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Kittyzer

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Rezensionen und Bewertungen

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Cover des Buches Im Zeichen des Raben (ISBN: 9783734161469)

Bewertung zu "Im Zeichen des Raben" von Ed McDonald

Im Zeichen des Raben
Kittyzervor 5 Jahren
Kurzmeinung: Wer's düster und dreckig mag, ist hier richtig!
Ein Anti-Held kämpft sich um Kopf und Kragen

Der Leichtsinn meines Vorhabens hatte einen weniger bitteren Beigeschmack als erwartet. Im Grunde trog der Eindruck, dass ich eine Wahl getroffen hatte. Ob aus Sentimentalität oder aufgrund meiner Intuition, ob Ezabeth recht hatte oder nicht: Ich war auf ihrer Seite gewesen, seit sie wieder in mein Leben getreten war. Ich hatte nur bis jetzt gebraucht, um mir das einzugestehen. Dass Ezabeth Widersacher hatte, war nicht nur ein Theorem. In dieser Nacht hatten ihre Feinde versucht, sie aufzuhalten. Falls sie an sie herankämen, würden sie sie töten.
Ich saß die ganze Nacht mit dem Gesicht zur Tür, das Schwert über die Knie gelegt.
Sollten sie es nur versuchen.

--

INHALT:

Ryhalt Galharrow ist Hauptmann der Schwarzschwingen - einer Truppe von Söldnern, die dem Befehl des "Namenlosen" Krähfuß unterstehen, einem mächtigen Zauberer. Meistens jedoch ist diese Arbeit nicht so ehrenhaft wie sie klingt - teilweise gibt es jahrelang kein Lebenszeichen von dem Magier, und bis dahin müssen sich Galharrow und seine Kumpanen so über Wasser halten. Alles ändert sich, als er auf einer seiner Kopfgeldjagden plötzlich die Botschaft erhält, eine bestimmte Adlige zu retten und zu beschützen. Und nicht nur irgendeine: Ezabeth Tanza ist seine Jugendliebe, und noch dazu eine äußerst mächtige Zauberin. Sie hat Informationen, die schnell sehr wichtig werden. Denn diese könnten bedeuten, dass die Könige aus der Tiefe, die schon lange nach der Vereinnahmung der Menschheit trachten, einen neuen Vorstoß wagen...

MEINE MEINUNG:
Ambitionierte Fantasy-Debüts gibt es viele, aber selten funktionieren sie so gut wie Ed McDonalds "Im Zeichen des Raben", Band 1 seiner Trilogie um das "Raven's Mark". Dass man hier etwas Besonderes in den Händen hält, wird schon sehr schnell klar, denn die Geschichte beginnt direkt im sogenannten Elend, einem magieverseuchten Gebiet voller gefährlicher Kreaturen. Protagonist Galharrow erzählt von seinen Erlebnissen aus der Ich-Perspektive - ungewöhnlich für das Genre. Nicht nur deswegen hat mich der gesamte Roman positiv an die "Greatcoats"-Reihe von Sebastien de Castell erinnert, nur in düsterer und schmutziger.

Vor allem aber ist Galharrow kein wirklicher Held und schon gar kein atemberaubendes Talent, was sehr erfrischend ist. Er ist ein guter Kämpfer und die Mitglieder seiner Söldner-Truppe sind ihm wichtig, aber er ist auch ein starker Trinker und nicht unfehlbar. Seine Vergangenheit, in der er in seiner Familie in Ungnade gefallen ist, macht ihm noch immer zu schaffen, und dass er sich als Schwarzschwinge zu einem Leben im Dreck verpflichtet hat, macht es nicht besser. Mit seinem daraus resultierenden schwarzen Humor und seiner Trinkfestigkeit kann es seine Kumpanin Nenn eindeutig aufnehmen - sie hat vieles verloren, unter anderem ihre Nase, lässt sich aber nie unterkriegen und wäscht ihrem Freund auch mal gehörig den Kopf. Außerdem ist da noch Tnota, quasi der Reiseführer der Gruppe, der nicht kämpft, aber immer den Weg kennt, und die Zauberin Ezabeth. Sie ist mächtig, intelligent und gezeichnet von ihrer Kraft, was sie zu einer schwierigen Person macht. Sie will keine Schwäche zeigen, wirkt aber sehr zerbrechlich. Dafür, dass sie so mit ihrem Äußeren hadert, ging ihre Entwicklung zum Ende hin etwas schnell, trotzdem ist sie eine spannende Figur voller Überraschungen.

Und diese Überraschungen finden sich auch in der Handlung wieder. Das beginnt schon bei der Magie, die den Roman durchzieht, sich aber oft im Verborgenen hält: Neben den Königen aus der Tiefe, die die Welt an sich reißen wollen, gibt es die Namenlosen, mächtige Zauberer und vollkommen undurchschaubar - und Lichtspinner wie Ezabeth, die aus dem Schein der Monde Energie für ihre Zauber weben können. Die Welt kann man von der Komplexität und den Laufwegen der Figuren her ein wenig mit der Welt des "Witchers" vergleichen - sie ist aber noch deutlich schmutziger. Nicht nur wird das von Magie zerstörte "Elend" des Landes geplagt von schaurigen und gefährlichen Kreaturen, auch in den Städten treiben Anhänger der Könige ihr Unwesen. Inmitten immer der Protagonist Galharrow, der dabei noch zusätzlich in die Machenschaften von Magiern, Adligen und Offizieren hinein gezogen wird. Mir persönlich hätte seine Obsession mit Ezabeth etwas weniger Raum einnehmen können - andererseits ist diese überhaupt erst der Auslöser vieler Geschehnisse. Beinahe durchgehend bleibt das Ganze spannend, immer wieder durchsetzt von bissigem Witz und dem ein oder anderen Plottwist. Das Ende ist zwar in sich stimmig, lässt aber noch ein paar Fragen offen - wie gut, dass Band 2 im Original schon erschienen ist.

FAZIT:
Ed McDonalds Welt in "Im Zeichen des Raben" ist düster, schmutzig und brutal - nichts für zarte Gemüter also. Der Protagonist kämpft sich durch eine Welt, die ihm nicht positiv gesinnt ist, und versucht dabei größtenteils einfach, am Leben zu bleiben. So wird die Spannung kontinuierlich hoch gehalten, und die wenigen Kritikpunkte tun dem Vergnügen kaum einen Abbruch. Verdiente 4 Punkte!

