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KyraCade

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Cover des Buches Hinter den Winkeln: Horror (ISBN: B08B5C6H4Q)

Bewertung zu "Hinter den Winkeln: Horror" von Fred Ink

Hinter den Winkeln: Horror
KyraCadevor 4 Jahren
Pageturner

Schon mit vorangegangenen Werken ist Fred Ink in die Fußstapfen H. P. Lovecrafts getreten, die ihm keineswegs zu groß sind. Mit Hinter den Winkeln entführt der Indieautor seine Leser in ein gekonnt konstruiertes Endzeitszenario. Zu Beginn ist man noch verwirrt, muss sich zwischen den vier Protagonisten einfinden, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Die schüchterne Autorin,  die mit ihrer Bestsellerreihe Erfolge feiert und plötzlich mit Schundliteratur vor ihrem Agenten steht, der das neue Werk in der Luft zerreißt. Eine Söldnerin, die sich verliebt hat und Rache für den Tod ihres Liebsten schwört. Ein Privatdetektiv, der erst einen Pfarrer der Unzucht bezichtigt, nur um dann herauszufinden, dass er sich schrecklich geirrt hat. Schließlich ist da noch ein Traumreisender, der durch seine Erlebnisse dem Leser einen Blick hinter die Winkel ermöglicht.

Ink schafft neben der realen Welt ein spannendes Universum, in dem der Traumreisende umherwandelt. Nicht problemlos, sondern unter Einsatz seines Lebens und sich der Bürde nicht gewachsen fühlend.

Was wie ein herkömmlicher fantastischer Plot klingt, ist fein konstruiert und durchdacht. Mit unerwarteten Wendungen und ohne alles glatt laufen zu lassen, fesselt der Autor den Leser an das Buch und hat einen wahren Pageturner geschrieben. Hinter den Winkeln baut eine düstere, bedrohliche Stimmung auf, wie es seinerzeit Lovecraft tat. Dabei bemerkt man bei der Lektüre lange nicht, welche Gefahr wirklich auf die Welt zurollt.

Gefühlt könnte das Buch noch viel mehr Seiten haben, weil man einfach nicht aufhören will und natürlich wissen möchte, was ist denn danach, wie geht es denn weiter. Aber die Story ist in sich abgeschlossen, so dass man nicht fragend oder unbefriedigt zurückbleibt. Ein Must-Read für alle, die Lovecrafts Welt mögen und gerne über den Tellerrand und das Natürliche hinaus denken.

Cover des Buches Die Tote in der Sommerfrische (ISBN: 9783442490349)

Bewertung zu "Die Tote in der Sommerfrische" von Elsa Dix

Die Tote in der Sommerfrische
KyraCadevor 4 Jahren
Kurzmeinung: Reise in die Vergangenheit. Ein toller Blick ins Deutschland um 1912 mit viel Liebe zum Detail und einem spannenden Krimi.
Reise in die Vergangenheit

Norderney 1912: Die feine Gesellschaft verbringt den Sommer am Meer. Unter ihnen ist Christian Hinrichs, der nicht zu den oberen Kreisen gehört, aber für ein Magazin einen Artikel über den Urlaub auf der Insel verfassen soll. Doch die Ruhe wird vom überraschenden Tod des Zimmermädchens Henny gestört, die eine Freundin des Gastes Viktoria Berg gewesen ist, auch wenn sie weit unter deren Stand anzusiedeln war. Als dann ein Gast ermordet wird, sind Viktoria und Christian sicher, dass es sich nicht um einen Zufall handelt. Sie beginnen auf eigene Faust zu ermitteln ...

