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Rissa

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Cover des Buches Gold (ISBN: 9783896674029)

Bewertung zu "Gold" von Michael Crichton

Gold
Rissavor 6 Jahren
Ein Piratenabenteuer

Inhalt
Port Royal, 1665: In den karibischen Kolonien der englischen Krone ist Piraterie streng verboten, Freibeuterei jedoch geduldet, sind gekaperte Schiffe gern gesehene Beute.
Als ein einlaufendes Handelsschiff Berichte über ein tief liegendes spanisches Kriegsschiff mitbringt, das vor einer Festung ankert, wittert der Gouverneur von Jamaika fette Beute und informiert Captain Hunter, einen gewieften Freibeuter. Dieser stellt eine Mannschaft mit besonderen Fähigkeiten zusammen, denn der Ort, an dem das Schiff gesichtet wurde, gilt als uneinnehmbar. Wie wird die Mannschaft vorgehen, und wird sie erfolgreich sein?

Meine Meinung
Der Roman Gold - Pirate Latitudes wurde im Nachlass Michael Crichtons gefunden und posthum herausgebracht. Doch auch wenn er wohl schon vor langer Zeit abgeschlossen wurde, kann ich verstehen, warum sich der Autor zu Lebzeiten gegen eine Veröffentlichung entschieden hat.
Es handelt sich hier um eine reine Abenteuergeschichte, in der nicht nur gegen die Spanier gekämpft wird und in der es fast nur um diese eine Kaperfahrt geht - Vorgeschichten und Ereignisse nach der Handlung werden angerissen, spielen aber über weite Teile keine Rolle. Der historische Hintergrund orientiert sich lose an den tatsächlichen Umständen der Freibeuterei in Jamaika, die beschriebenen Ereignisse werden aber kaum stattgefunden haben. Leider gibt es - möglicherweise den Umständen der Veröffentlichung geschuldet - kein Nachwort, das über die tatsächlichen Verhältnisse in der Karibik informieren könnte.
Auch sind nicht alle Handlungen logisch, es wird schon recht dick aufgetragen, denn egal, auf welche Schwierigkeit die Gruppe stößt, es stellt sich immer nur die Frage, wie sie gemeistert wird, und nicht, ob sie es überhaupt schaffen. Mit Menschenleben wird hier dennnoch nicht zimperlich umgegangen, viele Gegner oder auch Mannschaftsmitglieder sterben dann schon mal eher beiläufig.
Dabei greift Crichton sehr tief in die Stereotypenkiste, denn das Team, das hier zusammengestellt wird, besteht aus Typen, die weitestgehend genau eine Eigenschaft oder besondere Fähigkeit haben und somit eine bestimmte Funktion erfüllen. So haben wir hier natürlich mit Captain Hunter den Kapitän, den Kopf des Unternehmens, der klug genug ist, den Plan zu erstellen, daneben aber seiner Mannschaft gegenüber loyal ist und auch sonst nur viele gute Eigenschaften vereint. Daneben gibt es noch den Sprengstoffspezialisten, den stummen Kletterer und das Adlerauge, um nur ein paar zu nennen.
Dadurch, dass man weiß, um welche Eigenschaften es sich handelt, wird der Roman doch streckenweise recht vorhersehbar - zum Glück gibt es aber dennoch die eine oder andere Überraschung, sonst wäre es trotz all der Spannung doch irgendwann langweilig geworden.
Trotz der Vorhersehbarkeit konnte mich der Roman dann doch ganz gut unterhalten. Das Tempo ist hoch, auch durch viele kurze Kapitel, die zum Teil nur drei Seiten lang sind und auch schon mal mit Cliffhangern enden, die Handlung ist einfach gestrickt, das Personal eingeschränkt, so dass man kaum in Gefahr gerät, den Überblick zu verlieren. Ich bin nur so durch die Seiten geflogen und wollte immer wissen, welches Problem sich wohl als nächstes ergeben würde, denn dass es welche geben würde war zu erwarten.
Auch sprachlich ist der Roman nicht herausfordernd, sondern doch eher einfach gehalten, was dem Lesefluss zugute kommt. Gelegentlich gibt es einzelne spanische Wörter, die man aber nicht verstehen muss oder die aus dem Zusammenhang selbsterklärend sind.
Wie schon erwähnt ist kein Nachwort enthalten, eine Karte dient aber dazu, dem Leser einen groben Überblick über die Seereise zu bieten.

Fazit
Als Abenteuer- und reiner Unterhaltungsroman ist Gold - Pirate Latitudes gut lesbar und recht nett, jedoch sollte man in historischer und logischer Hinsicht keinerlei Ansprüche stellen, um das Buch genießen zu können. Sicher nicht der beste Roman von Crichton, weshalb ich nachvollziehen kann, warum er zu Lebzeiten des Autors nicht verlegt wurde.

