Inhalt: Wer kennt sie heutzutage nicht, die atemberaubenden Büste der Nofretete. Ihre Entdeckung im Jahr 1913 war eine Sensation und blieb den normalen Menschen doch lange verborgen. Ihre Reise von Ägypten nach Berlin gleicht einem Krimi, in dessen Mittelpunkt der Mäzen James Simon steht. Eine Geschichte über die Liebe zur Archeologie und die Macht der Politik.
Leseeindruck: Eine sehr flüssig erzählte Geschichte, die mich sofort in ihren Bann gezogen hat. Besonders die Mischung aus der persönlichen Lebensgeschichte James Simons und den großen politischen Umwälzungen durch den ersten Weltkrieg und die Wirtschaftskrise der 1920er Jahre haben mich immer weiter und weiter lesen lassen. James Simon wird dabei so greifbar, menschlich und verletzlich dargestellt, dass ich sofort Sympathie für ihn empfand. Umso mehr hat mich sein persönliches wie wirtschaftliches Schicksal mitgenommen. Unglaublich, was ein Mensch aushalten kann und auch muss.
Die Faszination der Nofretete wird nachvollziehbar dargestellt, ein Kunstschatz, der alles überstrahlt und in dessen Glanz sich so einige Nationen sonnen möchten. Gerade weil auch die Grabungsbedingungen und Vorgehensweisen aus heutiger Sicht fragwürdig anmuten, ist es umso wichtiger genau diese zu thematisieren, um daraus zu lernen.
Der Roman schlägt einen Bogen zwischen geschichtlichen Darstellungen der Grabungen in Tell el-Amarna und der politischen Bedeutung, die der Fund der Büste mit sich bringt. Eine Büste, die Länder über die Jahrhunderte entzweit, aber auch vereint hat.
Neben all den Dingen, die sich auf der großen Weltbühne abspielen, geschieht in James beruflichem und privatem Leben so einiges, was durch die Weltpolitik hervorgerufen wird. Finanznot und der gesellschaftliche Abstieg auf Grund seiner jüdischen Herkunft.
Fazit: Mir hat es sehr gut gefallen, wie die Autorin all die schweren Themen in einem gut lesbaren Roman zusammenträgt. Ich habe mit James gelitten, mich mit ihm gefreut und eine ganz andere Sicht auf die Ausgrabungspraktien des 20. Jahrhunderts erhalten. Ein Roman, der es schafft viele Themen in sich zu vereinen und so auf jeder Seite Abwechlung bietet.
Madame_Klappentext
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Inhalt: Das Leben der Familie Wilf ist unterteilt in ein Leben vor und nach dem Unfall, den die Kinder der Theo und Sarah verursacht haben, bei dem eine Freudin tödlich verletzt wurde. Wie geht das Leben für die Familie weiter? Wie lebt man mit der Schuld? Wer hat überhaupt Schuld? All das sind Fragen, denen der Roman auf den Grund geht.
Neben der Familie Wilf wird auch das Leben der Nachbarn Shenkman betrachtet, denn auch wenn diese Familie erst Jahre nach dem Unfall in die Devision Street gezogen ist, wird auch deren Leben von den damaligen Ereignissen beeinflusst.
Leseeindruck: Ich bin förmlich durch die Kapitel geflogen, da diese recht kurz sind und durch den wechselnden Blickpunkt auf die verschiedenen Charaktere ist stets für Abwechslung gesorgt. Außerdem springt man auch munter durch die Jahrzehnte. Die Handlung spielt zwischen den Jahren 1985 und 2020, zwischen denen auch der Erzähler hin und her springt. So musste ich immer recht aufmerksam bleiben, um nicht den Anschluss an den aktuellen Handlungsstrang zu verlieren. Mich hat diese Erzählweise sehr angesprochen, weil sich einfach mit der Zeit ein immer komplexeres Bild des Familiengefüges zusammensetzt. Alle gehen unterschiedlich mit dem Erlebten um und auch das "normale" Leben muss irgendwie weitergehen und formt die Figuren ebenso. Dieses Zusammenspiel zwischen Schuld, Weiterleben und Verarbeiten hat mir sehr gut gefallen.
