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Luc

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Cover des Buches Die Geschichte der getrennten Wege (ISBN: 9783518425756)

Bewertung zu "Die Geschichte der getrennten Wege" von Elena Ferrante

Die Geschichte der getrennten Wege
Lucvor 7 Jahren
tolles Buch

Ja, da ist er nun, der dritte Teil aus Elena Ferrantes Italien Epos. Die Geschichte der getrennten Wege ist die Fortsetzung von Kindheit und Jugend der Erzählerin. Inzwischen ist aus Elena eine erwachsene Frau geworden. Sie hat ein Buch veröffentlicht, dass aufgrund seines Wahrheitsbezuges nicht von allen Menschen gemocht wird, die ihr nahe stehen und irgendwie zweifelt die Protagonistin auch an sich selbst, was in ihrem nicht ganz untypischen Fall direkt in eine Ehe mündet, die ihr zudem die Selbstständigkeit raubt. Ihre Freundin Lila dagegen-in unglücklichen Beziehungen durchaus bewandert- verschwendet ihr Dasein in Wurstfabriken und sonstigen Zwistigkeiten, die immer noch mit ihrer Jugend zu tun haben. Die Bindungen unter den Vesuv sind stets spürbar. Diese Gegend aus der die beiden Protagonistinnen stammen hat wahrlich Wunden geschlagen. Hier kommen die Frauen her und irgendein Teil der Seele scheint sich auch immer noch dort zu befinden. Während Elena mit ihrer Unabhängigkeit ringt hat sich Lila in ihr verloren. Sie weiß immer alles besser und macht es für sich selbst immer schlimmer.

Was halte ich von dem Buch? Ich muss gestehen selten ein Buch schneller gelesen zu haben, was sicherlich an der sehr flüssigen Schreibweise und meiner Neugierde auf das Geschehen geschuldet ist. Dabei hat es eine fast schmerzende Tiefe und Wahrhaftigkeit, die einen in den Bann schlagen kann. Die Beziehung der Geschlechter, diesen intellektuellen Hochmut von Männern, die sich wirklich niemals hinterfragen mussten und die Verletzlichkeit und Stärke von Frauen kommen sehr gut rüber. Die Charakterzeichnungen finde ich durchweg interessant erzählt. Immer wird da noch etwas offen gelegt, was tief unten in der Seele jahrelang geschlummert hat. Allerdings hätte ich mir bisweilen den geschichtlichen Hintergrund, das Buch spielt in den siebziger Jahren, des vorigen Jahrhunderts- etwas stärker ausgebaut gewünscht. Da geht ein bisschen Potential verloren. Alles in allem aber ein sehr gelungenes Buch. Ich freue misch schon darauf, den letzten Teil lesen zu dürfen. 

Cover des Buches Wenn ich jetzt nicht gehe (ISBN: 9783458177029)

Bewertung zu "Wenn ich jetzt nicht gehe" von María Dueñas

Wenn ich jetzt nicht gehe
Lucvor 7 Jahren
ein Genuss

„Wenn ich jetzt nicht gehe“ von Maria Duenas führt uns in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts nach Mexiko Stadt. Mauro Larrea hat in der neuen Welt sein Glück gemacht. Durch harte Arbeit und kluge Entscheidungen ist er Besitzer eines Barockpalastes geworden. Von den Minen und Ländereien einmal ganz zu schweigen. Doch wie Männer wie Mauro nun einmal so sind, riskiert er bei einem Geschäft zu viel und gerät ziemlich in die Bredouille. Genauer gesagt verliert er alles und muss das Land verlassen. In Havanna erhofft er sich Rettung, doch die Zeichen stehen schlecht, bis ein sonderbares Ereignis sein Leben völlig auf den Kopf stellt. Schon bald muss er erneut aufbrechen, um seine letzte Chance zu ergreifen. Jetzt oder nie.

