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Lesedetektiv

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Cover des Buches Kältere Schichten der Luft (ISBN: 9783596178193)

Bewertung zu "Kältere Schichten der Luft" von Antje Rávik Strubel

Kältere Schichten der Luft
Lesedetektivvor 8 Jahren
Kurzmeinung: Eine süße Tortur!
Eine süße Tortur - nichts für leichte Gemüter

Handlung



Ein Kanu-Camp in Schweden. Hier arbeiten Aussteiger, Abenteuersuchende, Arbeitslose und Naturfreaks. Für einige Sommerwochen retten sie sich in eine kulturferne Landschaft. Auch Anja hat sich aus ihrem deutschen Kleinstadtalltag geflüchtet. Sie sucht Ruhe, doch sie wird überrascht von einer Leidenschaft: Eines Tages steht eine fremde junge Frau am See und legt Anja die Arme um den Hals und entführt sie in ein unbewohntes Haus. Sie gibt ihr den Namen ihres verlorenen Geliebten, des Schiffsjungen Schmoll. Doch der Zauber, die nachgeholte Unschuld dieser ersten Liebe, wird bald vergiftet durch den Argwohn und die Übergriffe der Campbewohner. Angst und Verstörung bedrohen nicht nur die Phantasien, sondern auch die Realität der beiden Frauen. Aus Aggression wird schließlich tödliche Gewalt. (Fischer Verlag)

Meine Meinung



Nach dieser Inhaltsangabe, die ich hier ganz bewusst nun übernommen habe, hatte ich mich auf eine Liebesgeschichte gefreut, die gesellschaftliche (In-)toleranz behandelt und daher durchaus aktuellen Bezug nimmt. Nun sei aber allen, denen es ebenso geht wie mir, gesagt: dies ist keine Gesellschaftsanalyse, Kritik an irgendetwas, noch bezieht dieser Roman in irgendeiner Weise Stellung zu gar nichts oder irgendetwas. Er ist schlichtweg verstörend in einer absolut fantastischen Art und Weise. Also schon mal ganz zu Anfang: alle, die das Kafkaeske lieben, werden "Kältere Schichten der Luft" sehr genießen. 

Worauf ich also in meiner Rezension besonders eingehen werde, ist - Überraschung, Überraschung - die Abstrusität und Verwirrung, mit der Strubel spielt. Zunächst einmal ist dieser Effekt besonders auf den Schreibstil zurückzuführen. Ich persönlich hatte anfangs meine Probleme, mit der Kargheit und Knappheit der parataktischen Sätze klarzukommen. Schließlich hatte ich eine blumige Liebesgeschichte erwartet. Doch nach ein paar Seiten wollte ich gar keinen anderen Stil mehr. Denn die Kargheit der Sprache spiegelt exakt auch die Kargheit des Settings, dieses Naturcamps irgendwo in Schweden, hervorragend wider. Die gesamten 192 Seiten fahren dem Leser nicht unbedingt Schauer über den Rücken, vielmehr hält sich die Düsternis der Atmosphäre die ganze Zeit über auf einem Level. Es gibt keine Steigerung, obwohl sich die Handlung durchaus zuspitzt; ebenso wird sie nicht positiver. Die gesamten 192 Seiten sitzen die Kälte, die Nässe, die Gleichgültigkeit und endlose Monotonie dem Leser im Knochenmark. Die kurzen Sätze verraten stets genausoviel, wie nötig zu dieser Qual ist, und niemals mehr, um den Leser aus der Endlosigkeit zu erlösen. Es ist eine süße Tortur.

Ebenso karg wie die Worte sind resultativ auch die Charaktere. Strubel beschreibt sie eben so viel wie nötig, den Rest überlässt sie dem Leser. Dennoch ist dem Leser gar nicht so viel Spielraum gelassen, da grundsätzlich alles, Handlung, Charaktere, Hintergrund etc., so schwammig ist. Der Leser hat ganz einfach keinerlei Anhaltspunkte, was zu jedem Charakter, einschließlich der Protagonistin eine gewisse Distanz aufbaut. Diese Distanz aber wiederum harmonisiert wunderbar mit der unangenehmen Atmosphäre. So wirkt jeder Charakter mindestens unheimlich bis hin zu gruselig und psychotisch. 