Scheinbar losgelöst von all dem ist die Geschichte der Familie Shenkman. Sie haben nichts mit dem Unfall von damals zu tun und doch ergibt irgendwie alles ein großes Ganzes. Jede Handlung oder Entscheidung hat Einfluss auf unsere Mitmenschen. In diesem Fall die Nachbarn Shenkman. Ben Wilf, der Vater von Theo und Sarah hätte ohne den Unfall und dessen Folgen wohl ein ganz anderes Zusammentreffen mit dem Nachbarssohn Waldo gehabt. Die Beziehung der beiden ist so besonders. Es hat mich gerührt zu sehen wie wichtig Menschen füreinander sein können und das gegenseitiges Verstädnis so prägend ist. Unglaublich, dass Waldo dieses Verständnis zuerst bei einem ihm fremben Nachbarn macht, bevor seine Eltern ihm dieses entgegenbringen können. Ich habe beim Lesen selten so viel Wut verspürt, wie gegen Waldos Vater. Aber lest einfach selbst.
Fazit: Eine berührende Geschichte, die die richtigen Fragen stellt, niemanden verurteilt und zeigt, dass unser Handeln auch Auswirkungen auf Menschen haben kann, an die wir zunächst überhaupt nicht denken.
Inhalt: Aenne wird in den 1920er Jahren geboren und muss schon als Kind einige Schicksalsschläge, wie beispielsweise den Tod der Mutter im Wochenbett verkraften. Eines wird aber ihr gesamtes prägen: Der Tod der vier Brüder im Zweiten Weltkrieg. Eine Familiengeschichte, die durch das Erzählen und Erinnern von Aenne immer in gegenwärtig bleibt und auch in den folgenden Generationen einen Platz findet.
Leseeindruck: Bücher über die Zeit des Zweiten Weltkrieges gibt es viele, genauso wie Erfahrungsberichte aus dieser Zeit, eine Menge davon habe ich auch schon gelesen und doch ist mir Aenne und ihre Brüder besonders in Erinnerung geblieben und ans Herz gegangen. Reinhold Beckmann erzählt die Geschichte seiner Familie und ganz besonders die seiner Mutter Aenne auf berührende Art und Weise. Nicht, weil er in besonderem Maß auf Emotionen oder Sensationen setzt, sondern eben genau das Gegenteil macht. Er erzählt in einem sehr sachlichen dokumentarischem Stil vom Leben seiner Mutter und seiner Onkel. Niemand ist besonders, keiner hält sich für etwas besseres, alle wünschen sich ein ganz normales Familienleben. Solche Familiengeschichten hat es tausendfach gegeben und genau das hat mich so ergriffen. Man erfährt vom Leben einer bescheidenen Schumacherfamilie, die gerade die Schrecken des Ersten Weltkrieges hinter sich lassen konnte und deren unbeschwertes Leben nicht lange anhalten sollte. Es lässt einen auch Jahrzehnte nach den Kriegsende fassungslos zurück wie einfache Menschen zum Spielball der Politik und Weltgeschichte werden. Wie machtlos jeder einzelne ist und wie schnell man sich doch an neues anpasst und fügt - um zu überleben.
All das erfährt man zum einen aus den Feldpostbriefen, die Aenne ihr ganzes Leben aufbewahrt hat und auch aus Ihren Erinnerungen, an denen Sie uns Leser durch Ihren Sohn Reinhold Beckmann teilhaben lässt. Diese Authenzität kommt mit jedem Satz rüber und macht das Gelesene noch bedrückender. All das ist Menschen wirklich geschehen. Keine Romanhandlung, keine fiktiven Charaktere, keine unnahbaren Menschen aus der Elite, keine Übertreibungen für einen spannenderen Plot. Nein, hier wird das Leben der einfachen Leute beschrieben. Manches hätte sich ein Romanautor nicht dramatischer ausdenken können.
Auf einer zweiten Ebene neben der Rekonstruktion der Lebenswege von Aenne und ihren Brüdern werden immer wieder Absätze zum aktuellen politischen und gesellschaftlichen Leben eingeflochten. Somit kann man immer gut einschätzen, an welchem Punkt der Weltgeschichte man sich gerade befindet und welchen Einfluss dieses Geschehen auf die Familienmitglieder hat. Wie die Sorgen wachsen und wie jeder, egal ob an der Front oder zu Hause versucht sein Leben zu leben und noch in der schlimmsten Situation versucht Freude oder zumindest Trost zu finden.