Cover des Buches Die Dreizehnte Fee - Erwachen (ISBN: 9783959911313)

Bewertung zu "Die Dreizehnte Fee - Erwachen" von Julia Adrian

Die Dreizehnte Fee - Erwachen
Kittyzervor 5 Jahren
Kurzmeinung: Wundervolle, originelle Ideen, aber leider viel zu schnelles Voranschreiten der Geschichte auf so wenigen Seiten.
Cover des Buches Die Klinge des Schicksals (ISBN: 9783426654484)

Bewertung zu "Die Klinge des Schicksals" von Markus Heitz

Die Klinge des Schicksals
Kittyzervor 5 Jahren
Kurzmeinung: Wer die Düsternis von Dark Fantasy verkraftet, ist mit dieser Geschichte voller starker Frauenfiguren bestens bedient.
Wunderbar starke Frauenfiguren

Danèstra duckte sich unter dem Hieb weg und rammte ihre gespannte Schulter gegen den Schild.
Der kräftige Stoß warf den Gegner nach hinten um. Flink sprang sie auf seine metallbeschlagene Deckung, und die Kante zertrümmerte dem Mann die Nase. Mit einem Aufschrei versank er in Ohnmacht.
"Großmutter. Das habe ich noch nie gehört. Einfallsreicher Junge!" Danèstra verharrte auf dem Schild und ging auf ein Knie herab, spähte umher. "Zeig mir, weswegen du mich gerufen hast, Schicksal", murmelte sie. Sie wusste aus Erfahrung, dass sie nicht lange warten musste, um den Grund zu erkennen.

--

INHALT:
Seit Jahrzehnten wird die Kriegerin Danèstra vom Schicksal ausgesandt, um für das Gute zu kämpfen - und trotz ihrer mittlerweile 60 Jahre ist sie so kräftig und gewandt wie eh und je. Doch als sie eines Tages plötzlich am Schauplatz eines Kampfes erwacht und die schwangere Kalenia erblickt, ahnt sich nicht, dass dies ihr bisher schwierigster Fall wird. Denn sie scheint Kalenia beschützen und mit ihr gemeinsam Verschwörer erledigen zu müssen, die sich mit Dämonen verbündet haben - doch einige Dinge passen nicht. Während sie sich also fragen muss, ob sie der jungen Frau wirklich vertrauen kann, braut sich im Hintergrund unbemerkt von ihr ein großes Übel zusammen. Und plötzlich steht nicht weniger als das ganze Land Nankan auf dem Spiel.

MEINE MEINUNG:
Markus Heitz ist einer der erfolgreichsten Fantasy-Autoren Deutschlands, der jährlich wieder mit neuen Ideen aufwartet. Üblicherweise entwickeln sich daraus Reihen, "Die Klinge des Schicksals" ist aber erst einmal ein Einzelband. Erzählt wird eine epische Geschichte voller Schlachten und unterschiedlicher Figuren: Protagonistin Danèstra ist für ein solches Werk eine ungewöhnlich alte Frau, während die begleitenden Charaktere größtenteils dem üblichen eher jungen Alter entsprechen. Der Schreibstil ist atmosphärisch und detailreich, angereichert mit High Fantasy-würdigen Begriffen und einem Welt-Entwurf, der sich sehen lassen kann. Insgesamt gibt es drei verschiedene Handlungsstränge, die sehr lange getrennt verlaufen, was zwar Stoff für ganz unterschiedliche Erlebnisse bietet, die Geschichte an manchen Stellen aber auch in die Länge zieht.

Mit Danèstra als Protagonistin kommt allerdings keine Langeweile auf. Sie ist immerzu auf den Beinen, kontinuierlich dabei, die Welt zu retten und die Menschen in ihrer Umgebung zu beschützen - und das mit einem Alter von 60 Jahren. Sie macht jedoch auch Fehler und ist teilweise zu gutgläubig - ihre Kurzsichtigkeit in dieser Hinsicht fand ich manchmal etwas unglaubwürdig, sie bringt aber natürlich den Plot voran. Mit Mabian, ihrem Sohn, und Quent, der den letzten Wunsch seines Meisters erfüllen will, gibt es noch zwei weitere dauerhafte Erzähler, die beide deutlich weniger stark sind als Danèstra und daher auf ihre eigene Weise ihre Schwierigkeiten meistern müssen. Besonders die Nebenfiguren wissen aber zu überzeugen: Danèstras Begleiter, die alle unterschiedliche Fähigkeiten besitzen, sind interessante Charaktere, die man gern begleitet.

Abgesehen von ein paar Längen in den parallel zu Danèstras verlaufenden Strängen, gibt es kaum ruhige Momente. Ein gefährlicher Wald, bevölkert von todbringenden Tieren und Pflanzen, ist auf dem Vormarsch und scheint alles verschlucken zu wollen. Mehr als einmal begleitet man als Leser Charaktere in eben jene Natur, und diese Szenen machen dem Genre der Dark Fantasy alle Ehre. Irritierend fand ich einige phantastische Elemente aber doch - etwa, dass im Bezug auf das Alter immer von Gemeinjahren die Rede ist, die laut Glossar 30 Monate lang gehen sollen, ein Alter von 16 Gemeinjahren unseren bekannten 16 Jahren aber 1:1 entspricht - da hat sich mir dieser Begriff so gar nicht erschlossen. Abgesehen von solchen Aspekten passt jedoch alles gut zusammen, und besonders das Ende, an dem alles zusammengeführt wird, weiß zu überzeugen. Das Ganze ist in sich geschlossen und damit ein perfekter Einzelband - ich hätte aber nichts dagegen, irgendwann nach Nankan zurückzukehren.

FAZIT:
Mit vielen unterschiedlichen Charakteren (insbesondere vielen starken Frauen), einem faszinierenden Weltentwurf und spannenden Wendungen ist Markus Heitz mit "Die Klinge des Schicksals" wieder ein überzeugender Roman gelungen - dieses Mal in der Dark Fantasy angesiedelt, weswegen man nicht zu zimperlich sein sollte. Es gibt ein paar Längen und kleinere Unstimmigkeiten, davon abgesehen ist das Werk jedoch ein echtes Lesevergnügen. Knappe 4 Punkte.

Cover des Buches Die Spiegel von Kettlewood Hall (ISBN: 9783426520789)

Bewertung zu "Die Spiegel von Kettlewood Hall" von Maja Ilisch

Die Spiegel von Kettlewood Hall
Kittyzervor 5 Jahren
Atmosphärische erste, schwächelnde zweite Hälfte

"Versteh mich doch." Jetzt war Victors Stimme kaum mehr als ein Krächzen. "Dir geht es nur um ein paar Kleider und Schuhe, und ja, auch darum, dass man dir die Wahrheit sagt. Aber was für uns auf dem Spiel steht - das ahnst du nicht."
"Dann sag es mir!", rief ich. "Sag es mir endlich! Worum geht es bei dem Schachspiel?"
Victor atmete durch. "Um unsere Zukunft", sagte er dann. "Und unsere Gegenwart. Und unsere Vergangenheit."
"Das ist keine Antwort! Wenn ich euch helfen soll, will ich die Wahrheit wissen."
Victor antwortete nicht. Er drehte sich nur um und verließ das Zimmer. Er machte nicht einmal mehr die Tür hinter sich zu. Und er brauchte gar nicht erst wiederzukommen.

