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Mario_Veraguth

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Cover des Buches Das Ende der Arbeit und ihre Zukunft (ISBN: 9783596169719)

Bewertung zu "Das Ende der Arbeit und ihre Zukunft" von Jeremy Rifkin

Das Ende der Arbeit und ihre Zukunft
Mario_Veraguthvor 10 Jahren
Kurzmeinung: Die immer schneller voranschreitende Automatisierung wird über kurz oder lang mit dem stetigen Anwachsen der Weltbevölkerung kollidieren.
Die immer schneller voranschreitende Automatisierung wird über kurz oder lang Konsequenzen haben


Von den Maschinenstürmern zu Anfang der industriellen Revolution über die Gewerkschaftsbewegungen bis zum aktuell wohl besten Modell der Sozialpartnerschaft und Kollektivvertragsverhandlungen in den glücklichen Ländern mit ökosozialer Marktwirtschaft. Es ging immer um die Arbeitsbedingungen, Arbeitsplätze und Vorsorge für Pension oder Invalidität. Was, wenn der Faktor sowohl physischer als auch geistiger Arbeit für das Gros der Menschen überhaupt komplett wegfällt?

Dieses Szenario spinnt Rifkin anhand eines breiten Bogens anschaulicher Beispiele weiter und kommt zu einem, je nach Weltanschauung, optimistisch stimmenden bis zutiefst verstörendem Bild. Es besteht die eine Option, wie in Frankreich die Wochenarbeitszeit drastisch immer noch weiter zu reduzieren und damit mehr Arbeitsplätze zu schaffen, bis sich das Verhältnis von Wochenende zu Arbeitszeit umgekehrt hat und damit jedem Menschen ein Anteil des Wohlstand zufallen kann.

Oder eine immer größer werdende Masse an nicht nur schwer, sondern faktisch unmöglich vermittelbaren Langzeitarbeitslosen wird die Gesellschafsstruktur, Frieden, Stabilität und Wohlstand in ein gefährliches Ungleichgewicht bringen. Weil schlichtweg keine Arbeitsplätze mehr vorhanden sind.

Da der weltwirtschaftliche Zug momentan mit hochrot glühendem Kessel Richtung ewiges Wachstum fährt und eine sachte Geschwindigkeitsreduktion, Notbremsung oder gar Umkehr ins Reich der Utopien verschoben werden muss, stellt sich die Frage nach Alternativen. Zwar gibt es sowohl die skandinavischen Länder, die mit extrem hohen Steuersätzen auch auf Spitzenverdiener, den mitunter besten Sozialsystemen der Welt und hohen Akademikerquoten eine Alternative zum weltweiten Trend der Gesellschaftsstrukturierung bieten. Und auch alternative Wirtschaftsmodelle, die sich auf eigens geschaffenen (Sozial)währungen stützen, bergen Potential in sich.

Nur bleibt abzuwarten, ob es reicht am bestehenden System zum Guten oder Schlechten zu schrauben und zu flicken solange es geht, anstatt einen wirklich fundamentalen Wandel ins postkapitalistische Zeitalter anzustreben. Im besten Fall gelingt ein friedvoller Wechsel in ein frivol arbeitsfreies Utopia, in dem Maschinen alles produzieren, sich selbst warten und bauen, was das Menschenherz begehrt.

Im momentan leider eher realistischeren Szenario werden über kurz oder lang nicht nur 7, sondern irgendwann 9, 10, 12 Milliarden Menschen aus einem antiquierten, nicht mehr zeitgemäßen Wirtschafssystem ausgeschlossen. Sie werden zu Armut und Untätigkeit verdammt sein, versklavt von einer Kaste, einem Neuadel degenerierter Maschinenbesitzer und deren paar Programmierer und Techniker.

