Ich mag Stephen King. Ich liebe seine paranormalen Einwürfe. Ich liebe seine detaillierten Beschreibungen und auch manch Ausholen, weil es einem hilft, den Charakter gut kennenzulernen.
Aber bei Christine hat all das gefehlt.
Beginnen wir bei der Sicht. Primär lesen wir aus der Sicht des besten Freundes, Dennis. So weit kein Problem. ABER! Diese Sicht ist unnötig langweilig!
Ich verstehe, dass wir Dennis' Sicht für den Schluss / die zweite Hälfte des Buches brauchen. Alles cool. Nur warum bekommen wir einen derart flachen Charakter hingeworfen? Beschreibt Footballspiele länger, als notwendig, ist ein beschissener, asozialer Freund (ich mein, der wirft sich allen Ernstes an die Freundin von seinem besten Freund ran, will Situationen ausnutzen und.... uärgs! Ganz unsympathische Moves, was ebenfalls okay wäre, wenn IRGENDWAS positives an ihm wäre. Das sehe ich aber nicht!) und... sonst? Ende. Ich lerne maximal, dass der gerne den Mädels unter den Rock gucken (möchte).
Arnies Entwicklung bekommen wir durch Dennis null vermittelt. Ich weiß, dass es wirken soll wie vom hässlichen Entlein (einem typischen, pubertären Akne-Leiden) zum schönen Schwan (aknefrei! yay!), bzw. vom Vorzeigesohn zum egoistischen Arsch. Aber es kam null an. Wir bekommen kaum Eindrücke von Arnies Vorher. Nur lieblos eingebaute Vergleiche mit früher. Und während Dennis das beschreibt, hat man das Gefühl, als würde er seinen besten Freund auf diese dämlichen Scheißpickel reduzieren. Und das wird leider sehr unangenehm beschrieben. Mir tat Arnie einfach nur leid. Das war für mich keine Freundschaft mehr - auch nicht eine unter Jungs. Dafür fehlte mir einfach zu sehr eine positive Beschreibung. Die kam gegen Ende etwas. Aber ja. Da war Dennis schon einfach zu viel Arsch gewesen.
Aber zurück zu der Story, denn ich könnte noch mehr zu den flachen Charakteren sagen, die mich einfach nicht erreichen konnten. Echt schade, denn King kann gerade das verdammt, verdammt gut! Umso enttäuschter bin ich halt bei Christine.
Die Story beginnt eben mit Footballmatches, Arnie verliebt sich auf den ersten Blick in ein kaputtes Auto und ist direkt total obsessiv. Er kauft es dem Vorbesitzer ab und ist primär damit beschäftigt. So weit so gut.
Hier kommen wir auch schon zu etwas schönem: Die Idee, dass ein Auto sich selbst repariert ist einfach toll! Das hat mich mega gefreut, auch wenn ich es schon aus dem Film kannte. LEIDER wurde das über drölfzig Seiten gezogen. "Arnie repariert das so konfuuuuuus, wieso kann der das so schnell?!" fünf Seiten später: "oah, er ist weiter gekommen! Aber so konfuuuuuus! Und woher hat er das Geeeeeeld?!" Blah, blah, blah. DAS hat sich selbst für mich unnötig lang gezogen. Es wurde einfach nur immer und immer und immer wiederholt.
Leider ist die Wiederholung insgesamt ein kleines Problem bei Christine. Ihr wisst vielleicht, ich LIEBE Wiederholungen. Jedes Mal, wenn jemand eine Phrase, eine Szene oder so wiederholt und damit eine tiefere Bindung zu diesem Stück der Geschichte schafft, trieft mein Herz vor Glück.
Bei Christine fand ich dies allerdings nicht so gut umgesetzt, weil das Buch gefühlt nur daraus besteht.
Erst die Dauerschleife "Auto ist böse, Arnie arbeitet daran, total konfus, Auto ist böse" usw. dann die Träume und die Morde.
Die ersten Träume waren nett. Und nicht falsch verstehen: Die Träume waren gerade durch ihre teilweise skurrile und widerliche Beschreibung echt geil! Aber zu viel. Allein im Epilog befinden sich ZWEI (! im Epilog, ja?) Träume, die nochmal so ziemlich dem entsprechen, was in allen vorherigen Träumen genannt wurde. Es war irgendwie immer das gleiche Schema und davon einfach zu viel. Allein, dass im Epilog zwei davon waren (und sie einfach NICHTS zu der Story beitragen) zeigt die Übernutzung dieses Stilmittels.
Dann Christines Morde. Es ist immer und immer und immer wieder das gleiche Muster. "Erst die Lichter, dann kommt der Wagen näher, omg der Wagen ist gar nicht mit Fahrer ausgestattet! Oh, moment, DOCH! Aber das ist eine gärende Leiche!" manchmal erweitert um "oh, da sind noch mehr tote Menschen in diesem Auto!" Dann etwas Jagd, etwas Matsch und fertig. Und das geht ein paar Mal so. Der erste Mord war ja noch sehr interessant. Weil es eben Schwung in die Story brachte. Hoffnung auf mehr. Dass es endlich los ging. Aber... das war einfach der Höhepunkt, weil alles danach dem gleichen Muster folgte.
Nebenher ging noch dieses "Arnie, das Auto macht dich böse!" und "wääääh dieses Auto macht mir Angst!" weiter. Und das war im Grunde genommen schon alles.
