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Kerstin_KeJasBlog

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Rezensionen und Bewertungen

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Cover des Buches Nullpol (ISBN: B07ZTBBJ5F)

Bewertung zu "Nullpol" von Cidney Cage

Nullpol
Kerstin_KeJasBlogvor 4 Jahren
Kurzmeinung: humoristische Weltrettung mit herrlich schrägen Einblicken in andere Welten
herrlich schräg

-Books – bei vielen ein unbeliebtes Medium, aber immer mehr im Kommen.
Gerade für Selfpublisher_innen der einzige Weg ihre Geschichten und damit diese Bücher zu „verlegen“ und in die virtuellen Regale der lesenden Menschen zu bringen.
Grundsätzlich mag ich Bücher in allen Varianten. Print, Hörbuch, E-Book – wichtig ist mir einfach dass der Inhalt stimmt.
So komme ich dann auch gleich zu „Nullpol“. Das Genre ist Urban Fantasy – Geschehnisse in der realen Welt, mit dem ein oder anderen Fantasy-Element, Ausflüge in Science Ficiton, Magisches und/oder von allem etwas. Mittlerweile traue ich mich auch an dieses Genre, da es mich richtiggehend überrascht wie die schreibenden Menschen all dieses miteinander verknüpfen und solche abgefahrenen, schrägen und lesenswerten Geschichten dabei herumkommen.

Schräge wurde es auch dank #bookopoly, da hüpfe ich, als Maggie von den Simpsons, so über das Bookopoly-Brett und siehe da – ich soll/muss/darf ein E-Book lesen.

Traf sich hervorragend und zeitlich passend, da „Nullpol“ ganz weit oben auf der Leseliste stand und schon überfällig war.

„Nullpol“ ist von der Aufteilung her schon besonders. Alles beginnt mit Kapitel 0, das echte Kapitel 0 folgt darauf und es geht weiter bis zur Nummer 61, ach nein, Kapitel 1 kommt nochmal und wirft alles bis dahin gelesene….ups, darf ich ja gar nicht verraten. Auf jeden Fall erscheint zwischen den einzelnen Kapitel noch das ein oder, nun ja, andere eben.
Die Autorin hat einen herrlichen Humor, manchmal bissig aber nie verletzend. Gerne sarkastisch und oft genug mit einem Hauch Ironie gespickt. Sie setzt dieses auch in den Überschriften, ihrer Erzählweise und den Erlebnissen von Viktor ein. Der arme Tropf weiß gar nicht wie und was ihm geschieht, aber die Autorin hat immer ein Auge auf ihn.

"Ein durchaus liebenswerter Charakter mit vertretbaren Macken, den wir aktuell nicht zu seiner besten Stunde erwischen." 
irgendwo bei 3 % herum

Bei Büchertreff.de hat Cidney Cage einen Steckbrief für“Nullpol“ erstellt und diesen fand ich so treffend, dass ich ihn hier zeigen muss:

Genre: Urban Fantasy Roman mit einem ordentlichen Schuss Humor
Handlung: wahnsinnig (wahn)witzige Weltuntergangsstory
Charaktere: skurril bis verrückt
Anwendungsgebiete: Abschalten vom Alltag, Gesichtsmuskeltraining, wirksam gegen drei von vier philosophischen Lebenskrisen
Verträglichkeit: unbedenklich, auch für Leser ohne spezielles Faible für Fantasy gut verdaulich
Allergiehinweise: zu einhundert Prozent frei von Schadstoffen, Vampiren, Werwölfen und Gestaltwandlern, kann Spuren von Science Fiction und anderen Genres enthalten
Format: vorerst als eBook erhältlich

Viktor hat es übel erwischt, erst ein Auto, dann eine Kugel und Gift war auch irgendwie im Spiel. All dies sorgt dafür, dass er in der Welt Paradigma landet. Mit dabei sein neuer bester Kumpel Nick No, der Cowboy, der ihm erst einmal einiges erklären muss.
Woher sollte Viktor auch wissen, dass ausgerechnet er der Auserwählte ist oder zumindest dafür gehalten wurde. Auf jeden Fall ist seine Aufgabe, die Welt vor dem Untergang zu retten, nicht alleine zu schaffen. Der Zerstörer, der Antagonist in der Geschichte und mit bürgerlichem Namen als Cyril No benannt, hat was vor und auch wenn Viktor so überhaupt nicht weiß wie er etwas dagegen ausrichten kann, so versucht er es zumindest.

"Dieser Ort ist eine lebendig gewordene Grauzone. Ein Asyl für Widersprüchlichkeiten. Eine Auffangstation für Ausrangiertes." 
hier sind wir schon bei 13 % des Buches

Paradigma ist eine Welt in der sich alles tummelt was Rang und Namen hat. Die Autorin Cidney Cage bringt diese in feste Rollen, als Nebencharaktere oder einfach so, weil es passt und nebenbei Spaß bringt. Zarte Elfen, die richtig böse werden können, Drachen und Orakel sind dabei und selbst Zyklonen sind anzutreffen.
Es hat dabei aber nie einen überdrehten Stil, sondern passt hervorragend zu den Situationen.

Richtig genial empfand ich die Situationskomik, wobei dies keine plumpen Schenkelklopfer sind, sondern wunderbar unterhalten. Auch die Dialoge treffen immer den richtigen Ton.
Viktor und Nick No sind zwar in etlichen gefährlichen Situationen, bringen diese aber mit einer gehörigen Portion Humor und diesem gemeinsamen Kampf gegen den Bösewicht irgendwie immer zum Guten. Und die Liebe fehlt auch nicht.
Den Stil von Cidney Cage mochte ich ungemein. Ihre Zwischenrufe, kurze Erklärungen und Wort Kreationen haben für entspannte und humorige Lesestunden gesorgt.

"Dummerweise ist es in einem Bad mit sechs Personen schwierig, sich an jemanden heranzuschleichen." 
Ey, kurz vorm Ende schon – 83 %

Letztendlich ist „Nullpol“ eine so gelungene Mischung, die ich vorbehaltlos allen empfehlen kann, die Abenteuer suchen, fremden Welten positiv gegenüberstehen und ihrer Fantasie gerne freien Lauf lassen.
Einige Male dachte ich, dass diese Geschichte als Hörbuch nur von einem gesprochen werden sollte – Christoph Maria Herbst. Er wäre perfekt als Erzählstimme und ich kann es förmlich hören.

Missy muss ich übrigens recht geben, auch wenn sie für einen Schurken arbeitet, Pinguine sind süß! Baumwollschafe übrigens auch!

