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RalfBoscher

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Cover des Buches Topik. Zur Struktur der gesellschaftlichen Einbildungskraft (ISBN: B008L0JP52)

Bewertung zu "Topik. Zur Struktur der gesellschaftlichen Einbildungskraft" von Lothar Bornscheuer

Topik. Zur Struktur der gesellschaftlichen Einbildungskraft
RalfBoschervor 11 Jahren
Mehr als Klischees...

Es gibt Menschen, über welche man auch im Zeitalter von Google und weltweiter Vernetzung nur wenig erfährt. Was von ihnen als Person bleibt, bleibt im Privaten. Wertvolle Erinnerungen, nur den Vertrauten anvertraut. Was von ihrem Denken bleibt, ist manchmal ein Werk.

Topik. Zur Struktur der gesellschaftlichen Einbildungskraft, Frankfurt/Main 1976 (Suhrkamp) von Lothar Bornscheuer

Lothar Bornscheuer war ein deutscher Literaturwissenschaftler, Hochschullehrer und Buchautor. Topik war eines seiner Hauptthemen, sein Buch von 1976 ist sein umfassendster und spannendster Beitrag zur Thematik „Topik“.

Was ist Topik?

Topik beschäftigt sich mit Topoi. Laut Wikipedia versteht man unter „einem Topos (Plural Topoi; altgr. τόπος topos „Ort“, „Gemeinplatz“; lat. locus communis) ... einen Ort im übertragenen Sinn, aber auch eine Formkategorie. Im modernen Verständnis bedeutet Topos Gemeinplatz, stereotype Redewendung, vorgeprägtes Bild, Beispiel oder Motiv (z. B. navigatio vitae, das „Lebensschiff“)“.

Topik als die Lehre von den Topoi beschäftigt sich demnach mit dem Auftreten dieser Gemeinplätze, Motive, kurz Klischees, vor allem in Literatur und Kunst. Das ist richtig, aber auch falsch. Denn Topik, so wie sie Bornscheuer analysiert, geht es nicht allein um Klischees, sondern vielmehr um die Vorurteils-Struktur menschlicher Wahrnehmung und Produktivität (als Mensch, Künstler, Wissenschaftler). Topik ist diese Vorurteils-Struktur - und gleichzeitig ihre Kritik.

“Alle theoretischen und praktischen Produktivitäten unterliegen jeweils einer bestimmten historisch-gesellschaftlichen Charakteritik, der Bewegungsspielraum schöpferischer Ideen und ihrer Realisierungsmöglichkeiten in allen Bereichen einer bestimmten Kulturepoche (in ihrem Bildungssystem, ihren Wissenschaften, ihrer Technologie sowie in ihren ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Organisationsformen) ist durch eine jeweils epochencharakteristische Tiefenstruktur bestimmt. Diese Tiefenstruktur eines je bestimmten gesellschaftsgeschichtlichen Bildungshabitus könnte als eine der Bedeutungsschichten des Begriffs >Topik< verstanden werden” (Bornscheuer, Topik, S. 19-20).

Bornscheuers Nachdenken über diese Tiefenstruktur trifft sich mit dem Denken von u.a. Michel Foucault. Es ist ein Denken, welches Vorurteils-Struktur und Freiheit nicht als Gegensatz vorstellt: Alle Produktivität, alles Nachdenken, alles Überzeugen, jede Lebensgestaltung, jedes Werk (ob nun Kunstwerk oder wissenschaftliches Werk) findet auf dem Boden der herrschenden Topik statt. Hier auf diesem Boden der Topik ergeben sich für den Menschen und Künstler aber auch Möglichkeiten der Freiheit. Kurz gesagt: Mit Bornscheuer Topik zu betreiben, bedeutet, nahe an Foucaults Auffassung von Philosophie zu sein als einer Denkhandlung, deren eigentlicher Sinn in der Veränderung eingeübter Denk-, Sprach- und Erfahrungsweisen besteht, „um damit ein freies und souveränes Selbstverhältnis zu ermöglichen [...]“ (Kögler, Hans Herbert: Michel Foucault, Stuttgart, Weimar 1994 (Sammlung Metzler), S. 4).