Fazit: Die Handlung dieses Buches ist zum größten Teil über 70 Jahre her und könnte doch aktueller nicht sein. Man erfährt am Schicksal einer Familie was die große Weltpolitik für Auswirkungen auf das eigene Leben haben kann und wie sich eine Gesellschaft verändert, in der Depoten an die Macht kommen und Krieg zum Alltag der Menschen wird. Eine sachliche Darstellung der Erergnisse, die gerade deshalb so berührt, weil sie normale Menschen in den Mittelpunkt stellt.
Inhalt: Die Erinnerungsfotografen sorgen nicht
für irgendwelche Erinnerungsfotos ihrer Kunden, sondern für genau diese besonderen Aufnahmen, die wir sehen wenn wir uns auf unsere letzte Reise begeben. Sie bilden sozusagen die Grundlage dafür, dass sich unser Leben noch einmal vor unserem inneren Auge abspielen kann.
Gemeinsam mit dem Fototgrafen Herrn Hirasaka begleiten wir drei sehr unterschiedliche Personen auf ihrem weg ins Jenseits. Man erfährt eine Menge über das Leben und die unterschiedlichen Prioritäten, die jeder im Leben hat. Eine fantasievolle Reise, die einen über das eigene Dasein nachdenken lässt.
Leseeindruck: Durch die kurzen Absätze fliegt man förmlich durch den Roman, auch die mystische Atmosphäre des Fotostudios hat mich durch die Geschichte getragen, denn es gibt so unendlich viel zu entdecken und die Geheimnisse der Erinnerungsfografie zu lüften. Ständig habe ich mich dabei ertappt, wie ich darüber nachgedacht habe, welche Bilder ich mir wohl aussuchen würde. Genau diese Hintersinnigkeit macht die Geschichte so besonders. Die eigentliche Handlung, rund um das vergangene Leben der, nennen wir sie mal Kunden mag recht unspektulär sein und doch hat mich jedes einzelne Schicksal bewegt, denn genau so ist es doch im wahren Leben. Jedes Leben ist es wert erzählt zu werden. Nicht nur die vermeindlich großen Taten sollen in Erinnerung bleiben. Nein, jedes Ereignis, egal wie klein und zunächst unbedeutend erfüllt seinen Zweck im großen Räderwerk des Lebens.
Es fällt mir wirlich schwer, über die einzelnen Charaktere zu schreiben, ohne schon zu viel vorweg zu nehmen, denn es passieren so einige Dinge, mit denen ich nicht gerechnet hätte. Eines ist aber sicher, die Charaktere sind mir wirklich alle ans Herz gewachsen und es war mir eine Freude gemeinsam mit Ihnen zurück zu bedeutenden Momenten ihres Lebens reisen zu dürfen. So konnte ich die alte Dame und ihren Bus bewundern, dabei ihren Tatendrang und ihre Aufrichtigkeit erleben, genauso wie ich in die Geschichte um das Mäuschen und den Held eingetaucht bin. Beide Geschichten könnten unterschiedlicher nicht sein. Während die alte Hatsue fast schon zufrieden ihre Auswahl an Bildern zusammensucht, ist der Protagonist der zweiten Geschichte eine unruhige Seele. Waniguchi führte als Krimineller ein Leben voller Grenzerfahrungen. Mehr will ich nun wirklich nicht erzählen, denn die Lebensgeschichten wirken sicher am besten, wenn man sie unvoreingenommen liest. Mich haben beide sehr beeindruckt.
Lieblingsnebencharakter: Mal wieder ist diese Frage schwer zu beantworten. Ganz spontan aus dem Bauch heraus, wähle ich Nezumi, den Mitarbeiter von Waniguchi. Ein hezensguter Mensch, der mit seiner Art viele Menschen glücklich gemacht hat und aus Waniguchi ganz nebenbei auch noch einen besseren Menschen gemacht hat.
Fazit: Ein gefühlvoller Roman über den Sinn des eigenen Lebens. Feinsinnig gezeichnete Charaktere führen durch die Geschichte, die sich im laufe der Zeit als sehr vielschichtig entpuppt. Ein Roman der nachhallt und zum Nachdenken anregt und bei dem man beim zweiten Lesen sicher wieder neue Nuancen erkennt, die einem vorher nicht ins Auge gefallen sind.
Inhalt: Simon eröffnet im Wien der 1960er Jahre ein Cafe, obwohl er keine Erfahrung in der Gastronomie hat. Bisher hat er sich mit diversen Gelegenheitsjobs auf dem Wiener Karmelitermarkt über Wasser gehalten und führt ein bescheidenes Leben. Die Gäste seines Cafes gehören den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Schichten an und bieten eine Menge Stoff für unterhaltsame Szenen aus dem Alltag.