Cover des Buches Wenn wir wieder leben (ISBN: 9783426520307)

Bewertung zu "Wenn wir wieder leben" von Charlotte Roth

Wenn wir wieder leben
Rissavor 6 Jahren
Wenn wir wieder leben

Inhalt
Berlin, 1963: Wanda ist friedlich mit ihrer Mutter, ihrer Tante und ihren zwei Schwestern aufgewachsen. Doch an der Uni lernt sie Andras kennen, einen jüdischen Studenten, der durch den Holocaust viele Familienangehörige verloren hat und unbequeme Fragen stellt. Wanda wird bewusst, dass sie nichts über die Vergangenheit ihrer Eltern weiß und setzt ihre Mutter unter Druck.
Zoppot bei Danzig, 1927: Gundi ist ein fröhliches Mädchen, das am liebsten mit Musik ihr Geld verdienen würde. Die passende Band hat sie schon gefunden, nur fehlt ihr das eine besondere Lied. Kann sie es schreiben, wenn sie das Gefühl der Liebe empfindet?

Meine Meinung
Unter ihrem richtigen Namen Charlotte Lyne hat sie Romane geschrieben, die zeitlich etwas länger zurück liegen, als Charlotte Roth beschäftigt sich die Autorin nun mit der jüngeren Geschichte. Wer mich kennt, weiß, dass mich Romane über diese Zeit nicht ganz so sehr ansprechen, doch hier mache ich gerne eine Ausnahme.
Wer schon Romane von Charlotte Lyne kennt, kann auch hier den besonderen Sprachstil ausfindig machen, der die Werke dieser Autorin von anderen abhebt. Er ist mal poetisch, dann wieder derb, manchmal auch schwülstig, in der Gesamtheit ist er einfach anders, einzigartig, ohne, dass ich dies immer an konkreten Punkten festmachen könnte. Auffällig ist in diesem Roman, dass viele Begriffe, Redewendungen und sprachliche Besonderheiten aus dem Danziger Sprachraum verwendet werden, die für meine hessischen Ohren doch eher ungewohnt klingen, jedoch wunderbar zu einem Buch passen, in dem es zumindest zum Teil auch um Identitätsfindung geht, wenn diese Sprache doch einen Teil von Wanda ausmacht.
Der Klappentext des Romans lässt einen Liebesroman vermuten. Doch auch wenn Liebe nicht selten ein Thema ist, so sind kaum Elemente eines typischen Liebesromans enthalten. Es geht mehr um das Gefühl der Liebe, die Auswirkungen, die diese auf die Menschen hat, als um die Beschreibung zwischenmenschlicher Beziehungen.
Der Schwerpunkt der Handlung liegt jedoch auf dem Werdegang von Gundis Band, die sich plötzlich, als die Nazis die Macht übernehmen, nicht mehr Band nennen darf. Es geht um junge Menschen, die prinzipiell unpolitisch sind, die mit der Ideologie der Nationalsozialisten nichts anfangen können, sich aber trotzdem für deren Zwecke einspannen lassen, weil sie darin nichts Schlimmes erkennen können, in diesem Fall eben der Unterhaltungsindustrie.
Hier steht deutlich Gundi im Zentrum des Geschehens, von ihr konnte ich mir ganz gut ein Bild machen, während andere Mitglieder der Band, insbesondere Lore, deutlich in den Hintergrund treten. Gundi ist eine junge Frau, die von ihrem Großvater verwöhnt wird und kaum Verpflichtungen hat, die in den Tag hinein leben kann, während ihre Freunde es schwer haben und selten richtig satt werden. Mir war sie nicht sonderlich sympathisch, viele ihrer Entscheidungen haben mir gar nicht gefallen, dennoch waren diese weitestgehend nachvollziehbar, so dass ich Gundi zwar als etwas überzeichneten, aber dennoch glaubwürdigen Charakter wahrnehme.
Es gibt größere Zeitsprünge, hier ein paar Monate, dort etliche Jahre, jedoch erscheint die Handlung aus einem Guss. Ist in der Zwischenzeit etwas geschehen, das für die Handlung relevant ist, erfährt man davon früh genug.
Neben dem Werdegang der Band werden kleinere Einblicke in die Verwaltung der NSDAP gegeben, in die Abläufe, die letzten Endes zum Anschluss Danzigs an das Reich geführt haben. Diese sind sinnvoll, um einen Überblick über die politische Situation über die Jahre hinweg zu erhalten.
Der Handlungsstrang, der sich mit Wanda beschäftigt, fällt dagegen deutlich kürzer aus und ist zudem ein wenig zerklüftet. Auch wenn hier die zeitlichen Sprünge deutlich kürzer ausfallen, hätte ich mir mehr Informationen über die Zeitspannen dazwischen erhofft. Insbesondere gegen Ende hätte ich mir ausführlichere Beschreibungen erhofft, ich hatte meine Schwierigkeiten damit, mir vorzustellen, wie Wanda an die ganzen Informationen gekommen ist.
Wer Romane über die NS-Zeit liest, sollte sich bewusst sein, dass auch schon mal drastische Beschreibungen enthalten sein können. So auch hier. Zwar wälzt die Autorin dies nicht breit, aber es kommt zu der einen oder anderen gewaltsamen Szene, es gibt Tote und Verletzte.
In einem sehr persönlichen Nachwort geht Charlotte Roth auf ihre Beziehung zu Danzig und Zoppot ein und erklärt, warum sie dieses Buch schreiben musste, auch ein paar Hinweise zu den tatsächlichen Ereignissen lassen sich hier finden. Daneben gibt es auch ein Glossar, das insbesondere für Begriffe in Missingsch hilfreich ist, sowie im vorderen Einband eindrucksvolle Fotos von Danzig vor und nach dem Krieg.