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INHALT:
Im England des 19. Jahrhunderts ist Kinderarbeit üblich, und so muss auch die 14jährige Iris ihren Teil zum Lebensunterhalt mit Fabrikarbeit beitragen. Nach dem Tod ihrer Mutter ist es aber nun an ihr, allein für ihre Großmutter und sich zu sorgen, was sie an ihre Grenzen bringt. Bis sie eines Tages ein schwarzes Pferd entdeckt, das ihre Mutter versteckt hatte - einen Springer, der zu einem Schachspiel gehört. Einem Schachspiel, das sich auf dem Anwesen Kettlewood Hall befindet, zu dem sich Iris auf den Weg macht. Unerwartet freundlich wird sie dort aufgenommen. Doch das hat einen Grund: Eine Partie Schach wartet auf sie, und sie ist unfreiwillige Teilnehmerin. Womit sie mit ihrer Seele spielt...

MEINE MEINUNG:
Maja Ilisch hat ein Händchen für düstere, leicht schaurige Stoffe - das hat sie in ihrem Debüt gezeigt und das zeigt sie auch in "Die Spiegel von Kettlewood Hall" erneut. Wieder geht es um ein junges Mädchen, das ein Geheimnis lüften will und dabei mit allerlei seltsamen und gefährlichen Geschehnissen in Berührung kommt. Der Schreibstil ist sehr angenehm, trotz des Jahrhunderts, in dem die Geschichte spielt, und die Ich-Perspektive lädt dazu ein, der Protagonistin in den Kopf zu schauen. Doch wie schon im Erstling um das "Puppenzimmer" lässt die zweite Hälfte wieder stark in der Qualität nach und verläuft sich letztendlich irgendwo im Mittelmaß.

Iris ist für ihre 14 Jahre sehr reif, was sicherlich der Zeit geschuldet ist. Sie muss arbeiten und Geld verdienen, wünscht sich aber eigentlich so viel mehr: Sie möchte etwas lernen und sie möchte nicht so früh sterben wie es ihrer Mutter passiert ist. Ihr Mut ist bewundernswert und sie steht auch für sich selbst ein, lässt sich aber fast genauso oft auch an der Nase herumführen, was sie viel zu schnell verzeiht. Neben ihr lernt man noch Mr. Whitham kennen, ihren Lehrer, der ihr das Schachspiel beibringt, sowie die illustre Gemeinschaft, die im Anwesen Kettlewood Hall lebt: Da ist der gutaussehende Victor, der natürlich relativ schnell der Angebetete wird, der sich nie so recht entscheiden kann, ob er nun geheimnisvoll tun oder helfen will; da ist der junge Toby, der einige Fehler hat, ihr aber auch aktiv zur Seite steht; oder die zwei jüngeren Mädchen, Schwestern, die sich beide viel älter verhalten als sie aussehen. Die übrigen Charaktere bleiben leider sehr schemenhaft, was aber auch damit zusammen hängt, dass sie deutlich weniger Platz einnehmen.

Die erste Hälfte des Romans ist wunderbar: Hier lernt man Iris' Lebensumstände kennen, ihren Wunsch nach mehr, und erste Prinzipien des Schachspiels, für das sie eine Leidenschaft entwickelt. Nach ihrer Ankunft im Anwesen wird es durchaus schaurig mit den Spiegeln, in denen Bewegungen auszumachen sind, oder Menschen, die mal Geister sind und mal nicht. Enttäuschend ist aber, dass Iris entgegen meiner Erwartung keines der Geheimnisse selbst aufdecken muss - alle Bewohner geben sich zwar immer übertrieben geheimnisvoll und erklären des Öfteren, dass sie nichts verraten dürfen, aber wenn es mal Erklärungen gibt, dann grundsätzlich nur durch diese Menschen selbst. Iris bleibt dabei fast schon passiv, läuft nur von einem Raum in den nächsten, spielt ab und zu Schach und träumt von Victor, stolpert in die Lösungen aber eher rein. Dafür ist der Schluss überzeugend, der zwar keine Spannung zum Nägelkauen mit sich bringt, aber durchaus interessant ist und auch zum Rest passt. Nur Überraschungen bleiben aus, weswegen die Gefühle über leichte Zufriedenheiten nicht hinausgehen.

FAZIT:
"Die Spiegel von Kettlewood Hall" überzeugt mit einer spannungsreichen ersten Hälfte, die schaurig und atmosphärisch anmutet. Danach allerdings tritt die Handlung relativ lange auf der Stelle, weil auch die Protagonistin relativ wenige Geheimnisse selbst lösen muss. Da fehlte mir irgendwie das Feuer, das ich erwartet hatte. So bleibt es bei 3 Punkten.

Cover des Buches Wie Eulen in der Nacht (ISBN: 9783426522820)

Bewertung zu "Wie Eulen in der Nacht" von Maggie Stiefvater

Wie Eulen in der Nacht
Kittyzervor 5 Jahren
Kurzmeinung: "Magic Realism" ist schon etwas anderes als High Fantasy und wird in seiner langsamen, unerklärten Entfaltung nicht jedem gefallen.
Inhaltlich etwas schmal

"Ach Mama, Judith, ihr macht ein Drama daraus", begann Beatriz.
"Du bist genau wie dein Vater", fauchte Antonia.
Weder Fransisco noch Beatriz gingen auf diese Bemerkung ein; das taten sie nie.
"Was soll denn so gefährlich daran sein, es über diesen Jungen laufen zu lassen", beharrte Joaquin. "Für die Pilger, die hier leben, tun wir auch nicht weniger."
"Wir können nicht nichts tun", fügte Beatriz hinzu.
"Hört gut zu, ihr alle. Die Dunkelheit eines Soria breitet sich so rasant aus wie keine, die ihr je gesehen habt." Antonias Stimme klang eisern. "Ich verbiete euch allen, nach Daniel zu suchen. Nur über meine Leiche!"

