Der Klappentext und das Thema des Buches hatten mich sehr angesprochen. Ich fand die Kombination aus Nationalsozialismus und einem Brüderpaar, das offensichtlich sehr verschieden ist, sehr interessant. Entsprechend motiviert habe ich begonnen das Buch zu lesen.
Paul und Johann sind beide bereits in ihren 40ern als sie sich nach vielen Jahren auf ungewöhnliche Weise wiedersehen. Johann bekommt eines Tages einen Anruf aus der Psychiatrie - er soll seinen Bruder Paul dort abholen. Dieser hat nach dem Verschwinden der Mutter vor vielen Jahren aufgehört zu sprechen und kommuniziert nur noch über Zettel und einen "Wunderblock" (so ähnlich wie die Schreibtafeln für Kinder, wo das Geschriebene anschließend per Knopfdruck wieder löschbar ist). Nach einem doch durchaus emotionalen Wiedersehen, beginnen Johann und Paul eine gemeinsame Reise. Paul hat großes Interesse an der Geschichte des Adolf Eichmann (ein Nationalsozialist; SS- Obersturmbannführer) und möchte seinen Spuren folgen.
Es werden dann parallel mehrere Handlungsebenen eröffnet. Zum Einen lernt der Leser einiges aus der Kindheit und Jugend von Johann und Paul kennen. Zum Anderen erlebt der Leser Teile des Holocaust in den Aufzeichnungen von Paul und wir folgen im Jetzt den Beiden auf ihrer Reise durch Deutschland und die Niederlande. Die Ebene über die Biographie der beiden Brüder hat mir sehr gut gefallen. Der Leser erfährt, dass Johann nach dem Verschwinden der Mutter, Opfer des Vaters wurde. Dieser hat ihn mit körperlicher Gewalt und einer sehr strengen Religion gequält und gezüchtigt. Johann bricht irgendwann aus und beginnt ein eigenes Leben ohne Kontakt zu Paul oder seinem Vater. Er lebt seine Homosexualität aus, nimmt Drogen, trinkt viel Alkohol. Ich hätte hier gerne noch mehr über die innerpsychischen Vorgänge in Johann und Paul erfahren und auch über seinen Vater wären ein paar mehr Infos interessant gewesen. Es bleibt leider oberflächlich.
Die beiden anderen Ebenen bleiben leider noch mehr an der Oberfläche und wirken in Teilen sehr konstruiert. Warum Paul die Hühner geköpft hat und welche Rolle dies für die Geschichte spielt, bleibt bis zum Schluss sehr unklar. Die Passagen über den Holocaust wirken gezwungen eingestreut und werden nicht schlüssig in die Geschichte eingewoben. Ich hatte fast das Gefühl, als wollte der Autor hier die Geschichte mit dem Thema Holocaust aufwerten, was für mich leider überhaupt nicht geklappt hat.
Darüber hinaus hatte ich durchweg das Gefühl mich mit zwei Jugendlichen durch die Geschichte zu bewegen und nicht mit zwei erwachsenen Männern. Ihr Denken, ihre Sprache und ihre Handlungen wirken sehr oft unreif, pubertär und nicht nachvollziehbar. Hinzu kommt der sehr detailreiche Schreibstil, der mich verwirrt und mir viele Passagen unverständlich gemacht hat.
Insgesamt lässt mich das Buch ratlos zurück. Ich habe keine wirkliche Verbindung zwischen den Ebenen gefunden und es wirkte auf mich, als wolle das Buch sehr viel, was es aber nicht einlösen kann. Leider ein Flop.