Cover des Buches Die neuen Herrscher der Welt (ISBN: 9783442153091)

Bewertung zu "Die neuen Herrscher der Welt" von Jean Ziegler

Die neuen Herrscher der Welt
Mario_Veraguthvor 6 Jahren
Kurzmeinung: Wem der Schweizer Globalisierungskritiker noch kein Begriff sein sollte, dem sei diese unabdingbare Pflichtlektüre wärmstens empfohlen.
Wärmstens empfohlen

Wem der Schweizer Globalisierungskritiker noch kein Begriff sein sollte, dem sei diese unabdingbare Pflichtlektüre wärmstens empfohlen.

Vorab sei angemerkt, dass ich bei dieser und allen weiteren Rezensionen zu Zieglers Büchern die 2 ersten Absätze und den letzten Absatz wiederholen werde.  Dies deswegen, weil sich die Bücher aus kleinen, nicht immer zusammenhängenden Kurzkapiteln zusammensetzen, die kein organisches Gesamtbild ergeben. Ich habe mich daher und weil ich die belegten Tatsachen als sehr wichtig und erwähnenswert erachte, zu dem unkonventionellen Schritt entschieden, in kurzen Sätzen komprimiert ein paar der wesentlichen Fakten zusammenzutragen. Sollten Sie sich daher entschließen eine weitere meiner Rezensionen zu Jean Zieglers Werk zu lesen, wofür ich Ihnen vorab meinen verbindlichsten Dank zutragen möchte, so würde ich Sie bitten 2 Absätze weiter unten mit der Lektüre zu beginnen. Vielen Dank

Er ist nicht ohne Grund einer der umstrittensten und profiliertesten Fackelträger gegen den Neoliberalismus, als UNO-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung  durch Fachkompetenz wie kaum jemand befähigt, die Themen anzuprangern. Ein trotz etlicher Gerichtsprozesse gegen ihn nicht müde werdender Ankläger und Mahner, dessen Schriften bei weitem nicht den Verbreitungsgrad und die Bekanntheit haben, die ihnen zustehen würde.

Da die Thematik im Allgemeinen bekannt und verdrängt ist werde ich ein paar Fakten aus dem Buch komprimieren um Leselust zu schüren. Vorab sei noch angemerkt, dass Überspitzung, Polemik und Übertreibung zum normalen Handwerkszeug  Zieglers gehören und Wasser auf die Mühlen seiner Kritiker darstellen. Wobei zur Verringerung realer Missstände auch solche Mittel legitimiert sein sollten, die einen von der einen Seite verharmlosten kleinen Missstand medienwirksam aufbauschen und provozieren, da die Motivation dahinter eine hehre und philanthropische ist. Auch wenn konservativ-republikanisch-rechte Kreise dies auch in Abrede stellen würden und wie darauf konditioniert sofort vor Kommunismus und Sozialismus warnen. 

Im Gegensatz zu anderen, polemischen Autoren bleibt Ziegler aber immer bei belegten Fakten und ergeht sich nicht in Spekulationen, Mutmaßungen oder gar eigenen, nebulösen Thesen. Sondern er verarbeitet, für jeden Menschen dank moderner Kommunikationstechnologien leicht und jederzeit auf ihre Korrektheit nachprüfbare, Tatsachen.

Neben der Ausbeutung der Rohstoffe der kolonialisierten Staaten bildeten über 20 Millionen versklavte Afrikaner die finanzielle Grundlage der Industrialisierung Europas ab dem 18. Jahrhundert. Nach dem Ende der Sklaverei wird die Ausbeutung mit den Werkzeugen des Neoliberalismus und der Globalisierung subtiler betrieben.

Das zirkulierende Kapital im Jahr 2003 übertraf den realen und nachvollziehbaren Wert aller global produzierten Güter und Dienstleistungen um das Achtzehnfache.

Die USA weigern sich vehement dagegen wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte als Menschenrechte anzuerkennen und stimmen bei Abstimmungen der Menschenrechtskonvention der UNO gegen die Rechte  auf Ernährung, Unterbringung, Gesundheit, Bildung, Trinkwasser sowie Entwicklung und verhindern eine Umsetzung durch ihr Veto.

