Kurzmeinung: wunderbar lustige Märchen-Satire in Form einer Reisegeschichte
Nosferatu
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Bewertung zu "Die 3 Leben der Pezzi T." von Milena Schleuderhonig
Die 3 Leben der Pezzi T.
Nosferatuvor 5 JahrenKurzmeinung: origineller Genremix
Neverwhere in New York
Am ehesten ist dieses unbekannte Buch zu vergleichen mit Neil Gaimans "Niemalsland" (Neverwhere). Wo bei diesem ein junger Londoner Karrierist durch naive Hilfsbereitschaft in das magische Unter-London gerissen wird, entdeckt bei Schleuderhonig eine modelnde Jurastudentin durch eine Gruppe Außenseiter eine Welt voller Wunder.
Nun ist aber Gaimans Buch ein Markstein der Urban Fantasy, Schleuderhonigs Buch hingegen verbleibt lange eine Art Frauen-Selbstfindungs-Roman mit Ausflügen in die Philosophie und Mystik. Geschrieben als Tagebucheinträge und angereichert mit realistischen Illustrationen, die eher an ein Jugendbuch erinnern.
Man könnte kritisieren, dass sich Schleuderhonig nicht für ein Genre entscheiden kann, aber sie fügt diese vielen Ansätze so passend zusammen, dass sie hier etwas frisches und überraschendes präsentiert. Letztlich bleibt meine einzige Kritik, dass das Buch ein wenig zu experimentell und kurz ist.
Kurzmeinung: ein genreprengender Kessel voll Kreativität
Steampunk-Horror-Politthriller
Ein Lieblingsbuch, wenn man es aushält, dass es alle Genre sprengt. Ein sprachlicher Genuss, wenn man richtig gut Englisch kann - allerdings kenne ich Anglistikstudenten, die es dann doch lieber auf deutsch gelesen haben.
Der Autor China Mieville ist ein linkspolitisch engagierter Gothic, der in Ägypten gelebt hat und einen Doktorgrad in Politologie hat. Er ist Fan von Fantasy-Rollenspielen und den Weird Tales. Perdido Street Station ist der erste Teil einer Trilogie, die in einer Welt spielt, die Steampunk und Horrorfantasy vereint mit einer Art bitterbösen Satire heutiger Politik und Wissenschaft. Dabei ersinnt er viele neuartige Spezies, experimentelle Lebensentwürfe und ... Worte. Mievielle spielt derart mit Sprache, dass ich froh war, das Buch auch auf deutsch gelesen zu haben, um überhaupt alles mitbekommen zu haben.
Es ist kaum möglich, den Inhalt anzureißen. Entweder würde ich zu viel oder zu wenig erzählen. Daher belasse ich es bei dem Hinweis, dass es Mieville in diesem - wie in allen anderen Büchern, die ich von ihm gelesen habe - gelingt, wunderbar vielschichtige Antihelden zu entwickeln, die wie in einer antiken Tragödie nolens volens ein Chaos entfesseln, in dem Mieville dann die oben beschriebenen kaum zusammenpassenden wollenden Zutaten virtuos dirigiert. Wer sich von dieser Rezension nicht abschrecken lässt, wird um die Perdido Street Station herum eine neue Welt entdecken. Viel Spaß dabei!
Kurzmeinung: klassischer King, sehr amerikanische Vampirgeschichte
eine sichere Bank
Salem's Lot ist nicht einer von Stephen Kings besten Romanen und gehört auch nicht zu den besten Vampirgeschichten, die jemals geschrieben wurden - aber es ist daher noch lange kein schwaches Buch, sondern im Gegenteil sowohl ein ebenso solider wie typischer King und amerikanischer Vampirroman. Wer Stephen King mag und gern Vampirgeschichten liest, hat in Salem's Lot eine sichere Bank für die gepflegte Grusellektüre - aber wer gern durch experimentelle Literatur überrascht wird, braucht keinen Gedanken über das Buch verschwenden.
Kurzmeinung: Grusel-Klassiker, den kaum jemand kennt, geschrieben von einem sehr ungewöhnlichen Autor.
Ein rumänischer Fiebertraum
Vorweg sind einige Worte zum Autor nötig: Mircea Eliade (1907-1986) wurde hauptsächlich als Religionswissenschaftler berühmt. Der Rumäne hat in Indien studiert und war Faschist. Gleichzeitig hat er sich mit Mythos, Religion und Schamanismus früher Kulturen der ganzen Welt beschäftigt und das geachtete, sensible und wirklich gute theologische Werk "Das Heilige und das Profane" verfasst und sich nicht gescheut, als anerkannter Wissenschaftler auch phatastische Literatur mit liberalen Tabubrüchen zu verfassen. So hat er bei Nationalisten, Hippies und Wissenschaftlern sowohl Ansehen, Ablehnung als auch verwirrtes Interesse erzeugt.
Wie diese Teile Eliades Biographie zusammenpassen, kann man nicht sagen, in den hier in Rede stehenden Werken habe ich keine faschistische Aussage gefunden, eher im Gegenteil. Ich verstehe aber jeden, der Eliade auf Grund seiner politischen Auffassung nicht lesen will.
Wenn man aber über Eliades Biographie und politische Aktivität hinwegsieht, findet man in "Fräulein Christine" einen zum einen sehr klassischen Vampirroman, der sich durchaus mit La Fanus "Carmilla" messen kann, zum anderen aber auch mit sonderbar modernen sexuellen Tabubrüchen und Fieberträumen aufwartet, sodass man am Ende nicht sicher sein, kann wo die Realität geendet und der Wahn begonnen hat. Ein sonderbares und interessantes Gruselbuch von einem sonderbaren Autor.
(Das hier abgebildete Buchcover ist übrigens nun ganz falsch.)
Bewertung zu "Grimscribe - Sein Leben und Werk" von Thomas Ligotti
Grimscribe - Sein Leben und Werk
Nosferatuvor 5 JahrenKurzmeinung: Wenn man lesen möchte, wie Lovecraft heute schreiben würde
postmoderner Lovecraft
Das Buch hat ein sehr schönes Frontcover - und ein ganz schlechtes Layout auf dem Backcover, wo unter anderem wie folgt geworben wird: "Ligottis Stil ist eine Mischung zwischen Kafka und Lovecraft." Diese Lorbeeren sind etwas zu viel des Guten und der Preis des Buchs war es auch - daher nur 4 Sterne, aber davon abgesehen gibt es hier fraglos gute Gruselgeschichten.
Ligotti schreibt einfach aktualisierte und reduzierte Lovecraft-Geschichten und poetischen Grusel, nicht mehr, aber auch nicht weniger, denn das macht er gut und er nimmt von Lovecraft genau das richtige (weg): Das oft wiederholende und in die Länge gezogene (obwohl der Leser längst weiß, wo der Hase läuft), die auch immer wiederkehrende erfundene Mythologie und die Rassismen Lovecrafts können schon nerven, und Ligotti lässt sie weg, sodass nur der typisch Lovecraftsche Horror übrigbleibt, den ein typisch anonymer Lovecraftscher Erzähler erlebt, wenn er merkt, was sich hinter der Fassade der scheinbar heilen Welt verbirgt.
Ich würde Ligotti also zumindest für die Horrorfans empfehlen, die Lovecraft mögen, gern etwas neues von ihm lesen würden und auf seine Schwächen gut verzichten können.
Ich würde Ligotti also zumindest für die Horrorfans empfehlen, die Lovecraft mögen, gern etwas neues von ihm lesen würden und auf seine Schwächen gut verzichten können.
Über mich
lese sehr langsam
- männlich
- 01.01.1900