Topik, so wie sie Bornscheuer analysiert hat, ist, um es Foucault zu sagen: „[...] eine Analyse der Zivilisationstatsachen, die unsere Kultur charakterisieren, definieren [...] eine Ethnologie der Kultur, der wir angehören“ (Foucault, Michel: Von der Subversion des Wissens, hrsg. u. aus d. Franz. u. Italien. übers. von Walter Seitter, Frankfurt/M., Berlin, Wien 1974 (Ullstein, S. 13).

Noch heute ein wichtiges Buch, vielleicht gerade heute ein wichtiges Buch.

Cover des Buches Der lange Weg nach Amouliani (ISBN: 9783845009018)

Bewertung zu "Der lange Weg nach Amouliani" von Jürgen Schmidt

Der lange Weg nach Amouliani
RalfBoschervor 11 Jahren
Cover des Buches Die Saat (ISBN: 9783453266391)

Bewertung zu "Die Saat" von Guillermo del Toro

Die Saat
RalfBoschervor 12 Jahren
Rezension zu "Die Saat" von Guillermo Del Toro

Kennen Sie das? Sie lesen ein Buch und finden plötzlich einen alten Bekannten wieder? Ich dachte schon, es gäbe ihn nicht mehr. Den bösen Vampir, den alten Feind der Menschheit. Ich dachte schon, diese Art des literarischen Blutsaugers wäre ausgestorben, ersetzt durch nette, sensible Vampire, sehr ansehnlich, gut gebaut, mit guten Umgangsformen. Aber Pustekuchen. Es gibt sie noch, und was das Wiedersehen erfreulich macht: Sie sind wieder da, die Bezüge zum wirklich Beängstigenden. Unter der Oberfläche der von uns Menschen so fein eingerichteten Welt lauert etwas Mächtiges, was uns alle auslöschen kann. Der alte Hauch von Pestilenz. Der alte Gedanke, dass nur ein dünne Haut zwischen unserer zivilisierten Welt und dem Chaos liegt. Dass jeder von uns im Handumdrehen (und nicht durch eine gewollte romantische Handlung) das, was uns als Menschen ausmachte, verlieren kann. Der Vampir hatte immer etwas von einer Krankheit an sich. Und in „Die Saat“ wurde dieser Gedanke (man denke nur an die Blutbild-Bilder aus Coppolas Dracula) konsequent und in aller Grausamkeit durchgespielt. Ein sehr spannendes Buch, hart. Apokalyptisch. Aber nicht ohne Hoffnung. Sei wachsam, sei mitmenschlich, achte auf die Zeichen (und besorge dir richtigen Waffen), ein Buch für alle, die „The Stand“ von Stephen King mochten (gerade wenn sie bei allem Mögen sich des Eindrucks einer gewissen Langatmigkeit nicht erwehren konnten und sich ein wenig mehr Action wünschten), ein Buch für alle, den es im Zwielicht zu wenig zwielichtig zuging. Klare Leseempfehlung, und ich bin gespannt auf den zweiten Teil: „Blut“.

Cover des Buches Roter Drache (ISBN: 9783453138124)

Bewertung zu "Roter Drache" von Thomas Harris

Roter Drache
RalfBoschervor 13 Jahren
Rezension zu "Roter Drache" von Thomas Harris

Kennen Sie eigentlich Hannibal Lecter? Nun, würde sagen, wenigstens vom Hörensagen (zum Glück nicht persönlich).

20 Jahre sind vergangen seitdem der werte, kulinarisch exaltierte Herr einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde. 1991 kam der mit mehreren Oskars preisgekrönte Thriller „Das Schweigen der Lämmer“ in die Kinos. Ein beeindruckender, spannender Film nach der Vorlage des ungeheuer spannenden, düsteren Romans von Thomas Harris. Ein riesiger Publikumserfolg für Autor und Filmschaffende. Und für viele der Grund, nach dem Vorgängerroman „Roter Drache“ zu greifen, dem ersten Auftritt des intellektuellen, kunstsinnigen Kannibalen Hannibal Lecter.