Also, wenn es Buch für mehrere gedankenversunkene S-Bahn Fahrten gibt hat es Maria Duenas mit „Wenn ich jetzt nicht gehe“ ganz eindeutig geschrieben. Das Buch entfaltet einen Lesesog, der Protagonist wird sehr lebendig eingeführt und die Geschichte ist voller überraschender Wendungen. Mauro Larrea ist ein Held alter Schule. Der Roman läuft im Prinzip wie eine der üblichen Liebes- und Abenteuergeschichten ab, dass darf man nicht verhehlen. Aber die vertrackte Geschichte hat was und diese Autorin hat für mich ebenfalls etwas. Das Buch wirkt auf mich gut recherchiert, intelligent konstruiert und mit großer Sorgfalt geschrieben, was sich zum Glück nicht auf den flotten Schreibstil auswirkt. Maria Duenas hat die Geschichte gut durchdacht, was bei den Familienverwirrungen und psychologischen und geschichtlichen, Feinheiten gar nicht einfach gewesen sein mag. Ich habe mich mit dem Roman einfach durchweg wohl gefühlt.Selbst das Buchcover ist ein echter Hingucker. Und dieser Held! Mauro Larrea kommt einfach immer wieder auf die Beine und zeigt im Angesicht der Frage, ob es nicht sinnvoll sein kann, die Sklaverei zu unterstützen Courage. Ein schönes Buch, dessen einzige Schwäche seine größte Stärke ist- Ein Liebesroman zu sein. 

Cover des Buches Das geträumte Land (ISBN: 9783462047967)

Bewertung zu "Das geträumte Land" von Imbolo Mbue

Das geträumte Land
Lucvor 7 Jahren
Traumland

Jende Jonga lebt als als illegaler Einwanderer in New York. Obwohl er einen Asylantrag im Land der begrenzten Möglichkeiten gestellt hat, würde sich Jende sicher nie als Flüchtling betrachten. Denn Kamerun hat es nie besonders schlecht mit ihm gemeint und Jende mag sich auch nicht in der Opferrolle sehen. Amerika ist ein magischer Kontinent, der Zukunft und Glück verheißt. Das findet auch seine Frau Neni. Gemeinsam wollen die beiden mit ihrem Sohn ihre Träume verwirklichen und da kommt die Stelle als Fahrer für Jende gerade recht. Sein Vorgesetzter Clark Edwards arbeitet für die Lehmann Brothers, wir befinden und kurz vor dem Börsencrash von 2008 und das Schicksal nimmt seinen Lauf. Nach einer gewissen Zeit beginnt auch Neni für die sehr wohlhabende Edwards Familie zu arbeiten und wird bald die rechte Hand der etwas labilen Ehefrau Cindy.

Zu Beginn hatte ich etwas Anlaufschwierigkeiten mit dem Romananfang. Zu schablonenhaft schienen mir das Einwanderpaar in seinem Gut und Nett sein gezeichnet. Von neurotischen Himmelsstürmern in Brot und Arbeit gehalten, wie ein Sklavenpaar in schlechten alten Zeiten. Der brave Jende Jonga und die talentierte zukünftige Apothekerin Neni auf dem Weg ins Glück über den Umweg der stets unglücklichen Oberschicht Mischpoke inclusive rebellischen und sinnsuchenden Jungspund auf dem Weg zum meditierenden Späthippie. Aber diese Geschichte bekommt eine Wendung mit der ich nun überhaupt nicht gerechnet habe und das gibt dem Buch schon eine besondere Note. Dafür und nicht nur dafür gehört der Autorin mein Respekt! Imbolo Mbue vefügt über eine gefällige und unterhaltsame Schreibe und sie hat die Fähigkeit den Alltag von Einwanderen gekonnt darzustellen. Schwächen sehe ich vor allem darin bisweilen die Handlungsweisen ihrer Protagonisten nicht richtig zu untermauern. Ich persönlich konnte auch keine emotionale Bindung zu Jende oder Neni aufbauen. Aber das soll kein Urteil sein und wird sicherlich bei vielen anderen Menschen ganz anders sein, könnte ich mir zumindest gut vorstellen. Ein Buch das ich gerne gelesen habe! 