1912, das Jahr des Untergangs der Titanic. Die Katastrophe ist nur wenige Monate alt, doch seinen Sommerurlaub will man sich davon nicht vermiesen lassen. Das Unglück findet in dem Krimi nur eine kurze, beiläufige Erwähnung. Vielleicht ist man des Themas auch einfach überdrüssig und daher macht es nichts aus, dass darauf nicht eingegangen wird, vielleicht empfindet man diesen Umstand aber auch als etwas störend. Mich hat er jedenfalls sehr irritiert. Doch dieser kleine Nebeneffekt soll die Freude an der Lektüre nicht schmälern. Beginnend mit dem Tode Hennys wird der Leser um 100 Jahre zurückversetzt. Das Obrigkeitsdenken war noch ein völlig anderes, die Abstufungen zwischen Arm und Reich deutlicher. Zu vieles, was unschicklich war, nicht erlaubt, Anstoß erregte. Dazu gehört auch, dass eine verheiratete Frau keine Entscheidungen treffen durfte und vom guten Willen ihres Mannes und dessen Zustimmung zu allem, abhängig war.

Elsa Dix hat sich intensiv mit Verboten, Gesetzen, Regeln und der damaligen Zeit zwischen Kaiserreich und Weltkrieg auseinandergesetzt. Dadurch schaffst sie es, viele Details einzubauen und eingehend zu erklären, was aus heutiger Sicht nicht mehr denkbar wäre - zumindest nicht in einem aufgeklärten, demokratischen, gleichberechtigten Deutschland. Dem Leser fällt es auf diese Weise auch gar nicht schwer, sich in diese Zeit zu versetzen und die Komplikationen, die dadurch entstehen, nachzuvollziehen.

Die Autorin kann aber dennoch Spannung aufbauen, kreiert Verwicklungen, die den Leser bei Laune halten und ihn mitfiebern und selbst ein bisschen raten lassen, wer denn nun Opfer und Mörder ist oder ob es doch ein Suizid war. Vielleicht haben beide Tode auch gar nichts miteinander zu tun und man wurde auf eine falsche Fährte gelockt? Trotz aller Spannung bleibt es nicht aus, stellenweise ungeduldig zu werden, sich nicht gar zu langweilen. Viele Kapitel drehen sich um das Drumherum, was darf man, warum kann Viktoria nicht machen, was sie will, warum ist Christian, wie er nun mal ist, was ist denn mit den beiden überhaupt? Weitab vom Kriminalfall konzentriert sich Dix vielleicht etwas zu oft auf eine Beschreibung der Gesellschaft und des Lebens von 1912, da heißt es hier und da: Durchbeißen!

Die Tote in der Sommerfrische versetzt den Leser in die deutsche Vergangenheit und kann hervorragend das süße und auch harte Leben um 1912 beschreiben. Der Roman ist ein Ausflug in die Geschichte, detailliert mit liebevoll skizzierten Protagonisten und einem für sich genommen spannenden Kriminalfall.

Cover des Buches Ein Junge, sein Hund und das Ende der Welt (ISBN: 9783837150773)

Bewertung zu "Ein Junge, sein Hund und das Ende der Welt" von C.A. Fletcher

Ein Junge, sein Hund und das Ende der Welt
KyraCadevor 4 Jahren
Kurzmeinung: Ein Buch für jeden
Ein tolles Buch für jeden

Einst gab es viele Menschen und ein ganz anderes Leben, doch das kennt Griz nur aus den Erzählungen seiner Eltern. Er kennt nur eine Handvoll Menschen und ihre Hunde. Doch dann wird sein Hund gestohlen und Griz will seinen treuen Weggefährten um jeden Preis zurückholen ...

Eine dystopische Welt, wie man sie aus vielen futuristischen Geschichten kennt. Leere, Öde, der Kampf um das Eigentum und gegen Feinde gehören zum Alltag. Dass Hauptfigur Griz nicht viele Menschen kennt, wird bereits auf den ersten Seiten klar, wenn er seine Umgebung beschreibt, die Familie und die paar Bewohner von den anderen Inseln, die er bisher kennengelernt hat. Das Angesicht der Erde hat sich verändert und man kann immer wieder erkennen, dass Fletcher einige düstere Zukunftsvisionen herangezogen hat, um seinen Roman zu verfassen. Ganz falsch scheint er damit nicht zu liegen. Gesetze gibt es nicht mehr, nur noch diese ungeschriebenen Regeln, die sich die Natur auferlegt hat. Und Griz und sein Hund sind mittendrin.

