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Neonsonne

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Rezensionen und Bewertungen

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Cover des Buches Wolfskind (ISBN: 9783548610344)

Bewertung zu "Wolfskind" von Ingeborg Jacobs

Wolfskind
Neonsonnevor 11 Jahren
Ein Schicksal unter vielen!

Ostpreußen 1945, die siebenjährige Liesabeth Otto flieht zusammen mit Mutter und Geschwistern vor der roten Armee. Nachdem die Mutter in Danzig stirbt, der Vater unauffindbar ist, sind die drei Geschwister ganz auf sich allein gestellt. Wenig später irrt die kleine Liesabeth allein durch die Wälder. Jahrelang hungert und bettelt sie ohne ein Dach über dem Kopf. Als die Rotarmisten ganz Deutschland besetzen und die Sowjetunion Gefangene in Straflagern steckt, ist Liesabeth mittendrin. Aus dem Bettelkind wird eine Straftäterin. Aber sie schlägt sich durch, wächst heran zu einer jungen Frau und muss immer wieder mit furchtbaren Entbehrungen leben..

Solche Bücher beeinhalten meistens Fotografien von verstorbenen Familienmitgliedern, so wie dieses auch. Es wird mir immer ganz schwer ums Herz, wenn ich die ausgezehrten Gesichter sehe und weiss, was diese armen Menschen erlebt haben. Liesabeth Otto, genannt Maritje Klematje, hat ein Leben voller Erniedrigungen geführt. Sie erzählt ihre Geschichte mit einer Nüchternheit, die wohl niemand sonst verstehen kann, ausser Liesabeth. Manchmal kam es mir so vor, sie selbst war gar nicht dabei. Wahrscheinlich ist das normal nach solchen Erlebnissen, um die eigene Seele nicht von neuem anzugreifen?!

Jahrelang hatte sie kein Zuhause, ist ohne Heimat. Als Deutsche in Russland wird Liesabeth nie wirklich anerkannt. Der Krieg war 1945 für viele Menschen noch lange nicht vorbei. Er sollte
noch für viele Jahre ihr Leben bestimmen...

Wer sich für die Nachkriegszeit interessiert, sollte sich die Entwicklung zwischen Deutschland und der Sowjetunion unbedingt antun. Dazwischen ein Schicksal, wie es Tausende erleben mussten...

Cover des Buches Der Apotheker (ISBN: 9783453433564)

Bewertung zu "Der Apotheker" von Clare Clark

Der Apotheker
Neonsonnevor 11 Jahren
Düster genial!

Eliza lebt mit ihrer Mutter zusammen in armen Verhältnissen in einem kleinen Dorf. Als sie sich in den reichen Daniel verliebt und schwanger wird, zwingt die Mutter sie nach London zu gehen. Dort könne sie als Dienstmagd bei einem angesehenen Apotheker unter kommen, der die Schwangerschaft beenden kann. So macht sich Eliza auf ins dreckige London, mit großer Hoffnung im Gepäck. Doch der Apotheker und seine Frau haben ganz andere Pläne...

Ich habe lange Zeit einen großen Bogen um dieses Buch gemacht. Um so überraschter war ich dann, als ich anfing darin zu lesen. Ich hätte nicht so lange warten sollen, denn dieses Buch hat eine unglaublich düstere Atmosphäre. Der Gestank Londons vor etwa 300 Jahren wabert um jede einzelne Zeile herum. Die dicke dreckige Luft ist zum greifen nah. Ich konnte das Buch kaum zur Seite legen..

Clare Clark beschreibt das alte London wirklich fabelhaft gut. Mit seinen engen Gassen und belebten matschigen Strassen entsteht ein perfektes Bild aus dieser Zeit. Im Vordergrund steht natürlich die junge Eliza, die von ihrer Mutter weg gestossen wurde und die versucht sich in einer fremden Welt anzupassen. Sie lernt Mary kennen, die ebenfalls als Dienstmagd im Hause des Apothekers arbeitet. Doch schnell wird ihr klar, dass mit Mary etwas nicht stimmt. Mary spricht nicht, Mary sabbert. Mary ist eine Idiotin..