Cover des Buches Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster (ISBN: 9783462048704)

Bewertung zu "Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster" von Susann Pásztor

Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster
Lucvor 7 Jahren
wunderbares Buch

Fred ist nach einer ziemlich unerquicklichen Ehe auf Sinnsuche und wird Sterbegleiter. Sein erster Einsatz bringt ihn jedoch mit der halsstarrigen Karla zusammen, die von seinen menschlichen Anwandlungen wenig hält. Aber sie braucht Fred nun einmal. Bauchspeicheldrüsenkrebs im Endstadium und nun auch noch Fred, dieser gefühlt typische Durchnittsdeutsche -wir haben uns alle lieb-Mann will natürlich wieder alles richtig machen. Wie bei seiner, der Esoterik zugeneigten Ehefrau, die sich inzwischen einem zupacken deren Mann zugewandt hat. Wie bei seinem Sohn Phil, dem sein Vater mit seiner leidigen Kumpelmasche zumindest mittelschwer auf den Zeiger geht, was in diesen pubertären Lebensjahren ja auch kein Wunder ist. Fred versucht die Mauer zwischen sich und der äußerst bärbeißigen Karla immer wieder einfallsreich zu überbrücken und überschreitet schließlich eine Grenze, die Karlas Gegenwart mit ihrer Vergangenheit verknüpft. Karla, einst hingebungsvoller Fan der Gruppe Grateful Dead hat nur noch einen Wunsch und den kann ihr eigentlich nur Freds Sohn erfüllen.

An das Thema Sterbebegleitung bin ich mit einer gewissen Grundskepsis gegangen. Aber die Leseprobe zu dem Buch hat mir gefallen und ich wurde tatsächlich positiv überrascht. Dieses Buch fördert eine herrliche Schlichtheit und eine hintergründige Komik zutage, wie ich sie in letzter Zeit selten gelesen habe. Susann Pàsztor hat die Gabe unser Dasein wirklich auf den Punkt zu bringen, die Realität einzufangen und diese auf einen literarischen Sockel zu hieven. Die Menschen kommen sehr lebensnah rüber. Wobei der etwas spröde Erzählton manchmal etwas über die Emotionen herübergeht und aus dem Ende eine Spur zu wenig herausholt. Aber ansonsten hat mich der Roman voll überzeugt. Vor allem die Entwicklung von Phil, dem genialen Reim-Rapper, der seinen seinen Weg geht. Er wächst am meisten in diesem Buch. Auch schön, wie die ganzen kleinen zwischenmenschlichen Geheimnisse nach und nach aufgedeckt werden. Und wer da zuletzt stirbt hat doch seine Würde gewonnen. Ein sehr gutes Buch von einer ausgezeichneten Autorin, die eine Lanze für die Sterbebegleiter bricht. Ich werde mir nicht nur Ihren Namen merken. Danke für die intensiven Lesestunden!

Cover des Buches Ab morgen wird alles anders (ISBN: 9783446250499)

Bewertung zu "Ab morgen wird alles anders" von Anna Gavalda

Ab morgen wird alles anders
Lucvor 7 Jahren
gute Literatur

Es ist ein paar Jahre her seit ich mein letztes Buch mit Kurzgeschichten von Anna Gavalda gelesen habe.“Ich wünsche mir, dass irgendwo jemand auf mich wartet“ ist der Titel. Eins sehr unterhaltsames Buch, was man von ihrem Roman „Nur wer fällt, lernt fliegen nun wirklich nicht sagen konnte. Manche Schriftsteller haben ein Händchen für Erzählungen und Kurzgeschichten. Anna Gavalda ist zweifellos eine grandiose Beobachterin alles zwischenmenschlichen vor dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher Verhältnisse.