Die OECD Staaten arbeiten seit Jahren an Maßnahmen zur Austrocknung und Schwächung von Steuerparadiesem, was von den USA mit Ihrer Weigerung, ein Abkommen über strengere Richtlinien für Steueroasen zu unterzeichen, verhindert wird.

Die USA weigerten sich, ein internationales Abkommen zum Verbot biologischer Waffen zu unterzeichnen, weil CIA und Pentagon zu dem Zeitpunkt bereits wieder damit begonnen hatten bakteriologische Waffen zu entwickeln.

Das Kyoto-Protokoll  und der Vertrag über die Kontrolle von und Begrenzung von Interkontinentalraketen wurden 2001 einseitig von den USA aufgekündigt.

Seit 2002 sieht die amerikanische Militärdoktrin vor, permanent zur Führung von 2 größeren (full wars) und mehreren kleineren Kriegen( low intensity wars), bei gleichzeitiger lückenloser Verteidigungsfähigkeit des nationalen Territoriums im Stande zu sein.

Der Konsens von Washington aus dem Jahre 1989 setzt sich für die Errichtung eines einheitlichen, sich selbst regulierenden Weltmarktes, Liberalisierung aller Märkte (Waren, Kapital, Dienstleistungen, Patente, usw.) unter dem Begriff stateless global governance, Senkung der Steuern auf die höchsten Einkommen bei gleichzeitiger Ausweitung der Anzahl der Steuerpflichtigen durch Senkung von Lohnsteuergrenzen und Steuervergünstigungen für die Ärmsten und einiges mehr ein.

Krankheiten wie Malaria, Tuberkulose und die Schlafkrankheit waren in den 70er bis 80er Jahren beinah verschwunden, sind mittlerweile aber wieder stark im Vormarsch, weil die Erreger Resistenzen gebildet haben und die neuen Impfstoffe für Entwicklungsländer unerschwinglich teurer sind.

Unabhängig wie demokratisch oder despotisch ein Land regiert wird, hängt die internationale Wirtschafts- und Entwicklungshilfe nur von der Kooperationsbereitschaft der Regierenden ab.

Der trickle down effect besagt, dass sobald ein gewisser Wohlstand erreicht ist, die Reichen beginnen würden nach Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse zur Umverteilung an die Ärmeren zu schreiten. Mit dieser Theorie wird der Vorzug von Kapitalakkumulation gepriesen.

Während im Rest der Welt Steuerflucht meist einen Straftatbestand darstellt, gilt sie in der Schweiz nur als harmlose Übertretung einer Verwaltungsvorschrift und fördert somit unmittelbar Steuerhinterziehung. Gleich wie das Bankgeheimnis Verbrechern und Diktatoren ruhige finanzielle Träume ermöglicht.

Der „vergoldete Fallschirm“ für Generaldirektoren, die milliardenschwere Verluste verursacht haben, greift in jedem Fall und garantiert Ihnen unabhängig von den Auswirkungen ihrer Risikobereitschaft bis Inkompetenz Abfindungen in Millionenhöhe.

Durch Finanzkrisen und Spekulationen werden amerikanische Pensionsfonds sukzessiv geschwächt, was die finanzielle Absicherung von Millionen Menschen im Alter immer unsicherer gestaltet.

Das MAI-Abkommen (multilaterales Abkommen über Investitionen) soll Konzernen ermöglichen vor einer internationalen Instanz jeden Staat auf Schadenersatz klagen zu können, wenn dieser dem Konzern irgendeinen wirtschaftlichen Nachteil zugefügt hat. Zum Beispiel durch Schutz von Umwelt, Sozialleistungen, Arbeitnehmerschutz usw. Abkommen mit ähnlicher Motivation sind das GATT(Abkommen über Handels- und Zolltarife), das ORD (Streitschlichtungsverfahren) und das TRIPs (Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte am geistigen Eigentum).

