„Aralona – Das Vermächtnis“ ist ein Roman von Jessica Arndt. Es handelt sich um den ersten Band, der 316 Seiten umfasst.
Obwohl ich mich wirklich sehr auf das Buch gefreut habe und das Grundthema auch absolut in meinen sonstigen Lesegeschmack passte, gab es für mich leider so einige Kritikpunkte, anhand derer ich meinen Leseeindruck genauer darstellen möchte.
Punkt 1: Es gibt keinerlei Charakterentwicklung
Ironischerweise erkennt die Protagonistin das nicht nur selbst, auch ihr Begleiter weist sie gegen Ende des Buches nochmal darauf hin, dass sie keine Kampf- oder Magiefähigkeiten verbessert hat und noch genauso naiv wie zu Beginn ist. Die „Bösen“ bleiben es, die Dorfbewohner behalten ihre ignorante Haltung auch durchgehend bei. Aralonas Begleiter sind von Beginn an mutig und hilfreich, es gibt keine Streitigkeiten oder Möglichkeiten zum Wachstum in diesen Bindungen. Nun kann man natürlich anführen, dass es sich hier um den ersten Band handelt, die Charaktere werden dort üblicherweise erst einmal vorgestellt. Dennoch sollte es zumindest Tendenzen geben, die Protagonistin sollte eine Ahnung von dem haben, was sie sein oder werden möchte. Doch auch hier hat sie einfach keinen Schimmer. Ich fühlte mich als Leserin hier selbst etwas verloren und habe nach wie vor keine Idee, was Aralona eigentlich antreibt und warum sie all diese Wege überhaupt auf sich nimmt. Ich weiß nicht, was ihr wichtig ist und was sie am Ende erreichen will. Was sie angeht, stehe ich immer noch mit einem imaginären, leeren Steckbrief da.
Punkt 2: Es gibt keinen roten Faden/kein Ziel
Diese Sache knüpft praktisch an den ersten Kritikpunkt an. Aralona möchte herausfinden, warum es den Tieren schlecht geht, bzw. was im Wald passiert. Die Frage ist, warum? Was ist ihr persönliches Interesse daran? Wäre es eine Zentaurensache, sollte es all den anderen wohl nicht derart gleichgültig sein. Ist sie einfach nur mitfühlend? Vielleicht. Das wiederum erklärt leider trotzdem nicht ihre Entscheidungen. Zuerst wehrt sie sich gegen die Wünsche ihrer Mutter, möchte ihren eigenen Weg finden. Warum sie dazu unbedingt mit den Nomaden mitgehen muss, wird nicht klar. Als diese Idee schief geht, zieht sie einfach alleine los. Warum hat sie dies nicht sofort getan? Was hat sie zuvor davon abgehalten, wenn sie scheinbar schon eine Weile nach „ihrem“ Weg sucht? Wie wahrscheinlich ist es, dass eine Zentaurin ohne irgendwelche Fähigkeiten unbeschadet durch den Wald kommt? Wohin will sie überhaupt und warum genau sucht sie schließlich doch den von ihrer Mutter ausgesuchten Meister auf? Amüsanterweise stellt ihr Begleiter Kriktex ihr diese Fragen ab und an auch, bekommt aber genauso wenig Antworten wie der/die Leser/in. Ich finde es insgesamt einfach sehr schade, da man doch merkt, wie viele Gedanken die Autorin in ihre Welt gesteckt hat. Es sind viele, tolle Ideen dabei, an der schriftlichen Umsetzung hat es aber arg gehapert.
Punkt 3: Glück gepachtet?
Ich muss ehrlich gestehen, dass mich dieser Punkt ziemlich amüsiert hat. Aralona gerät mehrmals in Situationen, die das sichere Ende für jeden anderen Charakter bedeutet hätten. Sie überlebt mehrere Mordversuche, einstürzende Höhlendächer und hat natürlich stets ein Wundermittel, um im richtigen Moment ihre Verletzungen zu heilen. Wenn es dann doch aussichtlos aussieht, wird sie natürlich gerettet und kommt ohne einen weiteren Kratzer davon. Das war mir doch etwas zu viel des Guten.
