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Lesenisttoll

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Cover des Buches Drei Wasserschweine brennen durch (ISBN: 9783423764872)

Bewertung zu "Drei Wasserschweine brennen durch" von Matthäus Bär

Drei Wasserschweine brennen durch
Lesenisttollvor 5 Tagen
Beim großen Capybara!

Beim großen Capybara, was für ein goldiges Kinderbuch, dachte ich zu Beginn der Geschichte. Drei Wasserschweine, die die Welt außerhalb ihres Geheges erkunden möchten und dabei allerlei Interessantes entdecken. Zum Beispiel, dass die Menschen mit ihren Frischlingen den Tag ihrer Geburt feiern, haha. Sie finden neue Freunde und erleben spannende Abenteuer. Über die Sprache habe ich mich köstlich amüsiert. Doch etwa in der Mitte des Buchs ändert sich die Stimmung. Eines der Wasserschweine wird von bösartigen Affen und stinkenden, aggressiven Meerschweinchen gefangen gehalten und die beiden anderen, die zu seiner Rettung kommen, geraten selbst in größte Gefahr. Sie erfahren, dass ein Tier, das sie für einen Freund gehalten haben, sie aus eigennützigen Gründen verraten hat. Die Stimmung ist düster und bedrohlich und ganz bestimmt nicht geeignet als Gutenachtgeschichte für kleine Kinder. Ich bin zwar nicht der Meinung, dass Kinderbücher nur heile Welt beschreiben sollten, aber hier ging mir das Negative zu weit. Ganz abgesehen davon, dass ich meinem Enkel keine Ausdrücke wie Eberarsch beibringen möchte. Einige Kapitel sind außerdem sehr lang, ich bezweifle, dass Sechsjährige eine so lange Aufmerksamkeitsspanne haben. Wahrscheinlich will auch keines der Kinder, die diese Geschichte vorgelesen bekommen, jemals ein Meerschweinchen als Haustier haben, so widerlich wie sie hier beschrieben werden.

Was mir gut gefallen hat, sind die Illustrationen. Ich hätte mir gewünscht, dass die fröhliche Leichtigkeit und der Humor der ersten Kapitel beibehalten worden wäre, so vergebe ich nur drei von fünf Sternen.

Cover des Buches Leuchtfeuer (ISBN: 9783446279353)

Bewertung zu "Leuchtfeuer" von Dani Shapiro

Leuchtfeuer
Lesenisttollvor 10 Tagen
Eine falsche Entscheidung und alles ändert sich

Der fünfzehnjährige Theo Wilf verursacht einen Autounfall, bei dem ein junges Mädchen stirbt. Anstatt über den Unfall zu reden, beschließt die Familie, den schrecklichen Vorfall totzuschweigen. Dabei hätte es jedem einzelnen von ihnen gutgetan, das Trauma gemeinsam zu verarbeiten.

Theo packt eines Tages seinen Rucksack und flieht nach Südamerika, seine Schwester Sarah heiratet und macht Karriere. Die Eltern Ben und Mimi bleiben im Heim der Familie, bis Mimi an Demenz erkrankt und in ein Heim umziehen muss.

Die andere Familie, um die es in „Leuchtfeuer“ geht, ist Familie Shenkman, die gegenüber der Wilfs wohnt. Als sie gerade in ihr neues Haus gezogen sind, rettet der Arzt Ben Wilf dem Sohn der Shenkmans, Waldo, das Leben, indem er ihn bei seiner viel zu frühen Geburt sicher auf die Welt bringt. Trotz dieses einschneidenden Ereignisses gibt es keinen Kontakt zwischen den beiden Familien. Zehn Jahre später überschneiden sich die Schicksale der beiden Familien von Neuem.

Wir begleiten die Protagonisten über einen Zeitraum von fünfzig Jahren, wobei die aus der Sicht der einzelnen Personen erzählte Geschichte nicht linear wiedergegeben wird, was manchmal ein wenig verwirrend ist. Am Schluss fügt sich aber wie in einem Puzzle alles zusammen.