Das war die Zeit der medizinischen Experimente. Es ist fast schon lächerlich, was Doktoren und Professoren damals glaubten. Sie wussten es einfach nicht besser. Das damalige Wissen grenzt an so großer Dummheit, dass wir heutzutage kaum begreifen können wie die Leute darauf kamen. Uriniert eine Schwangere auf einem Kirchhof, wird ihr Kind Bettnässer. Späht sie durch ein Schlüsselloch, wird es schielen. Ich bin wirklich dankbar nicht in dieser Zeit gelebt zu haben..

Wer sich für das alte stinkende London interessiert und einen Hauch "From Hell" sucht, ist mit diesem Buch bestens bedient...

Cover des Buches Die radioaktive Marmelade meiner Großmutter (ISBN: 9783939239468)

Bewertung zu "Die radioaktive Marmelade meiner Großmutter" von Ramona Ambs

Die radioaktive Marmelade meiner Großmutter
Neonsonnevor 11 Jahren
Paradies scheissefrei!

Romy wächst bei den jüdischen Großeltern auf. Die Mutter gab sie nach der Geburt zu ihnen und starb kurze Zeit später dank Heroin. Der Vater wohnt nur fünf Häuser weiter, er ist ein dummer Hund, sagt die Oma. Aber Romy besucht ihn ab und zu. Mit 12 macht sie ihre ersten Erfahrungen mit Alkohol. Zwischen Opa-Keller-Geschnüffel und Wodka fühlt sie sich wohl. Die linksalternative bunte Welt ist nun ihr Zuhause. Dann kommen Drogen, dabei ist Romy doch erst in der siebten Klasse. Schon bald hängt sie an der Nadel, wie einst die Mutter. Sie tut alles verbotene, will ausbrechen und legt eine Crashkarriere als Miss-Versautes-Leben hin..

Romy erzählt uns über ihr Leben als Junkie, als wäre es das normalste von der Welt. Sie rattert ihre Gedanken herunter, ganz ohne Emotionen, trocken und plump. Das macht Romy so authentisch. Alles in ihrer Kindheit dreht sich um Hitler, denn der ist überall. Schliesslich wächst sie bei Leuten auf, die den Holocaust miterlebten und ihn überlebten. Die Vergangenheit der Grosseltern ist immer präsent. Immer wieder wird sie mit diesem Thema konfrontiert. Im Keller ihres Opas ist kein Hitler, da gibt es nur sie, den Opa, die Vogelhäuschen und Xyladekor. Damit streicht der Opa die Vogelhäuschen und Romy atmet den Geruch ein. Sie schnüffelt sogar diesen schweren tollen Duft aus dem Kanister in sich hinein, bis sie sich wie beflügelt fühlt.

Ramona Ambs beschreibt auf ironische Art und Weise eine behütete Kindheit, aus der eine Quertreiberin entsteht. Das buch beginnt mit Kapitel 135, genau zu dem Zeitpunkt, als Romys Leben sich verändert. Sie zeigt uns den Übergang von weichen zu harten Drogen. Zu schnell gerät man in die Abhängigkeit. Auch wenn man glaubt alles unter Kontrolle zu haben, ist es dann meistens schon zu spät. Die Drogen bringen viele weitere Nebenwirkungen mit sich. Es sind nicht nur die Entzugserscheinungen, mit denen Romy als Junkie leben muss, sondern auch der Geldmangel, Strassenstrich und Krankheiten. Romy ist das beste Beispiel dafür, dass man sich nur sehr schlecht aus diesem Drogensumpf befreien kann. Rückfälle sind vorprogrammiert...

Die Oma kocht oft Marmelade ein, damit sie genug zu Essen haben, sollte es jemals wieder zu einem Krieg kommen. Auch als Tschernobyl passiert, kocht sie Marmelade ein. Alle sagen zwar, das Obst und Gemüse sei deswegen vergiftet, aber lieber an vergiftete Marmelade sterben, als an Hunger, sagt die Oma. Daher auch der Buchtitel, den ich sehr ansprechend finde und durch den ich auf dieses Buch aufmerksam geworden bin.