Rezension verfasst von © Kerstin

Cover des Buches Die Bagage (ISBN: 9783446265622)

Bewertung zu "Die Bagage" von Monika Helfer

Die Bagage
Kerstin_KeJasBlogvor 4 Jahren
Kurzmeinung: Mit wenigen Worten solch eine große und tiefe Geschichte erzählt.
Vom Krieg abseits des Krieges

Da hinten, am Ende des Tals, da wohnt der Moosbrugger, der Josef. Er kann gut mit Zahlen und macht Geschäfte, im Moment ist er aber nicht da.
In den Krieg ist er gezogen, mit ein paar anderen Männern und schnell wird das gehen mit dem Krieg und dann kommt er wieder. Wäre auch gut, weil das Maria, seine Frau, ganz alleine mit den 4 Kindern ist und das taugt überhaupt nichts.
Schön ist sie ja, die Maria. Pechschwarze Haare und ganz helle Haut. Da müssen wir schon Obacht geben auf unsere Männer, nicht dass die da auf dumme Gedanken kommen.
Der Josef ist ein ruhiger und ich glaube, dass er die Maria echt lieb hat. Schließlich haben sie schon 4 Kinder zusammen, aber jetzt wo er im Krieg ist und nur ab und an auf Fronturlaub kommt, braucht er seine Ruhe um sich zu erholen, da kann die Maria lange warten, dass er sich zu ihr legt.
Der älteste, der Herrmann kann ja echt gut mit den Tieren, ist auch wichtig, die paar Viecher müssen ordentlich versorgte werden. Die Moosbruggers haben echt nicht viel, was ein Glück tut der Bürgermeister, der Gottlieb, sich um die Leut´ da hinten am Ende des Tals kümmern. Weil essen müssen sie ja was.
Da war ein Fremder, hinten im Tal, beim Maria und schau einer an, schwanger ist sie. Da brauchts nur eins und eins zusammenzählen. Wenn der Josef wieder heim kommt, wird er dem Maria was erzählen. Noch ein Kind im Haus und dann ein Balg, was für eine Bagage!“

"Was seid ihr für eine verschlagene Bande! Ein Ansammlung von giftigen Schlangen! Das ganze Dorf ist ein einziger Scheißhaufen!" Seite 127

Mit dem „Gerede“ ganz am Anfang, habe ich versucht zu spiegeln, was Maria und ihrer Familie, damals im Jahr 1914 und die Zeit danach, hat ertragen müssen. Ein Dorf voller Menschen, die sich nicht um das Wohlergehen der anderen kümmern, sondern sich eher Gedanken um Dinge machen, die sie doch gar nichts angehen.
Eine Frau, als Opfer übler Nachrede und viele Frauen, die übel nachreden.
Die Autorin Monika Helfer führte mich zurück in diese Zeit und ihrer Familie.
Mit ihrem gänzlich unspektakulären Ton, den kleinen Beschreibungen der Alltäglichkeiten um Maria und Josefs Leben bringt sie ein scheinbares Idyll ins Wanken und offenbart die zerstörerische Kraft der Gerüchte.

Maria und Josef, die Großeltern, damals noch jung an Jahren und die bereits geborenen Kinder, leben in einfachen Verhältnissen, abgeschieden und doch in einer kleinen glücklichen Gemeinschaft. Josefs Kriegsdienst stellt das Leben auf dem kleinen Hof auf den Kopf und damit auch Marias Leben.
Vielleicht war es ein Zufall, dieser eine Ausflug und die Hartnäckigkeit des Fremden. Vielleicht war es Schicksal oder es sollte einfach so sein. Ohne diese Geschehnisse wäre keine Margarete geboren, aber wer weiß, vielleicht wäre es auch ohne dies so gekommen und alles drumherum war nur Wunschdenken, verirrte Interpretationen, falsches Gerede und bösartige Unterstellungen. Während der Mann in den Krieg zieht, erlebt die daheim gebliebene Frau ihren eigenen.

Die Familie Moosbrugger musste damit zurechtkommen und dies führte dazu dass sie Acht aufeinander gaben und einen Zusammenhalt entwickelten, der gerade durch die Gemeinheiten der Gemeinde, noch stärker wurde.

"Wie ist das mit den Hintergedanken? Sie sind da und warten, bis sie an die Reihe kommen." Seite 72

Die Autorin lässt Erinnerungen erzählen. Ihre eigenen und die der Familienangehörigen. Eingewoben in der Geschichte um Maria, dieser wunderschöne Frau, sind die Erlebnisse derer Kinder. Rückblicke aufgrund von Gesprächen, Nachfragen und Vermutungen.
Eine traumartige Reise in der keine Gesichter der Menschen zu sehen waren, sondern nur Umrisse. Schatten die Wäsche aufhängten, am Tisch saßen, miteinander sprachen und auf jeder Seite im Buch präsent waren.

Knapp 160 Seiten über ein Kapitel innerhalb einer Familie und dessen Auswirkungen auf die nächste und übernächste Generation.
Ein Hauch Melancholie liegt darinnen, Wehmut über vergangene Zeiten und verpasste oder gar nicht erst gegebene Möglichkeiten.
Ganz stark empfand ich diese Wut im Buch, es sind nur kurze Aussagen der damaligen Kinder, aber diese trafen so tief.

Es ist eine Kunst mit ganz wenigen Worten solch eine große Geschichte zu erzählen und Monika Helfer hat dies mit „Die Bagage“ geschafft.
Ihr Stil, etwas kaum zu beschreiben und dabei doch ganz viel zu offenbaren, ist besonders. Die Szenen um Maria und Josef, Josefs kurze Fronturlaube und sein Zustand aufgrund der Kriegserlebnisse, das Verhalten des Bürgermeisters, der Menschen im Ort und ganz besonders des Postadjunkt, haben mir Unmengen an Bildern geschenkt.

"So viel geschieht, und es geschieht nebeneinander, auch wenn es nacheinander geschieht." Seite 53

Rezension verfasst von © Kerstin

Cover des Buches Geschichten aus der Welt nach dem Letzten Krieg - Die Schwarmkönigin (ISBN: 9783744835718)

Bewertung zu "Geschichten aus der Welt nach dem Letzten Krieg - Die Schwarmkönigin" von Ryek Darkener

Geschichten aus der Welt nach dem Letzten Krieg - Die Schwarmkönigin
Kerstin_KeJasBlogvor 4 Jahren
Kurzmeinung: Spannender SF mit vielfältigen Charakteren und einer großartigen Story
Fremde Welten?

Wenn es ein Genre gibt, vor dem ich richtig großen Respekt habe, ist es Science Fiction.
Obwohl ich mit Star Trek, Spock und Käpten Kirk groß wurde, den Großteil aller Star Wars Filme sah und so an manchem Weltraumspektakel teilnahm, sind Bücher und die darin beschriebenen Welten oft etwas, vor dem ich mich drücke. Dies liegt vielleicht daran, dass mein Kopfkino es nicht in Bilder umwandeln kann, wenn interstellare Raumschiffe beschrieben werden oder technische Details bis zum letzten zelebriert werden. So hatte ich auch vor „Der Schwarmkönigin“ etwas Muffensausen, da ich kein Stück abschätzen konnte, wie das darinnen geschriebene auf mich wirkt. Lange rede, kurzer Sinn – ich war und bin immer noch begeistert.

Vielleicht hilft so manchem unentschiedenen Menschen diese Beschreibung: hier besser, als der Klappentext auf der Rückseite:

Ihr könnt mich Guja nennen.
Ich wurde nicht auf der Erde geboren, sondern auf Harain. In einer Enklave, in der die Erdenmenschen leben, die dort im Letzten Krieg interniert wurden. Die Menschen, die den Letzten Krieg angefangen haben, haben ihn verloren. Nur der Gnade der Sieger ist es zu verdanken, dass es noch Menschen auf der Erde gibt. Wenn es denn eine Gnade war.
Ich habe Gerüchte gehört, ich hätte unter fernen Sternen dafür gekämpft, dass die Erde in der Liga der Raumfahrenden Völker nicht in Vergessenheit gerät. Das ist nicht wahr. Das Gegenteil ist der Fall. Und auch das ist nicht wahr.
Ich erzähle euch eine Geschichte aus der Welt nach dem Letzten Krieg. Meine Geschichte

Inhaltsangabe auf Innenseite

Gundel-Jasmin hasst ihren Namen und ein Stückweit auch alles andere. Die junge Frau führt einen als Ich-Erzählerin sofort in die Geschichte und ihre Welt. Eher ungewollt landet sie als Besatzungsmitglied auf einem Raumschiff. „Die dunkle See des Vergessens“ scheint alles andere als vertrauenserweckend und auch die Crew ist außergewöhnlich. Noch besonderer ist aber deren eigentliches Ziel. Ein Schrotthaufen im Weltall, oft auf illegalen Touren unterwegs, wird für Guja dennoch wie ein neues Zuhause.

