Der Schutzumschlag von Matt Haig‘s Buch „Die Radleys“ ist ein echter Hingucker. Lackschwarz glänzend. Außer dem Autorennamen und Titel fast leer. Lediglich in der Mitte eine einzelne weiße Tasse mit Blutspuren. Gruselig!
Und da sind wir auch schon mitten im Geschehen, denn es wird wirklich gruselig. Dabei fängt es doch so harmlos an. Da ist das Mittelstandsehepaar, Peter und Helen Radley. Peter ist Arzt, Helen Hausfrau. Sie haben zwei Kinder im Teenageralter, Rowan und Clara.
Die Radleys sind eine überaus angepasste Familie. Wenn sie eines auf gar keinen Fall wollen, dann ist es: Auffallen. Sie wohnen in einer bürgerlichen Gegend mit Haus und Auto, die sich nur unwesentlichen von denen ihrer Nachbarn unterscheiden. Sie tragen die gleiche Kleidung wie ihre Nachbar, hören die gleiche Musik, haben die gleichen Vorliegen für Literatur und Musik. Sie gehen sogar so weit, dass Helen ihre selbstgemalten Bilder auf den Speicher stellt und stattdessen Drucke an die Wand hängt.
Doch bei aller Anstrengung, die Radleys können es einfach nicht verleugnen, dass sie anders sind. Die Kinder werden in der Schule gehänselt. Sie haben eine blasse Haut, vertragen keinen Sonnenschein. Sogar die Tiere haben Angst vor ihnen. Die Radleys sind abstinente Vampire, was man den Kindern allerdings nicht erzählt hat.
Viele Jahre konnten sie ein einigermaßen normales Leben führen. Doch dann ändert sich von einem Tag zum anderen alles. Die tierliebe Clara ist schon seit längerer Zeit Vegetarierin und „rüstet dann zur Veganerin auf“. Dadurch steigt ihr Blutdurst ins Unermessliche. Als sie nach einer Party von einem Jungen bedroht wird, beisst sie zu.
Sie saugt ihm jeden Tropfen Blut aus dem Körper. Ihr Vater lässt die Leiche über dem Meer verschwinden. Nun sind die Radleys in einer sehr bedrängten Lage. Wie soll es weitergehen? Sie rufen Will, Peters Bruder, zu Hilfe. Will ist ein äußerst erfahrener Vampir, der sicher weiß, was zu tun ist.
Doch leider wird es jetzt erst richtig schwierig. Der charismatische Will ist so gar nicht der nette Onkel, er verfolgt eigene finstere Pläne. Da kommen Ereignisse aus der Vergangenheit wieder ans Tageslicht, die viele lieber im Verborgenen gelassen hätten.
Alle Familienmitglieder beginnen wieder, Blut zu trinken und fühlen sich für kurze Zeit sehr viel besser. Doch dann eskaliert die Situation. Es wird manchmal regelrecht brutal und teilweise auch sehr gefährlich.
Das Ende ist dann überraschend romantisch. Doch mehr sei hier nicht verraten.
Das Buch ist in einem sehr flüssigen, leicht lesbaren Stil geschrieben. Es ist in kurze Kapitel unterteilt, die dazu verführen, immer weiter zu lesen. Überhaupt ist das Buch so spannend, dass man es am liebsten gar nicht aus der Hand legen würde.
Teilweise fand ich die Szenenbeschreibungen sehr grausam und blutig. Aber was kann man von einem Vampirroman anderes erwarten.
Bei aller Exzentrität sind die Protagonisten (außer Will) sehr sympathisch und man gönnt ihnen ihr Schlückchen Blut von Herzen, wenn sie sich danach besser fühlen.
Wenn man mit dem Thema „Vampire“ noch nicht so vertraut ist, kann man aus diesem Buch eine Menge darüber lernen, vielleicht auch Dinge, die man eigentlich gar nicht wissen möchte.
Wirklich humorvoll ist dieses Buch nicht, es gibt jedoch einige witzige Szenen. Vor allem ist dieses Buch sehr originell und hebt sich deutlich von anderen Büchern dieses Genres ab. Wenn man das 424 Seiten starke Buch (viel zu schnell) beendet hat, gibt es noch einen kleinen Leckerbissen: das „Glossar für Abstinenzler“.
Ein spannendes, aufregendes Buch, das ich gerne weiterempfehle!