Es gibt Passagen, die mich zum schmunzeln gebracht haben, obwohl dieses Thema alles andere als lustig ist:

  • Ich wache auf und Fridolin sitzt nicht in seinem Stall. Ich spüre sein weiches Fell  am meinem Bauch. Fridolin liegt tot neben mir. Wahrscheinlich habe ich ihn im Schlaf erdrückt. Ich fühle mich schuldig. So muss es sich anfühlen, wenn man ein Hitler ist. Ich bin eine Meerschweinchenmörderin.
  • Das Leben ist ein Sturm aus Scheisse und die Kunst ist der einzige Regenschirm..
 Die ganze Geschichte ist in nur 126 Seiten gepackt. Ich hätte gern mehr von Romy gelesen, obwohl die wichtigen Dinge erzählt wurden. Ein verkorkstes Leben, das schnell und kurz beschrieben wird, ohne auch nur einmal langweilig zu werden. Romy ist an einem Stück fertigzulesen. Ich mochte sie.

Lieblingsstelle:
Fotografieren ist wie schreiben mit Licht, wie musizieren mit Farbtönen, wie malen mit Zeit und sehen mit Liebe..

Cover des Buches Ich muss erzählen (ISBN: 9783499235559)

Bewertung zu "Ich muss erzählen" von Mascha Rolnikaite

Ich muss erzählen
Neonsonnevor 11 Jahren
Kurzmeinung: Großes Leid wird zwischen den Zeilen sichtbar. Das Tagebuch wiegt schwer auf den Leser und überflutet ihn mit tiefer Traurigkeit...
Ihr lebt nicht, um zu arbeiten. Ihr arbeitet, um zu leben!

Obwohl dieses Thema schon unzählige Male durchgekaut wurde und sich immer und überall wiederholt, sei es in Büchern, als Film oder Dokumentation, ich bekomme nicht genug davon. Nach jedem gelesenen Buch, das vom Nationalsozialismus und Antisemitismus erzählt, bin ich immer wieder auf's Neue erschüttert.

Mascha wird am 21. Juli 1927 als Tochter des Rechtsanwalts Hirsch Rolnik in Memel geboren. Sie hat 3 Geschwister. 1940 zieht die Familie nach Wilna, Litauens historische Hauptstadt. Wilna steht für die einzigartige religiöse und weltliche Kultur, die dort einmal blühlte, für Juden in aller Welt ein Begriff..

Die Deutschen besetzen 1941 Wilna. Ein Ghetto wird errichtet, in das die jüdische Bevölkerung getrieben und eingesperrt wird. In einer Wohnung hausen bis zu 8 Familien. Die dreizehnjährige Mascha ist mittendrin und bekommt das Grauen hautnah mit. Die Brutalität der Deutschen erschüttert sie bis ins Mark. In dieser Zeit gibt es immer wieder sogenannte Aktionen, bei denen die arbeitsunfähige Bevölkerung des Ghettos ausgesondert und zur Erschießung nach Ponar gebracht wird, ein Stadtteil Wilnas.

Auf den ersten 30 Seiten findet man ein Vorwort, das die Kriegsjahre in Wilna beschreibt. Außerdem hat es etliche Jahre gedauert, bis Masche endlich ihr Tagebuch veröffentlichen konnte. Danach erst, am 22. Juni 1941, beginnt das eigentliche Tagebuch, an einem warmen Sonntagmorgen, an dem ihre kleine Welt plötzlich zusammenbricht. Es ist Krieg. 1942 befindet sie sich bereits im Ghetto und wird zu Zwangsarbeit gezwungen. Aus Angst ihre Tagebuchaufzeichnungen könnten entdeckt werden, versteckt Mascha diese und lernt den größten Teil auswendig. Findet ein Nazi diese Notizen, würde man alle erschiessen.

