LisaM94
- Mitglied seit 17.01.2015
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- 26 Bewertungen (Ø 4,15)
LisaM94s Bücher
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Zuerst einmal: Es geht mir nicht darum, das Buch zu verreißen. Ich habe mich gefreut es lesen zu dürfen und verneige mich vor der scheinbaren Mühelosigkeit mit der Rebecca Gablé Wörter zu wahren Kunstwerken aneinanderzureihen vermag.
Das Buch ist brillant recherchiert, man muss kein Geschichtsprofessor sein um zu merken, dass die Autorin akribisch geforscht und die historischen Begebenheiten systematisch untersucht hat. Die mittelalterliche Welt der Ottonen wird vor dem inneren Auge sichtbar und die Leserin muss sich schon sehr anstrengen, wenn sie nicht eingesogen werden will.
Der Klappentext lässt einen vermuten, dass es sich bei Gaidemar und Adelheid um die beiden Protagonisten handeln wird. Die ersten Seiten bestätigen das.
Nur kommen dann immer mehr Charaktere hinzu; da wären Liudolf und seine Frau Ida, Wilhelm, Brun, Mirogod und dann Mira, Henning und Judith, und so viele mehr. Jeder einzelne Charakter wird recht lapidar charakterisiert. Man klopft kurz an die Tür, darf aber nicht eintreten. Die Leserschaft erhält keinen wirklichen Eintritt in das Seelenleben der Personen.
Auf der Suche nach einem Protagonisten, wird er immer wieder an Adelheid oder Gaidemar verwiesen, diesen aber durch eine unstete Handlung gleich wieder entrissen.
Da der Leser die Persönlichkeiten nur ansatzweise kennt, führt das zu einer Unglaubwürdigkeit der Charaktere. Einige der Handlungen scheinen nicht zu passen, sie wirken nicht authentisch (Liudolfs militärisches Aufbegehren, Gaidemars plötzliches Umdenken hinsichtlich Mira, etc.).
Hinzu kommt, dass Gablé Gaidemar Dinge machen lässt, die ihn als Held für unsere Zeit nicht tragbar machen. An erster Stelle steht, dass er mit Ende 20 ein blutjunges Mädchen verführt. Das ist sicherlich normal für die damalige Zeit gewesen, aber in modernen historischen Romanen sollten sich die Helden auch an moderne Grundsätze halten, um den Rückhalt der Leserschaft zu haben. An zweiter Stelle steht die grausame Racheaktion an Guido von Asti und Dado von Benevent. In der anschließenden Szene merkt man, wie die Autorin im Gespräch mit Faramond Gaidemars Verhalten zu idealisieren versucht. Das ist leider nur teilweise gelungen.
Otto ist am Ende des Buches genauso undurchsichtig wie am Anfang. Der „göttliche Glanz“ beschreibt ihn nur unzureichend und lässt ihn fremd erscheinen.
Das Buch kränkelt, meines Erachtens nach, an den Charakteren und der Handlung, nicht an der Welt oder der Sprache.
Für alle Leser, deren erstes Buch von Gablé dieses war: Die anderen, allen voran die Waringham-Saga, sind grandios und alle miteinander Ausnahmewerke!
Bewertung zu "Das Mädchen, das verstummte" von Michael Hjorth
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