Zuletzt aber spielt der "Plot" die wichtigste Rolle in puncto Verwirrung. Denn unbedingt viel mehr als in der Inhaltsangabe geschrieben ist, passiert tatsächlich nicht. Es gibt wenige Dialoge, einige Wechsel im Setting und durchaus passiert schon mal etwas, das auf eine Handlung, wie es im ursprünglichen Sinne gemeint ist, zurückzuführen ist. Was aber am verstörendsten noch ist, ist die Tatsache, dass sich durchaus ein roter Faden spüren lässt. Der Punkt ist der, dass er sich nur spüren, aber nicht fassen lässt. Nachdem ich mit dem Buch fertig war, habe ich lange überlegt, ob ich das Buch wörtlich oder metaphorisch sehen sollte. Ersteres habe ich schnell ausgeschlossen, da es ganz einfach keinen Sinn machte. Beim Versuch, eine Deutung vorzunehmen, stieß ich allerdings ebenfalls schnell an meine Grenzen. Ähnlich wie bei Kafka hatte ich viele Theorien und Ansätze, jedoch konnte jede einzelne an irgendeinem Punkt widerlegt werden. Und auch jetzt noch weiß ich nicht wirklich, was ich für mich aus dieser Leseerfahrung ziehen sollte. Vermutlich war es einfach eine Reise in die Teile des Gehirns, die außerhalb von Rationalität und Normalität liegen. Ich habe es genossen.

Fazit



"Kältere Schichten der Luft" ist eine Liebesgeschichte der ganz besonderen Art. Im Grunde ist das Thema der homosexuellen Beziehung hochaktuell, jedoch bezieht der Roman keinerlei Stellung. Genau genommen setzt er sich mit dieser Thematik selbst gar nicht auseinander. Einsamkeit, Vergangenheit, Zukunft und Hass stehen im Vordergrund. Die quälende Atmosphäre, unheimliche Charaktere und der nicht zu fassende rote Faden werden durch den kargen Schreibstil gestärkt. Insgesamt lässt sich der Roman ganz einfach als äußerst verstörend beschreiben und ist daher nichts für leichte Gemüter. Wer sich darauf aber gerne einlässt, wird eine großartige Leseerfahrung machen und Teile seines Selbst finden, die nichts mehr mit der Rationalität des Alltags gemein haben. So gesehen könnte es eine Anti-Alltags-Kur sein :)

4 von 5 Sternen

Euch hat die Rezension gefallen? Dann schaut doch mal auf meinem Blog vorbei! Ich freue mich über neue Lesedetektive :)
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Cover des Buches E. T. A. Hoffmann, Der Sandmann (ISBN: 9783110110654)

Bewertung zu "E. T. A. Hoffmann, Der Sandmann" von Ulrich Hohoff

E. T. A. Hoffmann, Der Sandmann
Lesedetektivvor 8 Jahren
Kurzmeinung: Gruselig, wahnsinnig, brilliant erzählt - lässt den Leser glauben, er selbst sei der Verrückte
Rezension: Der Sandmann von E. T. A. Hoffmann

Inhalt


"Der Sandmann" erzählt das Leben von Nathanael, der als kleiner Junge miterleben muss, wie seine Familie grausam auseinandergerissen wird. Dieses tragische Ereignis verknüpft er daraufhin mit dem Ammenmärchen des Sandmannes, der unartigen Kindern die Augen ausreißt.
Bis ins Erwachsenenalter verfolgt ihn diese Vorstellung und als schließlich der wahre Übeltäter des Unglücks damals auftaucht, gerät Nathanael in einen endlosen Strudel aus Wahn, Verzweiflung, Liebe und sich selbst.