Die Liebe wird in diesem Erzählband immer wieder umschifft, als wäre sie eine Schlechtwetterfront vor Kap Horn. Und wenn dann mal jemand geliebt wird, stirbt er, durch die Putzsucht, der eigenen Mutter betrauert, wie in der Anfangsstory, die voller Tragik steckt. Sehr gut gelungen finde ich die zweite Geschichte. „Mathilde“ die junge moderne Frau, wie sie sicher nicht nur in Paris vorstellbar ist, vergisst in einem Lokal 10 000 Euro und ist von da an nur noch auf eine Sache fixiert. Hier zeigt Anna Gavalda viel von ihren Fähigkeiten. Das Innenleben der Protagonistin wird stark hervorgehoben. Gavaldas wilder Schreibstil ist unverwechselbar, mal witzig und hintergründig, mal ausufernd und auf Abwegen, man mag das oder nicht. Wie Besucher Paris lieben oder hassen.

Die Kurzgeschichten haben stark unterschiedliche Längen. „Meine Kraftpunkte“ ist wesentlich sachlicher geschrieben, was bei der vernunftbezogenen Hauptfigur kein Wunder ist. Wie alle Protagonisten macht der Erzähler einen Lernprozess durch. Er wird klüger durch das Leben. So was soll vorkommen und ist fast schon erfrischend, in all der seelischen Verwahrlosung in den Hochhausschluchten. In der vierten Geschichte ist der Lerneffekt am stärksten ausgeprägt, hier begegnet ein junger Mann einem sonderbaren Ehepaar. Zwei Menschen, die über sich hinausblicken. Schön geschrieben, gut im Abgang. Was man auch von der letzten Geschichte behaupten kann, in der wieder eine Frau die zentrale Rolle spielt, wenn es in Wirklichkeit auch dieses merkwürdige Dasein, um sie herum ist. Der Gavalda sei Dank. Alles in allem ein lesenswertes Buch. 

Cover des Buches Sweetgirl (ISBN: 9783423261265)

Bewertung zu "Sweetgirl" von Travis Mulhauser

Sweetgirl
Lucvor 7 Jahren
komisch und tragisch

„Sweetgirl“von Travis Mulhauser erinnert mich ein bisschen an Lana del Rey Songs über den amerikanischen Traum, den White Trash und das abgehängt sein in unendlich großen Landschaften, die von Waffenschwingenden Lonesome Wolf Kauzen und drogensüchtigen Wracks nur so wimmelt. Die sechzehnjährige Percy rettet ein halb erfrorenes Baby aus dem Haus eines Drogendealers. Keine gute Idee, wie sich herausstellt. Denn mit Shelton ist nicht gut spaßen. Der durchgeknallte Kerl macht sich auf das Kind zurückzubekommen, möglichst bevor die Mutter der Kleinen wieder halbwegs runterkommt von dem Zeug, dass er ihr vertickt hat. Eine abgedrehte Story. Shelton ist die geborene Null und zu allem fähig. Percy dagegen ist in der Hauptsache einfach nur gut, was in all dieser hoffnungslosen Michigan-Tristesse durchaus wohltuend und auch glaubhaft ist. Diese junge Frau ist geradlinig und gerechtigkeitsliebend. Ihre Mutter ist selbst drogensüchtig und mit dem entsprechend schwachen Charakter geschlagen. Percy ist auf der Flucht vor Shelton und auf der Suche nach sich selbst, ohne davon zu ahnen. Ihre Schutzengel heißen Wolfdog und Portis, der aus jeder Pore nach Whiskey riecht und mit seiner Knarre verwachsen scheint.

