KlaraBellis
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KlaraBellis´ Bücher
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Bewertung zu "Abschied von der Opferrolle" von Verena Kast
(Meine Rezension bezieht sich auf die 2. Auflage von 2021.)
Eins vorweg, ich bin nicht vom Fach. Ich habe keinen Plan von Psychologie oder gar Tiefenpsychologie. Dennoch habe ich mich an das Buch im Rahmen einer Recherche zum Thema herangetraut.
Der Text war für mich als Laie* recht anspruchsvoll zu lesen. Deshalb habe ich mir viel Zeit gelassen und dabei versucht, mir das komplexe Beziehungsgefüge, das dort erläutert wird, bildlich vorzustellen. Mein Plan war, es nachzuempfinden und mit Beobachtungen aus dem Alltag abzugleichen. Leider ist das bei diesem Buch besonders schwer. Zum einen ist da, wie gesagt, der für Fachfremde recht komplexe, dichte Text. Zum anderen wird dieser Text unnötig verkompliziert, in dem immer wieder Doppelnennungen eingestreut werden, die weder was zum Textverständnis, noch zu den darin getätigten Aussagen beitragen. Sie sind sinnlose Füllsel, die mit jeder Seite, mit der man sich durch diesen Fachtext kämpft, mehr und mehr stören. Ab Seite 127 haben sie mich so sehr genervt, dass ich das Buch abgebrochen habe. Mir ist einfach meine Lebenszeit für sowas zu schade.
Ein Beispiel von besagter Seite 127: „Und es ist nicht immer so, dass der Analysand oder die Analysandin immer mit dem Kindanteil identifiziert wäre, und der Therapeut oder die Therapeutin jeweils mit dem Erwachsenenanteil. Man kann als Therapeut oder Therapeutin ganz leicht in die Kindposition im Sinne des Komplexes kommen.“
Diese Sätze wirken auf mich beim Lesen so, als würde ich ein Brettspiel spielen, bei dem ich mühsam ein Feld nach dem anderen vorrücke. Und wenn ich glaube, einen dieser für Laien recht komplizierten Sätze oder Teilsätze durchdrungen zu haben, komme ich auf ein Feld (alias „die Doppelnennung“) und werde um zwei Felder zurückgeworfen, was ungeheuer frustrierend ist. Ich fliege aus dem ganzen Satzzusammenhang heraus und darf von vorne zu lesen anfangen, wenn ich den Satz wirklich verstehen will. Oder ich überfliege es einfach und bekomme deutlich weniger vom Inhalt mit.
Ich habe die 2. Auflage von 2021 gelesen. Vielleicht liege ich falsch, aber ich kann nur vermuten, dass diese auffällige Häufung von Doppelnennungen dem momentanen Zeitgeist geschuldet ist, als eine Art Kompromiss zu den Sternchen, Doppelpunkten, Unterstrichen, Partizipalformen, Binnen-I’s usw. (Danke, lieber Herder-Verlag, dass ihr wenigstens darauf verzichtet habt …) Nach dieser für mich frustrierenden Leseerfahrung werde ich in Zukunft darauf achten, möglichst keine Sachbuchausgaben zu kaufen, die nach 2019 veröffentlicht worden sind. Oder ich versuche, möglichst auf antiquarische Ausgaben zurückzugreifen.
*) Wenn es „der Laie“ heißt, bin ich dann eine Laiein?
Chris Beck erzählt in präziser, klarer Sprache die Geschichte einer Begegnung zweier Frauen, die scheinbar nichts gemeinsam haben.
Der Leser geht mit „Paradise Resort“ auf eine Entdeckungsreise in die Seelenwelten zweier grundverschiedener Charaktere. Zugleich entwickelt sich der Roman in eine lebendig beschriebene Reisegeschichte ins ferne Thailand, genauer in eine paradiesische Gegend, über der der Schatten von Tod und Zerstörung schwebt, ohne dass die Protagonisten auch nur den Hauch einer Ahnung haben. Sie kämpfen mit ihren inneren und äußeren Dämonen und erst, als alle Hoffnung schwindet, zeigt sich klar, wer auf welcher Seite steht.