Leseeindruck: Cafe ohne Namen ist ein sehr kurzweiliger Roman. Das Cafe selbst bildet den Dreh- und Angelpunkt aller Geschichten und führt die einzelnen Fäden zusammen. Es ist Schauplatz ziemlich aller Ereignisse und dient als abwechslungsreiche Kulisse für die Handlung. Auch der Protagonist Simon fügt sich dem Rhythmus des Cafes, egal ob es sich nun um seinen Tagesablauf oder den gesamten Ablauf eines Jahres handelt. Simon ist ein Typ von nebenan, der mit seiner Unauffälligkeit glänzt. Andere Charaktere mögen vielleicht auffälliger oder charakterstärker sein, aber genau durch seine Unaufgeregtheit trägt er die Geschichte auf besondere Weise. Der Roman lässt sich sehr zuügig lesen, da die Kapitel doch recht kurz sind und auch die eigentliche Handlung sehr überschaubar ist, denn der Roman wird vielmehr durch die Atmosphäre des Alltäglichen getragen als durch eine aufregende Handlung. Genau deshalb wollte ich das Buch wahrscheinlich auch recht zügig beenden, da mich doch die Neugier getrieben hat, welchen weiteren Verlauf der Alltag der Figuren nehmen wird. Man kann große und kleine Dramen miterleben, die doch jedes Leben auf irgendeine Weise prägen.
Die Charaktere sind alle sehr unterschiedlich und wären sich sicher ohne das Cafe in den seltesten Fällen über den Weg gelaufen, aber man merkt allen an, dass sie authentisch sind, kein einziger wirkt fehl am Platz oder überzeichnet. Die feine Darstellung dieser Normalität zeugt von einer guten Beobachtungsgabe des Autors. Es ist toll mitanzusehen, dass zwischenmenschliche Themen so abwechslungsreich aufbereitet werden. Es geht um Liebesbeziehungen, Freundschaften, das Älter werden, persönliche Träume aber auch ums Scheitern. Eine Mischung, die sehr gelungen ist und bei der man sich in so manchen Situationen sicher selbst wiedererkennen kann.
Lieblingsnebencharakter: Ich mag mich überhaupt nicht festlegen, denn in diesem Roman tauchen sehr viele Charaktere auf, die die Geschichte auf besondere Weise prägen oder einfach eine unerwartete Entwicklung nehmen. Besonders ins Herz geschlossen habe ich Mila, die einfach eine treue und ehrliche Seele ist und ohne die Simon sicher nicht so weit gekommen wäre. Aber auch seine Vermieterin die Kriegerwitwe hat einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen, da auf sie das Sprichwort: „Stille Wasser sind tief“ zutrifft. Ohne viel Aufhebens steht sie Simon mit Rat und Tat zur Seite.
Fazit: Selten habe ich einen Roman gelesen, dessen Handlung so alltäglich ist und doch faszinierend genug um mich Seite für Seite zu fesseln. Eine wunderbare Gesellschafts- und Millieustudie, die durch synpathische Charaktere getragen wird. Sprachlich schön erzählt für jeden, der einfach am Alltag anderer Personen teilhaben und gemeinsam deren Träumen hinterherjagen will.
Inhalt: Acht Erzählungen über scheinbar alltägliche meist familiäre Situationen im heutigen Korea reihen sich in dieser Sammlung aneinander. Dabei geht es um viel mehr als nur Alltagsdarstellungen. Die Rolle der Frau in Familie und Gesellschaft wird auf sensible Art beleuchtet. Was leisten koreanische Frauen, worauf verzichten Sie und worin liegen deren Wünsche? Eine abwechslungsreiche Sammlung voller feiner Nuancen zwischen Familiendramen, der Suche nach dem eigenen Selbst und Liebesgeschichten.
