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Madamebiscuit

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Cover des Buches Und alle so still (ISBN: 9783498002985)

Bewertung zu "Und alle so still" von Mareike Fallwickl

Und alle so still
Madamebiscuitvor 8 Tagen
Kurzmeinung: Stark, feministisch und gesellschaftskritisch
Absolute Empfehlung, feministisch, gesellschaftskritisch, großartig

Mareike Fallwickls gesellschaftskritischer und feministischer Roman hat mich die letzten Tage in Atem gehalten, mich erschüttert, mir die Tränen in die Augen getrieben und am Ende auch mit einem hoffnungsvollen Gefühl zurückgelassen. Dabei erzählt sie eine Geschichte, die sich heute oder auch morgen genau so abspielen könnte in unserer westlichen Welt.
Was würde passieren, wenn wir Frauen uns einfach nicht mehr verantwortlich fühlen würden? Aufhören würden, uns um alles und jeden zu kümmern? Ein Gedankenexperiment, was es absolut wert ist, durchdacht zu werden. Wäre es eine dystopische oder eine utopische Vorstellung?

Ihre drei Protagonist*innen durchleben genau diese Situation, und zwar aus drei unterschiedlichen Perspektiven. Elin, eine junge Frau, die sich dieser Revolution anschließt. Ruth, Mitte fünfzig, die es nicht schafft, als Pflegekraft einfach aufzuhören und nicht zu helfen. Und Nuri, noch nicht mal 20 Jahre alt, internationale Biografie, der durch jedes Loch unseres Systems fällt.
Alle drei Charaktere haben mich berührt, ihre Lebenswege und Erfahrungen innerhalb und mit unserer Gesellschaft gehen unter die Haut. Sie sind menschlich, emotional, stark und wachsen über sich hinaus.
Die Autorin schreibt packend und klar. Sie nennt die Missstände beim Namen und beschönigt nichts. Dabei lässt sie mühelos gut recherchierte Fakten zum Notstand des Gesundheitswesens und anderen aktuellen Themen einfließen.

„Es ist gut, dass Frauen Sorgenotstände auffangen, dass sie sich an menschlichen Bedürfnissen orientieren und nicht an Macht, Profit und Wettbewerb […] Frauen sollten sich das nicht abtrainieren, sie sollten nicht aufhören damit, […], aber Männer sollten endlich damit anfangen.“ S. 238

Diesen Ansatz empfand ich als großen Gewinn des Romans. Es geht Mareike Fallwickl nicht um den Aufruf zum Kampf „Frau gegen Mann“, sondern um die Veränderung des patriarchalen Systems hin zu einem, für alle Menschen, lebenswerten Zustand und um Solidarität.
Was dieses Gefühl heißt, zeigt sie in vielen Gesten und Aussagen. Welche Stärke und Macht aus diesem Zusammenhalt entstehen können, macht Hoffnung, dass wir die Veränderung gemeinsam tatsächlich schaffen könnten.

Wie sehr habe ich diesem Buch entgegengefiebert und wie vollumfänglich begeistert bin ich nun nach dem Lesen. Dieses Buch ist mein bisheriges Jahreshighlight und ich möchte am liebsten nur noch sagen „Lest es alle!“.

Dieser Roman ist einfach eine Wucht! Absolut notwendig und großartig geschrieben.

Cover des Buches Lil (ISBN: 9783406813757)

Bewertung zu "Lil" von Markus Gasser

Lil
Madamebiscuitvor 13 Tagen
Kurzmeinung: Unterhaltsame und kurzweilige Geschichte über eine starke Frau.
Eine Frau, die sich zu wehren weiß

Dieses Buch war für mich einfach absolut rund. Bereits ab der ersten Zeile hat Markus Gasser mich in den Bann seiner Geschichte geschlagen und erst am Ende wieder losgelassen. Dabei geht es um Lillian Cutting, eine unkonventionelle, moderne und unverschämt erfolgreiche Geschäftsfrau Ende des 19. Jahrhunderts. Als ihr Ehemann stirbt, dauert es nicht lange, bis Neider und Feinde aus der Deckung kommen. Dabei entpuppt sich ausgerechnet ihr Sohn Robert, als der gefährlichste. Doch Lillian Cutting trägt nicht umsonst den Spitznamen „Lil the Kill“.