Griz ist ein besonderer Junge, zwischen der Vergangenheit, die er nur aus Erzählungen kennt und der harten Jetzt-Zeit wechselt er zu Beginn immer wieder hin und her. Er beginnt zu schreiben, kann das noch, was nicht mehr selbstverständlich ist, und damit schließt sich auch die Lücke, warum diese Geschichte überhaupt funktionieren kann - in dieser Erzählperspektive.

Der Leser kommt schnell rein, vergisst seine eigene Umwelt und findet sich bald in dieser etwas dunklen Umgebung wieder, spürt die Angst, die innere Unruhe, die langsam aufgebaut wird. Da die Hauptfigur erzählt, weiß man schnell um seine Gedanken und Gefühle, kann manche Begegnungen und Ereignisse besser einordnen in einer fremden Zukunft. Die Wut, der Schmerz, die Enttäuschung und der feste Wille, den geliebten Hund zurückzuholen, werden so deutlich, dass der Leser mit aufbrechen möchte und Griz auf jeden Fall zur Seite stehen mag.

Fletcher hält aber auch immer wieder kleine Überraschungen bereit und so wird es nicht eine langweilige Verloren-Zurückgeholt-Erzählung, sondern ein fesselndes Buch mit Charakteren, die einem bald ans Herz gewachsen sind.

Eine tolle, einfühlsame Geschichte, die ganz viele Emotionen birgt und durch einen guten Erzählstil niemals langatmig wird. Fast will man sagen, ein Buch für jedermann!

Cover des Buches Blut schweigt niemals (ISBN: 9783426302132)

Bewertung zu "Blut schweigt niemals" von Stephan Harbort

Blut schweigt niemals
KyraCadevor 4 Jahren
Kurzmeinung: Toll geschrieben, detailliert für die breitere Lesemasse aufbereitete Fälle, die umfassend beleuchtet werden
Klasse geschrieben, detailliert, empathisch, verständlich

Manche Spuren führen ins Leere, manche konnten nicht ausgewertet, weil es zum Tatzeitpunkt noch keine entsprechenden Methoden gab. So warten Opfer und Angehörige Jahrzehnte lang auf Gerechtigkeit und Gewissheit, was geschah und warum.

Cold Cases haben vor allem durch die gleichnamige TV-Serie das Interesse einer breiten Masse geweckt. Was dort noch fiktiv war, ist oftmals Realität. Zwar ist die Aufklärungsquote in Deutschland sehr hoch, doch immer wieder gibt es Fälle, bei denen die Ermittler im Dunkeln tappen und irgendwann die Ermittlungen einstellen müssen. Manchmal hilft der Zufall, manchmal werden alte Fälle nach Jahren wieder betrachtet, um Spuren mit neueren Methoden zu untersuchen oder neue Ermittlungsansätze zu finden.

Der deutsche Kriminalist Stephan Harbort hat sich in seinem aktuellen Buch einige dieser Cold Cases herausgegriffen und beschreibt, wie die Ermittler nach teilweise Jahrzehnten doch noch zu Geständnissen und zur Überführung der Täter beitragen konnten.