Mich begeisterte der sofortige Sprung in die Geschichte. Ohne viele Vorworte erzählt Guja von sich, der nicht mehr vorhandenen Familie und den Problemen, denen sie sich als Halb-Erdenmensch oft stellen muss. Zwischen den Zeilen erliest sich soviel zu der gegenwärtigen und vergangenen Zeit, man erfährt von Welten, Planeten und all deren Bewohnern. Das etwas im Argen liegt ist direkt spürbar und damit entstand ein Reiz und die spannungsvolle Vorfreude auf weitere Seiten, Erklärungen und jeder Menge Abenteuer.

Vom Stil empfand ich die Ich-Form als perfekt gewählt. Durch Gujas Augen sieht man alles mit und bekommt durch ihren Lernprozess, auf dem Raumschiff und mit den anderen Spezies, so viel an Input.
Schon alleine die Dialoge sind eine gelungene Mischung aus ernsthaften Gesprächen, spontanen Ausbrüchen und humorigen Beiläufigkeiten. Guja ist so selbstbewusst, auch wenn sie ab und an zweifelt und hat richtig was in Sachen Intelligenz und Intellekt zu bieten.


Jeder Tag, den ich überlebe, scheint eine Vereinbarung zwischen Leuten zu sein, die im Hintergrund bleiben. (Seite 250)

Natürlich kommen die bereits erwähnten anderen Spezies und Planeten nicht zu kurz. Besonders Cssssiissiuuuuuur Thraaaarrr Chrrrwwwwwrrr ist eine Nennung wert (und nein, ich habe mich nicht bei dem Namen vertippt). Aber keine Panik, es gibt auch einen Spitznamen für dieses edle Lebewesen. Bei einem von Gujas spontan ausgedrückten  Wunschdenken musste ich so herzhaft lachen.
Chamma war toll beschreiben und auch Chree mit seiner reptilienhafte Art ganz besonders. Aber auch Wlad und Narulf waren sehr angenehme Charaktere.
Generell sind die vorkommenden Figuren allesamt charakteristisch gut auf- und ausgebaut, bekommen nicht nur Namen, sondern auch ein gut vorstellbares Aussehen, wobei ich nicht jeder der Arten begegnen wollte. Freund- wie Feindschaften entstehen und nicht bei jeder der Figuren war auf Anhieb zu erkennen wer gut oder böse ist.

Es gibt Fraktionen und Ligen, Gesellschaftssysteme und die unterschiedlichsten Völker. Und, wie so oft, jede Menge Streit. Ausgerechnet Guja spielt dabei eine sehr wichtige Rolle und sie ist quasi die letzte die erfährt, um was es wirklich geht.

Die Geschichte spielt nicht ausschließlich im Weltraum, es gibt keine im Weltall schwebende Raumanzüge, wobei die Option mal eben durch eine Schleuse „abgeschoben“ zu werden durchaus besteht.
Die technischen Details, besondere Flugmodi, Hierarchien, Einsätze und sogar Speisen und Getränke brachten Abwechslung und überraschten mich immer wieder aufgrund der Kreativität des Autoren.

Zum Ende der Geschichte hin wird ein ganz spezieller Planet bereist, wobei diese Sprünge, zu der die Technik im Buch in der Lage ist, vieles einfacher macht, dennoch sind auch dabei Hürden und Gefahren zu überbrücken.
Der Planet erwies sich als altbekannt und war wie nahezu alles im Buch, in einer logischen und unkomplizierten Art beschrieben. All die Hintergründe, einstige Geschehnisse und aktuellen Vorkommnisse geben ein sehr umfangreiches Bild ab.

Da es nicht nur um ein glückliches und gemeinsames Miteinander im Buch geht, kommt es zwangsläufig zu Auseinandersetzungen. Manche nur verbaler Art, aber eben auch zu körperlicher Gewalt. Dabei verzichtet der Autor aber auf unnötig gewaltheischende Details. Dennoch wird es auch mal blutig.
Die Trigger-Warnung am Anfang des Buches hat somit durchaus ihren Sinn.

Positiv erwähnen möchte ich noch die Gestaltung des Buches. Das Cover besticht schon durch das satte Rot und den Ausblick auf Planet und Galaxie. Im Inneren wurde der #SPbuchsatz verwendet, eine sehr gelungene Umsetzung, denn obwohl es wenige einzelne Kapitel (5) gibt, sorgen Absätze und besonders markierte Szenen - Trenner für ein fließendes und vor allem unangestrengtes Lesen.

„Die Schwarmkönigin“ ist ein umfangreiches und spannendes Werk. Durch die gelungenen plastischen Darstellungen macht es einem möglich tief einzutauchen, in diese fremden und doch bekannten Welten. Sympathische Charaktere gleich jeglicher Art, das Setting auf dem Raumschiff und den Planeten nimmt einen mit in Gujas abenteuerliche und gefährliche Reise.
Richtig großes Kino und ich freue mich schon, wenn es mit dieser Geschichte, in der Welt nach dem letzten Krieg, weitergeht.

Falls es jemand wagt, meinen vollen Vornamen auszusprechen, töte ich ihn.
Oder sie. Oder es. (
Seite 9)

Rezension verfasst von © Kerstin

Cover des Buches Der Mensch ist böse (ISBN: 9783833871320)

Bewertung zu "Der Mensch ist böse" von Julian Hannes

Der Mensch ist böse
Kerstin_KeJasBlogvor 4 Jahren
Kurzmeinung: Abgründe der Kriminalgeschichte ohne dabei auf Effekthascherei zu setzen.
Wahre Kriminalgeschichten, wahre Abgründe

Wenn ich ehrlich bin, hatte ich noch nie von Julian Hannes alias Jarow gehört. Sein Buch „Die Welt ist böse“ hatte meine Tochter unbedingt haben wollen und da ich mir nicht sicher ob des Inhaltes war, habe ich es erst einmal selbst gelesen. Das ist noch gar nicht lange her und so habe ich mich richtiggehend gefreut auch das neuste Buch des Youtubers lesen zu dürfen.

Wer bei diesem Buch ein Spektakel an Grausamkeiten erwartet, könnte enttäuscht werden. Genau deswegen hat es mich aber begeistert. Es sind teilweise sehr bekannte Kriminalfälle, aber auch solche die es aufgrund lange zurückliegender Geschehnisse nie großartig in die Welte der Medien und damit zu einer Bekanntheit schafften.

Wer erinnert sich nicht an dieses Verschwinden der kleinen Madeleine im Urlaub, oder an das Horrorhotel? Im Buch werden diese zwei Fälle erneut beschrieben. Diese zwei und elf weitere Kriminalfälle hat Julian Hannes zusammengesucht und vorgestellt.

Mir imponierte dieses unaufgeregte, aber durchaus spannende Erzählen des Autors.
Das Erwähnen von Fakten, Recherchen, Namen, Orten und Begebenheiten. Jeder Fall ist für sich auf eine kurze und sehr präzise Art dargestellt, ohne dabei in Effekthascherei oder gar unnötigen und abstrusen Theorien auszuarten.

"Über diesen Fall zu recherchieren, stellte sich als überaus schwierig heraus, denn es gibt nur wenige glaubhafte Quellen." Seite 249

Schon die Einleitung über das Thema „ist der Mensch wirklich böse“ ist sehr sachlich ge- und beschrieben und durch die regelmäßig vorkommenden Interviews mit dem Profiler Mark T. Hofmann, hat das Buch nochmals deutlich Seriosität erhalten.
Fachliche Kompetenz gemischt mit Hinterfragen von Situationen und menschlichem Verhalten, bilden bei jedem der Fälle einen sehr authentischen Abschluss.