Erzählt bekomme ich diese Geschichte dabei von Lils Nachfahrin Sarah in der Jetztzeit. Die das gesamte Geschehen ihrer Hundedame Miss Bronte in einem äußerst amüsanten Zwiegespräch schildert. Bereits dieser stilistische Kniff gefiel mir gut. Noch viel besser gefiel mir der Schreibstil des Autors, er ist herrlich ironisch und treffsicher in seiner Wortwahl. Die Protagonist*innen sind greifbar beschrieben und ich hatte keine Mühe die Handlung, wie einen gelungen Film, vor meinem inneren Auge ablaufen zu lassen.

Dabei adressiert Markus Gasser in diesem Roman universelle Themen wie Macht und Abhängigkeit, der Bedeutung des Gelds und der Familie. Gekonnt integriert er diese in die Handlung und spart auch nicht an einer ordentlichen Portion Gesellschaftskritik an der Oberschicht.  

Von mir gibt es eine Leseempfehlung. Für einen äußerst unterhaltsamen und kurzweiligen Roman, der Spaß macht und keine Frage nach dem Guten und dem Bösen offen lässt.

Cover des Buches Gussie (ISBN: 9783423283861)

Bewertung zu "Gussie" von Christoph Wortberg

Gussie
Madamebiscuitvor 18 Tagen
Kurzmeinung: Lesenswerte Romanbiografie über Gussie Adenauer
Romanbiografie einer starken Frau

Das Cover zeigt einen Ausschnitt eines Potraits von Gussie selbst und hatte mich im ersten Moment nicht gecatched. Den Klappentext dagegen fand ich sehr interessant, da ich tatsächlich bisher nichts über Adenauers zweite Frau wusste.
Die Romanbiografie selbst wechselt zwischen den letzten Tagen von Gussies Leben 1948 und ihrer Vergangenheit mit Konrad Adenauer ab. Vorangestellt wird jedem Kapitel ein kurzer Auszug aus Briefen zwischen Gussie und ihrem Vater oder auch mit Konrad. Diese Idee gefiel mir ausgesprochen gut, zum einen war klar erkennbar, in welchem Zeitabschnitt das jeweilige Kapitel spielt und zum anderen waren es häufig Zeilen, die gleich zum Nachdenken anregten. Der Autor weist im Nachwort darauf hin, dass er sich soweit es geht an Originaltexte gehalten hat und falls das nicht möglich war, sehr bemüht war, den stimmigen Ton zu treffen. Inwieweit ihm das gelungen ist, kann ich nicht beurteilen, aber für mich ist es klingen diese Passagen sehr rund.
Allgemein habe ich die Geschichte des Ehepaars Adenauer sehr interessiert gelesen und empfinde Gussie als eine sehr bemerkenswerte Frau. Sie setzte sich, gerade auch zu dieser damaligen Zeit, sehr selbstbewusst für ihre Überzeugungen ein und hat sich auch von gesellschaftlichen Normen und Erwartungen nicht ausbremsen lassen. Gleichzeitig zeichnet Christoph Wortberg ein sehr zugewandtes und liebevolles Verhältnis zwischen den Eheleuten und auch zwischen Gussie und ihrem Vater, das mich sehr für die Protagonist*innen eingenommen hat. Sie werden als Menschen wahrer Größe und mit unglaublichen Mut geschildert, die gerade in Zeiten des Nationalsozialismus zu ihren Überzeugen standen und mit den Konsequenzen leben mussten.
Der Autor lässt dabei auch nicht unerwähnt, welche Herausforderungen es gerade für Gussie darstellte, die zweite Frau in Adenauers Leben und die Gattin eines Politikers zu sein. Immer wieder ließen mich ihre Kommentare und Reaktionen schmunzeln und ich habe ihr im Stillen applaudiert.
Dieses Buch liest sich kurzweilig und leicht und ist, in Kombination mit meinem persönlichen Wissenszugewinn, ein wahrer Lesegenuss gewesen.