Am 24. September 1943 wird Mascha von ihrer Mutter und den kleinen Geschwistern getrennt. Mit dem Zug wird sie zusammen mit 1700 weiteren Juden ins KZ geschickt. Von nun an muss sich Mascha allein durchschlagen. Die Angst um die Mutter bleibt, die Ungewissheit bringt sie fast um. Was sie bis dahin erlebt hat, ist nichts im Vergleich zu dem, was noch folgen soll. Hunger, Kälte, totale körperliche Erschöpfung, Schmerzen, Erniedrigungen und die immer fortwährende Angst, es könnte der letzte Tag sein.

"Neid ist zwar nicht schön, aber ich bin manchmal neidisch auf die Kinder, die noch nichts begreifen..."

Es wurd mir viele Male unsagbar schwer ums Herz. Das Leid wird zwischen jeder dieser Zeilen sichtbar. Ich habe oft seufzen müssen. In manchen Momenten kamen mir die Tränen. Eines von vielen Millionen schrecklicher Schicksale, das kaum mit Worten zu beschreiben ist. Das Tagebuch wiegt schwer auf den Leser und überflutet ihn mit tiefer Traurigkeit. Ein Dankeschön an Mascha, die nicht besser diese sadistischen Details zu Papier hätte bringen können. Dieses Todestagebuch halte ich in Ehren und bekommt einen ganz besonderen Platz auf meinem Zweite-Weltkrieg-BücherRegal.

Lieblingsstelle:
Nacht ... Die Erde atmet schwer. Auf ihr lasten die Körper unschuldiger Opfer. Frische junge Gräser streicheln sanft die zu Boden gedrückten Gesichter. Vielleicht wollen sie sie mit ihrer frühlingshaften Frische wieder zum Leben erwecken.

Cover des Buches Breed (ISBN: 9783455404418)

Bewertung zu "Breed" von Chase Novak

Breed
Neonsonnevor 11 Jahren
Ernüchternd!

Alex Twisden, ein sehr erfolgreicher Anwalt in New York, ist der Erbe einer angesehenen und reichen Familie. Die Inneneinrichtung seines imposanten Hauses besteht größten Teils aus wertvollen Antiqitäten, jahrhundertalte Erbstücke. Seine Frau Leslie, die bei einem großen New Yorker Verlag arbeitet, ist einige Jahre jünger als er. Ihr gemeinsames Leben ist perfekt, bis auf die Tatsache, dass sie noch immer kinderlos sind..

Unzählige Versuche schwanger zu werden scheitern. Das belastet ihre Ehe sehr. Plötzlich bekommen sie einen Tipp. Ein Arzt in Slowenien kann ihren Traum von einem Kind wahr machen. Kurze Zeit später suchen Alex und Leslie diesen Wunderarzt auf und tatsächlich wird Leslie schwanger. Doch das Glück ist nur von kurzer Dauer. Die Körper der Beiden verändern sich...

Der Klappentext versprach so viel, aber der Inhalt konnte leider nicht mithalten. Was soll das sein? Horror? Ich stecke dieses Buch in das Genre Verarsche! Dabei fängt die Geschichte so gut an und hält den Spannungspegel bis zu Leslies Schwangerschaft. Nach Seite 75 kommt ein Zeitsprung, der den Leser 10 Jahre weiter vorwärts katapultiert. Von nun an stehen Alice und Adam im Mittelpunkt, die Zwillinge der Twisdens. Sie wissen dass mit ihren Eltern etwas nicht stimmt. Sie haben Angst vor ihnen und flüchten aus dem Haus. Die Suche nach den Kindern beginnt und immer im Hintergrund diese bescheuerte Fleischlust..

Zuerst hielt ich 3 Sterne für angemessen, aber als ich das Ende hinter mich gebracht hatte, reichte es nur noch für 2. Denn das ist alles andere als zufriedenstellend. Breed ist ein Buch, dass man nicht gelesen haben muss. Unglaublich dass ich bis zum Schluß durchgehalten habe. Ich fand es sehr ernüchternd, da der Schreibstil sehr trocken ist, ebenfalls die Personen. Gelesen und vergessen. Wer auf Mutationen steht, könnte vielleicht Gefallen daran finden. Mir war das Ganze einfach zu doof..