Fazit
Hier stehen nicht die Täter, Opfer oder Widerständler im Zentrum der Handlung, sondern normale Menschen, die durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten Vorteile erhalten, selbst aber politisch uninteressiert sind. Für mich eine Sichtweise, über die ich noch nicht allzu viel gelesen habe. Die etwas überzogen dargestellten Charaktere haben bei mir für eine gewisse Distanz gesorgt, trotzdem würde ich diesen Roman gerne weiter empfehlen.

Cover des Buches Sturz der Titanen (ISBN: 9783404166602)

Bewertung zu "Sturz der Titanen" von Ken Follett

Sturz der Titanen
Rissavor 6 Jahren
Der Erste Weltkrieg im Überblick

Inhalt
Europa, Januar 1914: In vielen Ländern des Kontinents brodelt es, viele Menschen sind unzufrieden, Großbritanien und das Deutsche Reich liefern sich ein Wettrüsten und Russland und Österreich interessieren sich für den Balkan. Um eine bessere Einschätzung zu gewinnen, wie hoch die Chancen stehen, dass es bald zu einem Krieg kommen könnte, trifft sich König George V. auf Ty Gwyn, dem walisischen Landsitz der Familie Fitzherbert, mit einer Gruppe junger Männer aus verschiedenen Nationen, die intime Einblicke in die Regierungsgeschäfte ihres Landes besitzen.
Noch während der König sich in Wales aufhält, kommt es in den Kohlegruben der Fitzherberts zu einem Unglück, bei dem viele Männer sterben. Wie wird der König sich in dieser Situation verhalten? Und werden die Prognosenüber den Krieg zutreffen?

Meine Meinung
Ken Follett ist im Genre der historischen Romane für seine umfangreichen Erzählungen bekannt, und da ich sehr gerne lange in Geschichten eintauche, habe ich inzwischen auch schon ein paar Romane des Autors gelesen. Doch während mich unter anderem seine Kingsbridge-Bücher von der Handlungszeit her doch sehr ansprechen, ist mein Interesse am zwanzigsten Jahrhundert längst nicht ganz so groß. Und so hat der Auftakt von Folletts Jahrhundert-Trilogie mehrere Jahre darauf gewartet, von mir gelesen zu werden.
Schon nach wenigen Kapiteln zeigt sich, dass es sich hier um einen typischen Roman aus Folletts Feder handelt. Es gibt eine ganze Reihe von Hauptpersonen, die, je nach Handlungszeit und entsprechenden Ereignissen, mal mehr und mal weniger gleichmäßig betrachtet werden und über diverse Länder Europas sowie Amerika verteilt sind, aber irgendwie doch alle in Beziehung zueinander stehen. Sie alle vorzustellen nimmt im Buch recht viel Raum ein, dennoch ist man sofort mitten in der Geschichte drin, auch wenn das erste Kapitel, das drei Jahre vorher spielt, eher eine Art Prolog darstellt.
Dadurch, dass Menschen aus den verschiedenen Ländern betrachtet werden, erhält der Leser ein recht umfassendes, wenn auch vereinfachtes Bild über die Ursachen und den Ablauf des Ersten Weltkriegs. Nachdem ich das Buch beendet hatte, hatte ich das Gefühl, mehr aus diesen gut tausend Seiten gelernt zu haben als aus dem Geschichtsunterricht in der Schule. Egal ob Schlieffen-Plan, die jeweiligen Gründe für den Kriegseintritt der Länder, die den Krieg letzten Endes zum Weltkrieg gemacht haben, die Revolutionen in Russland und die dortige Entwicklung von der Monarchie zur Sowjetrepublik, um nur ein paar Beispiele zu nennen, wird hier leicht verständlich und zudem noch spannend vermittelt, daneben werden aber auch andere politische Themen wie das Wahlrecht in England angesprochen. Aber egal, worum es gerade geht, eine der Hauptpersonen steckt immer irgendwie mitten in den wichtigen Ereignissen drin, und auch wenn dies vielleicht doch etwas weit her geholt scheint, ist es mir nicht negativ aufgefallen.
Bei einigen vorherigen Romanen Folletts war die Einordnung der Charaktere in gut und böse recht starr, man wusste gleich mit dem ersten Auftritt, wie man sie einzuordnen hatte. Hier ist das nicht so extrem der Fall. Auch wenn mir manche Charaktere sympathischer waren als andere, so hat sich diese Einstellung erst nach und nach entwickelt. Der walisische Earl Fitz beispielsweise kam mir zu Beginn eigentlich recht nett vor, doch je weiter die Handlung fortschreitet, umso mehr bin ich von dieser anfänglichen Einstellung abgewichen. Ähnlich ging es mir auch bei anderen Charakteren, es gab eigentlich niemanden, dessen Handlungen mir immer gut und richtig vorkamen. Dabei handelt niemand grundlos böse oder grausam, die Handlungen sind immer durch die Umstände oder eigene Interessen begründet. Dennoch gibt es einige doch eher stereotype Charaktere wie den leichtlebigen Lew Peschkow oder die adlige Suffragette Maud. Bei der Fülle an Charakteren hat mich das aber nicht weiter gestört.
Der Schreibstil ist, wie von Follett gewohnt, schnörkellos und leicht verständlich, und auch die Übersetzung ist mir nicht negativ aufgefallen - bei Übersetzerteams nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit.
Für einen Roman mit einem solchen Umfang, der sich zudem mit der politischen Situation so vieler verschiedener Länder befasst, sind in meiner Ausgabe erstaunlich wenig Zusatzmaterialien enthalten. Einzig ein Personenregister zu Beginn erleichtert den Überblick, ein sehr kurzes Nachwort zum Thema historische und fiktive Charaktere dient hier als Ergänzung. Erwartet hätte ich aber auf jeden Fall noch mindestens eine Karte, vielleicht auch eher zwei, um die Orte der Kriegsschauplätze, der Märsche der Armeen und die Landesgrenzen vor oder nach dem Krieg besser nachvollziehen zu können.