Anwärter für Privatisierungen sind Sektoren wie das Gesundheitswesen, Bildungswesen, Pensionsversorgung und Polizeiwesen.

Mit dem Ausbleiben internationaler Investitionen und einer massiven Kapitalflucht ins Ausland lassen sich selbst souveräne, wirtschaftlich starke Staaten erheblich schwächen.

In Sonderproduktionszonen arbeiten mit Stand von 2003 mindestens 30 Millionen Menschen in Ausbeuterbetrieben unter unmenschlichen Bedingungen ohne jedweden Schutz oder Rechte, wobei 65 Prozent des in die EU importierten Spielzeugs aus solchen Zonen stammt.

Anzeichen von gesamtgesellschaftlichen Wohlstand wie die Schaffung neuer Arbeitsplätze, die Zunahme des Binnenkonsums, eine Steigerung der Inflationsrate und Erhöhung der Zinssätze mit Verschiebung des Spekulationskapitals von den Aktienmärkten zum Geldmarkt bedeutet Verluste für die Industrie und ist für diese daher nicht erstrebenswert.

Einer der größten Profiteure der gesamten Entwicklung ist die organisierte Kriminalität, die mit noch nie geahnten Möglichkeiten weltweit expandieren kann.

Die USA, EU, Japan und Kanada kontrollieren gemeinsam 80 Prozent des Welthandels. Die Gremien von Welthandelsorganisation, des internationalen Währungsfonds und der Weltbank sind folglich zu großen Teilen mit deren Vertretern besetzt.

2002 schütteten die OECD- Staaten 335 Milliarden Dollar Agrarsubventionen aus.

Eine Sozial- und Umweltklausel in der Charta der Welthandelsorganisation, die es erlaubt hätte, Waren aus dem Handelsverkehr auszuschließen, die unter inakzeptablen sozialen und ökologischen Bedingungen hergestellt werden, wurde abgelehnt.

Der Begriff „einseitige ökonomische Abrüstung“ ist eine mögliche Definition der Beziehung der Industriestaaten zu den Entwicklungsländern.

Die Weltbank hat den Entwicklungsländern im Zeitrahmen von 1993 bis 2003 langfristige Kredite in der Höhe von 225 Milliarden Dollar bewilligt, die mit verschiedenen Bedingungen, die mit einigen der hier bereits erwähnten Punkte zu tun haben, verknüpft sind.

Robert McNamara war Verteidigungsminister der USA während des Vietnamkriegs und Präsident der Weltbank. Er vertrat die Doktrin, Länder der dritten Welt, die sich weigerten, ihre Wirtschaft umzustellen und sämtliche gestellten Bedingungen vorbehaltlos zu akzeptieren, sich selbst zu überlassen und Ihnen Entwicklungskredite zu verwehren.

Joseph Stiglitz trat 2000 als Chefökonom und erster Vizepräsident der Weltbank zurück, weil er mit deren Privatisierungsstrategie nicht einverstanden war und die Wirksamkeit der Institutionen des Bretton-Woods-Systems anzweifelte.

Der Stimmenanteil eines Mitglieds des Internationalen Währungsfonds hängt von dessen Finanzkraft ab, wodurch beispielsweise die USA mit Stand von 2003 17 Prozent der Stimmrechtanteile für sich vereinnahmen.

Der Internationale Währungsfonds erzwingt mit Instrumenten wie der Absichtserklärung oder dem Strukturanpassungsplan zahlreiche Steuerreformen in Entwicklungsländern in deren Kielwasser Haushaltskürzungen im Sozial-, Bildungs- und Gesundheitswesen, Liberalisierung der Einfuhren, Ausweitung der Plantagenflächen, Beschneidung der für die Lebensmittelproduktion vorgesehenen Flächen sowie die Einführung von anderen Sparmaßnahmen erfolgen.