Fakten und nicht Fakes haben es in das Buch geschafft.

Die Gestaltung des Buches ist mit dem Cover schon gelungen. Diese Augen ziehen automatisch den Blick auf sich und auch wenn der Titel vielleicht etwas „überzogen“ ist, hat er was.

Im Inneren erwarten einen nicht nur diese Kriminalfälle, sondern auch Besonderheiten bei dem jeweiligen Kapitelbeginn, den einzelnen Seiten und dem Abschluss. Schwarz ist bei der Düsternis der Fälle einfach perfekt.

Der Autor lässt zu jedem Fall ein Fazit da. Auch hier hat er mich positiv überrascht. Die Kapitel werden nicht einfach abgeschlossen mit Phrasen oder klugen Ratschlägen, sondern bekommen nochmals sehr spezifische Erklärungen. Sogar eine Telefonnummer für eine Telefonseelsorge ist zu finden.

Wie ich schon eingangs schrieb, ist das Buch nicht die reine Wiedergabe von den Taten an sich. Es wird zwar kompakt geschildert um was es ging, was wo und wie geschah, aber eben auch zusammengefasst mit welchen Methoden die Polizei vorging, welche Spuren verfolgt wurden und wie die Fälle abgeschlossen wurden. Wobei, so mancher der Fälle ist bis heute nicht gelöst.

"…man sollte nicht vergessen, dass seine brutalen Taten auch durch die besten Absichten nicht zu rechtfertigen sind." Seite 181

Mir hat die Kombination, die dieses Buch ausmacht, sehr gefallen. Wahre Kriminalfälle, ein Blick hinter das Verbrechen und in die menschlichen Abgründe hinein.
Die Sprache ist angenehm, hat etwas einlullendes, trotz der Gewissheit dass diese Geschehnisse real waren und es zieht einen automatisch in die jeweiligen Fälle und durch die Seiten.

Durch das Einbinden der Gespräche mit dem Profiler und den
Abschlusssequenzen (mittels dieser „POLICE LINES“ perfekt markiert), bekommt das Buch nochmals einen Touch mehr für ein außergewöhnliches Sachbuch.

Meine Tochter durfte es lesen und sie hatte viele Fragen. Stellenweise wurden diese durch das Buch beantwortet, aber vieles haben wir gemeinsam besprochen.

Das letzte Wort hat der Autor, im Buch und auch hier:
„Passt auf euch auf!“

Rezension verfasst von © Kerstin

Cover des Buches Die Putzhilfe (ISBN: 9783887695965)

Bewertung zu "Die Putzhilfe" von Regina Nössler

Die Putzhilfe
Kerstin_KeJasBlogvor 4 Jahren
Kurzmeinung: Suspense vom Feinsten! Eine Geschichte, die mit einigen Überraschungen aufwartet und fern vom Mainstream unbedingt gelesen werden sollte.
"don’t judge this book by its cover“

Es ist noch nicht lange her, als der Verlag anfragte ob ich dieses Buch von Regina Nössler lesen möchte.

Meine Antwort lautete spontan „Ja, sehr gerne, denn von der Autorin wurde ich schon einmal positiv überrascht, aber das Cover ist schon hässlich“.
Sorry, aber so etwas muss ich sagen, gerade bei Büchern, die kein immenses Marketingwerk hinter sich stehen haben, kann ein „schlechtes“ Cover einen lesenden Mensch vom Kauf abhalten. Aber wisst Ihr was? Bei diesem Buch hätte auch nichts auf dem Cover sein können, der Namen dieser Autorin steht nämlich für richtig gute Literatur.
Bei „Die Putzhilfe“ handelt es sich um keinen Thriller im Sinne des allgemein beliebten „schlitzender-Serienkiller-ich suche und finde dich-bluttriefendes“ Buch. Es ist so weit weg von Mainstream und doch verdient es eine riesige Leserschaft.

Um was geht es überhaupt?
Franziska flüchtet Hals über Kopf aus dem trauten Heim, dem beruflichen Erfolg und der Vorstadtidylle. Nur mit ein paar Taschen bepackt, darinnen das Notwendigste und einer schmerzenden Hüfte, sowie einem Gesicht, das Verletzungen aufweist. Sie macht sich auf und davon, vom Münsterland in die anonyme Großstadt Berlin.
Dort nennt sie sich nur noch Marie, findet eine heruntergekommene Unterkunft, lebt inmitten der Millionenstadt in ihrer Einsamkeit und trägt irgendein Geheimnis – Auslöser der Flucht – mit sich herum.

Eher durch Zufall landet Henny direkt vor ihren Füßen. Eine ältere Damen, gut situiert, vermögend und gerade auf der Suche nach einer Putzhilfe. In langen Gedankengängen und Überlegungen werden diese zwei sich einige und schon kurz darauf beginnt diese neue Marie bei Henny zu arbeiten. Doch auch Henny hat Geheimnisse und möchte diese nicht offenbart sehen.

Als dritte im Bunde kommt Sina hinzu. Eine Teenagerin, aus sozial schwachen Verhältnissen, die so voller Wut ob der unfähigen Mutter und den ärmlichen Verhältnissen ist und doch liebevoll ihren Bruder Bobby umsorgt. Sina hat Marie im Auge, verfolgt ihre stundenlangen Spaziergänge, ohne zu ahnen dass ausgerechnet diese Frau auf die sie immer mehr einen unbändigen Hass entwickelt, eine Hilfe sein wird.

"Wie das Schicksal doch manchmal so spielt, finden sie nicht?" Seite 49

Das Buch, diese Geschichte darinnen spiegelt drei Generationen und ihre Bedürfnisse, wobei die Sorgen deutlich überwiegen.

Es wird vieles direkt angesprochen und doch bleibt das Wichtigste verborgen. Erst im Laufe des Buches wird immer deutlicher wohin diese drei Frauen einen führen und es hat eine ganz unheilvolle Spannung.

„Nichts ist wie es scheint“, könnte auf dem Cover stehen.
Oder, „viele Wege führen zur Wahrheit“.
Regina Nössler führte durch diese drei Leben und diese eben auch zusammen.
Der Wag dahin ist gespickt mit Beobachtungen und Gedankengängen. Überlegungen zu Alltäglichkeiten, Dinge die manche enorme Überwindungen kosten und für andere selbstverständlich sind.
Stellenweise sehr beklemmend und auch gewalttätig.

Die Sprache, derer sich die Autorin bemächtig, ist zart, behutsam und doch bemerkt man sehr deutlich diese Gewalt, die dahinter steht. Es hat mich absolut fasziniert und zum Rätseln und Mitdenken gebracht. So manche der Situationen wurden groß umschrieben und führten damit automatisch zu einem Verstehen wollen der jeweiligen Zustände.
Was trieb Franziska/Marie von zu Hause fort? Wie kann Sina ihrer Wut Herr werden und was hat Henny Mangold eigentlich wirklich für Absichten?

"Lauter scheue Gestalten wie sie selbst, die unbehelligt bleiben wollten." Seite 363

„Die Putzhilfe“ besticht mit einer Wahrheit über die einzelnen Lebensumstände.
Es fordert und beschönigt nichts. Suspense auf eine ganz vorsichtige Art und Weise, dessen man sich gar nicht entziehen kann.
Die Dramaturgie baut sich von Anfang an auf, wird immer mehr auf und führt zu einem ganz besonderen Leseerlebnis.

