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Luisebert

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Cover des Buches Der Rest ist das, was übrig bleibt (ISBN: 9783000365263)

Bewertung zu "Der Rest ist das, was übrig bleibt" von Anne Büttner

Der Rest ist das, was übrig bleibt
Luisebertvor 12 Jahren
Rezension zu "Der Rest ist das, was übrig bleibt" von Anne Büttner

„Der Rest ist das, was übrig bleibt“
Aha, dachte ich mir, als mir eine Freundin dieses Büchlein mit Kurzgeschichten schenkte. Genauso muss ich wohl auch geschaut haben, meinte sie doch, ich solle es lesen, es würde mir gefallen. Weil wir buchstäblich einen ähnlichen Geschmack haben, vertraute ich ihrem Vor-Urteil.
Umschlag und Klappentext ließen erahnen, dass sie Recht behalten könnte. Neugierig las ich drauf los. Bereits nach der ersten der insgesamt zehn Kurzgeschichten war mir klar, dass ich das Buch nicht einfach auf dem Weg zur Arbeit und zurück würde durchlesen können, wie ich aufgrund des Formates vermutete. Jetzt, nachdem ich es gelesen habe, kann ich sagen, dass der Eindruck bis zum Schluss blieb. Es war gut, sich den Geschichten in Ruhe zu widmen. Andernfalls hätte ich mich vielleicht nicht so auf sie eingelassen. So aber gewann ich einen Einblick in „ein Stück Leben all der Tagträumer und Nachtschwärmer, der Ausdauernden und Gehetzten, der Irgendwers und Jemands, die einem irgendwie bekannt vorkommen.“

So zum Beispiel in das Leben und die besondere Verbindung zweier Brüder („Audioretrospektive – die Welt mit Deinen Ohren sehen“). Weil dessen blinder Bruder seine größte Leidenschaft, das Fotografieren, aufgeben musste („Damals war er überglücklich, eine Dunkelkammer zu besitzen, heute ist er verflucht, in ihr zu leben.“), reist William an alle Orte, die sein Bruder früher bereist hatte und sendet ihm von unterwegs Hörbücher. Mit diesen soll es gelingen, den erblindeten Henry wieder sehen und fühlen zu lassen. Auch ich als Leserin fühlte mich an die Orte versetzt, auch wenn ich, im Gegensatz zu den beiden Brüdern, an den wenigsten davon war.

Ähnlich ging es mir bei „Eintagsfliegen“. Durch die Art, wie die Protagonistin (Namen sind nur in den wenigsten Geschichten zu finden) beschrieben wird, konnte ich mich in eine solche „Gehetzte“ hineinversetzen. Ganz automatisch las ich schneller, weil die Autorin durch ihr Schreiben diese Schnelligkeit und Rastlosigkeit vermittelte. Und obwohl ich ahnte, dass irgendwann die Notbremse gezogen werden muss, war ich doch überrascht, als es dann soweit war.

Noch ein Text, der mich überrascht hat, war „Farbenleere“. Das Thema der Geschichte ist nicht neu. Es geht um eine Beziehung, damit verbundene Gefühle und die Frage, wie es weitergeht. Die Art jedoch, wie dies ausgedrückt wird und Stimmungen transportiert werden, habe ich so noch nicht gelesen. Mittels Zahlen und Farben werden Gefühle angedeutet, die ich problemlos nachempfinden konnte, auch wenn ich es sonst nicht so mit Zahlen habe. Für mich einer meiner Favoriten im Buch!

Erwischt hat mich „Spielverderber“, ein Text über Misshandlung. Ich bin mir nicht sicher, ob er nicht zu hart ist. Auf mich wirkte es mitunter erschreckend abgeklärt, wie die Auslebung von Gewalt beschrieben oder angedeutet wurde. Andererseits ist Misshandlung ja genau das – brutal und erschreckend. Insofern hat die Geschichte ganze Arbeit geleistet. Ich fühlte mich, als sei ich selbst Opfer des Jungen geworden, um den es geht. Nach dieser Geschichte brauchte ich am längsten, bevor ich mit der nächsten beginnen konnte.

Laut Klappentext handelt es sich um ein „alphabetisiertes Wimmelbuch, bei dem es soviel zu entdecken gibt, wie der Leser bereit ist, sich einzulassen.“ Dem stimme ich zu. Auch, wenn ich mir anfangs nicht so recht etwas darunter vorstellen konnte, weiß ich jetzt, was damit gemeint ist. Je mehr Zeit man sich nimmt, je genauer man hinsieht, desto mehr spalten sich die Geschichten in ihre Bestandteile auf, legen unentdeckte sprachliche Bilder frei und enthüllen verborgene Emotionen.
An einigen Stellen blieb mir das Lachen im Halse stecken („Spielverderber“), bei „So und So“ – einem Text, der Erinnerungen aus zwei unterschiedlichen Sichtweisen wiedergibt - konnte ich nicht anders. Als sie mir das Buch schenkte, hatte meine Freundin mir nicht gesagt, dass es so fordernd wäre. Vielleicht weil sie ahnte, dass ich mir dann nicht die Zeit genommen hätte. So aber hoffe ich, mich bei ihr bald für dieses schöne „Wimmelbuch“ revanchieren zu können.

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