Insofern gibte es von mir auch eine klare Leseempfehlung.

Cover des Buches "Einige Herren sagten etwas dazu" (ISBN: 9783462003536)

Bewertung zu ""Einige Herren sagten etwas dazu"" von Nicole Seifert

"Einige Herren sagten etwas dazu"
Madamebiscuitvor einem Monat
Kurzmeinung: Wichtiges und gut lesbares Sachbuch über die Frauen der Gruppe 47
Wichtiges Sachbuch über die Frauen der Gruppe 47

Ein weiteres Buch von Nicole Seifert beendet und einmal mehr wütend.

Wütend über so viel Ungerechtigkeit, soviel Patriarchat, soviel Macht und so viel Ohnmacht. Und gleichzeitig bin ich sehr dankbar für jede Frau, die vor mir bereits gekämpft hat, sich aufgelehnt hat, auf die Diskriminierung aufmerksam gemacht hat.

Die Autorin hat sich dieses Mal mit der Gruppe 47 beschäftigt. Ich gebe ehrlich zu, dass ich vor diesem Buch nicht wirklich viel über diese Gruppe wusste. Und erst recht nicht, wie viele Frauen tatsächlich ein Teil davon waren. Die einzige Frau, mit der ich etwas anzufangen wusste, war Ingeborg Bachmann, womit wir bereits beim Problem sind. Die Frauen und ihre Leistungen wurden systematisch „vergessen“, nicht erwähnt und/oder die Frauen wurden auf ihr Äußeres reduziert.

Nicole Seifert hat hervorragend recherchiert und belegt diese Systematik in Summe an 17 Frauen und bringt es wie folgt auf den Punkt:

„Allein die Tatsache, dass Frauen auch schreiben und bei der Gruppe 47 auftraten, löste Ängste aus.“ S. 261

Denn somit fallen sie aus ihren Rollen, den dienenden Hausfrauen, die gerne als schmückendes Beiwerk auf den Treffen dabei sein können, aber sicher nicht die genialen, denkenden und Literatur produzierenden Köpfe darstellen.

Die logische Konsequenz war, diese Frauen klein zu halten oder sie wieder klein zu machen. Verbale und verbale Übergriffe waren bei den Treffen durchaus Usus. 

Mit besonderem Interesse habe ich zusätzlich die gesellschaftskritische Einordnung der Gruppe innerhalb der Jahrzehnte gelesen. Wie sehr sich die Gruppe, allen voran Hans Werner Richter, gegen die Aufarbeitung der NS-Zeit sperrte und gleichzeitig lange Zeit als prägende Institution im Kulturbetrieb galt, ist schockierend. Gleichzeitig war es oft ein weiterer Grund die Frauen nicht zu unterstützen, wenn sich ihre Werke mit diesen Themen auseinandersetzten.

Nicole Seiferts Schreibstil ist leicht lesbar und der Inhalt packend aufbereitet. Somit lässt sich schnell vergessen, dass es sich hier um ein Sachbuch handelt.

Eines, das absolut lesenswert ist. Der Autorin gelingt es ein weiteres Mal auf den unfassbar großen Literaturschatz aufmerksam zu machen, den Autorinnen bereits geschaffen haben und den es wiederzuentdecken gilt. Gekonnt setzt sie diese Informationen in den Kontext einer notwendigen Gesellschaftskritik, um langfristig, hoffentlich, einen Wandel herbeizuführen, für uns alle.

 

Große Empfehlung von meiner Seite.