Im August 2001 vergab der Internationale Währungsfond einen 15 Milliarden Dollar Kredit mit 7,5 Prozent Zinsen pro Jahr an Brasilien.

In den 80er und 90er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden nach Öffnung der Finanzmärkte asiatische Länder wie Thailand mit Investitionskapital überschwemmt. Dieses wurde in einen gleichwohl hochrentablen wie riskanten Bauboom gesteckt, in dessen Folge nach platzen der Immobilienblase und damit einhergehenden Abzug des Kapitals eine Finanzkrise ausgelöst wurde.

Etliche Gläubigerstaaten der dritten Welt geben wesentlich mehr für die Tilgung ihrer Schulden an Institutionen der Industriestaaten als für Sozialsysteme aus.

Beim zweiten Weltsozialforum 2002 in Brasilien forderten die Teilnehmer eine Abschaffung von Internationalem Währungsfonds und Welthandelsorganisation, die Bekämpfung der Steuerparadies und Rating-Agenturen, die Unabhängigkeit der Zentralbanken, die Schließung der Agrar-Rohstoffbörse von Chicago, das Verbot von Patenten auf lebende Organismen und genmanipulierte Organismen, den kompletten Schuldenerlass für die Länder der dritten Welt, Einführung der Tobin-Steuer und staatliche Kontrolle von Unternehmensfusionen, Gründung eines UNO-Sicherheitsrats für wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten, Einforderung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte und deren Überführung in das nationale Recht.

All diese Gräueltaten und Abscheulichkeiten geschahen und geschehen noch immer und es liegt an der Zivilbevölkerung der westlichen Staaten, ob es gelingen wird, aus dieser Weltgeschichte der Gewalt und Ausbeutung eine Zukunft mit zumindest einer Nuance weniger Unmenschlichkeit werden zu lassen. Mehr zu erwarten wäre allzu utopisch.



Cover des Buches Investment Punk (ISBN: 9783548373843)

Bewertung zu "Investment Punk" von Gerald Hörhan

Investment Punk
Mario_Veraguthvor 10 Jahren
Kurzmeinung: Arrogant? Ja. Ziemlich weit weg von der Realität? Ja? Im Kern hat er doch recht? Leider auch ja
Arrogant? Ja. Ziemlich weit weg von der Realität? Ja? Im Kern hat er doch recht? Leider auch ja


Als Buch kann man es ja schwer bezeichnen, diese vielleicht mit Standardformat 100 bis 125 Seiten, die auf knappe 200 gedehnt wurden. Und was Narzissmus und Arroganz anbelangt kann dem Mann sicher schwerlich jemand das Wasser reichen.

Dennoch, er hat es aus der Grundsituation eines mathematisch begabten Mittelstandskindes zu einem wohlhabenden Unternehmer gebracht und egal wie selbstherrlich jemand auch auftreten mag, so muss man ihm den Respekt für den Erfolg doch zugestehen. Noch dazu wenn es ein selbst erarbeiteter Pfad zu Wohlstand ist und der Schaden, den er verursacht, im Vergleich zu anderen Geschäftsmodellen in der Branche minimalst ausfällt.

Den größten Teil der Lektüre bilden Auszüge aus dem Leben des Autors, von Zeit zu Zeit werden seine Grundsätze und Dogmen erläutert. Neben Klassikern wie dem Investieren in Immobilien, der Vermeidung des Kaufs eines Neuwagens und der Investition ausschließlich in verständliche Finanzprodukte bildet der nett gemeinte Versuch einer Augenöffnung durch drastische Zurschaustellung der Unzulänglichkeit und Naivität vieler Menschen in finanziellen Angelegenheiten einen Teil des Büchleins.