Leseeindruck: Schon“Kim Jiyoung, geboren 1982″der Autorin konnte ich nicht aus der Hand legen, da es mich sofort mit seiner besonderen Atmosphäre eingefangen hat. Genauso wiederholt sich diese Erfahrung bei „Miss Kim weiss Bescheid“. Jede einzelne Erzählung verfügt über eine ganz eigene Atmosphäre, in die man sich sofort hineinfühlen kann. Besonders berührt hat mich, dass in einigen Erzählungen in der Ich-Perspektive vom Geschehen berichtet wird. So viel Nähe und dadurch entstehende Emotionen wirken noch stärker nach, da der Stil anderer koreanischer Belletristik (zumindest, der mir bekannten) doch eher von einer gewissen Distanz geprägt ist. Inhaltlich bieten die Erzählungen sehr viel Abwechslung, aber alle haben eine weibliche Protagonisten gemeinsam, die sich den gesellschaftlichen Anforderungen an sie stellen muss. Sei es, wie meist, im privaten oder auch im beruflichen Umfeld. Kaum hatte ich eine Geschichte beendet, wollte ich auch schon weiterlesen, denn die Geschichten sind so voller Details, des zwischenmenschlichen Zusammenlebens, dass die Neugierde auf neue Aspekte immer groß bleibt. Außerdem hallen die Erzählungen noch lange nach, da man zu den dargestellten Konflikten nie die eine richtige Lösung angeboten bekommt, sondern vielmehr einen Anstoß sich selbst seine Gedanken zu machen. Ich bin mir sicher, diese Sammlung nicht zum letzten Mal gelesen zu haben. Man wird immer wieder neue Aspekte entdecken.
Lieblingsnebencharakter: Hier nenne ich einfach mal meine Lieblingsgeschichte: „Lieber Hyunnam“. Was für ein toller Brief, der tiefe Einblicke in eine Beziehung gewährt, wie sie sicher nicht nur in Korea vorkommt. So viel Emotionen und Entwicklung auf so wenigen Seiten. Gerade die Kompaktheit bringt es auf den Punkt und schockiert irgendwie auch. Aber wie gesagt, Korea mag weit weg sein, die Erzählungen könnten aber allesamt so ähnlich auch hier bei uns um die Ecke spielen.
Fazit: Man taucht in eine andere Kultur ein, lernt viele Frauenfiguren kennen und nimmt doch so viel fürs eigene Leben mit, weil man unaufhörlich zum Nachdenken gebracht wird. Einfach lesenswert.
Inhalt: Alún und Tara waren mal beste Freunde und auch noch mehr, doch dann ist etwas zwischen Ihnen passiert, was sich nicht so einfach kitten lässt. Zu allem Überfluss leben sie in einer Welt, die von Technik und einem autoritären Staatsgefüge geprägt wird. Als wäre das nicht alles kompliziert genug, bringt auch noch ein Chemieunfall in ihrer unmittelbaren Nähe alles durcheinander. Während Tara zurück in nun verseuchtes Gebiet zieht, bleibt Alún in der vermeindlich heilen Welt und widmet sich voll und ganz seiner Street-Art. Kann es unter diesen Vorzeichen eine Versöhnung geben?
Leseeindruck: Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht von Tara und Alún, deren Kapitel sich abwechseln und aus der jeweiligen Ich-Perspektive verfasst sind. Taras Kapitel haben mir ein Stück weit mehr Spaß gemacht, da ich ihre Welt und Schicksal interesanter finde. Auch ihren Gedankengängen bin ich etwas näher, was direkt dazu geführt hat, mich auf ihre Seite zu schlagen. Alún hatte also von Beginn an einen schwereren Stand bei mir, was aber auch an seinem distanziertem Umfeld gelegen haben dürfte. Insgesamt gefällt mir der Kontrast zwischen den beiden Welten gut, denn so ist man gezwungen sich mit verschiedenen Aspekten der Romanwelt zu befassen und hat eine Menge Möglichkeiten eine Identifikationsfigur zu finden. Auf diese Weise ist der Roman für eine breite Leserschaft geeignet. Auch die angesprochenen Themen sind sehr facettenreich. Eine Teenagerliebe wird genauso thematisiert wie Naturschutz, Krankheit, Freundschaft, Staatsautoritäten und die alternative Kunstszene der Street-Art, das alles findet in einer dystopischen Umgebung statt. Man könnte meinen, dass so viele Themen für Ablenkung und wenig Tiefgang sorgen. Das Gegenteil ist aber der Fall. Der Verlauf des Romans zeigt wie eng verzahnt alle gesellschaftliche Probleme miteinander sind. Außerdem wird man ständig zum Nachdenken und Hinterfragen animiert. Für mich einer der wichtigsten Punkte für einen guten Roman. Man wird nicht nur unterhalten, sondern auch gefordert sich selbst eine Meinung zu bilden. Nicht zuletzt das fantastische Ende zwingt einen fast dazu, sich seine Gedanken zu machen. Ein schnelles Zuklappen nach dem letzten Kapitel ist im Prinzip unmöglich. Durch die vielen verschiedenen Charaktere, vom aufmüpfigen Teenager bis hin zur überambitionierten Ärztin bekommen die Leser*innen immer wieder unterschiedliche Ansichten dargeboten, da sollte für jede*n klar werden, dass es nie nur richtig oder falsch, gut oder böse gibt, sondern eine unendlich große Menge an Grautönen. Das beste Beispiel hierfür ist die Geschichte von Ste. Übrigens habe ich lange gerätselt, was es mit ihr auf sich hat. Eine sehr interessante Figur, deren Schicksal mich tief berührt hat. Lest einfach selbst.
