„Sie wissen, warum wir Sie anhalten?“ Das Gesicht hinter der Frage scheint aus einem amerikanischen Polizeiverhör zu stammen. Und es gehört definitiv dem bösen Cop. Ich überlege fieberhaft. Aber es will mir nichts einfallen. Ich bin noch zu abgelenkt. „Verdammt, machen Sie die Scheibe richtig runter!“ Ich drücke den elektrischen Fensteröffner. Surrend verschwindet das Glas vollständig. Der Polizist schneidet mir mit dem Taschenlampenstrahl ins Auge. Dann leuchtet er das Innere des Peugeot aus. „Was zum Teufel ist denn hier passiert?“ Ich bin mir nicht sicher. Die Tasche auf dem Beifahrersitz ist offen. Da war eine Windbö. Meine Sachen haben sich explosionsartig im Wagen verteilt. Ein Blatt meines neuen Manuskriptes hängt am Innenspiegel. „Ich weiß nicht genau“, sage ich unsicher. Ich war vorhin sehr abgelenkt. Und ich bin über irgendeine … Unebenheit gefahren. „Sie wissen, warum wir Sie anhalten!“ Oh Gott, das wird doch nicht …? Vor dem inneren Auge sehe ich einen Film ablaufen, wie ich zwei Waisenkinder im Dunkeln überfahren habe. Nachts auf Landstraßen spielen hier immer Zwillinge. Es ist geradezu unheimlich. „Was zum Teufel ist d a s da?“ Der Mann deutet auf meinen Kopf. Ich fasse mir in die Haare. Sie kleben zusammen. „Ein Kaugummi“, sage ich. Froh, endlich einmal eine Frage beantworten zu können. Der Polizist guckt nicht so, als ob er die Freude teilen würde. Er dreht sich zu seinem Kollegen um. „Wen haben wir denn da gerade noch erwischt?“ Die harten Augen kommen zurück. „Zeigen Sie jetzt die Fahrerlaubnis!“ Ich werfe rasch einen Blick in den Rückspiegel, um das Entsetzliche zu sehen. Aber das Blaulicht überall blendet mich. „Den Führerschein!“ „Ja, ja. Sofort.“ Ich fasse in die Innentasche meiner Jacke. Da ist: nichts. Nein! „Wird´s bald!“ „Ich … Sofort.“ Ich greife in die beiden Seitentaschen. Halstabletten, Öko-Purex-Taschentücher, ein Einkaufszettel von letztem Sommer. Kein Führerschein. Oh, scheiße! „Ich … es tut mir leid. Ich kann die Fahrerlaubnis nicht finden.“ Die unbarmherzige Lampe kommt zurück und sticht mir in die Augen. „Ach, so ist das.“ Der Mann reicht mir etwas herein. Führerschein. Tillmanns, Markus. „Ist Ihnen hinten rausgesegelt. Machen Sie doch wenigstens e i n e Scheibe hoch.“ Ich nicke. Und drücke den elektrischen Fensterheber. Surrend schließt sich das Glas wieder. www.markustillmanns.de
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Fantasy, Krimis und Thriller, Jugendbücher, Comics