Dreist ist es schon aus der eigenen, außergewöhnlichen Perspektive über alle Angestellten und Normalverdiener herzuziehen, als ob sich jemals in deren Leben auch nur eine der Optionen bieten würde, die sich dem Autor regelmäßig auftun. Es ist nicht die Untätigkeit oder Unfähigkeit der „im Hamsterrad Gefangenen“, sondern schlichtweg der Mangel an Alternativen und Möglichkeiten, das Risiko einzugehen und aus diesem Kreislauf auszubrechen, wenn man über keine besondere Qualifikationen oder außergewöhnliches Talent verfügt.

Leider kann man der These, dass viele Menschen freiwillig Schulden weit über ihrer Bonität und darüber hinaus machen, nichts entgegensetzen. Es stimmt schlichtweg, dass niemand die amerikanischen Hypothekenbesitzer zur Refinanzierung oder zur Deckung einer Kreditkarte mit der nächsten gezwungen hat.

Sicher sind diejenigen, die derartiges Finanzgebaren erst zulassen, primär schuld an der Misere. Nur der Aspekt, dass sehr viele Menschen im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte und damit Kenntnis über ihre monetäre Überforderung trotzdem einen Palast auf Pump errichteten, wird generell gern ausgeblendet. Und die unerkannte Selbstironie des sich selbst als Punk definierenden vielbeschäftigten und noch dazu relativ seriösen Geschäftsmannes rundet neben dieser wahren Erkenntnis die kurze Geschichte ab.

Cover des Buches Die Super-Klasse (ISBN: 9783570500767)

Bewertung zu "Die Super-Klasse" von David Rothkopf

Die Super-Klasse
Mario_Veraguthvor 10 Jahren
Kurzmeinung: Authentischer Bericht eines Rädchens aus dem Zentrum des Uhrwerks der Macht
Authentischer Bericht eines Rädchens aus dem Zentrum des Uhrwerks der Macht

Authentischer Bericht eines Rädchens aus dem Zentrum des Uhrwerks der Macht

Es ist sehr aufschlussreich, die weltpolitische Entwicklung aus der Sicht eines mit hohen Ämtern und einflussreichen Seilschaften ausgestatteten Mannes zu sehen, der über seine Aktivitäten so nebenbei ein Buch schreibt.

Im Gegensatz zu manchen, eher auf Hypothesen und Anschuldigungen aufgebauten Argumentationen von nicht direkt an der Quelle sitzenden Schriftstellern, kann der Autor aufgrund seiner Erfahrungen ein glaubwürdiges Bild der heutigen Machtverhältnisse zeichnen. Mit dem fundamentalen und auch in der Logik des Textes immer wieder erkennbaren Unterschied, dass er zu den Tonangebenden gehört und die Rechtfertigungen der Handlungsweisen zur Aufrechterhaltung der momentanen Ordnung als auf nicht unbedingt festen Füßen stehend erscheinen. Auf tönernen schon eher.

Als wäre es ein Ding der Selbstverständlichkeit schildert er ausführlich die Praktiken, Bündnisse und Vorgehensweisen in der Verfilzung von Staat, Politik, Wirtschaft und Militär. Er erläutert anhand autobiografischer Ereignisse verschiedene reale Begebenheiten und liefert einen packenden Einblick in eine für Durchschnittsbürger unerreichbare Welt. Doch was abgesehen davon, was diese verschwindend geringe Anzahl von einigen Tausend oder auch Zehntausend Menschen so in ihrem beruflichen Umfeld an Entscheidungen und Veränderungen bewirken, noch erschreckender wirkt, ist die Beiläufigkeit und Selbstverständlichkeit, mit der fundamentale Entscheidungen getroffen werden.

Zwischen Benefizveranstaltung, Wahlkampfspektakel und Spendensammelaktion zur Bestätigung der eigenen philanthropischischen Gesinnung verlieren die, sich in immer höhere Sphären entschwindenden, Spitzenfunktionäre der modernen Welt sich in immer weiterer Entfremdung von selbiger. Dem Bewusstsein des Autors und der durch ihn vertretenen Zunft entweicht kein Hauch von Reue, Unsicherheit oder Reflektion über das eigene Handeln, im Gegenteil scheint die Elitenbildung und das damit einhergehende Weltbild als legitimiert und mit all seinen Konsequenzen akzeptabel und erstrebenswert. Diese einseitige, beratungsresistente Weltsicht ist gerade bei Menschen mit so hoher Bildungsgrad und Einfluss höchst beunruhigend.

