Bewertung zu "Frei wie verkrüppelte Tauben" von Alexandra Dichtler
"Ja. Romy hat genug durchgemacht. Tick hat so viel gelesen, aber so wenig gefragt. Er hat Romy nie gefragt, wie sich das anfühlt, in den Spiegel zu schauen und einen Mann zu sehen, obwohl man doch eigentlich eine Frau ist."
Ich weiß wirklich gerade nicht, wo ich anfangen soll. Habe es eben erst ausgelesen, aber ... ich möchte es unbedingt rezensieren, also mache ich das auch. Aber auf meine Art. Also ... erst mal muss ich sagen, dass ich von Alexandra Dichtler bisher noch kein vollständiges Buch gelesen habe, sondern lediglich ein paar kürzere Sachen und Auszüge, aber bereits in denen hat ihr Schreibstil mich immer überzeugen können. Sobald FWVT erschien, MUSSTE ich es mir einfach holen. Und zwar sowohl als Taschenbuch, als auch als eBook (weil das Taschenbuch noch nicht angekommen ist und ich konnte nicht länger warten), weil der Verlag schon immer mit Zitaten rumgeteast hat und mich das schier wahnsinnig gemacht hat. Ein Transgender-Buch, nein, mehr als das! Ein Jugendbuch mit so viel Herz, in diesem Schreibstil, in den man einfach eintauchen MUSS ... ich konnte nicht widerstehen.
Anhand meiner Updates bei Goodreads kann man auch sehr genau sehen, wie sehr mich dieses Buch mitgenommen hat. Zum Schluss hin bin ich immer langsamer beim Lesen geworden, jedoch nicht wegen der fehlenden Spannung, sondern weil ich einfach nicht wollte, dass es aufhört. Dieses Buch sollte jeder lesen, der ergriffen werden möchte, jeder, der mit Tränen in den Augen noch lesen kann und der sich in den Seiten wiederfinden will. Ob Transgender, Cisgender, Hetero- oder homosexuell, wen interessiert's - dieses Buch hat für jeden etwas und ich würde es ohne Bedenken auch jedem empfehlen, wenn nicht sogar ans Herz legen.
Tick, Romy und Silas sind herrlich vibrante Charaktere. Ich konnte mich in jeden von ihnen hineinversetzen, mit ihnen leiden und lachen (und ja, es gibt ebenso viel zum Weinen wie zum Lachen). Die Geschichte ist aus Ticks (Matthias') Sicht geschrieben, der mit achtzehn endlich in seine eigene Wohnung zieht. Seine besten Freunde sind Romy (früher Roman) und Silas (ein Zwölfjähriger Referatsjunkie (kann man ja nicht anders nennen), der auch seinen eigenen Kloß im Gepäck hat). Während Tick versucht, mit Romys Transidentität zurechtzukommen und sich erst von Roman verabschieden muss, hängt er auch noch an seiner Ex-Freundin, die Heroin spritzt, und versucht überhaupt, mit seinem Leben zurechtzukommen. Nicht wieder rückfällig werden, das hat er im Kopf, und LEBEN, so schwer das auch manchmal ist. Während der ganzen Reise durch die Seiten habe ich mitgefiebert, mich in dem Schreibstil gesonnt, weil das gar nicht anders geht.
Dieses Buch ist toll, es stimmt mit Leichtigkeit die Saiten an, die man bereits verstaubt glaubte. Ich will, dass alle dieses Buch lesen. Ich will, dass ihr das mit mir teilt. Und ja, irgendwie habe ich das Gefühl, diese Rezension spiegelt es noch nicht so echt wider, weil ich es nicht richtig in Worte fassen kann. (Eieiei, das darf ich nicht zu laut sagen, ist ja voll die Schande, so als Schreiberling.) Aber es ist einfach ... man muss es selbst lesen, dann liegt es auf der Hand, was ich meine.
Das ist sicherlich nicht das letzte Mal, dass ich dieses tolle Buch lese!
"Er, das ist doch bloß ein Personalpronomen, eine alte Gewohnheit. Mehr nicht."