Die Konstellation ist „Roter Drache“ und „Schweigen der Lämmer“ ist ähnlich. Ein grausamer Serienmörder, welcher nicht zu fassen ist. Hannibal Lecter, recht sicher im Hochsicherheitsgefängnis verwahrt, wird um Mithilfe gebeten, um hinter das Motiv des Serienmörders zu kommen.

Doch in „Roter Drache“ ist es keine Anfängerin wie Clarice Starling, welche Lecter dazu bringen soll, zu kooperieren. Es ist der erfahrende FBI-Profiler Will Graham, jener Mann, der aufgrund seines Einfühlungsvermögens Lecter hinter Gitter gebracht hatte und von Lecter bei seiner Verhaftung fast getötet und verspeist wurde. Will Graham hatte damals den Dienst quittiert, zu nah waren ihm die Dämonen der vom ihm Gejagten gekommen. Doch nun stellt er sich den düstersten Abgründen wieder, und ihn als Leser dabei zu begleiten ist faszinierend, erschreckend, definitiv nichts für schwache Nerven.

„Roter Drache“ ist so dicht geschrieben wie „Das Schweigen der Lämmer“. Die Hauptfiguren sind aber noch differenzierter ausgearbeitet (eine Szene, die ich nicht aus dem Kopf bekomme ist jene, da der Serienmörder sich aus Liebe von seinem Dämon befreien will und das Bild„Der große Rote Drache und die Frau, mit der Sonne bekleidet“ von William Blake im Museum isst, da er so glaubt seine eigene Verwandlung zu eben jenem Drachen aufhalten zu können und die Frau, in die er sich verliebt hatte, schonen zu können).

Ob „Schweigen“ oder „Drache“ - beide Romane sind Klassiker des Genres. Harris` Schaffen ist auf einer Höhe, welche er mit seinen späteren Roman rund um Hannibal Lecter leider nicht mehr erreicht.

Also klare Leseempfehlung (und wer sich den Spielfilm zum Roten Drachen ansehen will, dann lieber die alte Verfilmung von Michael Mann „Blutmond“, die kalte, düstere Mutter aller CSI-Folgen).

Cover des Buches Coldheart Canyon (ISBN: 9783453879591)

Bewertung zu "Coldheart Canyon" von Clive Barker

Coldheart Canyon
RalfBoschervor 13 Jahren
Rezension zu "Coldheart Canyon" von Clive Barker

Kennen Sie das... Sie hören ein Musikstück und wissen: Diese Töne werden Sie nie wieder loswerden, den ersten Satz von Beethoven Fünfter, die ersten Takte von Dream Theaters „The Spirit Carries On“, Nightwishs „Ghost Love Score“... Sie lesen die ersten Seiten eines Buches, und Sie sind gefangen, nein mehr, Sie wissen, diese Seiten werden Sie immer begleiten. Der Anfang von John Irvings Garp zum Beispiel. Anthony Burgess „Der Fürst der Phantome“. Und, jetzt aktuell, die ersten Kapitel von Clive Barkers „Coldheart Mountain“. Die Beschreibung dieser monumentalen, unheimlichen, von düsteren Kräften mit Energie aufgeladenen, obszön-religiösen Fresken. Nur der Anfang, ganz am Anfang von Barkers dickem Wälzer, aber Hallo! Das hat die Qualität seiner „Bücher des Blutes“, vor allem der Titel gebenden Geschichte. Ich bin beeindruckt, ich bin gespannt, wie es weitergeht.

Cover des Buches Wilhelm Tell (ISBN: B0000BUI5S)

Bewertung zu "Wilhelm Tell" von Friedrich Schiller

Wilhelm Tell
RalfBoschervor 13 Jahren
Rezension zu "Wilhelm Tell" von Friedrich Schiller

Kennen Sie den: „Früh übt sich, was ein Meister werden will.“ Oder den: „Die Axt im Haus erspart den Zimmermann.“ Vieles an Schillers Tell ist sprichwörtlich geworden, und die zentrale Frage „Wie weit darf im Namen der Freiheit gegangen werden?“ ist heute noch so aktuell wie vor 200 Jahren (wobei sich bei uns die Frage der Rechtfertigung des Tyrannenmordes hoffentlich nicht mehr stellen wird).