Ich habe diese Familiengeschichte, die manchmal Ausflüge ins Esoterische und Philosophische unternimmt, gern gelesen. Sie ist spannend und emotional, aber nichts, was einem lange im Gedächtnis bleibt. Gute Unterhaltungsliteratur für zwischendurch.

Cover des Buches Der Stich der Biene (ISBN: 9783956145810)

Bewertung zu "Der Stich der Biene" von Paul Murray

Der Stich der Biene
Lesenisttollvor 17 Tagen
Kurzmeinung: Faszinierender Roman mit Sogwirkung.
Dem Abgrund entgegen

„Der Stich der Biene“ ist ein wahres Mammutwerk. Nicht nur aufgrund des Umfangs von 700 Seiten, sondern auch wegen seiner Detailverliebtheit. Es geht um das Leben der irischen Familie Barnes. Vater Dickie führt ein Autohaus, das kurz vor der Insolvenz steht. Seine bildschöne Frau Imelda stammt aus äußerst prekären Verhältnissen. Ihr Vater ist ein gewalttätiger roher Mann, der von Betrügereien lebt. Es ist daher ein Segen, als sie einen erfolgreichen Mann kennenlernt und ein neues Leben für sie beginnt. Doch das Schicksal meint es nicht gut mit ihr, und ihr ursprünglicher Lebensplan zerplatzt wie eine Seifenblase.

Tochter Cass umgibt sich mit zwielichtigen Gestalten und kann es kaum erwarten, die irische Provinz zu verlassen, um ein neues Leben als Studentin am Trinity College in Dublin zu beginnen. Ihr jüngerer Bruder PJ verbringt seine Tage mit dem Spielen gewalttätiger und blutrünstiger Videospiele. Je schlechter es um das Autohaus steht, desto mehr geht es auch mit den einzelnen Familienmitgliedern bergab. Sie treffen Entscheidungen, bei denen man sie als Leser am liebsten schütteln möchte, um sie zur Besinnung zu bringen. Obwohl mich dies manchmal fast wahnsinnig gemacht hat, konnte ich das Buch kaum aus den Händen legen. Die Geschichte entwickelt einen Sog, dem man sich nicht entziehen kann. Ich muss dazu sagen, dass ich das Buch in einer Leserunde gelesen habe und die Meinungen dazu sehr auseinandergingen. Es scheint, als ob man es entweder faszinierend findet oder es hasst. 

Die einzelnen Kapitel werden aus der Sicht der jeweiligen Familienmitglieder geschildert. Was mich zunächst sehr störte, ist, dass Paul Murray in Imeldas Kapiteln keinerlei Satzzeichen verwendet, lediglich die Satzanfänge sind großgeschrieben. Mir ist klar, dass er damit Imeldas Bewusstseinsstrom abbilden will, ein Gedanke geht in den anderen über, und es gelingt dem Autor so, Imeldas wirre Gedankenwelt anschaulich darzustellen. Trotzdem hat mich das sehr irritiert, zumal es um mehrere hundert Seiten ohne Interpunktion geht. Ich kann auch nicht behaupten, dass mich das Buch durchgehend gefesselt hätte, es gab zwischendurch Passagen, die mir viel zu ausführlich und detailverliebt waren. Gegen Ende spitzen sich die Geschehnisse jedoch dermaßen zu, dass ich das Buch nicht mehr weglegen konnte. Ich kann diesen Roman empfehlen, allerdings ist er sehr aufwühlend und nicht für Leser geeignet, die einen Feelgood-Familienroman erwarten.

Cover des Buches Verborgen (ISBN: 9783462005868)

Bewertung zu "Verborgen" von Eva Björg Ægisdóttir

Verborgen
Lesenisttollvor einem Monat
Was geschah mit Marino und Lise?

Ein junger Mann kommt bei einem Brand ums Leben, während seine Eltern und seine Schwester nicht zuhause sind. Bald stellt sich heraus, dass der Brand absichtlich gelegt wurde. Wer wollte Marino tot sehen? Und gibt es einen Zusammenhang zwischen seinem Tod und dem Verschwinden eines holländischen Au-pair-Mädchens, das angeblich nach Hause fliegen wollte, die Insel laut Flugdaten jedoch nie verlassen hat? Kommissarin Elma und ihr Vorgesetzter Saelva ermitteln im Umfeld der jungen Leute.