Cover des Buches Der Herr ist kein Hirte (ISBN: 9783453620360)

Bewertung zu "Der Herr ist kein Hirte" von Christopher Hitchens

Der Herr ist kein Hirte
Mario_Veraguthvor 6 Jahren
Kurzmeinung: Bezeichnend, dass sich kein Argument des Autors mit rationalen Argumenten entkräften lässt. Nur mit Gottesbeweisen
Bezeichnend, dass sich kein Argument des Autors mit rationalen Argumenten entkräften lässt.


Hitchens liefert eine schwer in Abrede zu stellende, auf philosophische Aspekte verzichtende Streitschrift gegen den Glauben. Quer durch die Religionsgeschichte zeichnet er ein Bild von Widersprüchen, Machtstreben, Manipulation, Kriegstreiberei und dem latenten Ruf zu Krieg, Völkermord, Intoleranz und Unterdrückung und Misshandlung von Frauen, Andersgläubigen, Ungäubigen und Kindern. Waren diese Themen zu Zeiten der Religionsstifter bei primitiven Analphabeten noch en vogue und ein Frequenzbringer, so hätte man meinen sollen, mit der Vernunft und Aufklärung kehre die Erkenntnis ein. Doch leider weit gefehlt.

Bezüglich der Pflege-, Armenspeisungs- und sonstiger sozialen Aktivitäten von Religionen seit etwas angemerkt. Der Sinn karitativen Handelns und Spendens fußt auf Selbstlosigkeit und der Bereitschaft, ohne Erwartung einer Gegenleistung in Form von Indoktrinationsbereitschaft als Dank für Errettung aus prekären Lagen, Hilfe zu leisten. Rekrutieren sich hingegen aus den, vor Hungertod oder bleibenden körperlichen Schäden bewahrten, Menschen Eiferer und Fundamentalisten, verpufft jegliche gutgemeinte Intention aufgrund des erwünschten und gezielt hervorgerufenen negativen Echos. Sie wird im Gegenteil pervertiert und aus der vermeintlich guten Tat erwächst mehr schlechtes, als wenn sie niemals stattgefunden hätte.

Als einer der Ersten wagt sich der Autor auch an eine Kritik der sakrosankt erklärten Figur Mahatma Gandhis, der Auswirkungen des Buddhismus auf die asiatischen Gesellschaften und der Rolle des Buddhismus im Japan zur Zeit des Zweiten Weltkriegs.

Zur Veranschaulichung der proportionalen Intoleranzsteigerung pro Gläubigen bezieht sich Hitchens auf die unterschiedlichen Reaktionsmuster von Gläubigen und Atheisten. Ein Jünger jeglicher Couleur wird nicht müde werden, die Religion oder sogar den schlichten Unglauben anderer Menschen zu kritisieren und anzugreifen. Sägt es doch am Fundament seines irrationalen Konstrukts. Eine Messe, Feier oder nur eine unverfängliche Veranstaltung einer anderen Glaubensgemeinschaft zu besuchen kann sich mit zunehmender Radikalität als immer unmöglicher herausstellen. Tolerante, säkulare Gläubige, Atheisten und Agnostiker haben hingegen nicht mit aufgerollten Fußnägeln und innerer Zerrissenheit zu kämpfen, wenn sie Kulthandlungen verschiedenster Religionen und Sekten beiwohnen.

Nebenbei, die staatliche Anerkennung macht den Unterschied zwischen okkultem Ritus und sich im Licht der Legitimität sonnender Religion. Und diese Anerkennung fußt auf simplen Zahlen.

