Buchinhalt:
Wien in den 1970er Jahren: Katharina Adler ist Dozentin an der Universität und wird von den männlichen Kollegen mehr belächelt als respektiert. Sie forscht am historischen Lehrstuhl anhand alter Kochbücher zum Thema Stellung der Frau in unterschiedlichen Epochen. Als ihr ein Kochbuch in die Hände fällt, das sich als Werk ihrer eigenen Mutter entpuppt, verbeißt sie sich mehr und mehr in ihrer Familiengeschichte. Dabei tritt zu Tage, dass ihre Mutter Jule, mit einer begnadeten Kunst des Backens gesegnet, im schlesischen Hirschberg polnischen Zwangsarbeiterinnen heimlich geholfen hat....
Persönlicher Eindruck:
In zwei getrennten Zeitlinien erzählt Autorin Kröhn in Anlehnung an ihre eigene Familiengeschichte die Geschichte zweier Frauen. Zeitlich eingeordnet in die 1940er und 1970er Jahre taucht der Leser ein in das Leben von Jule einerseits, die im schlesischen Hirschberg aufwächst, für das Kochen und Backen lebt und sich schlussendlich für polnische Zwangsarbeiterinnen einsetzt, die für die Nationalsozialisten in Lagern, Fabriken und anderen Einrichtungen schuften. Andererseits geht es um Jules Tochter Katharina, eine aufstrebende Dozentin für Geschichte an der Universität in Wien. Katharina forscht an alten Kochbüchern, aber noch mehr an der eigenen Familiengeschichte, insbesondere der Frage, wer ihr leiblicher Vater ist.
Im Grunde ein spannender Aufhänger, es geht um starke Frauen, die trotz Unbill in ihrem Umfeld ihren Prinzipien treu bleiben und ihren Weg gehen. Leider setzt Kröhn das Potential hinter ihrer Romanhandlung für meinen Geschmack nur bedingt um.
Während die Geschichte von Jule während des Krieges noch relativ spannend und auch weitgehend authentisch erzählt wird, liest sich die Geschichte von Katharina zäh wie alter Kaugummi. Die Passagen aus den Siebzigerjahren machten einen pseudo-intellektuellen Eindruck: im Grunde war es immer das Gleiche. Nichtakzeptanz bei den männlichen Kollegen, seitenweise Dozieren über das Seminarthema und gähnende Langeweile. Erst, als besagtes Kochbuch auftauchte, wurde das Thema in eine Richtung gelenkt, die beide Geschichten näher zueinander brachte.
Aber auch in Jules Geschichte ist nicht alles glaubhaft. Jule kocht und backt, hat immer alle Zutaten und niemand spricht darüber, dass sie eigentlich in den 1940er Jahren Lebensmittelkarten hatte, mit denen sie auskommen musste. So wirklich authentisch ist das Schlaraffenland, das der Plot hier suggeriert, nicht – im Gegenteil.
Natürlich ist Jule die Heldin, die sich für die bedauernswerte Zyta (und andere Zwangsarbeiterinnen) einsetzt, dennoch fehlt dem Roman ein spannendes Moment, das den Leser an die Seiten fesselt. Für mich persönlich ging die Lust, weiterlesen zu wollen, immer mehr verloren, so wirklich nahe kam mir keine der Figuren. Ich gebe ehrlich zu: ich war froh, irgendwann auf der letzten Seite angekommen zu sein.
Für mich war das Buch eine Enttäuschung, im Gedächtnis wird es mir jedenfalls nicht bleiben. Eine Empfehlung kann ich nicht aussprechen.