Zuerst bedanke ich mich beim KIWI Verlag für die Möglichkeit, das Buch "Das geträumte Land" von Imbolo Mbue in der großartigen Übersetzung von Maria Hummitzsch vorablesen zu dürfen.
Vor dem Hintergrund des Börsencrashs 2008 erzählt die Autorin die Geschichte von Neni und Jende Jonga, die es ins gelobte Land geschafft haben und nun alles daran setzen, ihre Träume zu verwirklichen.
Deshalb arbeiten sie hart und sind auch bereit, zu lügen, um einen Job, oder Jendes dringend benötigte Anerkennung als Asylbewerber durchzusetzen. Ihnen zur Seite steht ein Netz an Freunden und Verwandten, die schon länger im Land sind. Während Jendes Ehrgeiz sich darauf richtet, anerkannt zu werden und für seine Frau und seine Kinder genügend Geld zu verdienen, um das Sprungbrett in ihre goldene Zukunft zu sein, hat Neni durchaus eigene Vorstellungen. Ihr Ziel ist es, Apothekerin zu werden.
Jende schafft es, mit Hilfe seines Vetters und diverser alternativer Wahrheiten als Chauffeur bei Clark Edwards anzuheuern, einem Manager bei Lehmann Brother.
Doch auch Clark jongliert mit alternativen Wahrheiten und das nicht nur an der Börse. Der Zusammenbruch des Bankhauses ist der Anfang vom Ende der Hoffnungsspirale und am Ende stehen die Protagonisten vor den Trümmern ihrer Lügengebilde.
Diese Geschichte erzählt Imbolo Mbue vor dem Hintergrund des scheinbar multikulturellen New Yorks. Doch der Rassismus ist allgegenwärtig, sei es, dass die Dienstboten in der Regel schwarz sind und in Harlem leben, sei es, dass Jende Mitleid mit der weißen Freundin ihres Cousins hat: "Neni schaute Jenny an, die das ganze Gesicht strahlte und an ihrem Cocktail nippte, und wusste nicht, ob sie lachen oder Mitleid mit ihr haben sollte.
So beginnt ein Absatz, in dem Neni darüber philosophiert, warum ein schwarzer Mann nie eine weiße Frau heiraten würde.
Wenig später spazieren sie am Columbus Circle entlang und Jende fällt auf, dass die meisten Menschen mit jemandem unterwegs waren, der aussah wie sie.
Das Gleiche in der Fremde gibt Sicherheit. Eine trügerische Sicherheit, wie beide schmerzhaft herausfinden, als Jende den Job bei Clark verliert und sein Asylantrag abgelehnt wird.
Während Jende unter der Last seiner zwei Jobs zusammenbricht, versucht Neni mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln, ihren Traum zu retten, dabei scheut sie weder vor Erpressung, noch davor zurück, ihren Sohn zur Adoption freizugeben. Doch scheitert sie letztendlich an Jende und ihrer Position als afrikanische Ehefrau, die sie trotz allem nicht infrage stellt. Die Frauen in diesem Buch ordnen sich ihrem Mann unter, wie zum Beispiel Fatou, die sich nach der Heimat sehnt und doch nicht gehen kann, weil ihr Mann es nicht will. Und die Frauen, die es nicht tun, werden bestraft, wie Cindy, die immer mehr will, als andere zu geben in der Lage sind.
Zum Schluss erfüllt sich Jendes Traum, wenn auch anders, als er gedacht hat. Er kehrt als gemachter Mann nach Limbe zurück. Neni träumt nicht mehr davon, Apothekerin zu werden. Ihr ist es ihr nur noch wichtig, gut auszusehen, weil ihr Mann in Kamerun kein armer Schlucker mehr ist, sondern jemand, den die ledigen Frauen umschwärmen werden.
Insgesamt bin ich sehr gerne in Jendes und Nenis Welt eingetaucht. Sie war nicht sehr viel anders, als meine. Sicherlich ein Grund für den großen Erfolg dieses Buches. Jeder findet sich bestätigt. Wir sind alle "kleine" Rassisten und wenn wir uns nur gegenseitig mit Respekt begegnen, können wir uns auf Augenhöhe begegnen, aber jeder auf seiner Seite. Am Ende bleibt für den Leser die Frage offen, ob Vertrauen in den Fremden zum Ziel geführt hätte.
Über einige Längen gegen Ende hat mir die Sprache hinweggeholfen und auch wenn ich nicht glücklich damit bin, dass die Männer in diesem Buch ihre Träume erfüllen, weil die Frauen zurückstecken, ist "Das geträumte Land" ein Buch, das sich zu lesen lohnt.