„Paradise Resort“ ist ein Roman über eine ungewöhnliche Freundschaft, übers sich Zurechtfinden im Leben trotz aller seelischen Wunden und Narben, über Vertrauen und Misstrauen. Zugleich legt Chris Beck hier einen Reiseroman vor, in dem sich thrillerähnliche Anklänge entdecken lassen.
Ein lesenswertes Buch, spannend von der ersten bis zur letzten Seite.
Bewertung zu "Schloss der Schatten 3: Blutmagie" von Jeanette Lagall
Jeanette Lagall hat es auch mit ihrem dritten Band geschafft, ihre Leser in eine magische Welt hineinzuzaubern, die sich direkt in unserer Realität befindet. Aber Vorsicht! Hier sind die Vampire (zumindest einer ganz besonders) zwar ziemliche Schwerenöter aber dennoch bissig – und absolut tödlich, wenn ihnen danach ist.
Neben flapsigen Dialogen, spannenden Szenen und bildhaften Beschreibungen der Umgebung fließt auch eine ganze Menge Blut. Zumal einer der Vampire einen Teil seiner ohnehin schon spärlich vorhandenen Menschlichkeit verloren hat, die es zurückzuerobern gilt.
Das Buch bietet ein spannendes Lesevergnügen für Urban-Fantasy-Fans, die wissen wollten, wie die Nachtwäsche eines Ghuls aussieht, was man mit einem Wunschstein anstellt, wenn man absolut keine Wünsche hat und wie man sich behelfen kann, falls ein Dämon mit Sprachfehler verhört werden muss. Der einzige Kritikpunkt: Die Geschichte war viel zu schnell durchgelesen. Dabei ist es doch so ein dickes Buch.
Das Buch bietet einen umfangreichen Überblick über die Entstehung der sogenannten postmodernen Theorien, deren Weiterentwicklung in den vergangenen Jahrzehnten und deren Auswirkungen, wenn Wissenschaft und Aktivismus sich verbünden, um Einfluss auf die Gesellschaft zu nehmen, um letztlich das zu crashen, was man landläufig unter Humanismus, Feminismus oder auch unter wissenschaftlichem Arbeiten versteht.
Es war für mich kein leicht wegzulesender Schmöker. Ich fand es eher anspruchsvoll und trocken geschrieben. Ab und zu sind sarkastische Äußerungen der Autoren eingestreut, die das Ganze vermutlich auflockern sollen, aber in den hochtrabenden Gedankengebäuden, die hier analysiert werden, eher deplatziert wirken.
Beim Lesen der zahlreichen Zitate aus Originalquellen hatte ich immer wieder den Eindruck, ich würde keine philosophischen oder sozialwissenschaftlichen Theorien lesen, sondern die Leitsätze eines esoterischen Kultes. Dieser Eindruck unterstützt meine Beobachtungen, die ich in den vergangenen Jahren auf Twitter in vermeintlich progressiven Blasen gemacht habe.
Das Buch hat mir geholfen, Diskussionen zu Mikroagressionen, die Wichtigkeit von Triggerwarnungen in Büchern und die Forderungen nach dem Umbau der Sprache etc. (um nur einige wenige Beispiele zu nennen …) besser einzuordnen und den kultähnlichen Hintergründen dieser Ideen auf die Spur zu kommen und diese zu hinterfragen.
Bewertung zu "Das Labyrinth des Fauns" von Cornelia Funke
Die eher als Kinderbuchautorin bekannte Cornelia Funke zeichnet eine Welt aus Schmerz und Tod, in die Kinder besser nicht abtauchen sollten.
Das im Buch beschriebene Labyrinth findet sich im Aufbau der Geschichte wieder, in dem der Leser immer wieder labyrinthische Abzweigungen aus Märchenfragmenten nehmen muss, um sich dem finsteren Finale zu nähern. Nur der Tod scheint hier einen Ausweg aus dem menschenverachtenden Wahnsinn zu bieten, dem sich die Protagonisten stellen müssen oder den sie – im Falle des Capitans – sogar entfachen, um in der Todesangst ihrer Mitmenschen zu baden.