Mir hat es Spaß gemacht, den Tell diesen Winter nochmals zu lesen (bei nahezu Schweizer Straßenverhältnissen, ein Hoch auf das praktische Reclam-Format, passt in jeden Mantel, liest sich hervorragend auch wartend an Bushaltestellen), wegen seiner kraftvollen Sprache, weil er zum Nachdenken anregt.

Der Tell war Schillers letztes beendetes Drama (1804 beendet, er starb 1805). Längst war er zu etwas geworden, das man heute Großschriftsteller nennt, und doch hatte er sich, wie der Tell nochmals zeigt, viel von seiner politischen Bissigkeit bewahrt, die seine dramatischen Anfangszeiten auszeichnete (so brachte ihm sein erstes, 1781 anonym veröffentlichtes Drama „Die Räuber“ gleich eine Menge Ärger mit seinem Landesherren ein: 14 Tage Arrest, da Schiller ohne Erlaubnis zur Uraufführung gereist war, es ward ihm verboten Stücke zu schreiben, Schiller floh aus dem Land). Auch darin, in seinem Lebenslauf, ist er aktuell, wie die Nachrichten von verfemten, verbotenen, verfolgten Schriftstellern aus anderen Winkeln der Welt leider zeigen. Wie steht es ihm Tell: „Es kann der Frömmste nicht im Frieden bleiben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.“

Cover des Buches Hägar der Schreckliche: Harte Zeiten /Ein Mann ein Wort /Ohne Furcht und Tadel (ISBN: 9783442119738)

Bewertung zu "Hägar der Schreckliche: Harte Zeiten /Ein Mann ein Wort /Ohne Furcht und Tadel" von Dik Browne

Hägar der Schreckliche: Harte Zeiten /Ein Mann ein Wort /Ohne Furcht und Tadel
RalfBoschervor 13 Jahren
Rezension zu "Hägar der Schreckliche: Harte Zeiten /Ein Mann ein Wort /Ohne Furcht und Tadel" von Dik Browne

Kennen Sie das Gefühl nach einem Universitätsseminar am Kaffeeautomaten zu sitzen und um einen herum schwirrend nur ach so kluge Fremdwörter durch die Luft, eine Art Schaulaufen der Eloquenz, mit dem Geruch des Halbverdauten. Und was kann es in solch einer Situation, wenn einem eh schon der Kopf schwirrt von all dem, was man im Seminar gehört hat, Besseres geben als ein wirklich treffendes Wort, welches den Diskurs-Nebel durchschneidet und einen Moment des Innehaltens, des Schweigens auslöst. Einen Moment, der dann alle lachen lässt, durchatmen, so dass man sich normal unterhalten kann.

Ein solch treffendes Wort ist „Twäng“, zu bewundern auf dem Titel des vorliegenden Hägar-Bandes, ein Wort und die Zerbrechlichkeit menschlicher Existenz ist auf den Punkt gebracht. Hägar - Der Schreckliche ist Philosophie. Lebensphilosophie. Existentialismus. Geschlechterdiskurs... Die Geschichten rund um den gierigen, durstigen, gehörnten Unternehmer, der dick im Raub- und Plündergeschäft ist, sind vieles, aber nie langweilig.

Hägar, vor allem die alten Bände von Dik Browne, sind enorm lustige Unterhaltung mit (na nicht immer) Tiefgang. Ideale Lektüre (auch wegen der Kürze der einzeln Episoden) an stillen Orten. Eine humorvolle Lehrstunde für jeden, der meint, man könne Kluges nur umständlich, mit Fremdwörtern verquast und flankiert von einer gehörigen Menge Namedropping von sich geben. Oder um es kurz zu sagen: Hägar lesen macht einfach sehr viel Spaß.