Meine Meinung


Da mir keine Inhaltsangabe von anderen Verlägen als dieser Geschichte würdig erschien, habe ich mich eben selbst an die Inhaltsangabe rangesetzt. Ich hoffe, ich verrate damit nicht zu viel :)

Dabei habe ich jedenfalls über die zentralen Themen dieser Geschichte nachgedacht und bin schließlich zu Wahn, Verzweiflung, Liebe und das Selbst gekommen. Doch "Der Sandmann" enthält noch viel mehr.
So könnte die Entwicklung Nathanaels auf psychologische Weise näher beleuchtet werden: vom kleinen Jungen, der einen tragischen Unfall erleben muss und sein Unterbewusstsein versucht, diesen mithilfe eines Märchens zu verarbeiten.
Besonders interessant ist auch das Aufeinanderprallen der romantischen und der aufklärerischen Epoche durch die beiden Charaktere Nathanael und Klara.
Ich könnte ewig so weitermachen, denn was Hoffmann alles in seinem Gehirn versteckt hatte, ist unendlich analysierbar und doch nicht ganz rational erklärbar. Daher aber beschränke ich mich auf den spannendsten Aspekt dieser Kurzgeschichte: den (nicht-?) Wahnsinn Nathanaels.

Dieser hat mich beim Lesen nämlich besonders fasziniert (und gegruselt!). Ich habe ganz bewusst dieses "nicht" in Klammern gesetzt, weil überhaupt nicht klar ist, wer von diesem ganzen Irrenhaufen nun tatsächlich verrückt ist. Bei näherer Betrachtung käme nämlich schlichtweg jeder Charakter, einschließlich des Erzählers selbst infrage.
Hoffmann erzielt diese überaus verwirrende Konstellation durch geschicktes Wechseln der Erzählperspektiven. Lässt er zu Beginn die Hauptcharaktere als Ich-Erzähler in Briefen miteinander kommunizieren, so schaltet sich schließlich der Erzähler, der die restlichen Seiten als personales Erzähler fungiert, ebenfalls zwischendurch in der Ich-Perspektive ein. Richtig kompliziert wird es dann, wenn der Erzähler anfängt zu fokalisieren. Damit es auch ja nicht zu übersichtlich und verständlich bleibt, werden die Fokalisierungsinstanzen natürlich gerne gewechselt.

Darüber hinaus spielt der Autor gerne mit wiederkehrenden Motiven wie zum Beispiel Augen (Ich sage ja: gruselig).

Diese durchaus verwirrenden Erzählperspektiven in Kombination mit den abgedrehtesten Motiven sorgen für eine sehr eigenartige Atmosphäre, die wie ein Messer in den Atem schneidet. Es ist das perfekte Setting für einen hausgemachten Wahnsinnigen, wobei bis zum Ende nicht klar ist, ob eine Figur, der Erzähler oder gar der Leser selbst verrückt ist. Vielleicht sind wir ja alle ein bisschen Nathanael.

Fazit


Ihr merkt schon - ich bin äußerst angetan vom "Sandmann". Die Tatsache, dass die Geschichte vom Wahnsinn handelt, der Leser aber bei genauerem Nachdenken darüber sich aber immer nur im Kreis dreht und schließlich selbst glaubt, verrückt zu sein, hat mich ganz einfach umgehauen. Hoffmann zeigt die wahre Kunst von Kurzgeschichten.
Einen kleinen Abzug gibt es aber leider für das etwas unbefriedigende Ende.

Allerdings würde ich Lesern, die ohnehin Kurzgeschichten nicht allzu gerne haben, dieses Werk nicht ans Herz legen. Versucht es dann lieber mit etwas Softerem für den Anfang :)

P.S.: Auch als Abendlektüre denkbar ungeeignet...

4,5 von 5 Sternen

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Ich freue mich auf neue Lesedetektive!