Das Grundkonzept der ignoranten Borniertheit metastasiert leider, häufig ausgehend von der Religion, quer durch alle Bevölkerungsschichten und Lebensaspekte. Seien es Politik, Gesellschaftssysteme, Emanzipation, Erziehung, Wirtschaftsmodelle, Wissensbildung oder etliche andere essentielle Aspekte des Lebens, das eingesickerte Gift zeitigt seit Jahrtausenden Wirkung. Und die sieht man allerorts anhand der Gesellschaften, die auf solchen Strukturen und Konzepten errichtet wurden und zu wesentlich größeren Teilen, als ein aufgeklärter Mensch sich eingestehen möchte, noch immer fußen. Eine epigenetische Analyse wäre interessant.

Wobei es im Fall der Religion mittlerweile glücklicherweise salonfähig geworden ist, Kritik und eine eigene Meinung hervorzubringen. Was die Wirtschaftsordnung, Währungs- und Finanzsysteme, die Art der demokratischen Mitbestimmung und den Einfluss von Meinungsmacht, Medien und ungeschriebenen Gesetzen, Lehrmeinungen und unanfechtbaren Dogmen anbelangt, steht die Menschheit vor einer ähnlichen Herausforderung wie zu Beginn der Religionsstiftungen.

Nicht mehr den in Stein gemeißelten, sondern digitalisierten Geboten von Apologeten der politischen und wirtschaftlichen Weltordnung ist Folge zu leisten, was erschreckende Ähnlichkeiten mit religiösem Wahn impliziert. Wenn wirtschafts- und gesellschaftspolitisch Ungläubige als subversive, dem extremen linken Rand zuzuordnende, jegliche empirischen Beweise schuldig bleibende und immer mehr auch gefährliche Elemente gelten. Als Beispiel sei der Versuch angeraten, mit einem Ökonomen, Banker, Unternehmer, Politiker oder Meinungsbildner ein objektives Gespräch über brisante Themen zu führen. Dieselbe Überheblichkeit und Engstirnigkeit wie bei einem verblendeten Gläubigen wird meist automatisiert geliefert werden. Statt in Klöstern und Kirchen wird dem falschen Heiland in Schulen, Universitäten, Parlamenten, Gremien und Think Tanks gehuldigt.

Ungünstigerweise steht die Menschheit erst am Beginn der Herrschaft von Wirtschaftkonglomeraten und wie alle autoritären weltlichen und geistlichen Regime vor ihr strebt sie nach Allmacht. Gerade erst gegen Mitte bis Ende des letzten Jahrtausends etabliert, hat sie eine bisher unbekannte Allianz aus Mammon und strenger Indoktrination erschaffen, die die Welt in einer Weise verändern wird, wie kein autokratisches Regime vor ihr. Und das nach so kurzer Zeit. Wie sich eine solche Entwicklung fortsetzt steht in den Geschichtsbüchern.

Cover des Buches Pyramiden (ISBN: 9783492285063)

Bewertung zu "Pyramiden" von Terry Pratchett

Pyramiden
Mario_Veraguthvor 6 Jahren
Cover des Buches Gevatter Tod (ISBN: 9783492285049)

Bewertung zu "Gevatter Tod" von Terry Pratchett

Gevatter Tod
Mario_Veraguthvor 6 Jahren
Cover des Buches Das Mitternachtskleid (ISBN: 9783442478705)

Bewertung zu "Das Mitternachtskleid" von Terry Pratchett

Das Mitternachtskleid
Mario_Veraguthvor 6 Jahren
Cover des Buches Voll im Bilde (ISBN: 9783442546909)

Bewertung zu "Voll im Bilde" von Terry Pratchett

Voll im Bilde
Mario_Veraguthvor 6 Jahren
Cover des Buches Maurice der Kater (ISBN: 9783938899397)

Bewertung zu "Maurice der Kater" von Terry Pratchett

Maurice der Kater
Mario_Veraguthvor 6 Jahren

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