--

INHALT:
Im kleinen Städtchen Bicho Raro ist der Name Programm: Es ist bevölkert von mehr oder weniger "verrückten Käuzen". Denn dort leben tatsächliche Heilige, die Wunder wirken können, weshalb der versteckte Ort immer wieder von Pilgern aufgesucht wird. Diese wollen die in ihnen schlummernde Dunkelheit und damit auch ihre Probleme besiegen. Doch sie müssen, um ein zweites Wunder zu erhalten und so geheilt zu werden, auch selbst etwas dafür tun - und das erscheint den meisten fast unmöglich. Die Sorias, eine Familie von aktuellen und ehemaligen Heiligen, würden gern helfen, da die Stadt von Wundersuchenden bald überquillt, doch sie haben sich selbst ein Verbot auferlegt - denn ihre Dunkelheit ist die schlimmste von allen und endet oftmals tödlich. Dann allerdings bricht Daniel, der momentane Heilige, eben jenes Verbot, zum Entsetzen seiner gesamten Familie. Und damit nimmt das Unheil seinen Lauf...

MEINE MEINUNG:
Maggie Stiefvater ist eine dieser Autorinnen, deren Ideen ich immer wieder faszinierend finde, bei der ich mir jedoch nie sicher sein kann, ob mich auch die Umsetzung überzeugt. So war es auch von Beginn an mit "Wie Eulen in der Nacht", einer Geschichte um Heilige, die Wunder wirken, dem Genre des "Magic Realism" zugeordnet. Magic Realism? Hier spielen die Ereignisse in der realen Welt, die magischen Elemente sollen in dieser jedoch bestimmte Punkte hervorheben. Bicho Raro ist also eine eigentlich normale Stadt mit normalen Menschen - in der allerdings, gänzlich unerklärt, Wunder geschehen. Die Autorin lebt dafür einmal mehr ihren detailreichen, zauberhaften Stil aus, schwelgt dieses Mal sogar regelrecht darin. Sie schreibt auf eine ganz eigene Art, legt sich nicht auf einen Erzähler fest, gibt manchmal einen Ausblick auf die Zukuft und manchmal einen Rückblick auf die Vergangenheit. So weiß man nie, was man als nächstes erwarten muss, allerdings scheint darüber auch ein wenig der Inhalt verloren zu gehen.

Wie immer sind die Figuren das Kernstück der Geschichte, die alle ihre Eigenarten haben: Beatriz, das "Mädchen ohne Gefühle", das sehr wohl welche besitzt, es nur nicht weiß. Joaquin, Moderator eines Piraten-Radiosenders, jung und sprunghaft. Daniel, der als Heiliger alles für eine Pilgerin riskiert. Eben jene Pilgerin, Marisita, auf die es seit ihrem Wunder ununterbrochen regnet. Sie und viele weitere sind sehr besonders, allerdings werden sie mehr beschrieben, als dass sie ihre Eigenschaften wirklich unter Beweis stellen können. Insbesondere überrascht, wie sehr die Autorin dieses Mal auf Liebe auf den ersten Blick setzt - statt wie sonst die Gefühle schwelen zu lassen, sind sie dieses Mal quasi direkt da. Das sorgt zwar insbesondere zwischen Beatriz und dem Besucher Pete für tolle, teils auch witzige Momente, aber nicht dafür, dass man die Vertrautheit groß nachvollziehen könnte.

Vielleicht liegt es daran, dass man den Charakteren nur bedingt nahe kommt, dass auch die Geschichte einen nur schwer zu greifen weiß. Insbesondere auf den ersten 150 - 200 Seiten geschieht relativ wenig, außer dass die Umstände des Städtchens und dessen Bewohner erläutert werden. Lange Zeit ist nicht einmal ganz klar, worum genau es eigentlich geht: Eine Familie, deren Mitglieder wieder zueinander finden müssen? Zwei Liebesgeschichten? Wunder, die aus einem selbst kommen müssen? Selbst als Daniel die sogenannte Dunkelheit über sich bringt, dauert es sehr lange, bis die anderen Figuren überhaupt einmal wirklich reagieren, was unweigerlich Langeweile mit sich bringt. Zum Glück gibt es aber die letzten 100 Seiten, auf denen es endlich zu teils überraschenden, teils traurigen und teils glatt aberwitzigen Wendungen kommt. Wenn nur die zwei Drittel zuvor genau so gewesen wären - es hätte eine wirklich fesselnde Geschichte sein können.

FAZIT:
"Wie Eulen in der Nacht" wartet, wie alle Bücher von Maggie Stiefvater, mit einer faszinierenden Idee auf - aber, wie es mir ebenfalls schon öfter passiert ist, konnte es mich dennoch nicht komplett begeistern. Trotz der nur 300 Seiten fällt der Inhalt etwas schmal aus, stattdessen wird sich sehr stark auf den Schreibstil und die Zusammenhänge konzentriert. Das letzte Drittel ist allerdings mitreißend genug, dass es noch für gute 3 Punkte reicht. Muss man ausprobieren!

Cover des Buches Die Todeskönigin (ISBN: 9783764532000)

Bewertung zu "Die Todeskönigin" von Sarah Beth Durst

Die Todeskönigin
Kittyzervor 5 Jahren
Kurzmeinung: Spannende Fortführung der großartigen, von Geistern bevölkerten Welt - und auf weitere starke Frauen muss man auch nicht verzichten.
Einzigartige Welt

Mit einem gackernden Heulen stürzte sich der Feuergeist auf das Holzscheit. Flammen schossen aus dem Kamin, rasten durch den Raum und trafen das Bett. Eines der Seidenkissen fing Feuer. Naelin rannte los, schnappte sich einen Krug vom Waschbecken und goss seinen Inhalt auf das Bett. Das Wasser erstickte die Flammen, und Rauch wogte empor, schwärzte den Betthimmel. Kreischend ergriff der Geist die Flucht, stürzte durch den Türbogen auf den Balkon hinaus und schoss direkt in den Himmel hinauf, um mit den Sternen zu verschmelzen.
"Seh'n wir's mal positiv: Zumindest steht der Palast noch", bemerkte Ven milde.

Naelin schaute zur den Sternen empor. "Ich brauche vielleicht noch ein wenig Übung."
--

INHALT:
Wider Erwarten ist die junge Daleina vor einem halben Jahr aus der Krönungszeremonie als Königin hervor gegangen - zu einem hohen Preis. Nun muss sie allein über ein ganzes Land herrschen, obwohl sie immer die schwächste aller Thronanwärterinnen war. Sie könnte trotzdem eine gute Königin sein, wären da nicht die Ohnmachtsanfälle, die sie neuerdings gehäuft überkommen und zulassen, dass die Geister des Landes über die Menschen herfallen. Bald steht fest: Sie wird sterben. Und wenn das Land nicht ins Verderben stürzen soll, braucht sie so schnell wie möglich eine Nachfolgerin. Ihr ehemaliger Meister Ven entdeckt in einem Dorf die bereits erwachsene Naelin, die großes Potenzial sitzt. Allerdings ist sie nicht bereit, Königin zu werden...