Lieblingsnebencharakter: Ganz klar Taras Opa. Er ist sich treu, vermittelt zwischen den Partein und bietet immer einen etwas anderen Blick auf die Situation an. Ohne ihn würde dem Familiengefüge um Tara definitiv etwas fehlen, denn er bringt mit seinem Alter nochmal die Sicht einer anderen Generation zum Vorschein, dieser Blick hat mir gefallen und gibt der Story mehr Tiefe. In Alúns Story gefällt mir Rose, die unabhängige Street-Art-künstlerin am besten. Sie lässt sich nicht verbiegen und sorgt mit ihrer geheimnisvollen Art für Spannung. Ich hätte sehr gern noch mehr über sie erfahren. Sie hätte noch so viel zu erzählen gehabt, da ist es schade, das sie „nur“ eine Nebenfigur ist. Nicht unerwähnt soll Alúns kleine Schwester Lone bleiben. Sie bringt so viel Menschlichkeit in ihre Familie, dass es mich tief traurig gemacht hat – das sollte nicht die Aufgabe eines kleinen Mädchens sein.
Fazit: Dystopie trifft Liebe, Natur, Kunst und Freundschaft. Eine Mischung, die sehr gelungen ist und für eine Menge Abwechslung sorgt. Dabei paart sich tolle Unterhaltung mit gesellschaftlich wichtigen Themen, die einen gerade zu zwingen sich seine eigenen Gedanken zu machen. Die sehr verschiedenen Charaktere bieten wirklich allen Leser*innen eine Identifikationsfigur. Wer ein packendes, gut lesbares und innovatives Buch sucht, wird mit „Taras Augen“ glücklich werden.
Inhalt: Drei Frauen schauen sich im Theater ein Beckett-Stück an, während vor den Toren der Stadt Melbourne Buschfeuer wüten. Quasi ein Stück im Stück, dabei könnten die Literaturprofessorin Margot, die Kunstmäzenin Ivy und die Platzanweiserin Summmer unterschiedlicher nicht sein. Sie hängen während des Stücks ihren ganz persönlichen Gedanken nach und lassen uns so teilhaben an Ihrem Leben außerhalb des Theaters.
Leseeindruck: Mich hat die Idee fasziniert einen Roman in einem kleinen abgeschlossenen Raum fast ohne eigentliche Handlung spielen zu lassen. Kann das Gut gehen? Ist das nicht langweilig? Diese Fragen schossen mir durch den Kopf und wollten beantwortet werden. Ja, es geht gut ohne auch nur auf einer Zeile langweilig zu sein.
Der Erzähler lässt uns an den Gedankengängen der drei Frauen während des Stücks teilhaben. Da ist das Leben mit einem demenzkraken Ehemann wie in Margots Fall, Trauer und Verlust beherrschen Ivys Gedanken, während Summer die Buschfeuer und das damit verbundene Schicksal ihrer Freundin April nicht aus dem Kopf gehen. Man erlebt das Stück durch die Augen der Frauen und nimmt dabei wirklich nur deren Blickwinkel war, samt ihrer Gedanken. Im Prinzip sind die Gedankengänge wirr, abschweifend, aber gerade deshalb ungefiltert und gnadenlos ehrlich. Mir hat das unwahrscheinlich gut gefallen, eine Figur auf diesen Weg so direkt kennenzulernen. Es gibt keine Gegenmeinung oder zweite Sicht auf die Dinge. Für mich ist das in diesem Fall kein Nachteil, denn umso intensiver kommen die Ansichten der drei Frauen zum Tragen. Quasi ein Roman mit drei starken Frauen im Mittelpunkt. Immer wieder habe ich mich dabei erwischt, wie ich mich in der einen oder anderen Situation wiedererkannt habe. Auch ich betrachte oft Sitznachbarn bei Veranstaltungen oder lasse meine Gedanken schweifen, um mich dann zu fragen, was ich auf der Bühne verpasst habe. Bis zu diesem Roman, war mir nicht klar, dass ja doch jeder im Zuschauerraum seinen Gedanken nachhängt. Wirklich toll eingefangen, diese Atmosphäre.