Aus meiner Sicht kann es das Buch durchaus mit dem Film, auf dem es basiert, aufnehmen, sofern man die beiden Kunstformen unabhängig von einander betrachtet und bewertet. Beim Lesen hatte ich immer wieder das Gefühl, einen wichtigen Satz oder Gedanken gefunden zu haben, auf dem es sich länger draufherumzudenken lohnt.
Die Illustrationen in der Hardcover-Ausgabe unterstreichen das Traumhafte der Geschichte, das letztlich immer mehr zum Alptraum wird.
Beim Aufräumen im Bücherregal habe ich ein altes Taschenbuch entdeckt, das ich vor Jahren gekauft und gelesen hatte. Damals war mir der Autor vollkommen unbekannt: Georg R.R. Martin. Also habe ich das Buch noch mal zur Hand genommen, um kurz reinzulesen. Das „kurz“ sollten dann zwei mehr oder weniger durchgelesene Nächte werden.
Die Geschichte ist äußerst dicht gesponnen, detailreich und lebendig erzählt und bevölkert von sehr speziellen Charakteren. Mit „Fiebertraum“ lässt der Autor die Ära der Raddampfer am Mississippi und seinen Nebenflüssen in der Mitte des 19. Jahrhunderts wieder auferstehen. Als Leser betritt man das Tor zu einer quirligen Welt, die das Schöne und das Grausame in einem fiebernden Tanz miteinander vereint. Man bekommt eine leise Ahnung davon, welche unvorstellbaren Grauen die Sklaverei mit sich brachte und welche menschenverachtenden Folgen ein ungezähmter Kapitalismus hat. (Wobei ich nicht sicher bin, ob gerade Letzteres ein bewusstes Anliegen des Autors war oder nur meine Gedanken beim Lesen über die „gute alte Zeit“, die ich nicht wirklich „gut“ finden kann.)
Abner Marsh, Kapitän und Eigner einer nahezu Pleite gegangenen Dampfschifffahrtsgesellschaft, bekommt eines nachts die Chance seines Lebens offeriert: den Bau eines noch nie da gewesenen, ungemein luxuriösen Raddampfers auf Kosten seines mysteriöser Auftraggebers und zukünftigen Co-Kapitäns Joshua York. Der stinkreiche Aristokrat legt dabei besonderen Wert auf viele Spiegel an Bord und eine reichliche Ausstattung mit Verzierungen aus Silber. Außerdem ist ihm die absolute Diskretion und unbedingte Vertrauenswürdigkeit seines Geschäftspartners wichtig. Bedingungen, auf die Abner Marsh nur zu gern eingeht, da sie ohnehin seinem Charakter entsprechen. So stellt die ehrliche Haut anfangs keine Fragen, auch wenn diese sich recht bald aufwerfen und gewisse Ungereimtheiten nicht mehr weginterpretiert werden können.
Stellenweise hatte ich den Eindruck, dass der Autor sich selbst bremsen musste, die Geschichte nicht noch verzweigter und dichter auszubauen, als er es ohnehin schon getan hat. Es kam mir vor, als fehlten an manchen Stellen Stücke der Geschichte, als wären hier die Verästelungen konsequent eingekürzt, ähnlich einem Baum, der zurechtgestutzt werden muss. Die Vampire waren mir ein bisschen „to much“ gezeichnet. Die Beschreibung ihrer jeweiligen mysteriösen Aura kam mir oft zu gewollt vor, fast so, als hätte der Autor irgendwo gelesen, dass man Vampire so beschreiben müsse und hat dann – in bester Manier eines Dampfschiffkesselheizers – extra noch zwei, drei Schippen draufgelegt, obwohl eine halbe Schippe weniger vielleicht besser gewesen wäre.
Trotzdem war es für mich ein großes Vergnügen, nach all den Jahren noch einmal in diese Geschichte einzutauchen. Vielleicht sollte ich öfter mal mein Bücherregal aufräumen. Es birgt sicher noch viele weitere alte Schätzchen.