Cover des Buches Heinrich von Ofterdingen (ISBN: B003WEAH36)

Bewertung zu "Heinrich von Ofterdingen" von Novalis

Heinrich von Ofterdingen
Lesedetektivvor 8 Jahren
Kurzmeinung: So sanft erzählt, voller Sehnsucht und Zärtlichkeit - eine Praline der romantischen Epoche
Cover des Buches Theorie der Romantik (ISBN: 9783150180884)

Bewertung zu "Theorie der Romantik" von Herbert Uerlings

Theorie der Romantik
Lesedetektivvor 8 Jahren
Kurzmeinung: Hervorragend erläutert und sehr aufschlussreich!
Cover des Buches Vincent (ISBN: 9783257236477)

Bewertung zu "Vincent" von Joey Goebel

Vincent
Lesedetektivvor 8 Jahren
Kurzmeinung: Gesellschaftskritisch, metaphorisch, ironisch - ein Meisterwerk
Rezension: Vincent von Joey Goebel

Handlung



Ein alter, todkranker Mann: Foster Lipowitz hat ein Medienimperium geschaffen, den Markt mit sinnfreien Popsongs, miesen Filmen und zynischen Fernsehserien überschwemmt – und damit ein Vermögen verdient. Er bereut, was er der Kultur angetan hat, und will am Ende seines Lebens der Menschheit etwas Gutes tun. Ein Plan: In den Kornfeldern des Mittleren Westens gründet Lipowitz eine Schule, auf der hochbegabte Kinder zu echten Künstlern erzogen werden sollen. Und da er weiß, dass Kunst von Kummer kommt, sorgt er dafür, dass seine Schüler davon nie zu wenig haben. Ein dunkler Schutzengel: Um die schmutzige Arbeit kümmern sich ›Beschützer‹, die den Schülern zugewiesen werden. Wie etwa Harlan, ein von der Branche enttäuschter Ex-Musiker. Und er nimmt seine Arbeit sehr ernst. Ein Opfer: Vincent Spinetti, der talentierteste Schüler von allen. Dank Harlans unablässigen Bemühungen, Vincents Leben mit Katastrophen anzureichern, erfüllt das Genie alle Erwartungen. Je tiefer Vincent im Kummer versinkt, desto höher seine Kunst. Eine unwahrscheinliche Freundschaft: Kaum zu glauben – im Laufe der Jahre werden Vincent und Harlan Freunde. Aber Vincent weiß nicht, was Harlans Auftrag ist ... Ein Autor mit einer einzigartigen Stimme, der spielend den Spagat schafft zwischen Leichtsinn und Schwermut, zwischen Satire und Poesie.

Meine Meinung



Nachdem mich "Ich gegen Osborne" so positiv als Leseerlebnis selbst, aber auch von der Nachhaltigkeit her überrascht hat, waren meine Ansprüche an "Vincent" natürlich dementsprechend hoch. Ich erwartete also einen ironisch erzählten, gesellschaftskritischen Leckerbissen, dessen Zucker zum Nachdenken anregt. Wie ich bereits in einer Rezension der ZEIT lesen konnte, übertrifft sich Joey Goebel immer wieder selbst.