Es hat mich verblüfft und erschrocken, aber nie gelangweilt!

Rezension verfasst von © Kerstin

Cover des Buches Karussell (ISBN: 9783749431656)

Bewertung zu "Karussell" von Pavo Pejic

Karussell
Kerstin_KeJasBlogvor 4 Jahren
Kurzmeinung: ungeschönte und ehrliche Einblicke in Außenseiterrollen
...und alles dreht sich...

Ganze 100 Seiten umfasst dieses Buch und ich war mir nicht sicher, ob ich anhand des Klappentextes einen Zugang zu der Geschichte finden würde.

Natürlich hatte ich vorher recherchiert, gerade das Debüt des Autoren Pavo Pejić „Pusskiller“ war ein immenser Reiz dieses Buch zu lesen. „Pussykiller“ ist nicht mehr im Handel erhältlich, nur noch als gebrauchtes Exemplare, aber die wenigen Rezensionen dazu sprechen ihre eigene Sprache und so wollte und durfte ich „Karussell“ lesen.

Schon die ersten Worte holten mich ab, komplett mit der Beschreibung zu diesen Karussells. Habe ich diese doch selbst abgöttisch geliebt und mir mehr als einmal blauen Flecken an den Schienbeinen geholt, weil das Abspringen nie perfekt gelang.

Es ist genau dieses Abspringen in der Erzählung um und von Paul, dem Ich-Erzähler.
Dem Sprung vom Kind sein in das eines Jugendlichen. Das Testen und Ausprobieren, dem Ausloten vom Situationen und Hinterfragen von Zuständen. Ein 15jähriger unter 15jährigen. Problemkinder würden manche sagen und dabei vergessen hinter die Kulissen zu schauen, wie es überhaupt dazu kam. Hausgemachtes das ins Eingemachte geht.

"Alles wird immer schlechter, schloss er desillusioniert und bitter." Seite 77

Pauls Schilderungen sind knapp und präzise.
Er redet und erzählt, über sich, seine Kumpel Dominik und Tobias, aber ganz besonders über Marko. Ein Freund? Ein Seelenverwandter oder einfach ein anderer Mensch, dessen familiäre Hintergründe genauso den Bach runter gehen wie sein eigenes Leben?
Vorprogrammiertes kollektives Versagen. Dabei ergeht sich Paul gar nicht in Vorwürfen oder Schuldzuweisungen, sondern skizziert einfach all das was da ist. Sein Leben, seine Eltern, die seiner Freunde und deren Umfeld. Nicht schön, aber immer wieder einen Versuch wert.

Die Erzählung fließt von einer Erinnerung in die nächste, nicht immer in einer genauen chronologischer Abfolge und der Aufbau im Inneren macht es einem nicht immer leicht.
Keine Absätze, keine Kapitel, sondern durchgehend, wie das Leben an sich selbst. Wenn es einen mit seinen 15 Jahren vor Herausforderungen stellt und alles, mittels dieses Revue passieren und eben die besonderen, wenn auch nicht immer positiven Erlebnisse, einfach wieder hochkommen. Pauls Schilderungen beziehen sich viel auf Alltäglichkeiten, dem Schwänzen der Schule, Streitereien unter den Freunden ebenso wie mit Unbekannten. Er zweifelt vieles an, hinterfragt sich selbst und sein damaliges Verhalten. Rückblicke zu Verhaltensmuster, die er vielleicht gerne geändert sähe.
Es gibt auch gewalttätige Situationen und eine immer wiederkehrende große Schuldfrage, die insbesondere Marko betrifft. Dabei steht aber deutlich mehr zwischen den Zeilen und der Autor versteht es Dinge anzusprechen, ohne sie beim Namen zu nennen. Auch hier sind Pauls Zweifel stark in den Dialogen spürbar.

Das Cover offenbart auch erst auf den zweiten Blick seine Besonderheit. Aus der Ferne betrachtet scheint der Wolkenhimmel, mit diesem Ausschnitt eines Daches nichts außergewöhnliches zu sein.

Erst wenn der Fokus verschiebt wird, kommt die Katze zu Vorschein und dann, ganz klein, etwas links daneben der Vogel. Ein genialer Schnappschuss, beabsichtigt oder unerwartet, interpretiere ich da wieder einmal etwas hinein. Der Mensch, insbesondere Paul und seine Freunde, könnten die Katze sein.

Mit ihren sieben Leben und der Zuversicht immer wieder auf den Füßen zu landen. Oder der Vogel, der sich einfach über alles erhebt und davon macht. So oder so, mich haben diese 100 Seiten sehr in ihren Bann gezogen und auch wenn es etwas voyeuristisches hatte, die Art des Autoren, diese Erzählung genauso und nicht anders zu gestalten, ist für mich ein gelungenes Werk.

Die Sprache passt zu diesen Jugendlichen. Sie ist klar, ohne Schnörkel und verzichtet auf Plattitüden oder klischeehaftes Getue. Durch Paul kommen die Gedanken und Emotionen gewaltig zu Vorschein und trotz der sozialen Umstände, dem Versagen von Erwachsenen oder eigenen Schwächen, ist es ein durchaus positives Buch.

"Die Ahnung, dass es dort weiter ging, dass es mehr gab." Seite 100

Rezension verfasst von © Kerstin

Cover des Buches Der Wanderer (ISBN: 9783328600251)

Bewertung zu "Der Wanderer" von Luca D'Andrea

Der Wanderer
Kerstin_KeJasBlogvor 4 Jahren
Kurzmeinung: Ich habe die Sprache aus den ersten zwei Büchern vermisst. "Der Wanderer" hat viel sehr verwirrende Umwege genommen.
verwirrende Umwege

Aller guten Dinge sind drei, heißt es immer so nett. Aber manchmal funktioniert es eben doch nicht, zumindest was meine Leseerlebnisse den Autoren Luca d´Andrea betreffen.

Was habe ich sein erstes Buch gefeiert. „Der Tod so kalt“ - aus meiner damalige Rezension: „Es war weniger die Geschichte in diesem Buch die mich so faszinierte, sondern die Sprache und der Ausdruck.
Es war das Zischen und das Knistern des Eises, das Flüstern der Bergmasse, das Grollen in der Bergschlucht.“

Auch das zweite Buch „Das Böse es bleibt“  hatte mich komplett gepackt.
Aus meiner damaligen Rezension: „Diese Geschichte ist von der Sprache her kristallklar wie ein Bergsee und vom Inhalt her so eisig kalt wie ein Schneesturm.
Es ist eine Geschichte voller Kobolde und Märchen, Traditionen und altem Wissen. Eine Reise in Gedanken und Erinnerungen, in Träume und Wahnvorstellungen.“

Nun aber, das dritte Buch hat mich komplett enttäuscht zurück gelassen und nur dank eines gemeinsamen Buddyread habe ich überhaupt bis zum Ende durchgehalten.

Was war ich neugierig auf diesen Ort in den Tiroler Bergen und die Geschichte um diese tote Frau. Ich hatte mich gefreut auf diesen sprachlichen Ausdruck und hoffte auf einen ähnlichen Sog, doch was kam war ein Wirrwarr aus allem, nur eben kein Leseerlebnis.

"Kreuzwirt ist wie ein altes böses Tier. Eins, das sich nur schwer an Veränderungen gewöhnt."