Travis Mulhauser nutzt den ganz typischen amerikanischen Schreibstil mit dem ebenfalls typischen Zungenschlag, der einfach nie Langeweile aufkommen lässt. Die Männer sind hart im Nehmen und noch härter im Austeilen. Die Frauen sind verlorene Seelen, bis auf Percy, die einfach nicht aufgeben kann und darf. Bei Sheltons Verfolgungsjagd musste ich manchmal an T.C. Boyle ähnliche Figurenzeichnung und Geschehnisse denken. Allerdings zielt„Sweetgirl“ sicherlich auf eine etwas jüngere Zielgruppe. Percy und das gerettete Baby sind die Garanten für einen spannenden Roman, der für meinen Geschmack allerdings eine Spur mehr dramatische Ereignisse vertragen hätte. Ich hatte beim Lesen immer wieder das Gefühl, dass der Autor beim Schreiben immer schön den Mittelweg genommen und so sorgt bei mir das Buch nicht unbedingt für viel Nachhall. Ansonsten ein absolut lesenswerter Roman.

Cover des Buches Die Geschichte eines neuen Namens (ISBN: 9783518425749)

Bewertung zu "Die Geschichte eines neuen Namens" von Elena Ferrante

Die Geschichte eines neuen Namens
Lucvor 7 Jahren
faszinierende Geschichte


In Elena Ferrantes Buch „Die Geschichte eines neuen Namens“ schlüpft man hinein, wie einen geschmeidigen Schuh, der den Leser nach Neapel trägt. Hinein in die sechziger Jahre Atmosphäre Italiens, in dessen Arbeitervierteln Unverschämtheit eine Art Überlebenstechnik darstellt. Hier sind die beiden Protagonistinnen des Romans aufgewachsen. Lila und Elena sind Freundinnen, aber auch Konkurrentinnen, zunächst einmal was die Noten der Schule anging, nun aber auch bei der Wahl, um den attraktivsten Mann fürs Leben. Elena ist die Erzählerin dieser Geschichte. Sie muss hart an sich arbeiten, um gute Zensuren zu bekommen und so wirkt sie auch immer eine Spur verkrampft. Lila dagegen ist mit einer beneidenswerten Intelligenz gesegnet, auf die sie wahlweise mit Gleichgültigkeit hinabblickt, um sie im nächsten Augenblick, wie ein Schwert einzusetzen. Sie geht völlig kompromisslos ihren Weg, wobei sie sich in denkwürdig armselig und stürmischen Liebesgeschichten verheddert, was sie die überaus begabte junge Frau nach und nach an den Abgrund ihrer Existenz führt. Die beiden Frauen leiden dabei nicht nur an den falschen Männern, sondern einer bleiernen Zeit, die den Mann zum Herrn im Hause bestimmt und der Frau stets den Platz am Herd zuweist.

Wie ich das Buch finde? Es ist schon faszinierend, mit welcher Treffsicherheit die Autorin das Romanpersonal zeichnet. Was im ersten Teil des Romans noch köchelte beginnt hier zu brodeln. Lila ist keine Frau, die sich alles gefallen lässt und dennoch sitzt sie beziehungsunfähig zwischen den Stühlen, einen Ort, den Elena nicht einmal erreicht, denn die brave Studierende wird vom männlichen Geschlecht lange mit Nichtachtung und schalen Zungenküssen gestraft. Niemand ist hier nur böse oder gut. Nicht einmal die unvermeidlich auftauchenden Mafioso, die Lila das Leben noch ein bisschen schwerer machen. Die Menschen werden in all ihren Facetten gezeigt und der Schluss ist einfach nur genial. Das alles wird sehr stimmig und kraftvoll erzählt. Mir hat das Lesen sehr viel Freude bereitet. Ein Buch zum mitfiebern, voller kleiner und großer Schicksalsschläge. Dafür gibt es die volle Punktzahl!