MEINE MEINUNG:
Wenn eine Autorin für originelle und außergewöhnliche Ideen steht, dann ist es Sarah Beth Durst - kein Thema wird von ihr recycelt, jedes Buch strotzt wieder vor Ideenreichtum. Und trotzdem wird sie als Autorin völlig unterschätzt. "Die Todeskönigin" ist Band 2 der Trilogie um die "Queens of Renthia", die viel bekannter sein sollte. Hauptsächlich dreht sich alles wie zuvor um Daleina, nun Königin, die erneut oft zu Wort kommt - meine Sorge, der Nachfolger hätte die Protagonistin vollständig gewechselt, war also unbegründet. Daneben kommen aber auch Naelin und Meister Ven regelmäßig zu Wort, und neu außerdem Daleinas Schwester Arin.

Diese ist eine sehr willkommene Ergänzung - sie ist nicht mehr das junge Mädchen, das man ganz zu Anfang des ersten Bandes kennen gelernt hat, und auch nicht die Nebenfigur des späteren Verlaufs. Stattdessen ist sie aktiv darin involviert, ein Heilmittel zu finden, und zeigt dabei nicht nur Intelligenz, sondern auch Willenskraft. Unterstützt wird sie dabei von Heiler Hamons Mutter Garnah, einer skrupellosen und nichtsdestoweniger interessanten Frau mit enormen Fähigkeiten. Daleina selbst hat sich verändert, seit sie Königin geworden ist, weil sie die Macht stemmen muss, die ihr übertragen wurde. Trotzdem ist sie noch immer authentisch und vor allem nicht perfekt. Und dann ist da Naelin, die sich so sehr dagegen wehrt, Thronanwärterin zu werden. Ihre Liebe zu ihrer Familie ist bewundernswert und ihr Wandel erfolgt langsam, nur ein wenig mehr vorausschauendes Handeln hat mir bei ihr gefehlt.

Nachdem im ersten Band eine böse Königin im Hintergrund die Strippen zog, erscheint hier zu Beginn die Krankheit Daleinas als der Widersacher. Erst im Laufe der Geschichte stellt sich heraus, dass erneut jemand nichts Gutes im Sinn zu haben scheint. Es gibt ein Wiedersehen mit alten Bekannten - positiv wie negativ gestimmten - und eine ganz dezente Liebesgeschichte, die wie schon im Vorgänger erfrischend wenig Raum einnimmt. Priorität hat hier die Sicherheit des Landes, nicht die Romantik. Mir war leider sehr früh klar, wer für Daleinas Krankheit verantwortlich ist, daher hatte dieser Band deutlich weniger Überraschungen für mich parat als der letzte. Das Ende weist aber sehr eindeutig auf den Abschluss hin und deutet einige interessante Entwicklungen an. Sicher sein kann man auf jeden Fall: Die Ideen werden der Autorin nicht ausgehen.

FAZIT:
Die Reihe um die "Queens of Renthia" ist vielleicht nicht die spannendste, sondern legt viel Wert auf Charakterentwicklung und Worldbuilding. Autorin Sarah Beth Durst zeigt aber im 2. Band "Die Todeskönigin" erneut, dass sie vor Einfallsreichtum nur sprüht, und das macht schon einiges an Faszination aus. Originelle Fantasy findet man hier in jedem Fall. 4 verdiente Punkte!

Cover des Buches Monsters of Verity (Band 1) - Dieses wilde, wilde Lied (ISBN: 9783785588635)

Bewertung zu "Monsters of Verity (Band 1) - Dieses wilde, wilde Lied" von Victoria Schwab

Monsters of Verity (Band 1) - Dieses wilde, wilde Lied
Kittyzervor 5 Jahren
Kurzmeinung: Wo Victoria Schwab sich sonst eher Zeit lässt, erschafft sie hier einen packenden Strudel voller Action - und das gefällt!
Rasant und ideenreich

"August." Emily legte ihm die Hand auf die Schulter und erst jetzt bemerkte er, dass er zitterte. "Es ist schon spät", meinte sie mit leiser, fester Stimme. Sie wischte ihm Blut von der Wange. Du gehst jetzt besser nach oben. Schließlich musst du morgen früh zur Schule."
Ein ersticktes Keuchen kämpfte sich durch seine Kehle.
Angesichts der Absurdität dieses Lebens, angesichts dieser Farce, hätte er am liebsten laut gelacht. Er wollte seine Geige nehmen und so lange spielen, bis sein Hunger verschwunden war, bis er aufhörte, sich wie ein Monster zu fühlen.


INHALT:

Verity ist keine Stadt wie jede andere. Zuerst wurde sie nur von der Gewalt und den Taten der Menschen heim gesucht. Doch dann hat sie begonnen sich zu verändern - und seitdem bringt jedes Verbrechen ein leibhaftiges Monster hervor. Corsai, die sich von Knochen ernähren, Malchai, die Blut trinken und Sunai, die Seelen aufsaugen. Kate Harker lebt in dieser gefährlichen neuen Welt, privilegiert als die Tochter des Herrschers von North Verity. Sie will ihrem Vater endlich beweisen, dass sie eine Kämpferin und es wert ist, seine Nachfolge anzureten. Auf der anderen Seite, in South Verity, lebt August. Seine Familie herrscht ebenfalls, doch August selbst ist kein Mensch - sondern ein Sunai. Kate und August müssten sich hassen. Doch als sie plötzlich gejagt werden, bleibt ihnen keine andere Wahl, als sich zu verbünden.

MEINE MEINUNG:
Victoria Schwab ist als Autorin im Genre der Fantasy zuhause, bleibt dort aber keiner Unterkategorie treu. Nach Hexen-Grusel und magischer High Fantasy ist "Dieses wilde, wilde Lied" der erste Band einer Urban Fantasy-Dilogie rund um echte und menschliche Monster. Im Gegensatz zu ihren anderen Werken hatte dieser Auftakt für mich keinerlei Längen - es geht rasant los und bleibt auch auf diesem Level. Abwechselnd erzählen Kate und August aus ihrer jeweiligen Sicht, beschränken sich dabei aber nicht auf komplette Kapitel, sondern wechseln sich, nachdem sie sich getroffen haben, auch mittendrin ab. Der Schreibstil ist knackig und prägnant, besitzt jedoch auch einige nachdenklich stimmende Passagen und vor allem sehr realistische Dialoge.