Cover des Buches Die Bücherdiebin (ISBN: 9783442373956)

Bewertung zu "Die Bücherdiebin" von Markus Zusak

Die Bücherdiebin
Neonsonnevor 11 Jahren
Ihr werdet sterben!

Liesel Meminger ist neun Jahre alt, als sie 1939 nach Molching zu ihren Pflegeeltern, den Hubermanns kommt. Eigentlich sollte auch ihr sechsjähriger Bruder dabei sein, doch dieser stirbt auf der Fahrt dorthin. Unterwegs wird der Kleine beerdigt und genau an diesem Tag begegnet der Tod das erste Mal unserer Liesel. Er schliesst sie in sein Herz und wird sie fortan immer wiedersehen. Noch am Grab ihres Bruders begeht Liesel auch ihre erste Tat als Bücherdiebin. Verlassen von Bruder und Mutter lebt sie sich ganz allmählich zwischen der neuen Familie und neuen Freunden ein, fast erdrückt vom Nationalsozialismus, und erlebt trotz allem die beste Zeit ihres Lebens. Denn als die Familie den Juden Max Vandenberg bei sich im Keller versteckt, beginnt eine ganz besondere Zeit voller Angst, Freundschaft und Liebe!

Das ist eines der wundervollsten Bücher, die ich je gelesen habe. Schon nach den ersten zehn gelesenen Seiten wusste ich, dass ich es lieben werde. Ich wurde emotional auf höchster Ebene mitgerissen. Der Tod hat ein Talent, er weiß mit Worten umzugehen, die man nicht so leicht vergisst. Die Zusammensetzung einiger Sätze ist unbeschreiblich. Ein paar möchte ich Euch nicht vorenthalten: Sein Gesicht stolperte über sich selbst, oder Stimmen kletterten über Schultern, oder Eine Scheibe Luft wurde ins Haus geatmet, Gesichter wie Geisterstädte, Die Sonne rührt die Erde um, ich könnte ewig so weitermachen. Der Schreibstil ist sehr speziell, ungewöhnlich schön, einfach einzigartig, der auf jeden Fall bleibenden Eindruck hinterlässt. Man will immer mehr davon..

Liesel und ihre Mitmenschen sind mir sehr ans Herz gewachsen, um so schwerer fiel es mir jedes Mal, das Buch wegzulegen. Ihr Pflegepapa Hans Hubermann hat eine ganz außergewöhnliche Beziehung zu Liesel. Und auch in schlechten Zeiten versucht er, das Mädchen auf den richtigen Weg zu bringen. Wer eine Kindheit im Nationalsozialismus miterleben möchte, der sollte dieses Buch lesen. Es gibt so viele Einzelheiten in Liesels Leben, wie die widerlich schmeckende tägliche dünne Erbsensuppe, das zehn Mal gelutschte Tauschbonbon, geklaute Äpfel und Kartoffel, die Frau des Bürgermeisters und vor allem Papas Akkordeon..

Unbedingt erwähnt werden muss, dass das Buch aus der Sicht des Todes geschrieben ist. Er erzählt uns die Geschichte der Liesel Meminger ganz ausführlich. Denn er hat keine Sense. Er trägt nur dann einen schwarzen Kapuzenmantel, wenn es kalt ist. Er hat auch kein Totenschädelgesicht, das wir ihm so gerne andichten. Ihr wollt wissen wie er aussieht? Dann schaut in den Spiegel. Dies ist zum Beispiel eine von unzähligen Bemerkungen seinerseits, die er auf den Seiten verstreut..

Es gibt Zeilen, die mir eine unendliche Gänsehaut beschert haben. So viel Traurigkeit und so viel Glück habe ich beim Lesen schon lange nicht mehr empfunden. Einige Abschnitte musste ich mehrere Male lesen und konnte kaum davon ablassen, um kurze Zeit später wieder eine solche Stelle zu finden..

Lieblingstelle???

Das gesamte Buch ist eine einzige Lieblingsstelle! Aber ok, ich musste so grinsen:

"Ich frage mich wirklich, ob nicht irgendwann irgendwo beim Hitlergruß jemand einmal ein Auge verloren oder sich die Hand oder den Arm gebrochen hat. Man musste doch bloß zur falschen Zeit in die falsche Richtung schauen oder zu nah vor jemanden stehen.."