Seite 220

Im Buch folgt man dem Schriftsteller Tony, der mittels gut verkaufter Schmonzetten ein wohliges, wenn auch einsames Leben führt. Sein treuer Begleiter ist Freddy, ein in die Jahre gekommener Hund. Schon auf den ersten Seiten begegnen beide der jungen Sibylle, von allen nur Sib genannt. Die zwanzigjährige ist auf der Suche nach der Wahrheit über den Tod ihrer Mutter und tritt Tony erst einmal ganz gewaltig auf die Füße. Durch ihr forsches Auftreten und der Tatsache, dass er damals am Fundort der Leiche war, ist sein Interesse auch geweckt und so machen beide sich auf, das Rätsel zu entschlüsseln.

Ton lernt den Ort Kreuzwirt kennen und so manche der dort lebenden Menschen. Der Ort selbst bleibt dabei im Hintertreffen. Es gibt Gerüchte und Legenden, eine Familie die alles und jeden zu besitzen scheint und eine Menge an sehr verworrenen Hintergründen.

Soweit, so gut, dass hätte richtig was werden können, denn es stellt sich heraus, dass es einige weitere ungeklärter Todesfälle gab. Der Ort an sich ist autark, kein Tourismus, keine Anbindung an die Außenwelt und irgendetwas scheint da im Argen zu liegen. Tony und Sib kommen einiger recht mystischer Dinge sehr nahe und nicht einmal das hat mich gestört, sondern, dass kaum eines der Themen komplett durchgezogen wurde, sondern ständig neue dazu kamen. Vieles wurde angerissen um dann wieder in das nächste abzudriften. Irgendwie hat der Autor keinen geraden Weg genommen, sondern etliche Umwege, die gerne auch mal im Nichts landen.

Eine Sache hatte mich schon recht früh sehr gestört. Die Nennung einer ganz bestimmten Behandlungsart, die tatsächlich mehr als 10 Jahre nach dem geschilderten Ereignis existierte. Das war entweder sehr schlecht recherchiert, oder unglücklich eingearbeitet.
Auch das es unweigerlich zu einer Liebensbeziehung zwischen Tony und Sib kommt hat mich genervt.
Und die Tatsache, dass er sie ständig Mädchen nannte. Hallo? Das ist eine Frau!

Das ganze Buch trieft von Klischees. Eine superreiche Familie, die über alles bestimmt. Eine Tante hier, die nervt, eine andere Tante da, die perfekte Kontakte hat und mal eben an sämtliche Ermittlungsakten oder notwendige Daten kommt. Der böse Jäger, der dämliche Kioskbesitzer, die verschollene Freundin, die hinterlistige Reporterin, eine nicht existierende Polizei, der dank Drogen durchgeknallte Freund, ein traumhaft schönes Umfeld in dem man aber bitte nie in den See geht, Wälder voller Abenteuer und tollwütiger Füchse.
Nicht zu vergessen der Haus- und Leibarzt, der aufgrund einer schlimmen Verunstaltung eingesperrte Mann und natürlich die über alles stehende Schwester desselbigen, Zwillinge übrigens.
Und, ganz wichtig, der große auf einmal auftauchende unbekannte Russe.
Zig Baustellen, aber keine die endgültig fertiggestellt war.
So viele rote Fäden, dass sich alles automatisch miteinander verknotete. Ein einziger hätte mir ja gereicht, so aber konnte ich dieses Durcheinander nicht mehr entwirren.

Pluspunkte gibt es von mir aber dennoch. Die Kapitel war übersichtlich und kurz gehalten. Es hat mich schon neugierig gemacht, mehr zu erfahren über diesen Wanderer und ob er nun aus Fleisch und Blut ist oder nur ein Hirngespenst.

Bei der sprachlichen Ausdrucksweise war es eher verhalten, im Bezug auf die ersten zwei Bücher. Eher Action lastig, stellenweise flach, voller Flüche und hier und da sehr fragwürdiger Verhaltensweisen. Eine Szene zum Ende hin hat mich erinnert, wie toll der Autor schreiben kann. Es ging um ein besonderes Erlebnis zwischen Vater und Sohn. Diese Schilderung hatte mich besänftigt, aber nur kurzfristig.

Sollte es ein viertes Buch des Autoren geben, werde ich es wieder lesen und hoffen, dass es wieder ein besonderes wird.

Das Ende war dermaßen überdreht, dass ich mich fragte was das alles letztendlich sollte und wo verdammt ist überhaupt Freddy abgeblieben?

Rezension verfasst von © Kerstin

Cover des Buches Irmas Enkel: Eine Geschichte, die von Heimat, Liebe und deren Verlust erzählt. (ISBN: 9783749723560)

Bewertung zu "Irmas Enkel: Eine Geschichte, die von Heimat, Liebe und deren Verlust erzählt." von Leandra Moor

Irmas Enkel: Eine Geschichte, die von Heimat, Liebe und deren Verlust erzählt.
Kerstin_KeJasBlogvor 4 Jahren
Kurzmeinung: Tiefgehende Lebensgeschichte mit Einblicken in düstere Zeiten, über Liebe, Verlust, Hoffnung.
Wie wird der Mensch, der er ist?

Sehr Ihr das kleine Mädchen, da vorne am Gartenzaun?

Mit ihrem hübschen, aber doch schlichten Kleid, inmitten ihrer zwei Brüder? Dahinter, auch fein herausgeputzt, steht ihre Mutter Helene und die alte Frau, die da am Fensterrahmen lehnt und kaum zu erkennen ist, das ist Irma.
Ein alte Fotografie, in Sepiatönen und von eher schlechter Qualität, zeigt drei Generationen und wie heißt es immer so schön „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“.
Was sagt das Foto aus? Es ist alt, ohne Frage. Diese Familie ist nicht wohlhabend, das Haus eine kleine Kate und diese fünf Menschen haben sich für genau diesen einen Augenblick zurecht gemacht. Es könnte nahezu überall aufgenommen worden sein und doch sticht da etwas ins Auge. Die Männer fehlen. Kein Großvater, kein Vater, kein Ehemann und so beginnt auch diese Geschichte. Mit dem Hintergrund warum weder Irmas, noch Helenes Mann zugegen ist.

"Ich lebe und das reicht." Seite 251

Leandra Moor hat diese biografischen Roman aus vielen kleinen Geschichten zusammengetragen, aber dabei hat sie nichts zerstückelt oder zusammengeklebt. Viel mehr wird in der Geschichte der Lebensweg dieses kleinen Mädchens aufgezeichnet. Anni, ohne Vater aufgewachsen, da dieser im 1. Weltkrieg fiel. Begraben konnten sie nur seine Seele, auf dem Friedhof, in einer kleinen abgelegenen Ecke. Dieser Ort wird immer wieder ein Ort der Einkehr für Anni werden und stetig im Buch vorkommen.
Annis Verhältnis zur Mutter ist herzlich, ebenso wie zu ihren Brüdern.
Die Zeiten sind schwer. Als alleinstehende Frau ist die Arbeit auf dem kleinen Hof mühselig und so sind die drei Kinder schon früh an harte Arbeit gewöhnt.

Die Autorin nimmt einen mit in diesem kleinen Ort und hinein in die Kate und auf den Hof. Sie lässt einen teilhaben an dem Leben der Familie, an Freud und Leid.
Die Kinder werden größer, erwachsener und so findet sich auch bald für alle von ihnen eine Liebe. Wie schön könnte es sein, wäre da nicht diese Zeit, das aufkommende neue politische Klima und der unausweichliche Krieg. Anni muss ihre Brüder loslassen und auch die Liebe ihres Lebens. Aus harten Zeiten werden härtere und insbesondere auf ihre Mutter kann Anni nicht mehr zählen, diese hat sich komplett in sich zurückgezogen und damit ist Anni allein auf sich gestellt.