Obwohl August das tatsächliche Monster der beiden Protagonisten ist, ist er auch der ruhigere und sanftere der beiden. Vielleicht, weil er in einer liebevollen Umgebung aufgewachsen ist, in der er so angenommen wurde, wie er ist. Kate hingegen hat mehr den Drang sich zu beweisen, will tough wirken und so ihren Vater beeindrucken. Sie hat früh ihre Mutter verloren und seitdem kein wirkliches Familienleben mehr erlebt. Die beiden ergänzen sich in ihren jeweiligen Stärken und Schwächen sehr gut. Die Nebenfiguren sind dagegen nicht so stark ausgeprägt, dafür ist allerdings spätestens ab dem Moment der Flucht auch keine Zeit mehr. Die anderen beiden Sunais, mit denen August zusammenlebt, sind in ihrer Unterschiedlichkeit aber sehr spannend, während Kates Vater allerdings der typische Bösewicht ist.

Die Geschichte selbst ist nicht unbedingt die ausgeklügeltste und es werden durchaus einige Klischees bedient - wie etwa bei den Charakteren oder eben auch der unwahrscheinlichen Zusammenarbeit zwei solch arger Feinde -, aber die Umsetzung ist dafür durchweg fesselnd. Fast kein Kapitel endet ohne Cliffhanger, die beiden Charaktere sind beinahe kontinuierlich unterwegs und schlittern von einer gefährlichen Situation in die nächste. Ein bisschen lassen die Überraschungen zu wünschen übrig, von denen es nämlich nur wenige gibt, das macht die Autorin aber mit anderen Einfällen wieder wett. Besonders positiv ist auch, dass sich keine Liebesgeschichte in den Vordergrund drängt, sondern den wichtigen Ereignissen eindeutig Vorrang gegeben wird. So kommt bis zum Schluss keine Langeweile auf, und bei diesem werden dann noch einmal alle Register gezogen. Das Warten auf Band 2 fällt einem da schwer, aber zum Glück ist der ja schon erschienen.

FAZIT:
Victoria Schwab konnte mich bisher nie komplett überzeugen, aber mit dem ersten Band ihrer "Monsters of Verity"-Dilogie hat sie genau mein Tempo getroffen. Die Handlung ist rasant, die Protagonisten sind glaubwürdig, die Idee ist toll. Ein kurzweiliges Lesevergnügen insgesamt. 4 Punkte!

Cover des Buches Das Echo der Zukunft (ISBN: 9783426521380)

Bewertung zu "Das Echo der Zukunft" von James Islington

Das Echo der Zukunft
Kittyzervor 5 Jahren
Kurzmeinung: Komplex und einzigartig - man mag kaum glauben, dass dies die erste Reihe des Autors ist.
Die komplexe Fantasy-Reihe geht weiter

Erran wandte sich ihm zu. "Du bist nicht zu unserem Treffen erschienen."
Davian deutete zum Tol. "Ich war damit beschäftigt, nicht zu sterben. Tut mir leid."
"Trotzdem ein bisschen unhöflich." Erran grinste ihn matt an und richtete seine Aufmerksamkeit erneut auf Fessi, die sich aufrichtete. Davian brauchte den Kanstrang nicht eigens zu sehen, um zu wissen, dass sie miteinander kommunizierten.
Nach einigen Sekunden nickte Fessi zögerlich, und Erran wandte sich wieder Davian zu. "Also. Dann wollen wir mal dafür sorgen, dass dir das nicht noch mal passiert", sagte er leise.


INHALT:
Die Schlacht gegen die Blinden hat der Augur Davian mithilfe seiner Freunde und vieler mutiger Kämpfer knapp gewonnen und so das Land Andarra vor dem frühzeitigen Untergang bewahrt. Doch die Gefahr ist nicht gebannt: Die Barriere, die die Monster der Dunklen Lande fernhalten soll, droht zusammen zu brechen. So macht sich Davian mit einigen Verbündeten dorthin auf, während sein Freund Werr versucht, sein Amt als Nordwächter zu verteidigen, und seine Freundin Asha, mehr über die sogenannte Shadraehin zu erfahren, die irgendetwas zwischen Freund und Feind zu sein scheint. Gleichzeitig macht sich Caeden daran, seine Erinnerungen wieder zu erlangen, um herauszufinden, was genau sein Plan ist - und auf welcher Seite er selbst überhaupt steht...

MEINE MEINUNG:
Nachdem James Islington mit seinem Debüt 2014 gezeigt hat, dass er direkt auf Anhieb mit den ganz großen der High Fantasy mithalten kann, beweist er nun mit Band 2 seiner Saga, "Das Echo der Zukunft", dass er sogar fähig ist, diese Qualität zu halten. Nach großen, erschreckenden Enthüllungen zum Ende des ersten Teils startet dieser mit einer Zusammenfassung aller Ereignisse. Das ist ein erster großer Pluspunkt, denn seien wir mal ehrlich: Wer kann sich nach über einem Jahr noch an 700 Seiten Geschehen erinnern? So fehlt mir zwar noch immer eine Karte, um mich in den einzelnen Gebieten besser zurechtzufinden, zumindest kann ich mich aber wieder an die Charaktere und ihre Beziehungen zueinander erinnern.

Protagonist Davian hat sich inzwischen daran gewöhnt, ein Augur zu sein, und trainiert nicht nur seine Fähigkeiten, sondern versucht auch mehr über die Barriere herauszufinden, und wie man ihren Zusammenbruch aufhalten kann. Allerdings sind seine Kapitel in diesem Teil deutlich seltener, weswegen er eine geringere Entwicklung erfährt als zuvor. Dafür kommt insbesondere Caeden zu Wort, dessen Abschnitte zu großen Teilen aus Erinnerungen bestehen. So erfährt man einiges über seine Vergangenheit, kommt seinem wahren Ich immer näher - allerdings ist das auch relativ verwirrend, wenn einzelne auftauchende Personen einem kaum bekannt sind. Werr und Asha, die besten Freunde von Davian, halten sich derweil größtenteils in der Hauptstadt in der Administration auf, gehen aber vollkommen unterschiedliche Wege. Dadurch erfahren sie auch getrennt von einander Dinge, und eventuell aufkeimende Langeweile wird umgangen.

