Bewertung zu "Und wir tanzen, und wir fallen" von Catherine Newman
Ash(ley) begleitet ihre beste Freundin Edi(th) beim Sterben im Hospiz.
Aus organisatorischen Gründen hat Ediths Familie entschieden, dass das Hospiz in Ashleys Nähe das beste für alle sei und Ash hat so die Chance, die beste Freundin seit Kindheitstagen bis zum Schluss zu begleiten. Wie sie damit umgeht und wie ihr Alltagsleben mit dieser Bürde so 'normal' wie möglich weitergeht, beschreibt Catherine Newman in 'Und wir tanzen, und wir fallen' aus Ash's Perspektive.
Der Roman aus der Sicht der aufopfernden Freundin polarisiert. Einige Leser*innen nahmen Anstoß an Ashs Privatleben und wie sie die Sehnsucht nach Leben und die ständige Präsenz des Todes teilweise durch Sex kompensiert. Persönlich empfand ich diesen Wunsch nachvollziehbar erläutert - es gibt sogar wissenschaftliche Studien, die so einen Drang nach 'sich lebendig fühlen' in so einer belastenden Situation erklären. Generell konnte ich mich mit Ash als Protagonistin sehr gut identifizieren. Eine Frau im mittleren Alter, die mit dem Tod einer nahestehenden Bezugsperson konfrontiert ist, sich von ihrem Partner getrennt hat und sich mit Teenager-Töchtern arrangieren muss. Als Mutter platzt einem, selbst wenn alles tutti ist und nur der normale Alltags-Wahnsinn herrscht, manchmal der Kopf - sehr nachvollziehbar, dass man dann, wenn entsprechende Schicksalsschläge hinzukommen, ungewohnte Wege gehen muss, um sich selbst nicht komplett zu verlieren. Ich hätte der Autorin gewünscht, dass sie Ash bis zum Schluss so herrlich unkonventionell hätte bleiben lassen, wie wir sie am Anfang des Buches kennen lernen. Leider ist das Ende des Buches überraschend glatt gebügelt. Vielleicht hatte der Verlag oder das Lektorat da seine Finger im Spiel? Ich fand' Ash's Charakterentwicklung da nicht ganz konsequent und nachvollziehbar.
In dem Buch geht es - allein schon aufgrund der Erzählperspektive - nachvollziehbarerweise nicht vornehmlich um Edi und ihr Sterben, sondern um Ash und ihr Leben. Die Erwartungshaltung war bei vielen Lesern allerdings genau anders herum. Ich empfinde den Roman wie er ist als sehr lebensbejahend. Es wird sogar im Buch erwähnt, dass Edi Ash vorschlägt, ein Buch über sich selbst zu schreiben - und Catherine Newman hat Ash somit quasi ihre Stimme/Finger geliehen, um diesem Wunsch von Edi nachzukommen.
Ich wünsche 'Und wir tanzen, und wir fallen' noch ganz viele unvoreingenommene Leserinnen, die sich auf Ashs Situation einlassen und sie auf dem schweren Abschied von Edi begleiten. Die mir ihr weinen und lachen, die Fehler machen, die mal nicht weiter wissen, die an sich zweifeln und über sich hinaus wachsen. Und die ihre Liebsten lieben. So sehr, dass es weh tut.
So wie ich es getan habe. Ein tolles Buch.