Nachdem ich den trockenhumorigen Schreibstil des Autors bereits bei seinem Erstling „Mordkap“ kennen- und schätzen gelernt hatte, war ich sehr gespannt auf sein 2. Buch. Dass es ein Roman zum Thema „Wende“ ist, fand ich von vornherein spannend, da ich diesen Moment der Zeitgeschichte selbst hautnah miterleben durfte. Ungewöhnlich allerdings, dass dieses Thema diesmal aus der Sicht einer schwäbischen Unternehmerfamilie behandelt wird bzw gar aus der Sicht ihres Steuerberaters.
Der Roman beginnt gemächlich, ist aber durch die präzise beschriebenen Beobachtungen des Autors von der ersten Seite an ein echtes Lesevergnügen. Recht bald dann überschlagen sich die Ereignisse und man ist als Leser mitten in zahlreichen geschäftlichen und amourösen Verstrickungen. Dabei gelingen Rainer Doh immer wieder wunderbare, geradezu filmische, Slapstick-Momente, so dass ich nicht selten lauthals lachen musste. Insgesamt ein wunderbares Lesevergnügen, welches weniger durch die eigentliche Handlung, als vielmehr durch die stilistische Behandlung des Sujets besticht. Für mich ganz klar: Höchstwertung! Und ich bin schon jetzt gespannt auf das nächste Doh-Werk.
Powderfinger
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„Rache auf türkisch“ ist das Debüt der deutsch-türkischen Autorin Askim Utkuseven und gleichzeitig eine der ersten Veröffentlichungen des neuen Berliner ‚Divan-Verlages‘. Es handelt sich um einen Band mit insgesamt 15 Kurzgeschichten, der sehr hochwertig aufgemacht und mit einem tollen Cover versehen ist.
Die Geschichten von Askim Utkuseven sind allesamt nicht nur recht kurz, sondern sind auch sehr pointiert und anschaulich geschrieben. Inhaltlich drehen sie sich im weitesten Sinne um das Thema ’Rache‘, kommen aber trotzdem nie bösartig rüber, sondern haben immer eine sehr menschliche Komponente. Für mich als deutschen Leser war es zusätzlich spannend, durch die Geschichten tiefere Einblicke in die türkische Kultur und Mentalität zu bekommen.
Viele Stories punkten zusätzlich mit einem besonderen Twist - und obwohl Askim Utkuseven als Debütantin natürlich noch nicht die Meisterschaft eines Roald Dahl erreicht, zeigt das Buch ihr großes (orientalisches?) Talent als Geschichtenerzählerin, die sicher auch live ein großes Publikum zu fesseln versteht.
Ich hoffe sehr, bald einen weiteren Kurzgeschichtenband und in nicht allzu ferner Zukunft hoffentlich auch einen Roman von Frau Utkuseven lesen zu können.
Bewertung zu "High Heels im Hühnerstall" von Sarah Heumann
„High Heels im Hühnerstall“ ist der Debütroman von Sarah Heumann. Um es gleich vorweg zu nehmen: es hat mich von der ersten bis letzten Seite überzeugt und glänzend unterhalten. Besonders hervorzuheben ist die Fähigkeit der Autorin, mit wenigen Federstrichen äußerst lebendige und liebenswerte Charaktere aufs Papier zu bringen. So kommt es, dass frau als Leserin zusammen mit der Hauptfigur, der Berliner Ärztin Anna Zwilling, über die eigenwilligen Bewohner des fiktiven Dorfes Untergrasbach zunächst ungläubig staunt und ihnen nach und nach doch verfällt. Meine speziellen Lieblinge waren in dieser Hinsicht das Gastwirt-Ehepaar Elsa und Alfons Zugwurst sowie der geschäftstüchtige Tischler und Bestattungsunternehmer Max Speck.
Neben der Gabe, starke Figuren zu erfinden, besitzt Sarah Heumann zusätzlich ein besonderes Händchen für Situationskomik. Immer wieder musste ich bei der Lektüre des Romanes lauthals losprusten, was mir im allgemeinen nur sehr selten passiert. Das Buch ist aber nicht nur lustig, sondern hat auch viele anrührende und gegen Ende verstärkt spannende Momente aufzuweisen. Auch diese schildert die Debütautorin in sehr überzeugender Manier.
Ich kann mich daher in meinem Fazit nur Laupez anschließen, die schrieb: „Die Autorin kann locker mit Gier & Co. mithalten.“ Deswegen – und weil ich gerne mehr über die Bewohner Untergrasbachs lesen würde – hoffe ich, dass „High Heels im Hühnerstall“ nicht das letzte Buch von Sarah Heumann gewesen ist.
Bewertung zu "Samba tanzt der Fussballgott" von Mirco Drewes
Eines kurz vorweg: ich habe schon einiges an Fußballbüchern weggeschmökert und mich in der Vergangenheit auch schon etwas eingehender mit dem brasilianischen Fußball beschäftigt. Von daher habe ich von dem Buch nicht viel Neues erwartet. Wären nicht der pointierte Titel und das lustige Cover (ein Lob dem unbekannten Gestalter!) gewesen, hätte ich mich wohl gar nicht erst auf die Lovelybooks-Leserunde beworben. Ich bin froh, dass ich es getan habe. Mirco Drewes hat nicht nur in einem bewundernswerten Fleiß - der sich stark von der Berufseinstellung eines Romario abhebt - zahlreiche spannende Fakten zusammengetragen, sondern versteht es, diese Informationen so aufzubereiten, dass das Buch ein echter Lesegenuss ist. So passiert es einem als Leser gar, dass man bei der Schilderung längst bekannter Spielverläufe derart mitfiebert, als säße man gerade live im Stadion. Ich hoffe inständig, dass dies nicht des Autors letztes Fußballbuch war. Zum Beispiel warte ich schon lange auf ein lesenswertes Buch zu den schillernden Trainerpersönlichkeiten der frühen Bundesliga-Tage - Leute wie Tschik Cajkovski, Dettmar Cramer, Rudi Gutendorf, Gyula Lorant, Branko Zebec, Ernst Happel....Herr Drewes, können Sie das nicht übernehmen?
Möchten wir in diesem Haus wohnen? Sicher nicht. Aber mal hinter die Wohnungstüren schauen und den Katastrophen zusehen, die sich hier abspielen, das möchten wir irgendwie schon.
„Asoziales Wohnen“ handelt von harten Bedingungen und traurigen Gestalten in einem trostlosen Mehrfamilienhaus. Die Menschen versuchen vergeblich, ihr kleines bisschen Glück zu finden und scheitern zum großen Teil, allerdings mit Ausnahme des dort auch lebenden Autors, hier wollte Dirk Bernemann seinem Alter Ego offensichtlich ein besseres Schicksal gönnen als seinen Nachbarn.
Der schonungslose Blick , die harte Sprache und die zwar zynische, aber doch verständnisvolle Beschreibung der Sehnsüchte der Protagonisten, und sogar die absurden Eskalationen zum Schluss haben mir gefallen. So ist vielleicht das Leben für viele Menschen, hoffen wir mal, daß unseres besser ist.
Bewertung zu "Ich hab die Unschuld kotzen sehen 1+2" von Dirk Bernemann
Bewertung zu "Das Buch der von Neil Young Getöteten" von Navid Kermani
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- 17.11.2012