Bewertung zu "The Life-Changing Magic of Tidying Up: The Japanese Art of Decluttering and Organizing" von Marie Kondo
Ich weiß, der Ratgeber wird hochgelobt. Ich gebe drei Sterne, was irgendwie unfair scheint bei so einer sympathischen vom Aufräumen besessenen Person, aber die Sterne beziehen sich rein auf die Nutzbarkeit des Ratgebers für mich persönlich.
Ich habe ihn gekauft, weil er ein unglaublicher Bestseller ist und Menschen aus Hollywood (ja, schlimm, die sollten natürlich kein Maßstab sein) wie Gwyneth Paltrow auf ihrem Goop Blog ihre Videos zeigen, die erklären, wie man Kleidung optimal faltet.
Das mag für einige funktionieren, aber für mich stand im Mittelpunkt das Ausmisten und den Alltag besser organisieren und dies sind meine Gedanken zum Ratgeber:
Was mich beim Lesen irgendwie beunruhigt: Marie ist scheinbar besessen vom Aufräumen. Sie schreibt viel darüber, wie sie in ihrer Jugend die Zimmer ihrer Geschwister (gegen deren Willen) organisiert hat, wie sie ständig damit gekämpft hat, ihre eigenen Besitztümer wieder loszuwerden. Sie ist sicherlich ein Experte und hat viele Menschen von überflüssigen Besitztümern befreit, aber ich kann mir nicht helfen, sie wirkt auf mich teilweise ebenso besessen und psychisch angeschlagen wie ein Messie/Hoarder – nur eben genau anders herum.
Ihr bester Tipp war der, die Dinge zu behalten "that bring you joy". Ein super Ansatz! Nicht, ob etwas nützlich ist, sondern ob etwas Freude macht, sollte ausschlaggebend sein, wenn ich mich reduzieren möchte. Allein dieser Gedanke ist allerdings mindestens 5 Sterne wert! Dinge, die mich nicht beglücken, aussortieren, da fallen schon viele merkwürdige Geschenke, Hautcremes, die zu teuer waren und mich nur an den Fehlkauf erinnern, Hosen, die mich daran erinnern, dass ich mal dünner war, etc. etc. drunter. Das werde ich anwenden.
Allerdings fand ich die Anleitung zum Aussortieren, die auf völlige Reduktion aus ist, teilweise fraglich. Ich möchte Kleidung loswerden, Überflüssiges, aber auch die maximale Menge an sentimentalen Gegenstände? Macht es mich wirklich glücklich, diese alle zu entsorgen? Sie sind für mich auch Gedankenstütze und ich mag diese Erinnerungen. Ich werde sentimental, wenn ich alte Fotos betrachte und vergilbte Briefe lese (was zugegebermaßen selten bis nie passiert, aber wenn ...). Sicher, alles muss Grenzen haben, aber diese Dinge erden mich auch und binden mich an mein Leben. Ich will gar nicht mein Leben komplett ändern (und die Möglichkeiten einer vollständigen Lebensänderung als Resultat der Entrümpelung führt Kondo an, angefangen von Gewichtsverlust, über Scheidung, beruflichen Neustart und, und, und ...).
Den Tipp, das jeder Gegenstand einen Ort braucht, den kannte ich schon und der ist sicherlich ebenfalls sinnvoll. Ein Basis-Tipp der Aufräum-Literatur sozusagen.
Ihr Ansatz mit den Kleidungsstücken zu reden: Danke, dass du mich warm gehalten hast. Danke, dass du meine Sachen getragen hast (zur Handtasche) --- mh, irgendwie schon etwas strange für mich. Wobei ich kein Problem mit Spiritualität habe und schon weiß, was sie meint: wir sollten unsere Besitztümer schätzen, denn dann machen sie uns glücklich. Wenn wir blind konsumieren, blind anhäufen, blind besitzen, nachlässig mit unseren Besitztümern sind, dann nicht.
Aber das war für mich eigentlich alles. Ich verspüre den Drang auszumisten nach dem does it bring me joy-Prinzip, habe aber keinen Drang radikal und ständig mich selbst zu überreden, mich maximal zu verkleinern und sehe da auch nicht unbedingt den Sinn drin, auch nicht nach Lektüre. Falls sich das ändert: ich werde berichten.