Das Buch ist in zwei Teile untergliedert. Die erste Hälfte beginnt so um das Jahr 1918 und führt bis in das Jahr 1946. Fast 3 Jahrzehnte, in denen aus dem Kind Anni eine Halbwaise, Jugendliche, junge Frau, Ehefrau und Witwe wird. Zeiten in denen es heißt Glück zu suchen, es zu finden und wieder zu verlieren. Zeiten, in denen geschuftet wird bis zum umfallen, aber auch getanzt und gelacht. Bis sich alles verdüstert, die Männer in den Krieg ziehen und dort bleiben. Zeiten, in denen man besser den Mund hält, sich fügt, arbeitet, hungert und versucht nicht aufzufallen.

Annis Leben ist eine Etappe im Zeitraffer, aber die Geschichte rennt nicht durch die Seiten. Leise und behutsam führt die Autorin durch dieses Leben. Bereitet kleine Details und Besonderheiten, lässt einen mitfühlen ohne sich in kitschigen Klischees zu verlieren. Vielmehr gewinnt man mit jeder Seite mehr an Zuneigung zu Anni.

"Zu ertragen, wie der Hörfunk den neuen Krieg in ihr Zuhause jaulte, war zu viel für sie." Seite 55

Im zweiten Teil des Buches erfährt man über Annis Leben ab Weihnachten 1946, warum sie so einsam in ihrer Kate sitzt und auf was sie sich innerlich und schweren Herzens vorbereitet hat. Es steht im Klappentext und ist eine weitere von vielen Episoden in ihrem Leben. Die Heirat mit einem ihr fast unbekannten Mann, weniger aus Liebe, dafür mehr um den Hof halten zu können und vielleicht auch um das Glück zu finden, dass ihr all die Jahre verwehrt blieb.

Das dieser Mann solch ein Narziss ist und eine mehr als dunkle Vergangenheit hat, war mir schnell klar. Die Autorin schildert sehr schonungslos und wieder wird die Rolle der Frau nicht als die eines Opferlamms dargestellt, sondern als eine, die sich ihrer Situation absolut bewusst ist und irgendwie versucht aus allen das Beste zu machen. Anni ist keine Duckmäuserin, aber das Leben hat sie gelernt dass es Dinge zu ertragen gibt, die eben nur Frauen ertragen können. Mal abgesehen vom Schweigen über bestimmte Vorkommnisse und dem hinnehmen von Gewalt, ist es ganz oft diese Einsamkeit, denn trotz all der Gemeinsamkeiten, bleibt oder blieb doch jede alleine für sich.

"Ein Quäntchen Glück war in ihre Seele geströmt, was jedoch abrupt verebbt war,…"  Seite 247

Während im ersten Teil so viel über die Lebensumstände während des Krieges erzählt wird, kommt es im zweiten zu Schilderungen rund um die Schließung der Grenzen, Ostdeutschland entsteht, Genossenschaften werden fester Bestandteil der Landwirtschaft und wieder heißt es „Schnauze halten“ und mitmachen.

Annis Geschichte ist ein Beispiel für die Zeiten, in denen Frauen größtenteils auf sich allein gestellt waren. Der Beginn des Krieges, Ehemänner, Brüder, Väter, Freunde ziehen von dannen und was zurückbleibt ist nicht nur Einsamkeit, sondern auch die Gewissheit, dass in nahezu jedem Haus ein Mensch nicht mehr zurückkommen wird. Kämpfe, Bomben, Fliegeralarm werden zum grausamen Alltag. Flüchtlinge, Arbeitseinsätze, Mangelversorgung und Hamsterkäufe gehören ebenso dazu. Mit Ende des Krieges kommen die neuen Herren, vertreiben die alten oder setzen solche an Stellen, die sich wieder an der Macht berauschen. Gewalt an Frauen ist an der Tagesordnung, Körper als Tauschobjekte, damit es etwas zu säen gibt, auch wenn oft eine Frucht entsteht, die nicht gewollt war, aber doch angenommen wird.  

Mich hat das Buch ungemein gefesselt. Der lockere Stil dieses Erzählens, die Erinnerungen, Rückblicke, Begebenheiten, Dialoge, Selbstgespräche und immer wieder historische Besonderheiten prägen die Geschichte und alle vorkommenden Figuren.
Irmas Enkel könnten hier um die Ecke wohnen, all dies oder ähnliches erlebt haben.

Das Ende des Buches hat solch eine tiefe Melancholie und besser hätte die Autorin diese Lebensgeschichte nicht abschließen können. Danke für diesen besonderen Tanz.

Rezension verfasst von © Kerstin

Cover des Buches Otto (ISBN: 9783462052572)

Bewertung zu "Otto" von Dana von Suffrin

Otto
Kerstin_KeJasBlogvor 4 Jahren
Kurzmeinung: Familie mit Geschichte. Komplex, überraschend und traurig schön.
Familie

"Meine Gedanken waren nur so lange da wie ich, und sie waren Gedanken des Hasses und der Liebe."  Seite 227

Alles beginnt in dieser Geschichte in einem Krankenhaus und genau dort wird auch alles enden. Timna, die Tochter Ottos, nimmt einen an der Hand und führt durch ihr Leben und Gedanken.
Erinnerungen an ihre Kindheit, Jugend und dem Erwachsensein. Wenn man sie denn erwachsen nennen kann, denn eigentlich ist sie immer noch ein Kind, das Kind Ottos. Ein Bürde ungeahnten Ausmaßes und ganz ehrlich, mit ihr würde ich nicht teilen wollen. Auch nicht mit Timnas Schwester Babi oder der Mutter Eva, die schon vor langer Zeit das Weite gesucht hat.
Der im Buch genannte Scheidungsgrund gehörte ebenso zu diesem schwarzen Humor, wie die neue Pflegekraft, deren Einzug in des Haus des alten knorzigen Mannes etwas frisches mit sich brachte.

Otto, der Patriarch der Familie, das Oberhaupt, der alte verschrobene Mann, dessen Sprache und Verhalten seinesgleichen sucht, aber nicht wirklich jemanden finden wird.
Otto ist ein Typ Mensch, den zu lieben alles andere als leicht fällt, aber ich denke dass es ihm zu ziemlich egal ist.

Durch die Ich-Form der Timna bekommt das Buch einen sehr persönlichen Touch und ganz, ganz oft habe ich mich gefragt, wie kannst du diesen Menschen nur ertragen? Wie manipulativ kann eine Person eine ganze Familie und sein gesamtes Umfeld terrorisieren?
Gewiss spielt Ottos Geschichte und seine Lebenserfahrungen eine immens große Rolle, keiner macht sich schließlich selbst.

"Unsere Familie war eher ein Klumpen Geschichte." Seite 89

Vieles was Timna zu erzählen hat, geht in ihre Vergangenheit und die der Familie.
Dabei driftet sie gerne mal ab und unternimmt riesige Zeitsprünge, so dass man schon höllisch aufpassen muss. Aber die Art wie sie durch die Autorin zu Wort kommt, hat doch etwas faszinierendes. Fast schon eine voyeuristische Schilderung von Begebenheiten und Situationen, deren Faszination ich mich nicht entziehen konnte. Mehr als einmal musste ich den Kopf schütteln, auch da mir diese zwei Schwestern so bewusst hilflos vorkamen. Sie sträuben sich gegen Ottos Tiraden und besonders seine „Gabe“ Bitten zu stellen, zeigt auf wie stark die Bindungen zwischen Vater und Töchter sind.


Alles in der Geschichte dreht sich um Otto.
Was für eine Nervensäge!