Cover des Buches Die Spionin (ISBN: 9783257069778)

Bewertung zu "Die Spionin" von Paulo Coelho

Die Spionin
Lucvor 7 Jahren
ein hartes Schicksal

Mata Hari, welch ein Name, welch eine Geschichte, was heute selbstverständlich ist, die Selbstverwirklichung der Frau war vor dem 1. Weltkrieg nicht einmal ein frommer Wunsch, eher eine Schreckensvorstellung für die Herrschenden. Ein faszinierendes Leben. Ein fürchterliches Lebensende, als vermeintliche Spionin vor dem Erschießungskommando. Paulo Coelho ist das Wagnis eingegangen, die Zeit zurückzudrehen und in die Haut der frivol justierten Mata Hari zu schlüpfen, die mit ihrem wirklichen Namen Margarethe Zelle hieß. Doch diese junge Holländerin entschließt sich nach einem Aufenthalt auf Java sich neu zu erfinden. Dabei pflastern Männer ihren Weg. Sie treten als Förderer, Stolpersteine, Vergewaltiger, Gönner, Besserwisser und Halunken auf den Plan. Der aufziehende 1. Weltkrieg markiert eine tragische Wende in ihrem Leben, das halbseidene Leben hat sie mit Picasso und vielen anderen Berühmtheiten ihrer Zeit zusammengebracht, doch nun sinkt Mata Haris Stern, ein Picasso darf noch in hohem Alter den jungen Frauen hinterhersteigen und mag immer noch begehrt gewesen sein. Für Mata Hari besteht als Frau diese Möglichkeit nicht, die fühlt sich alt und welk, ist aber die begnadete Lügnerin ist immer noch tatendurstig und begeht einen Fehler aus dem es kein Entkommen gibt.

Paulo Coelho beginnt das Buch mit dem tödlichen Ende, ein kluge Entscheidung, nicht der Tod der Mata Hari stellt eine Überraschung für den Leser dar, sondern ihr Werdegang. Vieles in dem Buch ist natürlich Spekulation, aber die Fakten basierten Geschehnisse liefern auch reichlich Information. Paulo Coelho zeigt mit einigem Rechercheaufwand die facettenreiche Mata Hari in ihrer ganzen Tragik und einem unglaublichen Gestaltungswillen. Hier nimmt ein weibliches Nichts sein Leben in die eigenen Hände und wird vielleicht gerade deshalb zum Opfer eitler Herrenmenschen, die sich zwar an Mata Hari ergötzen, aber sie gleichzeitig voller Verachtung in den Tod stürzen. Mir hat das Buch insgesamt gut gefallen. Der Autor versteht einfach auf unnachahmliche Weise zu erzählen und er baut auch immer die eine oder andere Weisheit ein, was ja auch nicht schaden kann. Das Buch hat allerdings auch seine Schwächen, einfach weil der Autor einen Hang zur Oberflächlichkeit hat.

Cover des Buches I.Q.: Thriller (ISBN: 9783518748442)

Bewertung zu "I.Q.: Thriller" von Joe Ide

I.Q.: Thriller
Lucvor 7 Jahren
Am Limit

Der hochbegabte Querdenker Isaiah Quintabe hat sich einen Status, als Problemlöser und Detektiv in den Problemvierteln von Los Angeles erarbeitet. Wer zwischen den täglichen Scharmützeln der Drogenbanden überleben will braucht mindestens eine Waffe unter dem Bett und einen Überlebenswillen von Lake Powell Ausmaßen. Isaiah, den alle nur I.Q. nennen, weil das halt so gut auf seinen Denkapparat passt, hat neben seiner exorbitanten Intelligenz auch noch das nötige Durchsetzungsvermögen, obwohl es das Schicksal nicht immer gut mit ihm gemeint hat. Manchmal mutiert der Privatermittler gar selbst zum Täter. Eltern hat Isaih keine, nur die Sinnsprüche seines Bruders, sein Leben auf keinen Fall zu vergeuden und dann ist da noch eine offene Wunde. Die Geister der Vergangenheit geben keine Ruhe und diese Tatsache tritt in Form von Dodson zurück in sein Leben. Gangsta Dodson ist Drogenverticker, Dieb und personifiziertes Großmaul in einer Person. Er macht Isaiah mit einem berühmten Rapper bekannt, dessen Leben bedroht ist.