Fazit

Ich weiß nicht, warum ich diesen Roman so lange vor mir her geschoben habe, denn der Roman ist spannend und lehrreich, und es gibt weit weniger starre Charaktere, als ich im Vorfeld vermutet hätte. Wer ein einfaches, umfassendes Bild über diese Zeit erhalten will, sollte einen Blick auf diesen Roman werfen. Der zweite Band der Reihe wird bestimmt nicht mehr lange ungelesen in meinem Regal stehen bleiben.

Cover des Buches Die Kathedrale des Lichts (ISBN: 9783404176366)

Bewertung zu "Die Kathedrale des Lichts" von Ruben Laurin

Die Kathedrale des Lichts
Rissavor 6 Jahren
Leider wurden meine Erwartungen nicht ganz erfüllt

Inhalt
1227: Nach der Vollendung eines Auftrags in Maulbronn will der Baumeister Bohnsack mit seiner Tochter nach Magdeburg ziehen, um dort am Neubau der Kathedrale mitzuwirken, doch Helena ist von dieser Aussicht gar nicht begeistert.
Der Ritter Ansgar von Lund muss aus Prag fliehen, nachdem er in flagranti erwischt wurde. Unterwegs trifft er auf die wunderhübsche Tochter des Baumeisters.
Moritz besitzt ein großes Talent für die Bildhauerei, doch er ist ein Sklave und arbeitet im Steinbruch. Regelmäßig wiederkehrende Anfälle, während denen er Menschen in seiner Nähe angreift, lassen ihn viel Ablehnung erfahren. Als er auf eine Verurteilung nach einem solchen Anfall wartet, treffen Reisende auf der Burg ein…