Die einzelnen Fälle sind gut beschrieben. Harbort beginnt mit der Tat, beschreibt die Umstände, die damaligen Ermittlungen und wie schließlich der Fall als ungeklärt abgelegt werden musste. Dabei verwendet er einige Fachbegriffe, die er allesamt für den Laien verständlich übersetzt und erklärt. Der Schreibstil ist flüssig, was am fehlenden Fachchinesisch liegt und daran, dass der Autor eine streng sachliche Beschreibung ablehnt. Empathisch werden sowohl das Leben der Opfer als auch die Situation der Angehörigen, die sich mal als Täter entpuppen, mal auf Gewissheit hoffen. Dabei wird Harbort aber nicht weinerlich oder zu parteiisch. Auch die Hintergründe aus Tätersicht, sofern sie der Öffentlichkeit zugänglich sind, werden erläutert. Spielen Kindheitstraumata, Suchterkrankungen oder psychische Störungen eine Rolle, erfährt das der Leser. Der Einblick in die Ermittlungen, die teilweise in den 1980er Jahren stattgefunden haben oder auch in Ostdeutschland, wo es vor und kurz nach der Wende noch andere Ermittlungsmethoden gab, ist auch historisch betrachtet interessant. So kann man Vernetzung und wissenschaftlichen Vorschritt durch die Wiederaufnahme der Ermittlungen in den 2000ern deutlich sehen. Was damals nicht möglich war, ist heute an der Tagesordnung und erleichtert die Auswertung von Spuren und die Feststellung der Täter.

Das aktuelle Buch des Kriminalisten behandelt reale Fälle, daher muss man sich selbst gut einschätzen können, ob man mit den beschriebenen Dingen klar kommt. Andererseits hat man über die Taten in der Zeitung lesen können, daher ist nicht alles fremd. Wieder ist es ein sehr gelungenes Werk, das sich schnell liest, aber auch einen bitteren Nachgeschmack zurücklässt und manchmal fragt man sich selbst, wie gerecht man die Urteile findet. Aber es bleibt auch ein gutes Gefühl zurück, dass kein Opfer vergessen und die Ermittlungsakte irgendwo vergessen wird, denn Blut schweigt niemals.

Cover des Buches Die Hungrigen und die Satten (ISBN: 9783404178865)

Bewertung zu "Die Hungrigen und die Satten" von Timur Vermes

Die Hungrigen und die Satten
KyraCadevor 4 Jahren
Böse, realistisch, gespickt mit Humor

Nach dem durchschlagenden Erfolg mit Er ist wieder da nimmt sich Timur Vermes nun dem Thema Flüchtlinge an und hält den Deutschen einen Spiegel vor. Mit viel schwarzem Humor und erschreckend realistisch betrachtet er die Flüchtlingsproblematik. Wo kommen sie her, wo wollen sie hin und wie kommen sie dorthin? Anhand der ehrgeizigen Nadeche Hackenbusch macht er zuerst die Abneigung und den krassen Gegensatz zwischen dem wohlbehüteten europäischen Leben und den ärmlichen Verhältnissen in den Lagern in Afrika deutlich. Welten prallen aufeinander. Doch über allem steht eins: Das Geld. Denn es geht um Einschaltquoten, die einem Sender, der noch mehr Kapital aus dem Schicksal Tausender ziehen möchte, noch mehr Geld bescheren sollen. Bald schon kommen Werbeeinnahmen dazu, die alle Erwartungen übertreffen. Zu Hause vor den Fernsehern wird zugesehen und sich ergötzt am dargestellten und manchmal auch gespielten Elend. Die Politik schweigt, legt die Hände in den Schoß und wartet - bis es zu spät ist.

Als sich die Campbewohner zu Fuß auf den Weg in ein besseres Leben machen, finden sie offene Grenzen vor und die Erklärung ist denkbar einfach und gleichermaßen erschreckend: Sie wollen nicht bleiben, sie wollen nur durch und weiter - somit sind die keine Bedrohung, keine Gefahr für die Länder, die sie nur passieren. Also dürfen sie ungehindert durch. Jeder Flüchtling bezahlt pro Tag, via PayPal, somit hat er mehr Zeit, das Geld zu beschaffen. Es gibt Trucks, die eine Wasser- und Stromversorgung sicherstellen und den Weg vorgeben. Als es zu spät ist, greift die Politik ein und schließlich sterben Menschen.