Ein Jugendbuch, das unbedingt auch in erwachsene Hände gehört!!!

Cover des Buches Der Nachtwandler (ISBN: 9783426503744)

Bewertung zu "Der Nachtwandler" von Sebastian Fitzek

Der Nachtwandler
Neonsonnevor 11 Jahren
Es ist das Haus, es hat Augen!

Leon Nader sein Name, Architekt von Beruf und Schlafwandler. Schon als Kind hatte er keine Kontrolle über sich im Schlaf und war in psychiatrischer Behandlung. Als seine Frau plötzlich verschwindet, meint er den Grund dafür zu kennen. Höchstwahrscheinlich hat er ihr etwas angetan als er schlief. Um der Sache auf den Grund zu gehen, befestigt Leon eine bewegungsaktive Kamera an seiner Stirn. Als er sich das Filmmaterial wenig später ansieht, stellt er fest dass sich hinter seinem Schlafzimmerschrank eine geheime Tür befindet, hinter der er verschwindet, während er schläft. Schon bald zweifelt er an seinem Geisteszustand...

Kurz, direkt und schnell, das ist Fitzek. Auch dieses Mal hat er mich nicht enttäuscht. Man hat einfach keine Zeit zum Luftholen bei seinem flüssigen Schreibstil. So wie auch in dieser Geschichte, die von Anfang bis zum Ende spannend und auch unheimlich ist. Kaum hatte ich angefangen, war ich auch schon wieder am Ende. Und genau damit hatte ich ein klitzekleines Problem. Etwas verworren scheint mir die Auflösung des Problems, das Leon Nader mit sich rumschleppt. Etwas an den Haaren herbei gezogen, wie ich finde. Trotzdem lohnt es sich dieses Buch zu lesen. Es lässt uns die Verzweiflung der Hauptperson fast spüren. Mehr kann ich gar nicht darüber sagen, denn es fällt schwer wichtige Dinge nicht zu verraten. Und was wäre ein Fitzek ohne diese amüsanten kurzen Sätze, wie diese Stelle, die mich zum lachen gebracht hat...

Lieblingsstelle:

Meintewegen können sie an den Hoden vom Ventilator hängen.

Cover des Buches Engel gibt's wirklich (ISBN: 9783765512216)

Bewertung zu "Engel gibt's wirklich" von Genelle Guzman-McMillan

Engel gibt's wirklich
Neonsonnevor 11 Jahren
Genelle, vielleicht hat Gott dir einen Engel geschickt!

Wir alle erinnern uns noch genau an den 11. September 2001. Der Tag an dem die Zwillingstürme in sich zusammenstürzten, so als wäre es gestern gewesen. Die ganze Welt sass fassungslos vor den Fernsehgeräten und verfolgte das schockierende Ereignis. Aber wir ahnten nicht, welchen Albtraum die Betroffenen in den Gebäuden erleben mussten. Viele von ihnen mussten starben, einige konnten gerettet werden, andere waren unter den Trümmern lebendig begraben. Was das bedeutete, schildert Genelle ganz ausführlich in diesem Buch..

Genelle wird 1972 in Trinidad geboren und wächst behütet in einer gläubigen Familie auf. Um Karriere zu machen, geht sie nach New York und lässt ihre Tochter zurück, um sie später nachzuholen. Sie fängt als administrative Assistentin bei der Hafenbehörde im World Trade Center an und beginnt an diesem Septembertag wie gewohnt ihre Arbeit im 63. Stock des Nordturms. Als der Anschlag passiert, unterhält sich Genelle gerade mit einer Kollegin an ihrem Schreibtisch. Sie nimmt einen lauten Knall wahr, so etwas wie Scherbensplittern. Anschliessend schwankt das Gebäude leicht hin und her. Der erste Blick aus dem Fenster zeigt unzählige Papierblätter, die durcheinander durch die Luft wirbeln. Nur wenige Stunden später ist Genelle mit 15 weiteren Personen im Treppenhaus auf dem Weg nach unten, als plötzlich der Nordturm in sich zusammenstürzt. Danach Stille und Dunkelheit und....... Paul!