Meine Meinung
Wenn es um Romane geht, in denen der Bau einer Kathedrale thematisiert wird, werde ich schon hellhörig. Wenn diese Romane dann auch noch von Autoren stammen, die mich bisher nicht enttäuscht haben, muss ich sie unbedingt lesen.
So auch hier, denn sobald ich erfahren hatte, dass sich hinter dem Pseudonym der Autor Thomas Ziebula verbirgt, dessen Romane über den Dreißigjährigen Krieg mir sehr gefallen haben, ist das Buch nach ganz oben auf der Prioritätenliste gewandert.
Den geschichtlichen Hintergrund des Romans bildet, wie schon erwähnt, der Neubau der Kathedrale zu Magdeburg sowie die Entstehung der bekanntesten Skulpturen, die dort zu finden sind, allen voran die der Skulptur des Heiligen Mauritius. Da über die Künstler jedoch nahezu nichts bekannt ist, hat der Autor hier große Freiheiten, seine eigene Geschichte um deren Entstehung zu spinnen.
Im Zentrum der Geschichte steht die schöne Helena, Tochter des Bauherren Bohnsack, von Vielen verehrt, aber noch unverheiratet, die nicht weiß, was und wen sie will und von ihrem Vater auch nicht gerade in die Ehe gedrängt wird.
Bewerber um ihre Hand sind unter anderem der Ritter Ansgar, der sich Aufgrund seiner früheren Liebschaften an vielen Orten Europas nicht mehr blicken lassen kann, der Bildhauer Gotthart, der ein dunkles Geheimnis in sich trägt, sowie der wendische Waisenjunge Moritz, ehemaliger Sklave und ebenfalls Bildhauer mit großem Talent, der den Mord an seinen Eltern rächen will.
Eine weitere wichtige Person ist Mechthild, eine junge, fromme Frau, die viel Zeit auf dem Baustellengelände verbringt, immer ins Gebet vertieft.
Der Autor nimmt sich sehr viel Zeit, etwa ein Drittel des gesamten Buches, die Vorgeschichte seiner Figuren zu erzählen. Man erfährt, was ihre Wünsche und Ängste sind, und so nach und nach führen die Wege Aller nach Magdeburg.
Ab hier jedoch wird die Zeit schon mal sehr gerafft, und je mehr sich der Roman dem Ende nähert, umso länger sind die Zeiten, die übersprungen werden. Hier ging es mir dann doch oft einfach zu schnell, und es passte vom Tempo einfach nicht zum Beginn der Geschichte. So sind die Charaktere zu Beginn noch recht gut ausgebaut, je weiter die Geschichte fortschreitet, umso stärker werden sie auf wenige Eigenschaften reduziert.
Auch gibt es einige Szenen, die mir etwas weit her geholt waren und von denen ich mir nicht vorstellen konnte, dass sie so hätten passieren können. So hatte ich beispielsweise meine Probleme damit, wenn Moritz innerhalb kurzer Zeit den Umgang mit Waffen erlernt und sich gestandenen Rittern gegenüber im Kampf behaupten kann, auch wenn er zuvor schon ein guter Faustkämpfer ist. Und auch der Umgang mit „Unzucht“, ein Thema, das hier, insbesondere gegen Ende, immer wieder vorkommt und dann auch näher erläutert wird, erschien mir nicht ganz schlüssig.
Gut dagegen fand ich, dass der Autor sich nicht davor scheut, selbst Hauptcharaktere recht früh ableben zu lassen. Zudem treffen einige der Figuren auch schon mal Entscheidungen, die sie im Nachhinein bereuen. So bleibt zumindest ein gewisser Teil an Spannung enthalten, während andere Entwicklungen schon recht früh zu erahnen sind.
Ein zweiter Handlungsstrang spielt im Jahr 285 und erklärt, wer denn der Heilige Mauritius eigentlich ist. Leider wird hier nur die Heiligenlegende nacherzählt, dabei aber auch im Nachwort außen vor gelassen, dass es sich eben nur um eine Legende handelt und dass es höchst unwahrscheinlich ist, dass sich das Beschriebene tatsächlich so abgespielt hat.
Der Erzählstil ist weitestgehend einfach gehalten und gut lesbar. Jedoch hat es mich schon sehr irritiert, dass der Handlungsstrang über Mauritius rückblickend erzählt wurde, mit dem Wissen von heute. Ich möchte eigentlich nicht im Romantext lesen, dass ein Fluss heute anders heißt als damals oder dass erst nachfolgende Generationen etwas mit einer Prophezeiung anfangen konnten. Doch auch in den Kapiteln der Haupthandlung fällt der Autor schon mal aus der Zeit.
Ergänzt wird der Roman durch ein Personenverzeichnis, eine Zeittafel, ein Glossar sowie ein Nachwort zum historischen Kontext und ist somit recht gut ausgestattet, auch wenn ich, wie schon erwähnt, mehr Informationen zu Mauritius erwartet hätte.

Fazit
Dieser Roman sollte ein Neuanfang werden, doch ist dieser in meinen Augen nicht ganz geglückt. Eine Fortsetzung des Stils der ersten historischen Romane Ziebulas hätte mir wohl eher zugesagt.

Cover des Buches Ich, Maximilian, Kaiser der Welt (ISBN: 9783596198191)

Bewertung zu "Ich, Maximilian, Kaiser der Welt" von Peter Prange

Ich, Maximilian, Kaiser der Welt
Rissavor 6 Jahren
Konnte mich leider nicht begeistern

Inhalt
Wien, 1473: Der vierzehnjährige Maximilian von Habsburg brennt vor Liebe zu der zwei Jahre älteren Rosina von Kraig, doch sein Vater, der Kaiser, hat andere Pläne mit ihm: Er soll zum Wohle des Heiligen Römischen Reiches Marie von Burgund heiraten, eine der begehrtesten Erbinnen Europas, die ein Vermögen mit in die Ehe bringen würde, noch dazu soll sie wunderschön sein.
Marie steht Heiratsplänen ebenfalls sehr skeptisch gegenüber, befürchtet sie doch, nach der Eheschließung in ihrer Freiheit stark eingeschränkt zu sein. Sie wünscht sich einen gebildeten Mann, mit dem sie disputieren, Büchern genießen und auch gemeinsam ausreiten kann. Wird Maximilian dieser Mann sein?