Die fiktive Geschichte wirft kein gutes Bild auf Politik und Gesellschaft, vor allem einmal mehr ein schlechtes Bild auf Deutschland. Das Ende ist positiv formuliert, geradezu euphemistisch. Es kommen Fachkräfte, gute Menschen, die leere Landstriche bevölkern und dort für den Aufbau von Infrastruktur und für die Schaffung von Arbeitsplätzen sorgen. Alles ist gut, wenn sie denn da sind und Deutschland sie lässt.

Man kann zustimmen oder ablehnen, Vermes hat ein brisantes Thema aufgegriffen und damit ein abschätziges Bild unserer Gesellschaft gezeichnet. Er versteckt darin gekonnt harsche Kritik an Politik und Gesellschaft. Böse, aber auch realistisch und gespickt mit humoristischen Einfällen.

Cover des Buches Die Giftmörderin Grete Beier (ISBN: 9783839221242)

Bewertung zu "Die Giftmörderin Grete Beier" von Kathrin Hanke

Die Giftmörderin Grete Beier
KyraCadevor 4 Jahren
Gut aufgebauter Roman

Grete Beier gab es wirklich. Sie starb im Juli 1908 unter dem Fallbeil -  das letzte Todesurteil, das im damaligen Königreich Sachsen noch vollzogen wurde. Kathrin Hanke hat den Fall Grete Beier anhand der wenigen Informationen über ihr Leben und Sterben zu einem spannenden Krimi ausgearbeitet. Dabei beschreibt sie mit einfachen Worten, wie sich Grete, die Tochter aus gutem Hause, nach Liebe und Zuneigung sehnt, die ihr von der strengen und kalten Mutter immer verwehrt worden waren. Die junge Frau pfeift auf Konventionen und möchte frei sein, das Leben genießen und sich nicht weiter den strengen Erwartungen von Elternhaus und Gesellschaft unterwerfen. Ihre Liaison zu Fritz führt zu außerehelichem Geschlechtsverkehr, Ende des 19. Jahrhunderts verpönt. Fritz ist allerdings von ihren Eltern nicht als Schwiegersohn erwünscht, da das Geschäft schlecht läuft und Gretes Vater als Bürgermeister Angst um seinen Ruf hat. Kurz darauf verfällt Grete Hans, einem Handlungsgehilfen, der weit unter Gretes Stand ist und sie streng genommen um ihre Ehre bringt.

Der Fall - im doppelten Sinne - der Grete Beier scheint aus heutiger Sicht unvorstellbar, lebt es sich offener und freier, fernab von Standesdünkeln in den meisten Familien. Der Sprung in die Zeit um 1900 durch Kathrin Hanke ist ein gelungenes Bild des damaligen Deutschland und zeigt den Wandel der letzten 120 Jahre sehr gut auf.

Eine klare Leseempfehlung für Geschichtsinteressierte und alle, die an spannenden realen Kriminalfällen interessiert sind.

Eine klare Leseempfehlung für Geschichtsinteressierte und alle, die an spannenden realen Kriminalfällen interessiert sind.

Cover des Buches Offline (ISBN: 9783596703944)

Bewertung zu "Offline" von Arno Strobel

Offline
KyraCadevor 4 Jahren
Spannung pur

Weg von Handy und Internet, das könnten wohl viele von uns mal gebrauchen. ITler, Banker, die Führungsriege. Die kleine Gruppe kommt aus den unterschiedlichsten Bereichen und bereits auf dem Weg zum Hotel kristallisieren sich Abneigungen und Freundschaften heraus. Das Hotel selbst wird gerade renoviert und ist zur Hälfte noch eine Baustelle, die nicht betreten werden darf. Nur zwei Hausmeister haben einen Blick drauf, dass alle Regeln eingehalten werden und nichts passiert. Doch bereits nach der ersten Nacht gibt es einen Schwerstverletzten. Arno Strobel zeichnet seine Protagonisten sehr fein. Besonderheiten, ausgeprägte Charaktereigenschaften, Unsympathisches, das alles wird nicht einfach beschrieben, sondern durch Gesagtes, Handlungen und Reaktionen auf das Geschehen erläutert. So empfindet sich der Leser als Teil der Gruppe und lernt die einzelnen Reisenden genauso wie sie sich selbst erst nach und nach kennen. Ein schwaches Nervenkostüm oder ein imposantes Machogehabe gehen dabei nicht nur den fiktiven Charakteren auf die Nerven, sondern bald auch dem Leser - allerdings in einem positiven Sinn, denn dadurch wird der Thriller erst so richtig lebendig. Natürlich gibt es zahlreiche Hinweise auf den Täter, die immer wieder subtil eingeflochten werden. Aber eingeschneit in einem Hotel auf einem Berg, ohne Handys, ohne ein funktionierendes Funkgerät, ist man einem Irren machtlos ausgeliefert.