Wie schon im ersten Teil braucht das Buch aber seine Zeit, um in Schwung zu kommen. Bei mir sind seit dem Lesen des Vorgängers fast anderthalb Jahre vergangen, weswegen ich die ersten 100-200 Seiten gebraucht habe, um mich in Andarra wieder wirklich heimisch zu fühlen. Erneut sind die Freunde in alle Winde zerstreut, was ein wenig schade ist, weil sie gemeinsam eine tolle Dynamik besitzen - dafür treffen sie alle auf weitere interessante Charaktere, die sie auf ihren Reisen unterstützen (oder behindern). Immer noch ist es schwierig, Gut von Böse zu unterscheiden, vor allem, weil es so viele Graustufen gibt. Das ist es auch, was die Reihe ausmacht: Dass jeder der Charaktere gezwungen ist, auch gegen die eigene Moral zu entscheiden, wenn es sein muss. Wie schon im Band zuvor werden die einzelnen Stränge zum Ende hin wieder logisch miteinander verwoben, und darüber hinaus kommt es nicht nur zu ein paar Überraschungen, sondern auch zu wirklich spannenden Actionszenen. Man fragt sich, wie der Autor das alles in einem letzten Teil zu einem würdigen Abschluss bringen will - aber spätestens jetzt habe ich keine Zweifel mehr daran, dass er das schafft.

FAZIT:
James Islington ist ein noch relativ neuer Autor - aber das merkt man ihm kaum an. Nicht nur die Welt seiner "Licanius"-Trilogie ist komplex und faszinierend, auch seine Charaktere wissen zu begeistern. Mir fehlte etwas der Schwerpunkt auf Protagonist Davian, der meine liebste Figur ist, und es gibt durchaus ein paar Längen - aber der großartige Schluss entschädigt dafür. Für High Fantasy-Fans ist die Reihe definitiv einen Blick wert! 4 Punkte.

Cover des Buches Anansi Boys (ISBN: 9783847906506)

Bewertung zu "Anansi Boys" von Neil Gaiman

Anansi Boys
Kittyzervor 5 Jahren
Kurzmeinung: Hat weniger mit "American Gods" zu tun als gedacht - ist aber genauso skurril, witzig und ideenreich.
Ein Gott zum Vater, ein Halbgott zum Bruder: Chaos vorprogrammiert

Das Schlimmste an Fat Charlies Vater war schlicht und einfach dies: Er war peinlich.
Nun sind natürlich alle Eltern peinlich. Das liegt in der Natur der Sache. Eltern sind peinlich einfach dadruch, dass sie existieren, während Kinder ab einem bestimmten Alter von Natur aus nicht anders können, als im Boden zu versinken vor Verlegenheit, Scham und Schmach, sofern sie mit ihren Eltern auch nur zusammen auf der Straße gesehen werden.
Fat Charlies Vater aber hatte all dies zu einer Kunstform erhoben, und er erfreute sich daran [...].

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INHALT:
Seit Fat Charlie Nancy denken kann, ist ihm sein Vater unfassbar peinlich. So peinlich, dass er lieber nach England gezogen ist, als mit ihm weiter das Land zu teilen. Vielleicht hängt das auch damit zusammen, dass er selbst im Allgemeinen kein besonders charmanter und beliebter Mensch ist - im Gegensatz zu seinem Vater, dem alles zuzufliegen scheint. Bis dieser stirbt und Fat Charlie nach der Beerdigung nicht nur erfährt, dass sein Vater ein Gott war, sondern auch den Tipp erhält, auf absurde Weise einen ihm bisher vollkommen unbekannten Bruder zu kontaktieren. In angetrunkenem Zustand geht er dem nach - aber wie hätte er ahnen sollen, dass dies sein gesamtes Leben durcheinander bringen würde? Denn kurz darauf steht Spider vor der Tür, der, wie sich herausstellt, die göttlichen Fähigkeiten ihres gemeinsamen Vaters geerbt hat. Und der sich nicht nur an Charlies Verlobte heranmacht, sondern ihm auch deutlich gefährlichere Probleme bereitet...

MEINE MEINUNG:
Momentan scheint eine Hoch-Zeit zu sein für Fantasy- und Science-Fiction-Autoren, deren Bücher zu Serien verfilmt werden. Nicht nur Stephen Kings und Margaret Atwoods Stoffe werden adaptiert, auch hinter den Geschichten von Neil Gaiman ist man seit einiger Zeit vermehrt her. "American Gods" habe ich letztes Jahr begeistert geschaut, "Good Omens" gibt es in den nächsten Monaten - "Anansi Boys", lose verknüpft mit ersterem, erwartet bisher aber keine Adaption. Meine Chance also, endlich mal die Lektüre vorher zu schaffen. Und das lohnt sich: Denn es sind nicht nur die Ideen des Autors, die zu überzeugen wissen, sondern auch sein unverwechselbarer Stil voller Wortwitz, kleiner Anekdoten, Geschichten über die Götter, und skurriler Dialoge.

Und natürlich, ganz besonders, seine Charaktere. Da ist zum einen Protagonist Fat Charlie, der eigentlich gar nicht dick ist, nur blieb der Name in seiner Kindheit hängen. Er ist ein sehr weicher Kerl ohne rechtes Selbstbewusstsein und ohne den Mut, für sich einzustehen. Sein Bruder bringt zwar sein komplettes Leben durcheinander, hilft ihm aber auch, seine Schwächen zu sehen und daran zu arbeiten. Spider ist nämlich das genaue Gegenteil: Gutaussehend, arrogant und gesegnet mit göttlichen Fähigkeiten kann er Menschen ganz einfach dazu bringen, zu tun, was er will. Lange hat ihm das nichts ausgemacht - aber vielleicht entdeckt er ja doch sein Gewissen? Zusätzlich zu den beiden tauchen in der Geschichte nicht nur zwei junge Damen auf (von der ich aber nur eine interessant fand), sondern auch vier deutlich ältere, die manchmal hilfreich sind, Charlie sehr oft aber auch Steine in den Weg legen. Und dann sind da natürlich noch die Götter. Anders als in "American Gods" sind diese hier Tierwesen: Manche verschmitzt und listig, andere hasserfüllt und auf Rache sinnend. Sie nehmen gar keinen besonders großen Raum ein, wissen aber in ihren jeweiligen Momenten zu begeistern.

Im Gegensatz zu "American Gods" - oder sagen wir, der Serien-Form davon - wirkt das Umfeld der Protagonisten deutlich weniger düster. Es gibt zwar mindestens einen Antagonisten, der auch vor Gewalttaten nicht zurück schreckt, und einige der Götter hegen keine guten Absichten, inhaltlich dreht alles sich aber viel mehr um die schwierige Beziehung der Brüder zueinander und Charlies Entwicklung zu einem stärkeren Selbst. Versöhnung und Familie nehmen goße Parts der Handlung ein, wunderbar unterlegt von passendem Humor. Zwischenzeitlich hätte der Bezug auf die Götter ein bisschen größer sein können, und der permanente Wechsel zwischen Präsens und Präteritum in den Erzählungen über diese hat mich doch sehr irritiert. Dafür entschädigen allerdings die letzten 100 Seiten, auf denen sich die Ereignisse überschlagen, alle Charaktere zusammen geführt und einige Geheimnisse enthüllt werden. Zuletzt endet die Geschichte sehr zufrieden stellend - aber ich hätte dennoch Lust, noch einmal in die Welt zurück zu kehren.