Auch wenn der Roman im Deutschen „Die Feuer“ heißt, finde ich doch, dass das Thema Theater viel wichtiger für das Ambiente der Geschichte ist. Die Umgebung im Zuschauerraum, auf der Bühne und auch in den Gängen des Theaters schafft eine ganz besondere Atmosphäre, die den Roman besonders macht. Im Englischen lautet der Titel übrigens „The Performance“, was ich weitaus passender finde. Der Mittelteil des Romans ist schließlich selbst ein Stück. Die Pause des Theaterstücks wird im Roman im Stil eines Dramas wiedergeben. Ein wirklich gelungener Kniff, der zum einen die Story beziehungsweise die Gedankengänge der Zuschauerinnen auflockert, zum anderen die drei Frauen zusammenführt.
Lieblingsnebencharakter: Schwer zu sagen, denn im Prinzip folgt man drei unterschiedlichen Geschichten, die auf den ersten Blick keine Berührungspunkte haben. Ich möchte auch gar keine Entscheidung treffen, weil alle Figuren, die einen Weg in die Gedankenwelt von Margot, Ivy und Summer gefunden haben, wichtig für die drei sind. Nur durch seine Mitmenschen wird man zu dem was man ist. Am deutlichsten in Erinnerung geblieben ist mir aber Summers Freundin April , die am meisten Berührung mit den Buschfeuern hat. Sie schafft quasi die Verbindung zur bedrohlichen Außenwelt.
Fazit: Ein Roman, der auf engstem Raum im Theater spielt und sich fast ausschließlich mit der Gedankenwelt der drei Zuschauerinnen Margot, Ivy und Summer beschäftigt. Stilistisch ein gelungener Roman, der starke Frauenfiguren in den Mittelpunkt stellt, die während eines Theaterstücks ihre aktuelle Lebenssituation reflektieren. Einfach toll gezeichnete Charaktere in einem besonderen Theaterambiente. Die Feuer als Titel könnte man schlussendlich auch als Methapher für die Gedankengänge der Frauen betrachten. In deren Leben es gerade mächtig lodert, genauso wie eben die Buschfeuer vor der Stadt. Ein Buch für Theaterliebhaber und alle, die starke Charaktere mögen.
Inhalt: Die jungen Geschwister Sam und Lucy müssen zur Zeit eines Goldrausches in einem nicht näher genannten Land den Verlust der Eltern verkraften. Dabei sind beide auf der Suche nach ihrer eigenen identität. Wo kommen sie her, wo gehören Sie hin? Ihre Eltern haben darüber nur wenig gesprochen, alles was sie kennen sind ihre eigenen Erfahrungen, die Ihnen gezeigt haben, dass sie mit ihren glatten schwarzen Haaren und den schmalen Augen einfach anders aussehen, als alle anderen in ihrer Umgebung. Noch dazu müssen sie sich in der wilden Natur behaupten und haben dabei nichts mehr als sich selbst.
Leseeindruck: In dieser Geschichte bleibt einfach alles wage. Vieles bleibt ungesagt, denn es werden keine genauen Orts- oder Zeitangaben gemacht. Lediglich vom Westen, den Hügeln oder über das Meer wird gesprochen. Die angesprochenen Probleme wie Rassismus, Identität und Famile brachen aber auch keine genaue Raum- und Zeitorientierung, sie sind einfach immer wichtig, egal wann und wo. So sehr mich die Geschichte auch interessiert hat, so schwer viel mir der Zugang dazu, denn beim Lesen habe ich ständig nachgedacht, wie das eine oder andere wohl gemeint sein wird. Ich mag es zwar, wenn mich Geschichten zum Nachdenken anregen, aber hier konnte ich mich leider überhaupt nicht treiben lassen. Den Plot habe ich deshalb auch etwas vernachlässigt, was der Gesamtfreude jedoch keinen Abruch erteilt hat, denn die Charakterzeichnugen sind einfach großartig. Alle sind so detailiert und facettenreich gezeichnet. Dabei kann ich eines schon verraten, keiner der Charaktere ist einfältig oder entspricht durchweg dem ersten Eindruck. Das beste Beispiel hierfür ist Sam. Diese Fugur ist einfach nur besonders. Und zwar besonders charakterstark und das schon in so jungen Jahren. Diese Figur hat mich am meisten beeindruckt. Einfach toll, wie C Pam Zhang Sam gezeichnet hat. Eine Figur, die soviel Verschiedenes in sich vereint und dabei durch und durch glaubwürdig bleibt.
