Bewertung zu "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" von John Green
„Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ erzählt die Liebesgeschichte der beiden Krebskranken Hazel Grace und Augustus und das sehr schön. Ich habe das Buch in kurzer Zeit verschlungen, und das spricht doch auf jeden Fall für es. Insgesamt gefällt mir das Buch insgesamt sogar noch besser als der Film, obwohl da auch vieles richtig gemacht wurde.
John Green hat einen angenehmen Schreibstil, insbesondere versteht er sich auf tolle Szenenabschlüsse, die einen so schön nachdenklich zurücklassen. Zum Beispiel gibt es eine Szene im Buch, in der die beiden telefonieren und Augustus schließlich als erster auflegt. Da habe ich echt überlegt, wieso Green ihn das tun lässt, obwohl doch er es ist, der versucht Hazel „rumzukriegen“. Aber letztlich (Vorsicht Spoiler!) ist das eine wunderbare Vorausdeutung auf die Szene am Schluss, als Hazel mit Augustus Anrufbeantworter spricht, denn letztlich ist er es, der zuerst geht. Wobei mir die Tatsache, dass er später zuerst stirbt, fast zu vorhersehbar war. Vielleicht ging das aber auch nur mir so, dass es mir schon klarwurde, als Augustus in der ersten Szene im buchstäblichen Herzen Jesu aufsteht und von seiner Angst vom Vergessen spricht.
Bleiben wir noch kurz beim Schreibstil. Was mich leider jedes Mal rausgerissen hat, waren die Szenen, die wie ein Theaterstück ohne Regieanweisungen geschrieben waren. Ich will gar nicht ausschließen, dass John Green sich etwas dabei gedacht hat, aber mich hat jeder dieser Szenen (trotz der guten Dialoge – das gilt übrigens für das gesamte Buch) so rausgerissen, ich habe mich jedes Mal darüber geärgert, wieso er denn den dämlichen Sprecher nicht weglässt oder normal anbindet, was er ja durchaus kann, wie der Rest des Buchs zeigt. Und aus einer so berührenden Geschichte immer wieder quasi rauszufliegen und darauf zu warten, wann es wieder „normal“ weitergeht, ist halt doch ein echter Minuspunkt.
Zur Charakterzeichnung: Ich fand es mutig, eine Protagonistin zu wählen, die nicht schön ist (auch wenn der Film zu feige war, das umzusetzen, dort finde ich Hazel schöner als Augustus, aber das ist nun mal Hollywood), ansonsten aber ich Hazel die ganz klassische Identifikationsfigur und somit fast zu perfekt. Selbstlos, schlagfertig, witzig, intelligent – sie hat eigentlich außer ihrer Mitleidbonus-Krebs-Schwäche (die in diesem Sinne dann doch keine Schwäche ist) keinen Fehler, ist die perfekte Krebskranke, über deren Idealisierung in anderen Büchern sie sich lustig macht. Da reichte mir der kleine Anflug von Schwäche, als sie ihrer Mutter damit konfrontiert, was sie gesagt hat, als Hazel dreizehn war, nicht. Aber ich will nicht meckern, das ist nun mal der Großteil der (vor allem) Liebesgeschichten, in denen die Identifikationsfigur so überpositiv dargestellt wird, damit auch ja kein Leser abspringt, weil er sie nicht mag – eine letztlich ja auch nicht unbegründete Sorge, gerade bei Jugendbüchern.
Sehr vorhersehbar fand ich auch, was es mit dem Autor von Hazels Lieblingsbuch auf sich hatte. Aber trotz dieser Vorhersehbarkeiten hatte ich wirklich viel Freude mit dem Buch, es enthält viele schöne Sätze und Gedankenansätze, die ich sehr mochte, z.B. über den Spruch „Ohne Leid würden wir nicht wissen, was Freude ist“: Ein altes Argument aus dem Feld Gedanken über das Leiden, dessen Dummheit und Stumpfsinn Stoff für hundert Jahre Lästern bot, aber möge hier die Feststellung reichen, dass die Existenz von Brokkoli auch keinerlei Einfluss auf den Geschmack von Schokolade hat.
Toll fand ich, dass Augustus Hazel trotz ihrer Krankheit als schön empfand, aber im Nachhinein ist mir sauer aufgestoßen, dass er da wohl gelogen hat, den später gibt er zu, dass er dachte, den Geist seiner Ex-Freundin (deren Einbau in die Geschichte ich für sich genommen richtig gut fand) gesehen zu haben, die auch noch ein echter (krankheitsbedingter) Kotzbrocken war. Ob das auch zum Vertrag mit dem Autor gehört, von dem Hazel spricht? Dass man bei der ersten Begegnung der Hauptfiguren nicht auf diese Art hinters Licht geführt wird? Egal, für mich gehört dieser Ansatz ohnehin in den Bereich, dass Hazel vor sich selbst zu rechtfertigen versucht, wieso sie unbedingt wissen muss, was mit den Hinterbliebenen passiert und nicht in den Bereich der Weisheiten, die sich im Buch finden.
Insgesamt gebe ich vier Sterne für dieses insgesamt doch sehr überzeugende Buch.