Zu meiner Schande muss ich zugeben noch niemals von Joe Ide gelesen zu haben. Mich hat der Buchumschlagstext neugierig gemacht und ich bin nicht enttäuscht worden. Der Stoff ist gut, der Protagonist ist geradezu einmalig, vielschichtig angelegt, wirklich jemand, den ich sicher lange Zeit nicht vergessen werde. Unter seiner coolen Fassade steckt ein empfindliches Kerlchen. In all der obszönen Gewalt seines Stadtviertels wirkt I.Q. wie ein Fels des Guten gegen den das die Bosheit und Dummheit der Bling Bling Musikwelt anbrandet. Und der prägnante Schreibstil lässt einen Leser in die Materie eintauchen. Ich habe da richtig mit gefiebert und gelernt Kampfhunden auch zukünftig aus dem Wege zu gehen. Sehr interessant finde ich den unkonventionellen Ablauf der Geschichte. Isaiahs Vergangenheit und der Rapper-Fall laufen am Ende zusammen. Für mich einer der besten Thriller des Jahres ! Das wirkt alles so ungemein echt und wahrhaftig, nicht wie eine zusammengebastelte Geschichte von der Stange. Eine echte Entdeckung ! 

Cover des Buches Das Nest (ISBN: 9783608980004)

Bewertung zu "Das Nest" von Cynthia D'Aprix Sweeney

Das Nest
Lucvor 7 Jahren
brisantes Thema

„Das Nest“ von Cynthia D'Aprix Sweeney ist zuallererst einmal ein New York Roman. Hier ist alles eine Nummer größer, die Häuser, der Erfolg, das eigene Ego, ein idealer Hintergrund für die Abgründe der menschlichen Seele und wann entzünden sich innerfamiliäre Konflikte am ehesten? Kaum zu glauben, wenn es eine Erbschaft zu verteilen gibt! Und diese vier Ostküstennarren, in zwei Männer und zwei Frauen aufgeteilt, sind typische Vertreter ihrer Stadt. Alle auf dem Weg nach unten, bemüht den Anschluss an die amerikanische Mittelschicht zu halten, aber finanziell, beruflich und gesundheitstechnisch unter Druck, was sich beim Testosteron geplagten Alphamännchen Leo, darin niederschlägt keiner Droge aus dem Wege fahren zu können, weder dem Kokain noch den zweibeinigen Versuchungen, die völlig talentfrei immer ins Musikbusiness wollen.

Es kommt zu einem schicksalhaften Autounfall, der eine Lawine in Gang setzt, die die ganze Familie mitzureißen scheint. Sein homosexueller Bruder Jack braucht dringend Bares, weil sein Kunsthandel auf der Kippe steht. Für die erfolglose schriftstellernde Schwester Beatrice ist die Erbschaft, die alle nur als Nest bezeichnen, die letzte Ausfahrt vor der totalen Bedeutungslosigkeit. Während bei der vierten im Bunde- Melody eher die Familiengemütlichkeit und der Dazugehörigkeitswahn der amerikanischen Mittelklasse im Vordergrund steht.

Erbschaftsromane sind ein dankbares Genre. Die Konfliktlinien ziehen sich quer durch die Familie und dennoch ringt die Autorin ein paar mal zu früh die Spannung nieder, indem sie die Fallhöhe ihres Quartetts auf ein Minimum reduziert, was ich persönlich schade fand. Dafür bewegt sich das Buch dann in ganz andere Bahnen oder noch unbekannten Pfaden, zumindest für mich, der noch nichts in der Richtung- wie verhalten und verändern sich Menschen, die immer gewusst haben eines Tages zu erben, nach der ersten Enttäuschung alles verloren zu haben?

Und das wiederum fand ich sehr spannend erzählt, von einer Frau, die sich mit zunehmender Romanlänge regelrecht frei schreibt. Hinten raus hat das Ding wahrlich Sogwirkung und manche Überraschung, die in einen Erkenntnisgewinn münden. Keine Frage. Bis dahin sind jedoch einige Längen zu überbrücken. Alles in allem ein empfehlenswerter Roman mit überraschendem Ende. 

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