Schon lange vorher hat sie den Bezug zu Gott verloren, doch dann mitten im Überlebenskampf, etwa 23 Stunden nach dem Einsturz, taucht Paul auf. Ein Bote Gottes? Im Zwiespalt mit Gott, zwischen Glauben und Nichtglauben findet sie unter den Trümmern wieder zu ihm. sie verspricht ihm ihr Leben zu ändern, Dinge wichtig zu nehmen, die vorher unwichtig schienen und die ganze Zeit hält Paul ihre Hand..

Da jede Einzelheit perfekt geschildert wird, hatte ich das Gefühl, Genelle säße genau vor mir und erzählt mir ihren ganz persönlichen Überlebenskampf. Bis zu dem Zeitpunkt als Genelles Gespräche zu Gott anfangen, konnte ich das Buch kaum zur Seite legen, doch dieses Gottgefasel nervte mich nach einer gewissen Zeit. Dazu möchte ich aber sagen, dass ich mich keinesfalls in Genelle hineinversetzen und nicht wirklich begreifen kann, was es bedeutet, wenn man unter Tonnen von Beton und Stahl unbeweglich verschüttet ist. Wahrscheinlich würde jeder Nichtgläubige in dieser Not die Nähe zu Gott suchen.

Genelle beschreibt, wie sehr sie sich nach dem 11. September verändert und welche Wendung ihr Leben danach genommen hat. Das Buch beschreibt die ersten Tage im Krankenhaus und den Alltag danach. Auch die Suche nach Paul findet einen Platz. Eine sehr interessanter Erfahrungsbericht, der vom Thema Gott fast komplett vereinnahmt wird. Das hat mich leicht abgeschreckt. Ich glaube ihr, wenn sie von Paul erzählt. Ich glaube ihr jedes einzelne Wort. Ich bin von der Existenz Pauls überzeugt. Vielleicht gab es an diesem furchtbaren Tag eine höhere Macht. Man könnte es als eine Halluzination  darstellen. Der Körper ist geschwächt von Schmerzen, der Geist verzweifelt, durcheinander und ängstlich, da kann es schon mal vorkommen, dass uns unsere Wahrnehmung einen Streich spielt. Aber Genelle war voll bei Sinnen. Sie hat sich mit den Gesprächen zu Gott bei Verstand gehalten. Leider wird man im hinteren Teil des Buchs mit unzähligen Bibelversen fast erschlagen.

In Genelles Autobiografie finden Freunde, Familie und auch die Helden einen Platz. Unter anderem auch die Männer die ihr Leben auf's Spiel gesetzt haben, um sie und andere Überlebende aus den Trümmern zu bergen. Dieses Buch zeigt uns, wie aus etwas Bösem Gutes empor steigen kann. Vielleicht animiert das Buch den einen oder anderen Leser, etwas negatives plötzlich positiv zu sehen. Genelle möchte uns sagen, dass nichts kostbarer ist als unser Leben, das wir jede einzelne Sekunde bewusst geniessen sollen..


Lieblingsstelle:

Es gibt in der Welt weder Glück noch Elend. Es gibt nur den Vergleich eines Zustands mit einem anderen, sonst nichts. Am besten großes Glück empfinden kann der, der die tiefste Trauer erlebt hat. Wir müssen erlebt haben, wie das Sterben ist, um die Freuden des Lebens recht zu schätzen...