Cover des Buches Der brennende Engel (ISBN: 9783471300060)

Bewertung zu "Der brennende Engel" von John Connolly

Der brennende Engel
RalfBoschervor 13 Jahren
Rezension zu "Der brennende Engel" von John Connolly

Kennen Sie das De Barra in Clonakilty (Geburtsstadt des irischen Freiheitskämpfer Michael Collins)? Ein gemütlicher Pub, damals 2001 noch verraucht und meist Freitags der Auftrittsort von Noel Redding (verstorben 2003), ehemals Bassist der Jimi Hendrix Experience. Dort an der Theke des De Barra, einen Tag nachdem ich Noel Redding live gesehen hatte, erzählte mir ein Einheimischer bei einem Guinness (oder zwei) mit hörbarem Stolz in seiner Stimme von einem jungen irischen Schriftsteller. So gut, nein besser wie Stephen King (über den wir ins Gespräch gekommen waren, er hatte Friedhof der Kuscheltiere in meiner Manteltasche gesehen, meine Reiselektüre).

John Connolly würde der junge Ire heißen, seine Romane seien düster, sehr spannend, viel Gewalt, dämonisch ginge es zu. Kurz: Er weckte mein Interesse, und wieder daheim erinnerte ich mich an diesen Buchtipp. Das schwarze Herz. Gekauft. Verschlungen. Das dunkle Vermächtnis. Gekauft verschlungen. Der Ire im Pub hatte nicht untertrieben (obwohl ich Connolly nicht über King stellen würde): sehr düster geht es in den Roman zu, die in Charlie Parker eine Hauptfigur haben, die von dunklen Schatten getrieben ist wie kein anderer „Serienheld“, den ich kenne. Getrieben vom Verlust seiner ersten Frau und seines Kindes, von der Rache an den Schuldigen, getrieben vom Bösen, welches ihn, den ehemaligen Cop, jetzigen Privatdetektiv, ob in menschlicher oder dämonischer Form immer wieder findet.

In „Der brennende Engel“ sind es gefallene Engel, die Parker, der wieder einmal von seinen Freunden Angel und Louis, einem Killer, unterstützt wird, umtreiben. Louis Cousine, auf die schiefe Bahn geraten, wird vermisst. Die letzte Spur führt zu einem Zuhälter in New York und in eine Welt, in der es keine Hoffnung zu geben scheint. Eine Welt, in der aus Knochen Kunst geschaffen wird. In der es nur Gewalt zu geben scheint. Schmerz. Tod. In der ein uralte okkulte Gemeinschaft, „Die Gläubigen“ (wirklich fies die Figur des „Brightwell“), das Tor zur Hölle aufreißen wollen, und dabei vor keiner noch so grausigen Tat zurückschrecken, um die von Gott verstoßenen Engel zu erwecken. Eine Welt am Abgrund. Ein Charlie Parker am Abgrund. Düster, wie gesagt, sehr düster. Aber auch sehr lesenswert. Ein okkulter Thriller in ausladenden Dimensionen. Unheimlich. Spannend.

Cover des Buches Homo faber. Ein Bericht. (ISBN: B002T4O4G6)

Bewertung zu "Homo faber. Ein Bericht." von Max Frisch

Homo faber. Ein Bericht.
RalfBoschervor 13 Jahren
Rezension zu "Homo faber. Ein Bericht." von Max Frisch

Kennen Sie jemanden, der Max Frischs Roman „Homo Faber“ in der Schule gerne gelesen hat? Der wohl präpariert zum Unterricht kam, weil er das Buch und keine Interpretation gelesen hat?

Schullektüre, ein so zweischneidiges Schwert. Man muss lesen. Die Klassiker. Den Kanon. Und das in einer Lebensphase, in der man eine gewisse Aversion gegen alles entwickelt, über dem das Damoklesschwert des Muss schwebt. Muss. Und so entgeht einem so manche Buchperle, so manche Leseerfahrung, die unter anderen Umständen faszinierend gewesen wäre - wie mir. Jahre fristete Homo Faber in meinem Bücherregal ein Staubfänger-Dasein (und er befand sich da in guter Kanon-Gesellschaft), bis ich, ich weiß nicht warum, es eines Abends zur Hand nahm, ein bisschen drin herum blätterte - und dann zu lesen begann.

