir Freude bereitet - kann ich nur weiter empfehlen.
Plot: Die erste Liebe bleibt unvergesslich. So geht es auch Antje, die sich nie von diesen Wunden erholt hat. Schon als sie den Nachnamen ihrer großen Liebe in den Buchungen ihrer Pension auf Norderney liest, verkrampft sie innerlich. Als Michael dann tatsächlich wieder in ihrem Leben auftaucht, versucht Antje alles, um ihm aus dem Weg zu gehen.
Warum müssen Michaels Eltern ausgerechnet auf Norderney ihren Hochzeitstag feiern? Michael ist gar nicht begeistert, dorthin zurückzureisen und all die mühsam verdrängten Erinnerungen zu wecken. Doch als er Antje begegnet, treffen ihn seine Emotionen wie ein Blitz.
Lotte Römer kann mit wunderschönen Beschreibungen der Insel Norderney und einem einfachen, flüssigen Schreibstil punkten. Da kommt Ferienfeeling auf! Leider täuscht dies nicht über einen etwas seichten Plot, einige Klischees und eine etwas zu vorhersehbare Handlung hinweg. Da wäre definitiv mehr möglich gewesen!
Ein durchweg spannendes Leseerlebnis, eine vergnügliche Ferienlektüre - aber mehr halt nicht.
"Heisse Nächte in Unterfilzbach" war mein erster Krimi von Eva Adam. Mit ihrem humorreichen Schreibstil und den liebevollen Charakteren hat sie mich vollkommen überzeugt.
Plot: In dem beschaulichen bayerischen Dorf Unterfilzbach ist Einiges los: Der pensionierte Briefträger fliegt spektakulär in die Luft, die lokale Fischzucht brennt nieder und zu guter Letzt soll auch noch ein Film in Unterfilzbach gedreht werden. Die beiden guten Freunde und Helden vom Bauhof - Sepp Müller und Hansi Scharnagel - haben viel zu tun.
Auch als Quereinsteiger hat man überhaupt keine Mühe, sich zurechtzufinden. Die Charaktere sind auf Anhieb sympathisch - oder eben nicht! -, die Figuren haben Ecken und Kanten, so bleiben die einzelnen Namen und Personen super im Gedächtnis haften. Das Buch ist wunderbar humoristisch, bleibt aber trotzdem spannend. Wie gerne würde ich mal eine Woche Ferien in Unterfilzbach verbringen! Es werden auch aktuelle Themen behandelt (erneuerbare Energien, Fridays for Future) - und der teilweise etwas unbeholfene Umgang von traditionellen, konservativen Menschen mit eben jenen aktuellen Thematiken wird aufgezeigt.
Der liebevolle, teils etwas tölpelhafte Hansi und der Alleskönner Sepp sind ein grandioses Team. Gerne mehr davon. Die beiden Vorgänger sind bestellt.
Plot: In einem historischen Fluchtgang in Schwäbisch Gmünd wird ein Toter gefunden. Fatale Mutprobe oder kalkulierter Mord? Die Spur führt Eva Brenner und Gerhard Vollrath von der Kripo Aalen in die regionale Drogenszene und zu einem Motorradclub, der Verbindungen zum organisierten Verbrechen hat. Die Ermittlungen gegen die gewaltbereiten Bandenmitglieder werden für die Polizisten schnell lebensgefährlich, und dann gibt es einen weiteren Toten ...
Meinung: "Remsmord" ist das erste Buch, welches ich von Tanja Roth lesen durfte. Augenblicklich fühlt man sich mitten ins Geschehen hineinversetzt - mit dem Ermittlerduo Brenner / Vollrath konnte ich mich schnell identifizieren. Auf gerade mal 240 Seiten bot dieser Regionalkrimi packende Spannung, eine gut durchdachte und strukturierte Handlung, tolle Charaktere und schlüssige Vorgehensweisen der Ermittler. Dabei ist die Handlung nicht zuletzt wegen der verschiedenen Handlungsstränge dermaßen fesselnd. Gute Unterhaltung - wenn auch etwas kurzweilig. Definitiv lesenswert.
Bewertung zu "Die Frau im grünen Regenmantel" von Laura Lippman
Plot: Privatdetektiven Tess Monaghan ist wegen Schwangerschaft an's Bett gefesselt. Wie oft hat sie sich danach gesehnt, den ganzen Tag im Bett zu liegen und Bücher lesen zu können? So verlockend die Vorstellung auch war - in der Realität passt dies Tess überhaupt nicht in den Kram. So setzt sie sich an's Fenster und beobachtet mit einem Fernglas den nahe gelegenen Park. Eine Dame in grünem Gewand erregt ihre Aufmerksamkeit. Sie führt einen Hund an der Leine. Eines abends erscheint der Hund - ohne die Dame. Tess beginnt zu ermitteln und stösst auf einen Ehemann mit etlichen verschwundenen Frauen. Selber an's Bett gefesselt, setzt sie ihre Freunde auf den Fall an.
Meinung: Dies war mein erster Krimi von Laura Lippman - er hat mich restlos überzeugt. Eine wundervolle Geschichte mit tollen Charakteren und einem warmherzigen und humorvollen Schreibstil. Das Geschehen wird auf den nur knapp 200 Seiten nie langweilig. Die Einführung in die Geschichte ist Frau Lippman besonders gelungen. Hervorzuheben ist, dass der Krimi trotz Abwesenheit von Slasher- und Thriller-Elementen oder hollywood-reifen Verfolgungsjagden glänzt. Grosses Kino.
Arno Bussi? Noch nie gehört. Was hält man als Schweizer von einem österreichischen Komissar? Man soll bekanntlich immer unvoreingenommen sein - so habe ich mich, nach Lesen der Leseprobe, dazu entschieden, mir das Buch zu Gemüte zu führen. Und wurde überrascht: Das Buch beginnt unfassbar genial, grandioser Humor, tolle Charaktere, ganz grosse Kunst. Ich wurde wohl selten so gut unterhalten wie auf den ersten vierzig Seiten. Welch ein Meisterwerk!
Leider kommt die Erzählfreude des Autoren danach ein bisschen in's Wanken: Lustig ist's immer noch, aber es passiert deutlich weniger, die wirklich tollen Gags kommen nicht mehr pro Seite, sondern pro Kapitel - dazu kommen stetige Wiederholungen der gleichen Wörter und Sätze (schau schau, quasi, Oh mein Gott die Emilia, und mein absoluter Liebling: Oh mein Gott was für eine Frau, die Laura.). Als Stilmittel schön und gut, für meinen Geschmack hat Herr Fischler aber viel zu konsequent davon Gebrauch gemacht. So gelingt es dem Autor nicht, beim Mittelteil die Spannung hochzuhalten. Alternativ hätten da auch ein paar Seiten weniger dem Buch gut getan.
Nichtsdestotrotz eine wirklich tolle Geschichte - ich kannte die Reihe bisher noch nicht und werde mir sofort den ersten Teil nachbestellen. Gute Unterhaltung, Herr Fischler!