Ich hatte bereits den ersten Roman aus der Reihe, „Verschwiegen“, gelesen, den ich als ziemlich zäh und unspannend empfand. Eigentlich wollte ich die Reihe gar nicht weiter verfolgen, aber dieser Band war sehr viel spannender und ausgefeilter als der erste. Die Autorin überrascht bis zuletzt mit unerwarteten Wendungen und punktet mit psychologischer Spannung. 

Cover des Buches Wir werden jung sein (ISBN: 9783462003758)

Bewertung zu "Wir werden jung sein" von Maxim Leo

Wir werden jung sein
Lesenisttollvor einem Monat
Die Büchse der Pandora

An der Berliner Charité wird ein neues Herzmedikament entwickelt, das an vier Probanden getestet wird. Einer davon, ein älterer Unternehmer, hat mit seinem Leben bereits abgeschlossen und seine Nachfolge geregelt, als er plötzlich wieder ungeahnte Energie verspürt. Eine junge Frau, die schon alles versucht hat, um schwanger zu werden, wird plötzlich schwanger. Ein Jugendlicher verspürt kein sexuelles Interesse an seiner Freundin mehr. Eine ehemalige Profischwimmerin stellt einen neuen Weltrekord auf. Wie ist das möglich?

Es stellt sich heraus, dass eine Nebenwirkung des Herzmedikaments die Verjüngung der Patienten ist. Was zunächst wie die Erfüllung eines Menschheitstraums erscheint, wirft viele moralische Fragen auf. Wer soll in den Genuss dieses Jungbrunnens kommen? Nur Wohlhabende, die sich das Medikament leisten können? Was ist mit den Einwohnern armer Länder, wie soll Gerechtigkeit hergestellt werden? Und wie soll die Frage der Überbevölkerung gelöst werden, denn wenn niemand stirbt, können doch nicht ständig neue Erdenbürger dazu kommen?

Maxim Leo ist mit „Wir werden jung sein“ ein faszinierendes Gedankenexperiment gelungen, das von der ersten bis zur letzten Seite fesselt. Unbedingte Leseempfehlung!

Cover des Buches Zimmer 55 (ISBN: 9783987500404)

Bewertung zu "Zimmer 55" von Helena Kubicek-Boye

Zimmer 55
Lesenisttollvor einem Monat
Kurzmeinung: Vollkommen konstruierte und abstruse Geschichte, die mit vagen Andeutungen vor sich hindümpelt. Alles andere als ein spannender Thriller.
Abstruse und unausgegorene Geschichte

Die junge Psychologin Anna erfährt von ihrer Freundin von einer freien Stelle in der renommierten Klinik für forensische Psychiatrie in Säter, in der Lina als Ärztin arbeitet. Anna ist überglücklich, als sie die Stelle bekommt. Von Anfang an geschehen merkwürdige Dinge. Sie erhält krypische Nachrichten über eine verschwundene Frau, auf dem Spiegel ihres Arbeitszimmers wird eine Botschaft hinterlassen und ein Polizist meldet sich bei ihr, sie könne sich jederzeit an ihn wenden. Angeblich gibt es in der Klinik ein „Zimmer 55“, doch niemand will davon gehört haben. Der Polizist gibt ihr einen Hinweis, wo sie danach suchen soll, und Anna, die erst seit ein paar Tagen in der Klinik arbeitet, findet dieses geheime Zimmer auf Anhieb.

Die Geschichte hörte sich durchaus spannend an, und von der Tatsache, dass die Autorin ausgebildete Psychologin ist, habe ich mir Einblicke in die Behandlung der Patienten, bei denen es sich allesamt um Schwerverbrecher handelt, versprochen. Leider wurde ich auf ganzer Linie enttäuscht. Die Geschichte dümpelt so vor sich hin und viele Seiten werden mit vollkommen unwichtigen Nebensächlichkeiten gefüllt, die keinen anderen Zweck haben, als Seiten zu generieren: „"Die Pfifferlinge köchtelten in der Pfanne und schwitzten alles Wasser in einem dichten Dampf aus, und Lina gab etwas Butter dazu, so dass sie gelbbraun wurden. Anna suchte nach einem Toaster, den sie irgendwo tief hinten in einem Schrank gesehen hatte. Dann kippte sie ihn über der Spüle aus, schüttelte alte Brotkrümel heraus und steckte zwei Scheiben Toastbrot hinein." 