Mit seinen über 400 Seiten liegt der Roman relativ im Schnitt der heutigen Länge von vielen Büchern, doch wird dem Leser so viel Verschiedenes geboten, das sich letztlich aber wieder zu einem Kreis schließt. Daher habe ich den Aufbau, den ich besonders interessant finde, einmal in verschiedene Abschnitte eingeteilt.
So ist der erste Abschnitt ziemlich lang und beschäftigt sich viel mit dem Leben von Vincent. Mit seiner für ihn typischen ironischen Schreibweise schildert Goebel die Sicht des Protagonisten Harlan auf die derzeitige Gesellschaft. Der Leser wird zum Lachen gebracht und gut unterhalten, doch ist dies noch längst nicht alles, was Goebel zu bieten hat.
Plötzlich nämlich entwickelt sich der Roman zu einer Art Roadbook, was beim Leser natürlich für einiges an Verwirrung sorgt. Auch ich war an diesem Punkt reichlich verstört, kritisiert doch Goebel den gesamten Rest über gerade diese Plattheit von Medien.
Aber an alle Leser da draußen: Diese Verwirrung ist richtig und gut! Denn sie ist notwendig und dient als Zündstoff für die Atombombe, die Goebel daraufhin zündet. Mit allein zwei Sätzen verleiht der Autor dem gesamten bisherigen Buch eine Ernsthaftigkeit und Traurigkeit, wie ich sie niemals hätte kommen sehen. Fantastisch dabei ist, dass im Nachhinein betrachtet etliche Anspielungen in der Ironie verborgen waren, die der Traurigkeit einen melancholischen Beigeschmack geben. Dennoch bleibt "Vincent" sein Witz beibehalten.
Wer nach diesem Knüller schockiert ist, darf sich auf die letzten zwanzig Seiten gefasst machen. Natürlich liefert der Autor nicht noch eine große Enthüllung - das wäre auch fatal - vielmehr unterstützt er die Erkenntnis des Lesers noch mit einer Fortsetzung der Story, die sich zunehmend in eine metaphorische Ebene steigert. Gipfel des Romans ist der letzte Absatz, der als reine Metapher zu verstehen ist und dem Leser Freiraum für Interpretationen lässt.

Fazit



Insgesamt lässt sich sagen, dass "Vincent" sowohl stilistisch als auch gesellschaftsorientiert ein Meisterwerk ist. Dem Leser wird zunächst das Gefühl von Unterhaltung mit ironischen Pointen gegeben, doch schafft Goebel es, dem Roman mit zwei Sätzen einen vollkommen ernsthaften Sinn zu verleihen, ohne apodiktisch zu sein. Im Gegenteil, durch den metaphorischen Schluss ist dem Leser viel Freiraum für eigene Überlegungen überlassen.
Eine ganz ganz heiße Empfehlung!




5 von 5 Sternen


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Cover des Buches Thirteen Reasons Why (ISBN: 9783125780446)

Bewertung zu "Thirteen Reasons Why" von Jay Asher

Thirteen Reasons Why
Lesedetektivvor 8 Jahren
Cover des Buches Koma (ISBN: 9783548286860)

Bewertung zu "Koma" von Jo Nesbø

Koma
Lesedetektivvor 8 Jahren
Cover des Buches Vom Ende der Einsamkeit (ISBN: 9783257069587)

Bewertung zu "Vom Ende der Einsamkeit" von Benedict Wells

Vom Ende der Einsamkeit
Lesedetektivvor 8 Jahren
Kurzmeinung: Einfühlsam, zart und leicht erzählt - ein schönes Leseerlebnis
Cover des Buches Ich gegen Osborne (ISBN: 9783257242843)

Bewertung zu "Ich gegen Osborne" von Joey Goebel

Ich gegen Osborne
Lesedetektivvor 8 Jahren
Kurzmeinung: Gesellschaftskritik, die die Gesellschaftskritik selbst kritisiert - ein wahres Meisterstück!
Rezension: Ich gegen Osborne von Joey Goebel

Inhalt



Ein ganz normaler Schultag. Doch der schüchterne James hat Stress an seiner Highschool Osborne: Er, der im Anzug seines gerade verstorbenen Vaters in die Schule geht, scheint der einzige verantwortungsbewusste Heranwachsende in einer haltlosen, sexbesessenen Gesellschaft zu sein. Er kann seine Mitschüler nicht ausstehen (was auf Gegenseitigkeit beruht), die cool sein wollen und doch nur gefühllos und vulgär sind und sich gegenseitig drangsalieren. Und nun scheint auch noch seine Angebetete, Chloe, die so tickt wie er, während der Ferien in Florida ihre weibliche Seite entdeckt zu haben – und das nicht zu knapp. Notgedrungen nimmt James den Kampf auf: Ich gegen Osborne! Nicht nur gegen den Direktor, den er mit seinem Wissen um dessen Sex-Eskapade mit einer Schülerin erpresst, sondern gegen die ganze Highschool. Der »Outsider der Outsider« beschließt, die Schule so aufzumischen wie noch nie ein Schüler vor ihm.