Cover des Buches Das andere Tal (ISBN: 9783257072822)

Bewertung zu "Das andere Tal" von Scott Alexander Howard

Das andere Tal
Madamebiscuitvor einem Monat
Kurzmeinung: Dystopisches Gedankenexperiment, das mich leider nicht völlig überzeugen konnte.
Dystopisches Gedankenexperiment

Das Cover ist atmosphärisch und stellt eine diffus im Nebel sichtbare Landschaft dar. Passt somit perfekt zu diesem Buch. Eine dystopische Geschichte, die mit vielen philosophischen Fragen aufwartet und uns Lesende vor ein spannendes Gedankenexperiment stellt. Was würden wir tun, wenn wir unsere Vergangenheit ändern könnten? Diesen einen Moment in unserem Leben, der alles danach beeinflusst hat, ungeschehen machen könnten?

So etwas mag ich sehr gerne und auch die ersten Seiten des Romans hatten mich angesprochen, insofern waren meine Erwartungen hoch.

Gerade der erste Teil, in dem Odile 16 Jahre alt ist und die schicksalhafte Begegnung mit den Besuchern aus der Zukunft hat, hat mich fasziniert. Was wird sie tun? Behält sie ihr Wissen über den baldigen Tod ihres Schulfreundes für sich oder warnt sie ihn?

Der zweite Teil spielt dann 20 Jahre später und Odile lebt mit den Konsequenzen ihrer Entscheidungen. Doch Zweifel darüber und die Frage, ob es nicht immer noch einen anderen Weg geben könnte, lassen sie nicht los. Bis sich die Ereignisse überschlagen und sie ein weiteres Mal vor die Wahl gestellt wird...

Der Autor hat in sein Debüt viele spannende Denkanstöße gepackt. Es handelt von Machtmissbrauch einzelner und des Systems, der Dominanz des Mannes über die Frau, aber auch von Freundschaft und des ersten Verliebtseins. Immer wieder sind richtig spannende Passagen dabei, leider aber auch einige Längen, vor allem im zweiten Teil.

Sprachlich klang der Text für mich immer wieder recht holprig, wobei ich nicht einschätzen kann, ob das an der Übersetzung oder dem Original liegt. Auch Odile bleibt mir als Protagonistin im zweiten Teil fremd, ich konnte keine rechte Bindung zu ihr aufbauen und somit auch nicht wirklich mitfühlen. Was ich sehr schade fand, gerade weil der Inhalt es mehr als hergibt.

Das Ende dagegen fand ich stimmig und gut gewählt. Mehr verrate ich an dieser Stelle aber nicht.

Denn auch wenn mich dieser Roman nicht völlig überzeugen kann, rate ich Euch, Euch selbst ein Bild zu machen.

Cover des Buches Eine Handvoll Sonnenschein: Vom kurzen Leben meines Sternenkindes & der Ironie des Schicksals (ISBN: B0BD53NGSW)

Bewertung zu "Eine Handvoll Sonnenschein: Vom kurzen Leben meines Sternenkindes & der Ironie des Schicksals" von Stefanie Goldbrich

Eine Handvoll Sonnenschein: Vom kurzen Leben meines Sternenkindes & der Ironie des Schicksals
Madamebiscuitvor einem Monat
Kurzmeinung: Gefühlvolle und emotionale wahre Geschichte
Das Leben als Sternenkind-Mama

Die letzten Tage hat mich die Geschichte von Stefanie Goldbrich begleitet. Sie erzählt in „Eine Handvoll Sonnenschein“ von ihrer Schwangerschaft, der Geburt und dem fast unmittelbar folgenden Tod ihres Sohnes. Anschließend begleiten wir Lesenden sie und ihre Familie noch ein Jahr lang und erleben dabei vor allem eine unglaublich menschliche und starke Frau. 