Das Schlimmste an diesem Buch sind jedoch diese heftigen Logikfehler, die mir den Lesegenuss einfach endgültig zerstört haben. Ich verteidige Logikfehler. Sie machen mir nichts aus, wenn sie klein sind und/oder eben nicht ultra relevant für die Erklärung/die Story.
Leider war die Erklärung der Story und alles um Christine ein einziger Logikfehler...
Bitte passt gut auf!
Zurück zur Info, dass Arnie beim ersten Anblick bereits absolut obsessiv mit diesem Wagen ist. Komplett aus dem Nichts. Es ist eine Schrottkarre, die halb verrottet ist. Der Vorbesitzer ist der Verhandlungspartner.
Dennis (zur Erinnerung: Der Arschlochfreund und anfängliche Begleiter von Arnie) hat direkt ein komisches Gefühl. Setzt sich während Arnie mit dem Vorbesitzer (Lebay) verhandelt in den Wagen und hat bereits eine Vision, wie er in die 50er zurückgeworfen ist/der Wagen vollkommen instand gesetzt und toll und wie neu ist. Er verlässt den Wagen, die Vision zerplatzt.
Am Tag des Autokaufs (aber danach anscheinend) stirbt der Vorbesitzer.
Arnie kommt dann neben den Arbeiten an Christine an seine tolle Freundin (später Dennis Freundin, dem tollen Freund) und ist neben seiner Obsession für Christine auch ganz vernarrt in sie. Sie mag das Auto nicht. ALLE haben eine total unerklärliche Abneigung gegen dieses Auto! (und mich hat diese Abneigung nicht einmal überzeugen können)
Christine, also das Auto, versucht dann Arnies (später Dennis') Freundin umzubringen, indem sie/es sie an einem Burgerstück ersticken lässt. Freundin kann gerettet werden, Juhu!
Ungefähr zur gleichen Zeit erfahren wir auch, dass das Kind des Vorbesitzers an einem Burgerstück erstickt sei und die Frau im Auto - man erklärt es damit, dass der Wagen Schuld sei - oder auch nicht, später hiess es nämlich, Lebay sei Schuld gewesen? (was durchaus sein kann, ist auch voll okay, wenn das beides zufällige Tode/Suizid waren) Im späteren Verlauf wird von Lebays (Vorbesitzer!) Kollegen auf den Punkt genau gesagt, dass auch sie sich damals in den 50ern absolut UNWOHL in diesem Wagen fühlten und genau das gleiche spürten wie Dennis im Jetzt. Also es wird ganz eindeutig suggeriert, dass der WAGEN diese Morde verursacht / das Böse /der Usprung ist!
Jetzt geht es aber weiter. Denn das ist ja nicht genug.
Es stellt sich zum Schluss heraus, dass Arnie von Lebays Geist eingenommen wurde. Richtig gehört. Lebay selbst (!) sei total auf Arnies (später Dennis, wirklich, er ist ein toller Freund!) Freundin abgefahren. Deshalb sei auch Arnie auf sie abgefahren. Die Morde wurden dann aber durch Lebay vollzogen. Zerstören konnte man Christine auch nur, weil dieser aus Christine nach Arnie zurück ist, denn er konnte ja nicht an zwei Orten gleichzeitig sein.
Es wird also eindeutig gesagt, dass Lebay die Morde verursacht / die Ursache/der Ursprung ist!
Ihr merkt, das widerspricht sich, oder?
Allein, dass Arnies Freundin (auf die Lebay doch so steht) anfänglich ermordet werden sollte ist schon sinnbefreit, wenn Lebay der Grund für die Morde ist. (Warum bringe ich etwas um, was ich liebe?)
Aber auch, dass die Kumpels damals schon so eine Abneigung dem Auto gegenüber hatten, nervt einfach bei der Erklärung.
Wäre nur Christine das Übel gewesen, ergibt aber die Inbesitznahme von Arnies Körper einfach keinen Sinn mehr! Das war dann absolut und ganz besonders sinnbefreit!
Dazu kommen dann noch, dass während der Morde alle jemals ermordeten als Geister in diesem Wagen sitzen können (nicht immer tun, sondern eben nur wenn King das gerade witzig findet). Wer erschafft diese Illusionen? Und wenn es der zu Ermordende ist, dessen Sinne gerade durch irgendwas beeinflusst werden - warum sehen diese dann ihnen unbekannte Leichen???
Kurz um und sorry für die vielen Spoiler:
Die Logikfehler tun einfach irre weh und zerstören die Story komplett. Die Grundidee ist fantastisch, wenn man denn dann eine Ursache auch wirklich stringent durchziehen würde. Die Charaktere kann King einfach viel, viel besser.
Gerade bei King bin ich durchaus mal kleine Fehlerchen gewöhnt. Fehler, die er selber gerne einsieht. Das ist okay. Aber normalerweise erschafft er einfach Leben! Das hatte ich hier leider nicht. Es wirkte alles eher lieblos... Und das bei einer so, so guten Idee!!! Der Film war, glaube ich, besser gelöst. Den muss ich mir nochmal ansehen (haha, ist mittlerweile locker 10-15 Jahre her xD).
Ganz ehrlich. So sehr ich King liebe. So sehr ich das Positive sehen wollte. Ich kann es hier nicht. Ich hoffe, mit meiner Argumentation könnt ihr nachvollziehen, warum ich so extrem enttäuscht war und nur 1 von 5 möglichen Eichhörnchen übergebe.