Meine Meinung
Während ich mich mit der englischen Geschichte des ausgehenden Mittelalters recht gut auskenne, kann man dies nicht von der Geschichte Deutschlands sagen. Diese Wissenslücke wollte ich mit diesem Roman ein wenig schließen.
Den Titel des Buches finde ich dabei ein wenig irreführend, denn der Roman beschreibt Maximilians Weg bis zur Kaiserkrönung, aber nicht darüber hinaus, über sein Wirken als Kaiser selbst erfährt man also gar nichts. Doch auch die jungen Jahre Maximilians bieten genügend Material für einen Roman, hat er doch in dieser Zeit recht viel erlebt und sich selbst weiter entwickelt.
Maximilian von Habsburg ist der Sohn des Kaisers und selten mit dessen Entscheidungen einverstanden. Er wird von seinem Vater nicht respektiert und oft sogar erniedrigt, was Max sehr stark prägt, will er doch auf keinen Fall so werden wie sein Vater, der als Bettelkaiser verlacht wird.
Rosina von Kraig ist schon seit ihrer Jugend die Geliebte Maximilians. Obwohl sie keine standesgemäße Partie ist, will Max sie unbedingt heiraten. Sie ist heißblütig und ist eine der wenigen, die es wagt, dem jungen Habsburger schon mal den Kopf zu waschen.
Eine weitere sehr wichtige Person ist Kunz von der Rosen, Zwerg und Hofnarr zu Burgund, ein Vertrauter von Max, oft als Botschafter, gelegentlich auch als Spion oder Verschwörer tätig, mit dem Ziel, aus seinem Leben etwas zu machen.
Leider hatte ich mit der Darstellung vieler Personen meine Schwierigkeiten. Nicht nur die Darstellung von Charles, dem französischen Dauphin, als dümmliches Kind mit Wasserkopf und Buckel fand ich sehr übertrieben, auch die intriganten Pläne von Philippe de Commynes sind doch sehr darauf angelegt, ihn zum Bösewicht zu machen. Richtig ärgerlich finde ich aber, wie Peter Prange den Hofnarren Kunz von der Rosen dargestellt hat. Dieser intrigiert hier immer wieder gegen Max, und das nicht unbedingt heimlich, doch wird seine Einmischung nie bekannt. Nie wird erwähnt, was Kunz Schlimmes getan hat, stattdessen wird er immer weiter mit wichtigen Aufgaben betraut und für seine Dienste belohnt. Er gerät nicht ein einziges Mal in Verdacht, sein Name wird nie mit Missetaten in Verbindung gebracht, obwohl Menschen aus Maximilians direktem Umfeld Zeuge seiner Beteiligung sind. Das ist sehr schade, denn durch diese sehr flachen und wohl zum Teil auch historisch falschen Darstellungen der doch so wichtigen Personen verliert der Roman einen Großteil seiner Glaubwürdigkeit.
Ebenfalls als abwegig empfinde ich die Wendung, die Rosina von Kraig betrifft – dies hätte ich eher in einem Roman im Stil von Iny Lorentz erwartet.
Inhaltlich geht es hier sehr politisch zu. Es geht immer wieder um Krieg oder Kriegserklärungen, mal mit Frankreich, mal mit den Türken, dann gibt es erfüllte Verträge hier, gebrochene Versprechen dort, die Ständevertreter Burgunds spielen ebenso eine Rolle wie die Fürsten des Heiligen Römischen Reiches, und immer wieder ist Geld ein Thema. Nun lese ich gerne Romane, die politische Entscheidungen auch schon mal stärker gewichten und sie nicht nur am Rande erwähnen – dies wäre bei diesem Thema wohl auch kaum möglich gewesen -, jedoch habe auch ich hier gelegentlich den Überblick verloren. Ich kann mir deshalb sehr gut vorstellen, dass dies für den einen oder anderen Leser zu viel sein wird.
Ein weiterer Schwerpunkt des Romans, insbesondere in der ersten Hälfte, ist die Liebe. Erst zu Rosina, später zu Marie. Die Beschreibung dessen, wie Max zu den beiden Frauen steht, um sie wirbt, ihnen seine Liebe beteuert und sich der einen Frau annähert, der anderen entfremdet und anders herum, ist so ausführlich, dass andere Ereignisse dadurch in den Schatten gestellt werden.
Neben einem sehr kurz gehaltenen Nachwort zur Historie, einer Karte, einem Stammbaum und einem Personenregister gibt es noch eine mehrere Seiten umfassende Zeittafel, die zwar nur gesicherte Ereignisse auflistet, aber die wesentliche Handlung des Romans noch einmal zusammenfasst.

Fazit
Ein kleiner Einblick in das Leben des letzten Ritters, der mich aber weitestgehend enttäuscht zurückgelassen hat.

Cover des Buches Die Rose von Windsor (ISBN: 9783641135379)

Bewertung zu "Die Rose von Windsor" von Elizabeth Chadwick

Die Rose von Windsor
Rissavor 6 Jahren
Liebe ist nicht immer einfach

Inhalt
Franglingham Castle, England, 1173: Roger Bigod ist der erstgeborene Sohn des Earl of Norfolk. Doch dieser erkennt die Leistungen seines Sohnes nicht an, demütigt ihn immer wieder. Als Roger den Auftrag erhält, eine Abtei zu plündern, um den Kampf des jungen Königs zu unterstützen, widersetzt er sich dem Befehl und läuft zur Partei Henrys II. über. Als sein Vater allerdings wenige Jahre später besiegt und gedemütigt stirbt, beginnt ein langwieriger Streit ums Erbe.
1176: Ida de Tosney ist ein Mündel der Krone. Als sie Henry das erste Mal begegnet, ist dieser von ihrer Unschuld fasziniert und macht sie zu seiner Mätresse und Mutter seines Bastardsohnes. Doch Ida schämt sich ihrer Position und wünscht sich eine richtige Familie…