Meine Meinung



Gelegentlich habe ich gehört und gelesen, die Cover des Diogenes Verlags seien eintönig und gleich. Dem kann ich mich ganz und gar nicht anschließen. Vielmehr wirken sie alle sehr künstlerisch und Kunst hängt für mich immer mit Selbstausdruck zusammen. Ist das nicht auch Literatur? Eine Form des Selbstausdruckes? Der Minimalismus der Diogenes-Cover beschränkt das Leser-Auge damit auf das Wesentliche und lässt viel mehr Platz für Interpretationen offen! Ein großes Lob für die großartigen Cover an den Diogenes Verlag, der sich selbst treu bleibt!

Wo ich mich aber nun leidenschaftlich über das Cover ausgelassen habe, komme ich mal zum eigentlichen Buch. 
Gesellschaftskritisch ist wohl ein Wort, das den Schwerpunkt dieses Werkes bezeichnet. Aber eigentlich ist "Ich gegen Osborne" so viel mehr als bloß die kritische Auseinandersetzung mit der Gesellschaft. 
Das gesamte Setting der Highschool lässt sich als eine Metapher auf die Gesellschaft verstehen, in der moralische Grundsätze längst nicht mehr so wichtig sind wie früher. Schnelligkeit, Flüchtigkeit und ganz besonders Sexualität spielen eine große Rolle. 
Der Protagonist James Weinbach ist ein sehr ungewohnter Charakter, der seine Umwelt genau beobachtet und sich selbst als vollkommen fremd zwischen seinen Mitmenschen fühlt. Er erscheint als eine Art Überbleibsel der alten Zeit; Moral und guter Umgang sind für ihn das höchste Gut. So erlebt der Leser einen Tag aus der Sicht des "Außenseiters der Außenseiter" an der Highschool in einer Welt, von der er ebenso angewidert ist, wie sie ihm gegenüber feindlich gesinnt scheint. 
Doch wo der Leser zu Anfang nur Sympathien mit James hegen kann, wird über die 512 Seiten langsam klar, dass auch James' Beschreibungen nicht allzu objektiv sind. Dem Leser wird deutlich, dass Goebel die Welt durch zwei Extreme beschreibt: das Extrem der Gesellschaft und das Extrem des Andersartigen.
So beschäftigt sich "Ich gegen Osborne" implizit mit Themen wie Toleranz, Akzeptanz und der Frage, wie man mit dem Wandel der Zeit (und damit der Gesellschaft) umgehen sollte.

Und genau diese Zweigeteiltheit macht diesen Roman zu einem fantastischen Leseerlebnis, das stark in Erinnerung bleibt.

Fazit



"Ich gegen Osborne" äußert Gesellschaftskritik auf sehr ungewöhnliche Art und Weise, indem sowohl direkt Schnelligkeit und Oberflächlichkeit angesprochen werden, als auch stark durch den eigentümlichen Protagonisten auf die Seite der "Ausgestoßenen" kritisch eingegangen wird. Das macht dieses Werk zu einer witzigen, tiefgründigen und damit lang anhaltenden Leseerfahrung.

Euch hat die Rezension gefallen? Dann schaut doch mal auf meinem Blog vorbei: http://lesedetektiv.blogspot.de/
Ich freu mich über neue Lesedetektive :)

Cover des Buches Origin (English Edition) (ISBN: 9781622660759)

Bewertung zu "Origin (English Edition)" von Jennifer L. Armentrout

Origin (English Edition)
Lesedetektivvor 8 Jahren

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