Über mehr als 250 Seiten geht es in diesem Stil weiter, erst kurz vor Schluss wird im Schnelldurchlauf geklärt, was es mit Zimmer 55 und den ominösen „Anderen“ auf sich hat, die von Anfang an immer wieder erwähnt werden. Der unbeholfene Schreibstil mutet zuweilen an wie dem Aufsatz eines Sechstklässlers entnommen: „Anna war sehr traurig, und ihr flossen sogar Tränen die Wange hinab.“ Die Wange? Weint Anna einseitig?

Das Buch lebt von vagen Andeutungen, doch irgendwann hatte ich diese immer gleichen Andeutungen und Fragen so satt, dass ich nur noch zum Ende kommen wollte. Wenn ich nicht Teil einer Leserunde gewesen wäre, hätte ich diesen unglaublich langweiligen und abstrusen „Thriller“ längst zur Seite gelegt.

Bei „Zimmer 55“ handelt es sich um den ersten Band einer geplanten Reihe um die Psychologin Anna Varga. Um weitere Bände werde ich mit Sicherheit einen großen Bogen machen.

Cover des Buches Schneesturm (ISBN: 9783596708994)

Bewertung zu "Schneesturm" von Tríona Walsh

Schneesturm
Lesenisttollvor 2 Monaten
Viele logische Brüche und wenig Spannung

Eine Gruppe von Freunden trifft sich anlässlich des 10. Todestages eines gemeinsamen Freunds auf der kleinen, zu den Aran Islands gehörenden Insel Inishmore. Ein Schneesturm hat die Insel von der Außenwelt abgeschnitten. Als eine Leiche in einem Felsbecken gefunden wird, ist klar, dass der Mörder noch auf der Insel sein muss. Die einzige Polizistin auf der Insel, Cara, kann erst auf Verstärkung vom Festland hoffen, wenn sich das Wetter beruhigt.

Die Ausgangssituation ist spannend und hat Potenzial, das aber leider nicht ausgeschöpft wird. Außerdem ist vieles an diesem Roman unlogisch. Beispielsweise ist die Rede von hüfthohen Schneeverwehungen und ungeräumten Straßen, was Cara aber nicht davon abhält, ohne Probleme auf der ganzen Insel herumzufahren, um zu ermitteln, wie sie es nennt. Es mutet allerdings eher wie Aktionismus an. Dass es sich bei der Toten um ihre Freundin Maura handelt, die allseits beliebte Lehrerin der Dorfschule, hält sie, warum auch immer, vor der einheimischen Bevölkerung geheim, den Freunden erzählt sie es jedoch, denn auch Maura gehörte zu ihrer Clique. Im Übrigen stellt sich schnell heraus, dass sich die Freunde fremd geworden sind und sie jede Menge Geheimnisse voreinander haben. 

Was mich am Allermeisten an diesem sehr in die Länge gezogenen und nicht sehr spannenden Roman gestört hat, ist, dass den Lesern eine wichtige Information über Cara nicht nur vorenthalten wird, sondern sie regelrecht getäuscht werden. 

Der Schreibstil ist zuweilen haarsträubend. Es finden sich Sätze wie „Die schwach erkennbare Silhouette des Weihnachtsbaums kam ihr vor wie ein Monster mit Tentakeln und der Widerhall des klingenden Telefons wie dessen fremdartiger Schrei.“ Ich habe mich nicht vertippt, da steht wirklich „klingenden“ statt „klingelnden“.

Warum der Verlag gleich auf dem Cover einen dicken Spoiler aufdruckt, hat sich mir auch nicht erschlossen. Alles in allem war „Schneesturm“ für mich eine Enttäuschung auf ganzer Linie und vergeudete Lesezeit.