Meine Meinung
In Die Rose von Windsor erzählt Elizabeth Chadwick einen Teil der Lebensgeschichte von Roger Bigod und Ida de Tosney, Zeitgenossen und Freunden von William Marshal.
Während William Marshal allerdings als größter aller Ritter in die Geschichte einging, ist Roger Bigod eher eine Randfigur. Er ist immer mal wieder dabei, wenn Geschichte geschrieben wird, aber selten als Entscheidungsträger. Das wird umso deutlicher, als sein Freund gelegentlich durchs Bild läuft und Roger die Show stiehlt, weil er die wichtigere Position inne hat oder etwas miterlebt, von dem Roger nur nachträglich erfährt. Da politisch gesehen ähnliche Themen angesprochen werden, lernt man auch hier wenig Neues, wenn man die Marshal-Bände bereits kennt.
Die Romanhandlung beschreibt weitestgehend Rogers Bemühungen, sein Erbe zu erhalten, und die emotionalen Folgen, die Ida durch ihre frühere Beziehung zu Henry zu tragen hat. Große Spannung sollte man hier nicht erwarten, und auch große Höhepunkte gibt es eher wenige. Zudem spielt sich ein nicht geringer Teil der Geschichte im häuslichen Bereich ab, die Anspannungen, die durch Idas Vorleben entstehen, ziehen sich durch weite Teile des Romans, und die Liebesgeschichte ist schon sehr dominant.
Trotzdem ist es nicht uninteressant, die Ereignisse mal von einer anderen Perspektive zu sehen und eben ganz andere bedeutsame Persönlichkeiten dieser Zeit kennenzulernen. Allerdings würde ich empfehlen, diesen Roman nicht direkt im Anschluss an die Marshal-Bücher zu lesen. Auch sollte man sich wirklich für diese Zeit interessieren, Vorkenntnisse schaden nicht, da es insbesondere im späteren Verlauf des Romans große zeitliche Sprünge gibt und viele Ereignisse nur am Rande angesprochen werden.
Die Charaktere sind, wie von Chadwick gewohnt, liebevoll ausgearbeitet. Ida ist eine sehr starke Frau, die es schafft, sich aus dem Einfluss des Königs zu lösen. Einzig in Bezug auf ihren Erstgeborenen sowie ihre frühere Stellung bei Hofe reagiert sie sehr emotional, was man ihr nicht verdenken mag. Roger ist dagegen der starke Stratege, dem es schwer fällt, Gefühle zu zeigen. Er ist juristisch bewandert, verfügt aber auch über kämpferische Fähigkeiten. Leider sehen wir beide Seiten kaum in Aktion, sondern meist nur erwähnt oder in kurzen Beschreibungen. Auch andere Charaktere sind sehr lebendig beschrieben. Nur Huon, Rogers Halbbruder, kam mir ein wenig zu einseitig vor, aber damit kann ich gut leben.
Seit diesem Roman stammen die Übersetzungen der Romane von Elizabeth Chadwick von Nina Bader. Dies hat zur Folge, dass endlich die Königsnamen nicht mehr ins Deutsche übertragen werden, einer meiner größten Kritikpunkte an bisherige Romane der Autorin. Auch sonst habe ich an der Übersetzung, die die einfache und klare Sprache Chadwicks gut ins Deutsche transportiert, nichts auszusetzen.
Viel Zusatzmaterial darf man mal wieder nicht erwarten, einzig ein Nachwort ist enthalten, in dem insbesondere auf die Quellenlage eingegangen wird. Eine Karte, um die Position der einzelnen Erbgüter, um die Roger mit seinen Halbbrüdern streitet, wäre allerdings schon hilfreich gewesen.

Fazit
Ein eher leiser Roman, der im Schatten der Marshal-Bücher von Elizabeth Chadwick steht. Ich habe ihn trotzdem gerne gelesen, würde ihn aber nicht als Einstieg in diese Zeit empfehlen.

Cover des Buches Die Päpstin (ISBN: 9783746627854)

Bewertung zu "Die Päpstin" von Donna W. Cross

Die Päpstin
Rissavor 7 Jahren
Völlig überschätzt

Inhalt
Ingelheim, zu Beginn des 9. Jahrhunderts: Johanna ist die Tochter eines angelsächsischen katholischen Priesters und einer sächsischen Heidin. Schon früh wird klar, dass sie ihrem älteren Bruder Matthias in Sachen Wissbegierde und Intelligenz in nichts nachsteht, während ihr Bruder Johannes von den Unterrichtsstunden überfordert ist. Als Matthias stirbt, gibt der Vater Johanna die Schuld an seinem Tod, glaubt er doch, dass Bildung den Männern vorbehalten sei und ihre Wissbegierde den Zorn Gottes herbeigerufen hat.
Als Johanna nach Fürsprache einer ihrer Lehrer nach Dorstadt an die Domschule eingeladen wird, versucht ihr Vater, seinen Sohn Johannes als den Eingeladenen darzustellen. Doch Johanna weiß sich zu helfen.
In Dorstadt jedoch kommt es zu Ereignissen, die niemand vorhersehen konnte…