Ein Mann, der selbst schwer krank, nicht aufhört zu stänkern und abstruse Forderungen zu stellen. Ein perfekt inszenierter Antagonist, der allerdings nicht böse im Sinne von grausam ist, aber eben doch einen Touch von Boshaftigkeit mit sich trägt. Er hat mich kirre gemacht und doch musste ich immer wieder schmunzeln. Otto nimmt kein Blatt vor den Mund, schützt nichts und niemanden und spiegelt einen zutiefst unzufriedenen Menschen wider.

"Hört auf, riefen wir, hört auf zu streiten!" Seite 159

Man könnte das Buch für traurig halten und öfters bin ich über Situationen gestolpert, bei denen ich dachte, holla, diese Aussprache ist wirklich derb. Und doch war da immer eine Form von Liebe zu spüren. Ganz verhalten in kleinen Gesten oder Gedanken, die sich in und mit Timna ausbreiteten. 

Das Cover ist absolut gelungen, schlicht und doch besonders. Nach Entfernen des Schutzumschlages kam dieser bronzefarbenen Ton zum Vorschein, was dem Buch nochmals mehr etwas erhabenes gab.

Otto muss man nicht mögen! Aber er bleibt in Erinnerung, was nur denen gelingt, die besonders sind. Er ist nicht einfach nur der rote Faden, sondern eine hochexplosive Zündschnur.

Rezension verfasst von © Kerstin

Cover des Buches Worüber wir schweigen (ISBN: 9783740806439)

Bewertung zu "Worüber wir schweigen" von Michaela Kastel

Worüber wir schweigen
Kerstin_KeJasBlogvor 4 Jahren
Kurzmeinung: Ganz viel Dramaturgie und Figuren, die gerade wegen ihrer Unzulänglichkeiten hervorstechen
Drama!

Ganz ehrlich? Als ich mit „Worüber wir schweigen“ begann und diese Nina kennenlernte, die nach langer Zeit wieder auf dem Weg nach Hause war und diese kleine Blechkiste mit sich schleppte, führte mich meine allererste Assoziation an die Erinnerungen zum Buch „Und es schmilzt“ von Lize Spit.

Gespannte Vorfreude kam auf. Würde es auch so eine böse, schmerzhafte Geschichte werden? Die schwarzen Schmetterlinge und Dornen auf dem Cover weisen doch mehr als deutlich in diese Richtung. Es wurde böse und nicht minder schmerzhaft, allerdings mehr für die Figuren im Buch, aber es hat mich das komplette hindurch bestens unterhalten und dafür gesorgt, dass ich scheinbare Nebenfiguren im Nachhinein als ungemein wichtig empfand.

Bringt jemand diese Ordnung durcheinander, ist es ein bisschen so, als würde die Welt untergehen

Seite 296

Alle Ereignisse dieser Geschichte haben einen Ursprung in der Vergangenheit.

Nina ist eine von drei Figuren, die alles aus ihrer Sicht erzählt. Sie kennenzulernen war eine Herausforderung, denn schon früh ist zu erkennen, dass dieses Mädchen und spätere junge Frau, kein einfacher Charakter ist. Zu sagen, dass sie böse ist, wäre zu einfach, denn dafür muss man ihre Hintergrundgeschichte erfahren. Das alltägliche Verharmlosen der Erkrankung der Mutter und vor allem das Verschweigen eben dieser. Hier kommt die zweite Figur ins Spiel – Gregor, der Vater. Auch er erzählt seine Sichtweisen und bei ihm ist es der Autorin sehr gut gelungen, seine Zerrissenheit gegenüber Ehefrau und Tochter zu spiegeln. Ein Mann, der so viel mehr möchte, wünscht und sich seiner eigenen Schwäche durchaus bewusst ist und doch nicht aus seiner Haut kann und damit aus diesem Leben.
Die dritte Figur, die als Ich-Erzähler die Geschichte in komplett andere Bahnen führt, ist Tobias. Der Nachbarsjunge, der auch im Erwachsenenalter nicht von zu Hause fortkommt und dessen fünf Jahre älterer Bruder Dominik ihm mehr als nur den Nerv raubte.
Drei Namen, verteilt als Ich-Erzähler in vielen kleinen Kapiteln mit unterschiedlichen Jahreszahlen. Beides zu Beginn der Kapitel benannt, macht einem im Laufe der Geschichte klar, dass da etwas im Argen lag und noch immer liegt. Man muss sehr aufpassen, diese Zeiten richtig wahrzunehmen, damit die jeweiligen Geschehnisse auch zueinander passen.

Die Autorin benutzt sehr gekonnt die Verschwiegenheit der einzelnen Figuren bzw. deren Unfähigkeit Tatsachen auszusprechen. Alle scheinen ein Geheimnis zu haben oder möchten eins aufklären. Dadurch entstand eine sehr unterschwellige Spannung und die Frage, was wann geschehen war. Genau dies liebe ich an Büchern, das Verlangen nach Aufklärung und der damit unweigerlich verbundenen Neugierde, welche einen durch die Seiten treibt.

Man weiß erst was man hatte, wenn es nicht mehr da ist.

Seite 296

Thriller steht unten am Rand des Cover. Eine Genrebezeichnung, die einen gewaltig in die Irre führen kann. So manche Thriller-Leser_Innen habe da vielleicht eine andere Erwartungshaltung. Dies hier ist keine blutrünstige Geschichte, es wird nicht gemetzelt und man rennt auch keinem x-beliebigen Serienkiller oder Ermittler hinterher.
Genau deswegen mag ich diese Geschichte sehr!
Was mich so an „Worüber wir schweigen“ faszinierte, waren die Darstellungen der Figuren. Die Autorin gibt tiefe Einblicke in deren Seelenleben, lässt dadurch so manche Handlung zwar nicht nachvollziehen, aber verstehen.
Keine einige der vorkommenden Figuren sind lieb oder nett, aber sie sind auf ihre Art dennoch liebenswert. Ein buntes Gemisch an polarisierenden Gestalten, die mehr oder weniger so gemacht wurden, wie sie waren.

Mir hat insbesondere die Zeichnung diese Nina irre gut gefallen.

Ich bin mir nicht sicher ob die Autorin bewusst diese Frau so kreiert hat, dass man versucht ist, insbesondere durch deren Verhalten, eine gewisse Abscheu ihr gegenüber an den Tag zu legen. Wahrscheinlich interpretiere ich (wieder einmal) zu viel hinein, aber ich bin versucht zu behaupten, dass dieses einstige Kind, in einem anderen Leben, eben nicht diese Nina geworden wäre. So wie auch Mel ohne Nina nicht, oder Tobi ohne Mel. Einer prägt den anderen, mittels Dominanz oder Unterwürfigkeit. Macht und Machtlosigkeit, Mut und Furcht, Liebe und Hass – alles baut aufeinander auf und macht in diesem Buch die Charaktere aus.

Ich schließe die Augen, damit die Erinnerung nicht aufhört, damit sie für immer in meinem Kopf gespeichert bleibt, für immer so lebendig wie in diesem Moment.

Seite 306

Ein bisschen hatte ich etwas geahnt, aber nur ein klitzekleines bisschen. Das Ende hat mich von daher nicht überrascht und doch habe ich das Bedürfnis da nochmal über etwas sprechen zu müssen. Auch ein Pluspunkt für dieses Buch, denn wenn ich mir noch lange nach dem Lesen meine Gedanken dazu mache, hat es mich auch über die Lesezeit hinaus beschäftigt.

In „Wir worüber wir schweigen“ herrscht kein Friede, Freude, Eierkuchen. Es ist auch kein Thriller. Vielmehr empfand ich es als eine Tragödie, insbesondere durch die Verkettung der Umstände und der Unfähigkeit des nicht aussprechen können.

Rezension verfasst von © Kerstin


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