FAZIT:
"Anansi Boys" spielt in derselben Welt wie auch "American Gods", die beiden hängen - nach meinem Verständnis - aber nur sehr lose zusammen. So ist es kein Problem, das eine ohne das andere zu lesen. Neil Gaimans Schreibstil ist ein Genuss und voller humorvoller Details, seine Charaktere sind liebenswert und voller Fehler. Ein wenig mehr noch hätte es sich um die Götter drehen können, aber so ist das Ganze eine überzeugende Geschichte um zwei Brüder, die ungewollt zusammen arbeiten müssen. Lesenswert! 4 Punkte.

Cover des Buches Die Sprache der Dornen (ISBN: 9783426226797)

Bewertung zu "Die Sprache der Dornen" von Leigh Bardugo

Die Sprache der Dornen
Kittyzervor 5 Jahren
Kurzmeinung: Leigh Bardugo kann nicht nur epische Romane - sondern auch epische Kurzgeschichten. Wundersame Welten und tolle Charaktere. Großartig!
Nicht nur äußerlich wunderschön

Man diskutiert darüber, wie Yeva Luchova wirklich aussah, ob ihr Haar wie poliertes Gold oder von glänzendem Schwarz war, ob ihre Augen so blau wie Saphire oder oder grün wie frisches Gras waren. Uns geht es aber nicht um die Einzelheiten ihrer Schönheit, sondern um ihre Macht, und so reicht es, wenn wir wissen, dass Yeva vom Moment ihrer Geburt an entzückend war.
Sie war so wunderschön, dass die Hebamme, die ihrer Mutter beistand, das weinende Neugeborene an sich riss und sich mit ihm im Wäscheschrank einschloss, wo sie darum flehte, dass man ihr noch einen Augenblick gewährte, um in Yevas Gesicht zu blicken. Sie weigerte sich, wieder herauszukommen und das Baby loszulassen, bis der Herzog endlich nach einer Axt schickte und die Tür einschlagen ließ.

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INHALT:

Die Welt der Grischa ist ebenso beeindruckend, wie sie gefährlich ist: Magische Fähigkeiten, tödliche Feinde und brodelnde Rebellionen prägen die verschiedenen Länder. Und jedes von ihnen hat seine eigenen Sagen: Rawka etwa besitzt eine ganz eigene Version von Hänsel und Gretel, in Fjerda erzählt man sich dagegen eine herzzerreißende Geschichte über Meerjungfrauen. Sie alle bringen diese besonderen Länder näher, die von so vielen unterschiedlichen Menschen und Talenten bevölkert werden. Und sie alle begeistern mit ihren eigenen Motiven und Ideen, die in den Bann ziehen und lange nicht mehr loslassen.

MEINE MEINUNG:

Wer einmal ein Buch von Leigh Bardugo gelesen hat, weiß, dass man bei ihr eigentlich immer gut aufgehoben ist: Die Beschreibungen, die alles zum Leben erwecken; die authentischen Dialoge; die fulminanten Ideen und Showdowns - das alles macht jedes ihrer Werke zu einem besonderen Lesevergnügen. "Die Sprache der Dornen" ist allerdings keiner ihrer Romane, sondern stattdessen eine Kurzgeschichtensammlung, deren Sagen in den Ländern von "Glory or Grave" und dem "Grisha Verse" spielen. Und obwohl ich eigentlich kein großer Fan so kurzer Erzählungen bin, wurde ich hier einmal mehr vollkommen in den Bann gezogen.

Das liegt zum Teil natürlich an der Aufmachung, die direkt ins Auge springt. Nicht nur ist die Sammlung wunderschön gebunden mit einem vom Original übernommenen Cover, auch die Innengestaltung ist ein wahrer Augenschmaus - mit komplett bunter Schrift, die teilweise sogar mitten in der Erzählung die Farbe wechselt, und wunderschönen Verzierungen am Rand, die mit Fortschreiten der Handlung einen Rahmen bilden. Am Ende jeder Geschichte erwartet den Leser ein zauberhaft illustriertes Bild, das grundsätzlich so voller Details steckt, dass man sich daran kaum sattsehen kann.

Im Nachwort berichtet die Autorin darüber, wie manche Märchen bei ihr als junges Mädchen einen unguten Nachgeschmack hinterlassen haben - weil das Ziel der weiblichen Protagonistin es oft war, zum Schluss geheiratet zu werden, oder weil der wahre Bösewicht in "Hänsel und Gretel" für sie eigentlich der Vater war, der sich nicht gegen seine Frau durchsetzen konnte. Dass ihre eigenen Geschichten anders werden sollten, merkt man sehr deutlich, und das ist auch gut so! Nicht nur können die weiblichen Figuren hier starke Heldinnen sein, sie dürfen auch mal die Rolle des Bösewichts einnehmen. Neben den Neuerzählungen von "Hänsel und Gretel" und der "Kleinen Meerjungfrau", hat mich besonders direkt die erste Geschichte um Ayama begeistert, bei der ich auch nichts gegen einen kompletten Roman hätte. Jede der Geschichten besitzt eine leise Botschaft, wie man es von Märchen kennt, auf die ein- oder zweimal etwas zu sehr mit dem Finger gedeutet wird. Davon abgesehen aber beinhalten die Buchdeckel knapp 200 Seiten schönste Fantasy-Literatur.

FAZIT:
Dass auch ich mich dem Hype um Leigh Bardugos Welt der Grischa nicht entziehen kann, ist kein Geheimnis - aber wer hätte gedacht, dass auch ihre Kurzgeschichten so zu begeistern wissen? Um auf so wenigen Seiten immer wieder so fesseln zu können, ist schon einiges an Talent notwendig, und das entdeckt man hier auf jeder Seite. Wunderschöne Erzählungen, die mal auf düstere, mal auf zauberhafte Weise in andere Welten einladen. 5 Punkte!

Über mich

Leidenschaftliche Film- und Buchbloggerin, nebenher noch Serienjunkie. Hätte gerne 48 Stunden-Tage. Sehr faul und gleichzeitig sehr ehrgeizig, was nicht gut zusammen passt.

Lieblingsgenres

Krimis und Thriller, Fantasy, Jugendbücher, Science-Fiction, Comics, Literatur, Unterhaltung

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