Cover des Buches Sachen suchen: Englisch lernen (ISBN: 9783473419043)

Bewertung zu "Sachen suchen: Englisch lernen" von Bea Zorell

Sachen suchen: Englisch lernen
Lesenisttollvor 2 Monaten
Schönes Wimmelbuch für den Einstieg ins Englischlernen

Bei dem Buch „Sachen suchen: Englisch lernen“  handelt es sich um ein typisches Wimmelbuch, in dem viele Situationen, mit denen sich ein Kleinkind identifizieren kann, dargestellt sind: Spielplatz, Küche, Kindergeburtstag, Kinderzimmer, Grillen im Garten mit der Familie, Kleidung und Möbel, Wochenmarkt, Bahnhof, Baustelle (besonders interessant für unseren kleinen Enkel, für den „Bagger“ eines seiner ersten Wörter war!) und eine Szene im Zoo mit vielen Zootieren.

Besonders an dem Buch ist, dass links auf jeder Doppelseite die englische Übersetzung einiger Schlüsselwörter angegeben sind.

Die Seiten sind kindgerecht gestaltet und es gibt viele Gesprächsanlässe. Unser Zweieinhalbjähriger hat die Bilder mit Interesse betrachtet, für die englischen Entsprechungen zeigt er allerdings noch kein Interesse. Die Zeit wird jedoch definitiv kommen und dann habe ich das richtige Buch für den Einstieg in die englische Sprache direkt parat! Die Altersempfehlung „ab 2 Jahre“ bezieht sich also meines Erachtens zunächst auf die Abbildungen und das Sachen suchen, Interesse für eine Fremdsprache ist in dem Alter noch nicht vorhanden, wenn ein Kind nicht gerade zweisprachig erzogen wird.

Positiv hervorheben möchte ich noch die robusten, für Kleinkinderhände geeigneten dicken Pappseiten und die ansprechende Farbgestaltung.

Cover des Buches Die Hoffnung der Chani Kaufman (ISBN: 9783257072556)

Bewertung zu "Die Hoffnung der Chani Kaufman" von Eve Harris

Die Hoffnung der Chani Kaufman
Lesenisttollvor 2 Monaten
Kurzmeinung: Interessantes und berührendes Buch, das einen hervorragenden Einblick in das Leben strenggläubiger Juden gibt.
Einblick in das Leben strenggläubiger Juden

Chani Kaufman ist eine junge Frau, die seit einem Jahr mit ihrem Ehemann Baruch verheiratet ist. Beide wünschen sich sehnlichst ein Kind, und überdies ist ein Kind zu bekommen eine Mizwa, also eine Vorschrift für gläubige Juden. Aus lauter Verzweiflung beschließt das in Jerusalem lebende Paar, in einer Kinderwunschklinik in London vorstellig zu werden. Baruchs Mutter hofft insgeheim, dass Chani unfruchtbar ist, denn dann könnte die ungeliebte Schwiegertochter von Baruch verstoßen werden und dieser wäre frei für eine neue Ehe, dieses Mal hoffentlich mit einer in ihren Augen passenderen Frau.

In einem anderen Handlungsstrang lernen wir die mit einem Rabbi verheiratete Rivka kennen, die das Leben in der jüdischen Gemeinde im Londoner Stadtteil Golders Green mit all seinen Zwängen nicht mehr erträgt und von zuhause ausgezogen ist. Ihr Mann Chaim ist verzweifelt, er liebt sie, kann jedoch als Rabbi unmöglich mit einer Frau zusammen sein, die sich vom Glauben abgewandt hat und – Gott bewahre! – ihr Haar nicht mehr unter einer Perücke versteckt und Jeans trägt. Rivkas Tochter will nichts mehr von ihr wissen, während ihr Sohn seine Mutter schmerzlich vermisst. 

Ich habe schon mehrere Bücher gelesen, in denen es um den jüdischen Glauben und die vielen Gesetze und Regeln ging, nach denen orthodoxe Juden leben, doch keines war so interessant und ausführlich wie „Die Hoffnung der Chani Kaufman“. Es ist ein sehr berührendes und informatives Buch, das Einblick in das Leben orthodoxer Juden gibt. Es beschreibt außerdem die Zerrissenheit und Einsamkeit derjeniger, die die Gemeinde verlassen haben und die Verachtung, die ihnen von ihren früheren Nachbarn und Weggefährten entgegengebracht wird.