So unterschiedlich die Familienmitglieder auch sind, sie haben alle ihr Päckchen zu tragen und treffen sicher nicht nur gute Entscheidungen, aber eines verbindet sie immer wieder: Die gemeinsame Familie.
Besonders Lucys Willensstärke am Ende hat mir gefallen, wie alle anderen auch, macht sie eine besondere Entwicklung durch. Es hat Spaß gemacht, diese bei allen mitzuverfolgen.
Lieblingsnebencharakter: Ich kann einfach keinen Lieblingsnebencharakter ausmachen, denn nicht eine Figur abseits der Familie hätte diesen Platz hier verdient. Alle handeln egoistisch, gierig und wenig sozial. Dabei wird sich schön hinter den gesellschaftlichen Gepflogenheiten versteckt, denn natürlich tut keiner etwas unrechtes. Lucy und Sam sind Außenseiter, da dürfen sie auch so behandelt werden. Schrecklich, dass Figuren/und Menschen im Wahren Leben überhaupt in der Lage sind, so zu denken und zu handeln.
Fazit: Da in diesem Roman so viele Dinge zwischen den Zeilen vor sich gehen, fällt es manchmal schwer den Faden nicht zu verlieren. Man sollte aber dran bleiben, denn das lohnt sich wirklich. Es wartet eine tolle Kulisse mit wahrlich besonderen Charakteren auf alle, die den Roman auf sich wirken lassen. Das beste in meinen Augen ist, dass es kaum eine Geschichte gibt, die sich mit „Wie viel von diesen Hügeln ist Gold“ vergleichen lässt. Ja, es gibt unzählige Western, oder Roadtrips oder auch Geschichten übers Erwachsenwerden, über Identitäten, oder die Familienbande, aber keine verküpft all diese Facetten so kreativ mteinander wie dieser Roman.
Inhalt: Emmy steht kurz vor ihrem 87. Geburtstag und blickt auf ein bewegtes Leben zurück, das sie fernab ihrer Heimat am Meer in Berlin verbracht hat. Mit an ihrer Seite sind ihre Kinder, die alle ganz unterschiedliche Charaktere sind und auch ganz verschieden mit einem möglichen Familiengeheimniss umgehen, das aufgedeckt werden will.
Leseeindruck: Besonders gefallen hat mir Emmys Humor. Einfach großartig wie ehrlich sie ist, dabei hat sie eine Beobachtungsgabe, die einfach entwaffnend ist. Ihr entgeht nichts und sie hält auch nicht mit ihrer Meinung hinterm Berg.
Vorallem wenn man ihre tragische Familiengeschichte kennt, ist es umso erstaunlicher wie unbeschwert sie meist durchs Leben geht.
Gerade zu Beginn des Romans hatte ich so meine Probleme die beiden Erzählebenen zwischen Emmys Vergangenheit und ihrer Gegenwart miteinander in Verbindung zu bringen. Ihre Familiengeschichte ist so dicht erzählt, dass ich mich sehr konzentrieren musste, den Anschluss nicht zu verlieren. Auf der anderen Seite hat mich diese intensive Atmosphäre auch gepackt. Mehr und mehr hatte ich das Gefühl Emmy immer näher zu kommen und sie richtig kennenzulernen. Ein toller Charakter. Sie trägt mit ihrer Ausstrahlung die ganze Geschichte.
Fazit: Eine tolle Familiengeschichte, die tragisch, komisch aber auch sehr intensiv ist. Die verschiedenen Charaktere bringen eine Menge Abwechslung in die Story, ohne vorausschaubar zu sein. Der gut lesbare Stil sorgt für tolle Unterhaltung in einer ganz besonderen Atmosphäre zwischen Meer, Berlin und Familie.
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