Die Autorin schreibt leicht lesbar und verständlich über diesen unvorstellbaren Schicksalsschlag. Dadurch schafft sie eine große Nähe und emotionale Verbundenheit beim Lesen. Schon für mich, als Nichtbetroffene, war es teilweise schwer zu ertragen und mehr als einmal kamen mir die Tränen. Immer wieder habe ich das Buch beiseitelegen müssen, weil es mich so betroffen gemacht hat. 

Stefanie Goldbrich möchte mit ihrer Geschichte aufklären und Verständnis schaffen für Familien mit Sternenkindern. Was ihr sehr gut gelingt. Ich kann zwar auch nach dem Lesen nicht ermessen, was sie und ihr Mann durchgemacht haben, denn das wird, wie so häufig, nur für die tatsächlich Betroffenen möglich sein. Aber sie nötigt mir großen Respekt ab und besonders wertvoll waren für mich auch ihre Verhaltenstipps und -wünsche an das soziale Umfeld Betroffener.

 

Darüber hinaus habe ich diesen Erfahrungsbericht immer wieder völlig fasziniert gelesen, weil ich Stefanie und ihr Mann einfach nur bewundern konnte. Beide sind unwahrscheinlich resilient, wobei die Autorin auch die dunklen Phasen nicht verschweigt. Wie sie mit dieser Situation umgehen, wie klar sie es schaffen lebenswichtige Entscheidungen in emotionalen Ausnahmemomenten zu treffen und wie eng ihre emotionale Bindung zueinander ist. 

 

Das Thema ist schwer und trotzdem zeigt Stefanie Goldbrich auch die hoffnungsvollen Lichtblicke und ihren Weg zurück zum Lachen. 

Ich empfehle dieses Buch von Herzen (wenn Ihr Euch es zutraut). 

Cover des Buches Wir sitzen im Dickicht und weinen (ISBN: 9783847901617)

Bewertung zu "Wir sitzen im Dickicht und weinen" von Felicitas Prokopetz

Wir sitzen im Dickicht und weinen
Madamebiscuitvor einem Monat
Kurzmeinung: Starkes Debüt über die Beziehung zwischen Müttern und Töchtern.
Schwierige Mütter-Töchter Beziehungen

Valerie und ihre Mutter Christina haben ein schwieriges Verhältnis zueinander, auch jetzt noch, wo sie beide erwachsen sind. Ebenso erging es bereits Christina mit ihrer Mutter und auch die Beziehung zwischen Valerie und ihrem Teenagersohn Tobi ist nicht konfliktfrei.

Felicitas Prokopetz schreibt über Eltern-Kind-Beziehungen, insbesondere über Mütter und Töchter. Dabei beleuchtetet sie exemplarisch Valeries Familie zurück bis zu beiden Großmüttern und deren Situationen. Es ist ein kluger Roman, der mit vielen starken Sätzen zum Nachdenken anregt. Zum einen, wie sehr Mütter uns prägen, unsere Werte, unsere eigene Person und unsere Vorstellung vom Mutterbild selbst. Und zum anderen veranschaulicht, wie unfrei Mütter in ihren Rollen sind. Wie sehr unsere Gesellschaft und die finanzielle Abhängigkeit sie oft zwingen gegen ihre persönlichen Vorstellungen zu handeln.

„Es war nur zu wenig, weil Mama meine Mutter sein musste. Hätte Mama auch mein Vater sein können, wäre jemand anderer dafür zuständig gewesen, mich zu versorgen, hätte sie unbehelligt von allen häuslichen und emotionalen Verpflichtungen einem Beruf ihrer Wahl nachgehen können, wäre sie wahrscheinlich stabiler gewesen; es hätte gereicht.“ S. 129

Alle diese Mütter, über die drei Generationen hinweg, wollen es bei ihren Kindern besser machen, als sie es selbst erlebt haben. Alle stoßen dabei an Grenzen.

