Bewertung zu "Schloss der Schatten: Blut ist dicker als Wasser" von Jeanette Lagall
Einige Bücher machen es mir wirklich, wirklich schwer eine Rezension zu verfassen. Schloss der Schatten ist definitiv eines davon! Mein Kopf sagt so ziemlich das Gegenteil von meinem Bauch und ich weiß gar nicht so wirklich, wie ich das in Worte fassen soll.
Wenn ich so über die üblichen Diskussionspunkte einer Rezension nachdenke, fallen mir viele Dinge ein, die ich eigentlich gar nicht an Büchern mag. Fakt ist aber, ich habe den Roman an zwei Tagen durchgelesen und hatte wirklich viel Spaß dabei. Am Ende war ich dann sogar richtig traurig, dass ich nicht gleich mit Band zwei weitermachen konnte.
Vampirromane sind für mich nach dem Boom der letzten zehn Jahre so eine Sache. Es gab einige, die mein Teenager-Ich begeistern konnten: Twilight, Vampire Academy und (um eine etwas „erwachsenere“ Reihe zu nennen) Cat and Bones. Aber viele, viele Bücher wirkten eher wie ein billiger, schlecht geschriebener Abklatsch und haben mich einfach übersättigt. Man nehme ein normales Mädchen, einen sexy Vampir (hier kann auch ein beliebiges anderes übernatürliches Wesen eingesetzt werden), steckt sie in eine Internatsschule (weil man dann gleich die nervigen Eltern los wird, die eh niemand braucht) AND NOW KISS!
Was mir daher als erstes beim Schloss der Schatten aufgefallen ist: die Protagonistin ist keine 16 Jahre alt, geht nicht mehr zur Schule und es entsteht kein Drama, weil sie zu unschuldig ist um über Bienchen und Blümchen zu reden. Dabei will ich die Teenage-Probleme, welche in vielen Young Adult Romanen angesprochen werden, nicht abwerten. Oft habe ich mich selbst darin wiederfinden können. Genauso oft kamen mir viele Probleme aber auch unnötig und viel zu übertrieben vor. Das Schloss der Schatten verzichtet auf überzogenes Drama und vermittelt mir als Leser nicht ständig den Drang die Protagonistin einmal kräftig durchschütteln zu wollen.
Gleichzeitig habe ich mich zu Beginn etwas an Vampire Diaries erinnert gefühlt. Ein mehr oder weniger netter Bruder und ein böser, der sich ständig einmischt und die ganze Geschichte in eine Dreiecksbeziehung verwandelt. Aber in dieser Hinsicht konnte die Autorin mit dem ein oder anderen Plottwist überraschen und diverse altbekannte Muster aufbrechen. Eine ganz bestimmte Offenbarung hat mich dabei ziemlich aus den Socken gehauen!
Ein wenig zu lieb waren mir die Vampire aber insgesamt schon und ich hätte mir etwas mehr Biss (haha) gewünscht. Das Vampir-Feeling kam bei mir nicht ganz so an, wie ich mir das gewünscht hätte. Aber Vampire sind Fantasywesen und wie sie sich verhalten, ob sie fließendes Wasser überqueren können oder glitzern, das ist dem Autoren der jeweiligen Geschichte selbst überlassen. Da kann man schlecht argumentieren, dass diese Darstellung nicht realistisch genug ist. Eigentlich ist das nur Geschmack.
Ebenfalls Geschmackssache ist der Schreibstil. Ich muss zugeben, dass mich dieser nicht vom Hocker gerissen hat. Es gibt da nämlich eine Sache, die ich bei Young Adult, New Adult, Romance, Contemporary und jedem anderen Genre in dem dieses Phänomen auftaucht, einfach gar nicht leiden kann und das sind übermäßig detaillierte Charakterbeschreibungen. Ich muss nicht von jedem Charakter Augen-, Haut- und Haarfarbe wissen. Zumindest will ich diese Information nicht gebündelt am Anfang erhalten, sobald diese Figur zum ersten Mal erscheint. Mein Gedächtnis ist nämlich fürchterlich und ich ich kann mir diese Flut an Informationen einfach nicht merken oder werfe andauernd etwas durcheinander. Abgesehen davon war der Schreibstil aber flüssig und leicht zu lesen. Ich habe die Seite um Seite im Rekordtempo.
Die Story hat mich gepackt. Das lag allerdings weniger an dem actionreichen Teil der Geschichte. Denn auch wenn immer wieder verschiedene Komplotte angeteasert werden, hatten diese in meinen Augen kaum Einfluss auf den Verlauf der Geschichte. (Da dies aber nur der erste Band einer Reihe ist, gehe ich davon aus, dass sich da noch einiges ändert.) Dafür hat mich die Hintergrundgeschichte um David und Raoul brennend interessiert und auch Auricas „Alltag“ zwischen all ihren eigenartigen Kollegen fand ich sehr unterhaltsam. Die Stärken lagen in meinen Augen aber besonders in den intimeren Szenen. Das meine ich jetzt nicht nur bezogen auf Erotik, sondern auch emotional. Allerdings fand ich gerade die erotischen Passagen sehr gut umgesetzt. Sie waren sexy, aber nicht nicht zu aufdringlich oder übertrieben und vor allem waren sie nicht der Fokus der Geschichte, sondern haben einfach ihren Teil zum Gesamtwerkt beigetragen. Bei anderen Büchern finde ich es immer ziemlich ätzend, wenn man das Gefühl hat, die ganze Story ist nur eine lose Rahmenhandlung, damit man zwei Charaktere miteinander fummeln lassen kann.
Ich könnte wahrscheinlich noch ewig weiter schreiben und viele kleine Aspekte aufzählen, die mir mehr oder weniger gefallen haben. Und wenn ich ganz nüchtern eine Liste mit allen Punkten aufschreiben würde, die ich eigentlich an Geschichten, Charakteren, Schreibstilen, etc. nicht mag, würden da sicherlich so einige Kleinigkeiten zusammenkommen. Aber tatsächlich hat das alles beim Lesen überhaupt keine Rolle gespielt. Ich hatte einfach Spaß. Oft ist die Hauptmotivation dafür ein Buch schnell durch zu lesen , dass ich dann darüber schreiben kann (in der Hinsicht hat mir das Bloggen vielleicht nicht allzu gut getan). Diesmal war es eindeutig das Buch, dass mich nicht losgelassen hat.
Kurz & Knapp
Das Schloss der Schatten ist ein Vampirroman, der mich zwar an die YA-Fantasy-Romance Schinken erinnert, die ich früher verschlungen habe, dabei aber etwas erwachsener wirkt. Vielleicht war es genau diese Mischung aus Nostalgie und erwachsen sein, die mich so begeistert hat. Auch wenn es einige kleine Aspekte gab, die mir nicht hundertprozentig gefallen haben, konnte ich das Buch nicht aus der Hand legen. In den letzten Jahren passiert es sehr selten, dass ich ein Buch so schnell verschlinge und es war ein tolles Gefühl, sich endlich mal wieder einfach mitreißen zu lassen. Insgesamt hätte ich mir ein bisschen mehr Pepp gewünscht, mehr Action und zwielichtigere Charaktere. Aber auch so war mir nie langweilig beim Lesen und ich freue mich auf Band 2.