Das Buch liest sich so spannend wie ein Krimi und hat mich sehr berührt. Erst während der Lektüre habe ich festgestellt, dass es bereits einen Vorgängerband, „Die Hochzeit der Chani Kaufman“ gibt, den ich allerdings nicht gelesen habe. Da die beiden Bände unabhängig voneinander sind, war dies kein Problem. Die vielen im Text vorkommenden hebräischen Begriffe werden in einem ausführlichen Glossar sehr gut erklärt.

Ich kann dieses wundervolle Buch uneingeschränkt empfehlen.

Cover des Buches Die Spiele (ISBN: 9783832168070)

Bewertung zu "Die Spiele" von Stephan Schmidt

Die Spiele
Lesenisttollvor 2 Monaten
Bauernopfer oder Mörder?

Der Titel von Stephan Schmidts Roman „Die Spiele“ bezieht sich auf die Olympischen Spiele und deren Vergabe, über die in Shanghai abgestimmt wird. Der deutsche Journalist Thomas Gärtner will sich dort mit dem IOC-Funktionär Charles Murandi aus Mosambik treffen, weil dieser ihm angeblich brisante Dokumente übergeben will. Um ein Visum zu erhalten, macht Gärtner falsche Angaben, was in China keine gute Idee ist. Gärtner und Murandi kennen sich seit 1994, als sich Gärtner als Korrespondent in Mosambik aufhielt. Er lernt dort Murandi als Anführer der sogenannten Madgermanes kennen, mosambikische Staatsangehörige, die als Leiharbeiter in der DDR tätig waren und um einen Großteil ihres Lohns geprellt wurden. Nach der Wiedervereinigung mussten sie die DDR verlassen und seitdem demonstrieren sie in Maputo dafür, den von ihrer Regierung unrechtmäßig einbehaltenen Teil ihres Lohns zurückzubekommen. Es handelt sich hierbei im Übrigen um eine wahre Begebenheit. 

Das Treffen mit Murandi erweist sich als ziemlich frustrierend, weshalb Gärtner beschließt, Murandi erneut aufzusuchen. Pech nur, dass die Hotelkameras aufzeichnen, wie er Murandis Hotelzimmer verlässt, zumal Murandi am nächsten Tag tot aufgefunden wird. Eine Schlüsselrolle spielt auch die Konsularbeamtin Lena Hechfellner, die sowohl Gärtner als auch Murandi von früher kennt.

Die Geschichte ist interessant, aber trotzdem kam über viele Seiten hinweg, vor allem in der Mitte des Buchs, keine Spannung auf. Was mich außerdem irritiert hat, ist die Mischung aus Fakten, Halbwahrheiten und Fiktivem, wobei man sich nie sicher sein kann, was was ist. Manche Personen werden namentlich genannt, beispielsweise Regierungssprecher Seibert oder Horst Seehofer. Heißt das, die beschriebenen Anekdoten und Situationen entsprechen der Wahrheit? Was „die Kanzlerin“ anbelangt, so versichert der Autor, dass es sich um eine fiktive Person handelt. Seltsam nur, dass sie sich Gedanken über das Ende ihrer Amtszeit macht.

Vieles in diesem Kriminalroman wird nur angedeutet und ich habe mich oft gefragt, was denn nun wirklich passiert ist. Nicht nur Gärtner gerät ins Visier der chinesischen Behörden, ein zweiter Journalist wird an der Ausreise aus China gehindert. Über sein weiteres Schicksal erfährt man allerdings nichts, es sei denn ich habe es überlesen, denn zugegebenermaßen wollte ich die letzten Seiten einfach nur hinter mich bringen. 

Alles in allem finde ich den Roman durchaus lesenswert, zumal er eine Vielzahl an brisanten Themen anspricht. Aber vielleicht ist genau das auch der Grund, weshalb mir der Roman ziemlich überfrachtet und stellenweise zu langatmig erschien. 

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