Bewertung zu "Die unendlichen Möglichkeiten der Liebe" von Myriam Lacroix
Lust_auf_literaturvor 13 TagenIch liebe richtig krass abgefahrene Literatur und bin immer auf der Suche danach. Aber nie hätte ich gedacht, dass sich hinter diesem lieblichen Titel und Klappentext derart abgefahrene Geschichten stecken. Und zwar abgefahren auf Sayaka Murata Level!
Die Idee von Myriam Lacroix ist im Prinzip nicht neu. Sie erzählt Variationen einer Geschichte, und zwar die Geschichte der Liebe zwischen Myriam und Allison. Angeordnet sind die Variationen wie einzelne Kurzgeschichten, die sich in Setting, Erzählton und Aussage komplett unterscheiden. Der Ideenreichtum und die Fantasie von Lacroix begeistern mich, genauso wie ihre Fähigkeit die Geschichten mit einem roten Faden zu einem runden Ganzen zu verbinden.
Myriam und Allison.
Lacroix erzählt ihre Geschichte aus verschieden Phasen einer Beziehung: Kennenlernen, Leidenschaft, Auseinanderleben und Trennung. Parallel setzt sie ihre beiden queeren Protagonistinnen in verschiedene Szenarien, die sich nicht auf unsere Welt, unsere Realität und unser Menschsein beschränken.
In der ersten Variation „Der Sinn des Lebens“ beispielsweise , die mit sehr surrealem Ton aus der Ich-Perspektive von Myriam erzählt ist, findet ihre Partnerin Allison in einer Gasse ein Baby und nimmt es mit in die gemeinsame Wohnung. Das löst natürlich einige Probleme aus, aber letzendlich endet diese Geschichte mit einer wunderbaren Utopie.
»Sagen wir es so: Wenn das Leben einen Sinn hat, dann ist es wahrscheinlich die Liebe.«
Aber nicht alle Geschichten enden mit einem optimistischen Fazit, was mir in dieser Vielschichtigkeit sehr gut gefällt. Es gefällt mir auch, dass sich für mich nicht unbedingt jede Metaebene gleich erschließt. Das hat Potential zum Nachdenken. Generell gibt Lacroix mir viele Denkanstöße, inwieweit meine Persönlichkeit und meine Liebe von den Umständen und meiner Lebenssituation abhängig ist. Was wäre veränderlich und was wäre konstant?
Für mich war „Die unendlichen Möglichkeiten der Liebe“ eine komplette und erfreuliche Überraschung, die dich sicher auch begeistern kann, wenn du dich gerne auf abgefahrene und teilweise surreale Leseerlebnisse einlässt! Ich hoffe sehr, dass Lacroix, die in Kanada Creative Writing studiert hat, nach ihrem Debütroman noch weitere Romane veröffentlichen wird, die dann auch ins Deutsche übersetzt werden!
“Doch irgendwann waren wir zu weit gegangen, hatten da reingeschnitten, wo es wehtat, in die verletzlichsten Teile, die wir zum Überleben brauchten. Wir stritten uns andauernd. Aber wir hörten nie auf zu reden. Nie hörten wir auf, es Liebe zu nennen.”