Die Kapitel sind sehr kurz und wechseln dabei jedes Mal zwischen den verschiedenen Müttern und Töchtern ab. Das führte zu Beginn bei mir zu einiger Verwirrung, bei wem ich mich gerade befand. Mit der Zeit wurde es dann besser. Der Vorteil dieser Erzählweise erschloss sich für mich erst im Verlauf der Geschichte. Führte diese bei mir dann vor allem zu einem Verständnis für die verschiedenen Figuren, dass ich sonst nicht empfunden hätte. Denn die Autorin schildert immer wieder Momentaufnahmen, die mir nahe gingen, in denen ich die jeweilige Tochter nur zu gerne in den Arm genommen hätte. Hätte mir hier das Hintergrundwissen zu der jeweiligen Mutter gefehlt, hätte ich diese vorschnell als kaltherzig und unsensibel abgestempelt. So kann ich zwar manches nicht gutheißen, aber das Verhalten im Kontext erklären.

Felicitas Prokopetz ist hier ein vielschichtiger und dichter Roman gelungen, der Missstände aufzeigt und das Thema Muttersein in verschiedene Kontexte und Zeiten setzt. Wie viel Kraft, Selbstaufgabe und Zeit uns Kinder kosten und gleichzeitig, wie viel wir bereit sind für sie zu geben.

Ein starkes Debüt, das nachwirkt und ich gerne empfehle.

Cover des Buches Paare (ISBN: 9783608966121)

Bewertung zu "Paare" von Maggie Millner

Paare
Madamebiscuitvor einem Monat
Kurzmeinung: Spezielle Mischung aus Lyrik und Prosa.
Über die Liebe in Lyrik und Prosa verfasst

Habt Ihr Lust auf ein stilistisches Leseexperiment? Wollt Ihr Euch auf ein außergewöhnliches Buch in seiner geschriebenen Form einlassen? Eine Kombination aus Lyrik und Prosa. Das nicht viele Worte braucht um sich in Gedanken und Emotionen wiederfinden zu können. Das universal von Beziehungen handelt und gleichzeitig die Einzigartigkeit im Kleinen einer jeden Liebe veranschaulicht.

Dann greift zu diesem Debüt. 

Begleitet die Protagonistin von einer Beziehung in eine andere, wo sie vermeintlich das Glück im Neuen sieht und doch erkennen muss, dass der Alltag der gleich bleibt. 

Inhaltlich ist es für mich schwer hier von einer richtigen Geschichte zu sprechen, zu wenig Text und Handlung steckt in diesem Buch. Das Faszinierende dabei ist, dass es mir nicht gefehlt hat und ich verwundert festgestellt habe, wie wunderbar es trotzdem funktioniert. Dabei konnte ich den Paarreimen häufig sogar besser folgen, als den Prosaabschnitten. Gerade die Lyrik habe ich nicht nur gelesen, sondern quasi zeitgleich gehört. 

„Ich möchte deshalb in Gedichtform erklären,

dass die Liebe für mich einer der primären

Antriebe zur Selbsterkenntnis war. Sie ist immer noch das,

was den ganzen Rest erträglich macht.“ S.110

 

Von mir gibt es eine klare Empfehlung an alle, die sich auf dieses Experiment einlassen wollen. Es ist speziell, aber es lohnt sich.

Cover des Buches Die Halbwertszeit von Glück (ISBN: 9783757700225)

Bewertung zu "Die Halbwertszeit von Glück" von Louise Pelt

Die Halbwertszeit von Glück
Madamebiscuitvor einem Monat
Kurzmeinung: Ein schöner Schmöcker.
Drei Frauen auf der Suche nach ihrem Glück

Drei Frauen, drei Geschichten, die alle miteinander in Verbindung stehen. Ein Roman, der über gut 40 Jahre und in verschiedenen Ländern spielt. Was alle Frauen gemeinsam haben, ist, dass ihnen das Glück abhandengekommen ist.

Mylène lebt in Paris und wird bald heiraten. Doch dann erreicht sie ein Brief, der ihr komplettes Leben in Frage stellt.

1987 lebt Johanna in der DDR, zurückgezogen im Wald, als das Auftauchen einer jungen Frau sie zwingt, sich mit ihrer Vergangenheit auseinander zu setzen.