Cover des Buches Das Seil (ISBN: 9783423249201)

Bewertung zu "Das Seil" von Stefan aus dem Siepen

Das Seil
Neonsonnevor 11 Jahren
Rezension zu "Das Seil" von Stefan aus dem Siepen

Was war das denn?
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Bauer Bernhard findet am Waldrand ein Seil, dessen Ende er nicht finden kann. Schon bald weiß das ganze Dorf bescheid. Um der Sache auf den Grund zu gehen, folgen die Bauern kurze Zeit später dem Seil mit etwas Proviant auf ihren Rücken. Diese Abwechslung kommt den Bauern gerade recht in ihrem tristen Alltag. Sie lassen ihre Frauen und die Alten zurück, anstatt sich um die bevorstehende Ernte zu kümmern. Der Marsch beginnt mit der Überzeugung schon am Abend wieder zurück zu sein..
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Klingt super, nicht wahr? Das dachte ich auch, leider wurde ich enttäuscht. Dabei klingt das Alles spannend und lustig zugleich. Die Schreibweise ist mir viel zu steif, das war mir bereits auf der ersten Seite klar. Auf der Suche nach dem Seil ereilt einige Männer ein trauriges Schicksal. Ein langweiliger Marsch durch den dunklen Wald, der uns ein paar wenige nette Szenen schenkt.
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Am schlimmsten finde ich das offene Ende. Das hat mich richtig wütend gemacht. Zum Glück hat dieses Buch nur 175 Seiten. Man hätte mehr aus der Geschichte machen können. Der Ansatz ist super, das war es aber auch schon. Ich empfehle das Buch nicht, habe zwar schon schlechtere gelesen, aber für mehr als 2 Sterne reicht es nicht..
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Eins hat mich diese Parabel allerdings gelehrt, dass zu große Neugier ungesund sein kann!

Cover des Buches Ein ungezähmtes Leben (ISBN: 9783455402506)

Bewertung zu "Ein ungezähmtes Leben" von Jeannette Walls

Ein ungezähmtes Leben
Neonsonnevor 11 Jahren
Rezension zu "Ein ungezähmtes Leben" von Jeannette Walls

Wir sind alle nur eine Stufe über dem Tier und eine Stufe unter den Engeln!
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West Texas, am Salt Drew, High Lonesome genannt, erblickt Lily, Jeannette Walls Großmutter, 1901 das Licht der Welt in einer Lehmwohnhöhle. Schon früh lernt sie von ihrem Vater, wie man Pferde zureitet. Sie ist ihm eine grosse Stütze auf der Farm, bis sie widerwillig auf die Klosterschule geschickt wird. Sie ist eine Musterschülerin, bis ihr Vater das Geld nicht mehr bezahlen kann. Sie lässt die Farm hinter sich und beginnt als Aushilfslehrerin zu arbeiten. Das Abenteuer ihres Lebens beginnt...
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Das Leben der Lily Casey Smith hat mich sehr beeindruckt. Aus einem verantwortungsbewussten Kind wurde eine bodenständige selbstbewusste Frau, die alles versucht um ihre Tochter Rosemary auf die richtige Bahn zu lenken, nachdem sie geheiratet und mit ihrem Mann auf einer Ranch arbeitet und wohnt. Ihr Leben wird klar dargestellt und hält viele erschütternde Schicksale bereit. Sie muss ständig mit schlimmen Verlusten fertig werden. Sie ist eine Kämpferin und findet immer wieder neue Wege..
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Lily Casey kommt viel herum und schlägt sich durch. Witzig finde ich, dass es dort in den 20er Jahren nur bei reichen Leuten üblich war, eine Innentoilette zu besitzen. Die Ärmeren dagegen fanden diesen Umstand ziemlich unhygienisch. Mit dem Fortschritt kam auch die Unzufriedenheit. Die moderne Stadt fühlte sich an wie ein Gefängnis. Überall wo Lily hinging und sah gab es Vorschriften. Die Freiheit auf der Ranch ist Vergangenheit..
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Auch wenn man das erste Buch von Jeannette Walls Schloss aus Glas schon gelesen hat und weiss, was aus Lily's Tochter Rosemary geworden ist, so hält dieses hier die Geheimnisse einer störrischen Tochter bereit und zeigt, warum sie so ist wie sie ist. Vor allem mag ich die Originalbilder einiger hier erwähnten Personen am Anfang jeden Kapitels. Jedes einzelne von ihnen ist bewegend. Jeannette Walls hat das Talent den Leser Teil ihrer Familie werden zulassen. Ja, als Leser habe ich die Personen tatsächlich ins Herz geschlossen. Ich war ganz nah dabei.

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