Ich habe das Buch für meine Tochter gekauft, die es aber nicht weiterlesen wollte. Nachdem ich es durch habe, bin ich ganz froh darüber, da es für ihr Alter noch nichts gewesen wäre.
Die Geschichte wird aus mehreren Blickwinkeln erzählt, was mir persönlich gut gefällt. Jedoch war es eine echte Herausforderung für mich, die (jeweils wechselnde) Ich-Perspektive im Präsens das ganze Buch über auszuhalten. Zumal das auf Dauer den Text infantil wirken lässt. Andererseits ist es ein Buch, das sich an ein junges Publikum richtet, weshalb ich mir an dieser Stelle die Meckerei wohl verkneifen muss.
Die Geschichte an sich ist spannend und gut erzählt. Die Geheimnisse der Protagonisten entblättern sich nach und nach, und ich war neugierig darauf, worauf das alles hinauslaufen wird.
Irgendwann haben mich die Gendersterne genervt. Es ist der erste Roman, bei dem mir das so in der Masse auffällt. Dabei klingen mir noch die beruhigenden Worte meiner innerfamiliären Genderfans in den Ohren: „Keine Panik, bei Romanen werden sie das nicht machen.“ Doch, das machen sie und es nervt so massiv, dass ich die Stellen, an denen sich die Sternerei häufte, einfach nicht mehr gelesen habe. Zumal es sich eh um strunzlangweiligen Infodump handelte, den die Autoren – warum auch immer – mit reinquetschen mussten, vielleicht um Seitenzahlen zu schinden.
Auf eine schadenfrohe Weise witzig finde ich, dass das Buch – trotz der in der Übersetzung vorbildlichen politisch korrekten Genderei – vor sexistischen Sprüchen und entsprechenden Stereotypen nur so strotzt. Das größte Problem der nahezu ausnahmslos überdurchschnittlich sexy und super gut aussehenden Protagonisten scheint nicht die permanente Lebensgefahr zu sein, in der sie schweben, sondern ihre Triebe, die sie kaum unterdrücken können. Für mich liest sich das Buch stellenweise so, als würden sie jede Sekunde ihres Daseins dagegen ankämpfen, nicht versehentlich übereinander herzufallen und hirnlos durch die Gegend zu rammeln. Erstaunlich, dass ein Raumschiff mit einer derart triebgesteuerten Besatzung überhaupt aus dem Raumhafen auslaufen kann.
Und was die Genderei betrifft. Es handelt sich hier um einen Science-Fiction-Roman. Ich wünschte mir, dass wir wenigstens bei Geschichten, die in der Zukunft spielen, respektieren könnten, dass Frauen genauso wie Männer dazu befähigt sind, wissenschaftliche Höchstleitungen zu vollbringen. Und dass sie keine minderbegabte, exotische Randgruppe sind, die nach einem Sternchen mit einer mehr als fragwürdigen Buchstabenkombination, an dritter Stelle an das eigentliche Hauptwort drangehängt, aus Mitleid mit erwähnt werden muss.
Bewertung zu "Winterwind & Winternacht" von Ardy K. Myrne
Die Autorin nimmt uns mit auf eine Reise in eine grausame Welt. Und doch gibt es Hoffnung, wenn auch von unerwarteter Seite.
Ardy K. Myrnes Kurzgeschichten entwickeln schnell einen Sog, der den Leser bis zum Schluss gefangen hält. Zartere Gemüter, die sich eine liebliche Romantikgeschichte erhoffen, ohne Ecken und messerscharfe Kanten, sollten diese Geschichte meiden, ebenso wie alle, die hauptsächlich auf brutalen Splatter aus sind.
Die Charaktere sind plastisch beschrieben, manchmal auch ein bisschen überzogen, was zu solch einer Geschichte gut passt. Sie handeln glaubwürdig und dennoch nicht vorhersehbar.
Ardy K. Myrnes Sprache ist bildgewaltig, ohne schwülstig zu sein. Sie erschafft im wahrsten Sinne des Wortes ein fantastisches Kopfkino, von dem man sich wünscht, dass es noch ein wenig länger andauern würde.
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- 26.07.2013