Punkt 4: Nebencharaktere
Diese sind meiner Ansicht nach das Beste an der Geschichte, gerade Kriktex und Falou retten dann doch vieles, weil sie einfach amüsant und interessant sind. Sie treiben die Geschichte voran und sind um Welten nützlicher als Aralona. Ich habe mir oft die Frage gestellt, wozu Aralona überhaupt da ist, denn einen Mehrwert für die Geschichte hat sie absolut nicht. Gutik, das niedliche Koboldkind, der mürrische und sehr verbohrte Tyremus, ja, selbst die mehr als fragwürdigen Charaktere wie Archetrios und Ideros haben dafür gesorgt, dass ich doch mehr über das alles erfahren wollte. Ich bin auch nach wie vor interessiert an Koranirs Sicht auf die Geschichte.
Punkt 5: Die App und Extras
Eine nette Idee, die in meinen Augen aber besser anders genutzt worden wäre. Gerade die ersten QR-Codes haben mal so gar nicht funktioniert, ich musste das Smartphone mehrmals bemühen, was den Lesefluss doch störte. Die vielen Texte empfand ich auch oft als überflüssig, da sie meistens das erklärten, was sowieso schon etwas anders im Buch stand, oder man sich denken konnte. Ich hätte es schöner und sinniger gefunden, wenn sich hinter den Codes Illustrationen zu den unterschiedlichen Szenen versteckt hätten. Am Anfang hatte ich da Hoffnung, immerhin wurden die unterschiedlichen Zentaurenarten ja auch bildlich dargestellt.
Einen dicken Daumen hoch gibt es von mir aber für die beigefügten Extras. Der Brief von Tyremus ist wirklich gelungen, er lässt nicht nur einen möglichen Ausblick auf Band 2 zu, sondern erlaubt auch einen Einblick in die Gedankenwelt des Charakters, sowie seine Verbindung zu Aralonas Mutter. Das Papier ist passend gewählt, die Schriftart und der Wortlaut gefallen mir ebenfalls. Wundervoll finde ich auch den kleinen Steckbrief zum Acanu, auch hier liebe ich das gewählte Papier und berühre es immer wieder gerne. Die Illustration ist meisterhaft, ein dickes Lob für dieses Extra! Postkarten und Lesezeichen gefallen mir ebenfalls immer sehr gut. Vielleicht könnte man sich für Band 2 eine Art Buchbox überlegen?
Warum also Band 2 lesen?
Diese Frage habe ich mir dann doch intensiv gestellt. Aufgrund der Kritikpunkte kann man sagen, dass ¾ des Buches einfach eine Nullrunde waren. Das letzte Viertel hat dagegen sehr überzeugt und ich stellte mir einfach nur noch die Frage, warum nicht gleich so gut geschrieben wurde. Denn eines muss man ganz klar sagen, wäre es von Anfang an so gewesen, wäre das Buch ziemlich gut und absolut empfehlenswert gewesen. Allerdings muss ich auch sagen, dass gerade das erste Drittel eines Buches doch so überzeugen sollte, dass man weiterlesen möchte. Wenn es sich nicht gerade um ein Rezensionsexemplar handelt, machen sich wohl eher wenige Leute die Mühe, nicht überzeugende Bücher zu Ende zu lesen. Dafür ist der Markt einfach zu übersättigt. Zum jetzigen Zeitpunkt möchte ich definitiv Antworten auf all die offenen Fragen, aber ich bin mir nicht sicher, welcher Stil nun in der Fortsetzung zu finden ist. Würde das alles spannungstechnisch nahtlos an das Ende von Band 1 anknüpfen, wäre ich absolut dabei. Aber Garantien gibt es ja leider nicht.
Meine drei Sterne stützen sich am Ende darauf, dass die Gestaltung insgesamt doch sehr liebevoll war und man gespürt hat, wie viele Gedanken sich die Autorin gemacht hat. Der Schreibstil sollte dringend nochmal überdacht und überarbeitet werden. Wichtig ist, die LeserInnen früh abzuholen, das würde ich mir in Band 2 einfach mehr wünschen.