Und, es geschah Erstaunliches: Ich fand den Roman spannend., nicht so spannend wie ich so manch anderes Buch finde, aber dennoch: Der Staub rieselte vom Buchrücken, da ich Seite für Seite las. Was wie ein Abenteuerroman mit der Notlandung eines Flugzeuges begann, wurde immer dramatischer. Liebe. Verwicklungen. Inzest. Schuld. Und dann ein Ich-Erzähler, der in seiner technoiden Weltsicht, „Alles ist machbar“, mit dem so ganz unlogischen Schicksal konfrontiert wird. Die Brüche in dieser Weltsicht werden schnell deutlich, immer deutlicher, um so mehr, da er diese Erzähl-, diese Gedankenperspektive nicht aufgibt. Aber: Das, was wirklich wichtig ist, lässt sich mit Ingenieurskunst, Macherfertigkeit, nicht einfach beherrschen. Das Menschliche bleibt auf der Strecke. Es ist gleichzeitig erschreckend und rührend zu lesen, wie Faber vergeblich versucht, an seiner rationalen Weltsicht festzuhalten. Faber ist nicht sympathisch. Ganz und gar nicht. Aber nicht jeder, der einem etwas Wichtiges mitzuteilen hat, ist nett.

Der Stil des Buches ist kühl, mit einem brodelnden Untergrund an Leidenschaft. Homo Faber war, jetzt da ich nicht muss, leicht zu lesen. Klarer Stil, spannende Handlung, Figuren, die eigentümlich authentisch agieren. Ein Klassiker? Anscheinend. Ein Buch, welches das Staubfänger-Dasein verdient? Ganz sicher nicht. Schon gar nicht in einer Welt, die so kompliziert geworden ist, dass ein Hang nach einfachen Lösungen besteht.

Cover des Buches Novemberasche (ISBN: 9783423212465)

Bewertung zu "Novemberasche" von Anja Jonuleit

Novemberasche
RalfBoschervor 13 Jahren
Rezension zu "Novemberasche" von Anja Jonuleit

Kennen Sie das Gefühl, wenn die Welt, so wie Sie diese kannten, auseinander zu brechen droht? Wenn alles, was Ihnen Sicherheit gegeben hat, plötzlich ins Wanken gerät. Wenn dort, wo zuvor Liebe und Vertrauen war, nur noch Schmerz, Lüge und Verrat zu sein scheinen?

Wenn ja, und wenn dieses Gefühl, oder die Erinnerung daran, Sie nach wie vor quält, dann ist der spannende, emotionsreiche Kriminalroman Novemberasche vielleicht ein Buch, welches Sie besser nicht lesen sollten. Denn um solch eine die Grundfesten eines Menschen erschütternde Erfahrung ist der Kriminalfall in Anja Jonuleits Buch, das erste Buch, das ich von ihr lese, herumgebaut - und der Autorin gelingen wirklich ergreifende Momente mit „Oh nein! Nicht auch das noch!“-Effekt.

Novemberasche hat schlüssige, interessante, da mit sich kämpfende Protagonisten und ein sympathisches Ermittlerpärchen auf einem gewundenen Weg zum Liebespaar und zur Lösung des Falles. Dass sie in einem Umfeld agieren, welches mit einer Prise Bodensee-Lokalkolorit gewürzt ist, mag für den einen oder anderen noch ein zusätzlicher Grund sein, zum Buch zu greifen. Aber spielen könnte Novemberasche (leider) überall.

Anja Jonuleits Buch gehört, was die Schilderung des Verbrechens, der Verbrechen, angeht, zu den sanfteren Krimis. Sanft heißt aber nicht zahnlos. Die Schicksale, welche sie in klarer, ungekünstelter Sprache beschreibt, lassen einen nicht kalt, die Themen stimmen nachdenklich (Fremdenfeindlichkeit, Mobbing im Internet, Rache) und der Plot sorgt für Spannung bis zum Schluss.

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