Bewertung zu "Unter Markenmenschen" von Birgit Rabisch
Schöne neue Welt - Menschen werden nicht mehr natürlich gezeugt, sondern aus Markengenpools erschaffen. Schön und makellos, alles könnte perfekt sein. Nur nicht für die No-Names, die wildwüchsigen, die, die noch auf natürlichem Wege gezeugt wurden und die sich in dieser neuen Gesellschaft fehl am Platze fühlen. Eine davon verbannt ihre Gefühle in ein Tagebuch - und wir begleiten sie dabei.
Das erste mal kommt man hier als Leser schon ins Grübeln, bevor die eigentliche Geschichte überhaupt begonnen hat. Denn dieses Buch ist zwar neu - neu aufgelegt - die Geschichte ist es aber nicht. Das Buch ist fast schon zwanzig Jahre alt und wenn man ehrlich ist - wie nah wir uns doch mittlerweile an der Realität bewegen, macht unweigerlich Gänsehaut. Viele Dinge die damals noch reine Fiktion waren sind für uns mittlerweile Realität. Ob das gut oder eigentlich beängstigend ist - diese Frage muss sich jeder Leser selbst beantworten.
Und das wird nicht die einzige bleiben - dieses Buch wirft von Anfang an einen ganzen Haufen philosophischer Fragen auf. Einige, die sich jeder sicher schon einmal gestellt hat (Was macht einen Menschen aus? Wer sind wir?) und einige, auf die man vielleicht nicht so leicht kommt (Wie fühlt sich eigentlich ein Klon damit, nur als Kopie angedacht zu sein und dann doch ein eigener Mensch zu werden?). All das ist eingebettet in eine beängstigende Zukunftsvision und begleitet von einer sehr greifbaren Protagonistin, die dem Leser sehr nah wirkt, ohne dass man jemals viel über sie erfährt.
Schöpft das Buch am Anfang das Potential seiner Thematik noch voll aus gerät die philosophische Komponente gegen Mitte etwas zur Nebensache. Die ethischen Gedanken über Genmanipulation und das Wesen des Menschen werden ausgetauscht durch den sexuellen Selbstfindungstrip der Protagonistin - was ich mir als Nebenschauplatz noch sehr gut hätte vorstellen können, weil es eben zum Erwachsenwerden genau so dazu gehört, leider wird es gegen Ende so viel, dass anderes kaum noch Raum bekommt. Auch die innerfamiliäre Dramatik die sich später noch entwickelt - ich will hier nicht spoilern, deswegen halte ich mich allgemein - hätte ich nicht gebraucht. Das Thema, dessen sich die Autorin bedient hat ist.. sagen wir mal, kritisch. Und dabei schießt man gerne mal gewaltig über das Ziel hinaus. Genau so ist es hier meiner Meinung nach auch passiert.
Sowohl Klappentext als auch Start waren extrem vielversprechend - gegen Ende wurde aber leider viel mögliches Potential nicht ausgeschöpft. Trotzdem fand ich, dass "Unter Markenmenschen" ein lesenswertes Buch ist, dass definitiv dazu einlädt, die eigenen Gehirnzellen mal wieder zum nachdenken zu benutzen.