Ein spannender Thriller, den man in einem Rutsch durchlesen möchte und der gleichzeitig die Frage nach Abhängigkeit und Notwendig von Mobiltelefonen stellt.

Cover des Buches Der goldene Handschuh (ISBN: 9783498064365)

Bewertung zu "Der goldene Handschuh" von Heinz Strunk

Der goldene Handschuh
KyraCadevor 4 Jahren
Kurzmeinung: Eine gelungene und eindrückliche Erzählung eines wahren Verbrechens.
Eine gelungene und eindrückliche Erzählung eines wahren Verbrechens.

Heinz Strunk hat mit seinem biografischen Roman die wahre Geschichte über den Serienmörder Fritz Honka wiederaufleben lassen. Mit deutlichen Worten beschreibt er den Alkoholiker und sein heruntergekommenes Umfeld, die Tristesse eines immer gleichen Alltags. Gekonnt wird eine Spannungskurve aufgebaut: Was passiert als nächstes, tötet Honka noch eine Frau, was macht er mit den Leichen und wie kann er über Jahre hinweg das Verschwinden der Frauen verschleiern? Honkas Leben ändert sich nach einem Unfall und der Leser bekommt einen Einblick in das Dasein nach der Alkoholsucht, in dem ein einsamer Mann versucht, einem geregelten Job nachzugehen und sein Leben zu ändern. Doch die Liebe zum weiblichen Geschlecht und letztlich der Alkohol machen alle guten Vorsätze zunichte.

Die Geschichte von Honka ist an sich bekannt, war vielfach jedoch in Vergessenheit geraten und hat einen kleinen Hype um die noch heute existente Kneipe in Hamburg ausgelöst. Der Autor versteht es, den Leser zu fesseln und mit nach Hamburg zu nehmen, neben Honka herzulaufen und sein Handeln so deutlich mitzuerleben, als würde er daneben stehen.

Eine gelungene und eindrückliche Erzählung eines wahren Verbrechens.

Cover des Buches Tote kriegen keinen Sonnenbrand (ISBN: 9783328102427)

Bewertung zu "Tote kriegen keinen Sonnenbrand" von Hilke Sellnick

Tote kriegen keinen Sonnenbrand
KyraCadevor 4 Jahren
Toller Start einer neuen Reihe

Hilke Sellnick schreibt seit über 30 Jahren erfolgreich Romane, die regelmäßig die Spitzenplätze der SPIEGEL-Bestsellerliste stürmen. Dabei ist die Autorin dafür bekannt, immer wieder neue Pseudonyme zu verwenden, was sie auch ganz praktisch findet: Floppt ein Roman, wird einfach ein anderes Pseudonym verwendet. Aber bei Sellnick floppt wenig. Auch ihre neue Reihe rund um die Pianistin Henriette von Kerchenstein, liebevoll Henni genannt, scheint bereits nach dem ersten Band ein wahrer Renner zu werden.

Mit viel Humor wird Henni verkuppelt, schlägt jedoch jedes Angebot aus. Der Leser begibt sich mit ihr schließlich auf eine abenteuerliche Reise in die schöne Toskana, wo Henni bald schon mit einem Mord konfrontiert wird, den sie aufzuklären versucht. Der Hauptcharakter ist bereits auf den ersten Seiten sympathisch. Henni ist unkompliziert, hat kleine Spleens, ist aber eher der Kumpel von nebenan, die Freundin, mit der man stundenlang Kaffee trinken gehen und ratschen möchte.

