Bewertung zu "Über alle Gräben hinweg" von Cora Stephan
Das Buch liest sich spannend, aber ich bin während des Lesens oft unsicher, was nun wirklich Geschichte ist und was nicht. Relativ unbedeutende Protagonisten sehen sich als wichtige Drahtzieher in der Politik und bewegen doch nichts, jedenfalls nicht zum Guten. Auch ist mir lange nicht klar geworden, will Cora Stephan bewusst ein Abbild einer Zeit schaffen, ohne einzugreifen, oder sieht sie keinen Grund zur Kritik an bestimmten Verhaltensmustern dieser Zeit. So sind beispielsweise die Frauen alle der Politik abgeneigt, man sollte möglichst vor ihnen auch nicht über die schlimmen Zeiten sprechen, weil es sie so sehr mitnimmt. Sie können dann nicht mehr schlafen oder fühlen sich unwohl. Nur eine einzige ist zunächst taff und selbständig, was aber eigentlich nur Leichtsinn war, wie es dargestellt wird: Eine Kriegsberichterstatterin, die dann natürlich von zwei Männern gerettet werden muss und zunächst in der Versenkung verschwindet. Später wird noch einmal kurz erwähnt, dass sie nicht ganz untätig geblieben ist. Dabei bleibt es aber dann auch. Wenn es um private Lebensentscheidungen geht, wird über die Köpfe der Frauen hinwegentschieden und sie lassen das widerspruchslos zu.
Alles spielt im Adel, der kein Adel mehr sein darf oder will, je nachdem, sich aber dennoch so verhält und auch die entsprechende Perspektive aus dieser Gesellschaftsschicht wird unwidersprochen wiedergegeben.
Dann noch so seltsame Geschichten wie die, dass die Studenten in Cambridge fast alle schwul und Stalin zugetan sind.
Nachdem ich dann etwas über Cora Stephan recherchiert habe, erklärt sich das einigermaßen. Im Lauf der Jahre scheint sie sich der AFD angenähert zu haben und ihre Äußerungen zu Genderfragen, Klimaproblematik und Migration sind erschreckend.