Und Holly, in Los Angeles, fühlt sich 2003 schuldig am Tod ihrer Arbeitskollegin.

Der Roman liest sich flüssig und leicht. Die Autorin hat einen bildhaften und angenehmen Schreibstil, dem ich gerne gefolgt bin. Sie beschreibt die Frauen auf sympathische und menschliche Weise. Dabei war mir Johanna und ihr Schicksal am greifbarsten. Ihre Geschichte konnte ich sehr gut nachempfinden. Mylène und Holly wirkten in einigen ihrer Entscheidungen und Verhaltensweisen doch sehr naiv auf mich. Phasenweise erinnerte mich der Plot hier fast an einen New Adult Roman.

Prinzipiell war die Handlung für mich relativ vorhersehbar, was aber dem Lesevergnügen keinen Abbruch tat. Nur die Verbindung zwischen Holly und Mylène war für mich lange nicht durchschaubar. Alle drei Frauen stehen an einem Wendepunkt und sind auf der Suche.

„Glück mag vergehen, und lässt sich nicht festhalten, aber es ist kein Einzelgänger. Wenn ein Glück geht, kommt ein neues – nicht sofort vielleicht, aber irgendwann.“ S. 408


Ob sie es am Ende alle finden, müsst Ihr selbst erlesen. Abschließend kann ich sagen, dass ich das Buch gerne gelesen habe und es für mich schöne Lesestunden waren.

Nicht unerwähnt möchte ich den gelungenen Bezug zwischen Cover und Inhalt lassen, so etwas nimmt mich immer sehr für ein Buch ein.

Cover des Buches Kantika (ISBN: 9783866487109)

Bewertung zu "Kantika" von Elizabeth Graver

Kantika
Madamebiscuitvor 2 Monaten
Kurzmeinung: Eine extrem starke und bewundernswerte Frau auf der Suche nach Zugehörigkeit und ihren Platz.
Auf der Suche nach Zugehörigkeit

Das Cover finde ich absolut ansprechend. Die maurischen Fliesen lassen mich sofort an Spanien und den Orient denken. Womit ich gedanklich von Beginn an im richtig Setting war.
Inhaltlich begab ich mich dabei mit Rebecca auf eine Reise von der Türkei aus über Barcelona und Kuba bis nach New York. Für sie selbst ist es dauerhaft eine Suche nach einem Zuhause und dem Gefühl der Zugehörigkeit. Der Grund dafür ist, wie in so vielen Geschichten, ihr Glaube. Ihre Familie und sie selbst sind Juden.
Elizabeth Graver zeigt in diesem Roman, der nicht nur fiktional, sondern zu Teilen auf den Erinnerungen ihrer Großmutter und anderer Familienmitgliedern beruht, ein weiteres Kapitel der Judenverfolgung auf, das mir bisher nicht bekannt war. Zeitlich umfasst es dabei die erste Hälfte des 20igsten Jahrhunderts.
Rebecca wird als eine sehr starke und bewundernswerte Frau dargestellt. Die es in dieser Zeit nicht nur schafft sich als Witwe um ihre Kinder zu kümmern, sondern zeitweise auch erfolgreich ein kleines Unternehmen führt.
Bis sie zu ihrem zweiten Mann in die USA emigriert, stellt sie dabei auch erzählperspektivisch die Hauptperson dar. Ab dann rücken ihr Sohn David und ihre Stieftochter Luna in den Fokus, was mir gut gefallen hat. Auch hier wird einmal mehr Rebeccas unglaubliche Willensstärke und Durchhaltevermögen sichtbar.
Der Autorin ist ein Generationenroman gelungen, der ehrlich aufzeigt, was Flucht und Vertreibung mit Familien macht und gleichzeitig Verständnis und Bewunderung schafft.
Ein Buch, das ich gerne gelesen habe und definitiv empfehlen kann.

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