Man darf keinen spannungsgeladenen Krimi mit Mordfällen, Obduktionen und knallharter Ermittlungsarbeit erwarten. Dafür aber ein humorvolles Buch mit starken Charakteren, die toll gezeichnet sind. Schnell wird man zu einem Teil der Geschichte, taucht ein in Hennis Welt und begibt sich selbst auf die Suche nach der Lösung. Schließlich kann Henni hin und wieder Hilfe gebrauchen, wenn sie sich auf die Spuren des Täters begibt.

Sellnick ist mit diesem Roman ein klasse Einstieg in eine neue Buchreihe gelungen. Allzu lange auf den zweiten Band muss man auch nicht mehr warten, der wird am 09. Dezember bereits veröffentlicht. Ein tolles Weihnachtsgeschenk und die richtige Lektüre für triste Wintertage, wird der Leser doch in die wunderschöne Toskana entführt.

Cover des Buches Unter Wölfen (ISBN: 9783809027119)

Bewertung zu "Unter Wölfen" von Alex Beer

Unter Wölfen
KyraCadevor 4 Jahren
Geschichte wird lebendig

Nürnberg in der Hochzeit des Naziregimes. Mit klaren, kalten Worten beschreibt Alex Beer die Stimmung der Stadt, die Angst der Verfolgten und den Übermut der Machthabenden. Es ist 1942 in der fränkischen Metropole und Beer nimmt den Leser mit in eine grauenvolle Zeit voll von Angst und irrwitzigen Regelungen - die man mal genauer lesen sollte. In Nebensätzen tauchen sie auf: Der Jude darf nicht vor 15 Uhr einkaufen, der Jude darf kein Radio hören, keine Zeitung lesen, der Jude darf nichts. Er wird als habgierig und listig beschrieben, mit kalten Augen, einem verräterischen Herz, ohne Moral. Ein Mahnmal, eine Erinnerung, die durch die Autorin lebendig wird. Schnell wird der Leser in die damalige Zeit hineingezogen und spürt die immense psychische Belastung, den Druck, die Beklemmung in jedem Handeln, die Angst vor der Willkür einer selbsternannten Macht. 

Als Rubinstein biblisch wie ein Schaf unter die Wölfe geschickt wird, stößt man ihn in ein eiskaltes Gewässer. Schwimm oder stirb, so mag Exfreundin Clara sich denken, die den Protagonisten nicht ein Wort über die Mission verrät. Isaak kann sich nicht vorbereiten muss nur mitspielen und hat Angst. Diese überträgt sich auf den Leser. Schafft es der Gesuchte sich zu verstellen, eine Rolle zu spielen, der er nicht gewachsen ist? Findet er immer zur richtigen Zeit einen Ausweg, eine Antwort, eine Ausflucht, um sich selbst zu retten? Als alles gut zu werden scheint, greift Beer noch einmal ein, natürlich kann es nicht gut gehen, kann es nicht mit so wenigen Problemen voranschreiten und der Plan des Widerstandes aufgehen. Nichts war einfach 1942 und Beer schönt gar nichts, faselt nicht, verkünstelt sich nicht in einer wildromantischen Liaison, sondern vermischt knallharte Fakten mit einer fiktiven Geschichte, die ohne Romantik auskommen muss. 

Alex Beer ist nicht umsonst mehrfach für ihre Romane ausgezeichnet worden. Sie hat eine klare Sprache, einen tollen Schreibstil und entführt den Leser in die Zeit des Naziregimes mit allen Schrecken und Hoffnungen. Die Autorin lässt Geschichte lebendig werden und gibt den Unterdrückten eine Stimme, die mahnend bis zur letzten Seite spricht.

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