Meine Meinung
Wenn man historische Romane liest, kommt man um gewisse Vertreter dieses Genres einfach nicht herum. Gemeinsam mit Ken Folletts Die Säulen der Erde und Noah Gordons Der Medicus ist Die Päpstin von Donna Woolfolk Cross eins der großen, international erfolgreichen Werke. Ich hatte schon viel von diesem Buch gehört, nicht nur inhaltlich, sondern auch, dass die Meinungen weit auseinander gehen. Auch wenn ich versucht habe, mich unvoreingenommen auf den Roman einzulassen, war mir dies nicht recht möglich, die Kritikpunkte hatte ich dann doch stets im Hinterkopf.
Ich glaube auch nicht daran, dass es je eine Frau auf dem Papstthron gegeben hat. Dieser Punkt jedoch hat keinen Einfluss auf meine Wertung, denn auch eine fiktive Handlung kann in einem guten Roman so dargestellt werden, dass sie glaubwürdig erscheint.
Was jedoch recht früh auffällt und was ich wirklich nicht ignorieren kann, sind die historischen Fehler und Anachronismen. Damit meine ich nicht die Änderungen und Anpassungen, die die Autorin im Nachwort selbst erwähnt, wie ein Angriff der Wikinger oder aber ein Kriegszug nach Rom, denn solche Anpassungen stören mich nicht, solange sie zur Handlung passen. Aber beispielsweise ein Hexenprozess hat in einem Roman über diese Zeit nichts zu suchen. Vielmehr hätte der Klerus versuchen sollen, den Menschen den Hexenglauben auszutreiben.
Mein größter Kritikpunkt betrifft aber den eigentlichen Aufhänger der Geschichte: Die gesamte Handlung – ein Mädchen will Zugang zur Bildung und verkleidet sich deshalb als Mann und wird zum Mönch – entwickelt sich aus dem Bestreben Johannas, Wissen zu erlangen, während die Männerwelt es für ungehörig hält, dass eine Frau lesen kann, und dies sogar als Verstoß gegen Gottes Willen sieht. Tatsächlich war es aber zu dieser Zeit so, dass, abgesehen vom Klerus, weit mehr Frauen als Männer lesen konnte, Lesen sogar als Frauenbeschäftigung und als unmännlich angesehen wurde. Vielleicht war es nicht unbedingt normal, dass ein Mädchen aus dem Stand der Landbevölkerung lesen konnte, die Reaktion des Vaters wäre jedoch tatsächlich völlig übertrieben gewesen. Zudem wird im Roman auch eine Adelige für ihre Fähigkeit, lesen zu können, gerügt… Dass Frauen so einen schlechten Stand hatten, wie hier beschrieben, ist einfach nicht zutreffend, das würde eher in die Frühe Neuzeit als ins Mittelalter passen. Würde man diesen Fehler jedoch aus der Geschichte entfernen, dann würde der Aufhänger fehlen, denn Johanna hätte keinen Grund mehr, sich als Mann zu verkleiden, nur um Zugang zur Bildung zu erhalten.
Daneben gibt es noch diverse kleinere Fehler. So hat ein Mann von etwa fünfundzwanzig Jahren, dessen Frau etwa im selben Alter ist, eine Tochter, die so alt ist wie Johanna zu diesem Zeitpunkt. Der Mann hätte also mit zwölf Jahren Vater werden müssen…
Doch neben all diesen Kritikpunkten gibt es auch einige positive Dinge zu bemerken. So ist die Geschichte an sich durchaus spannend erzählt. Johanna erlebt diverse Abenteuer und trifft auf interessante Leute, immer mal wieder läuft sie Gefahr, entdeckt zu werden. Bis hin zum Finale konnte mich der Roman durchaus unterhalten. Der Schreibstil ermöglicht es, das Buch flüssig zu lesen, das Wort „Meter“, das mir mehrmals aufgefallen ist, schiebe ich mal auf den Übersetzer und hoffe, dass es nicht im Original zu finden ist.
Unglaubwürdig fand ich dagegen wieder, dass Johanna selbst der Kirche und dem christlichen Glauben gegenüber sehr kritisch eingestellt ist und sich dennoch für eine kirchliche Laufbahn entscheidet. So wird sie von ihrer heidnischen Mutter über sächsische Götter unterrichtet, durch einen ihrer Lehrer, der ihr die griechischen Philosophen näher bringt, lernt sie, an der Glaubwürdigkeit der Kirche zu zweifeln. Und trotzdem wird sie, wie der Titel verrät, selbst zum obersten Vertreter der Kirche! Das passt irgendwie nicht.
Mit der Charakterdarstellung hatte ich ebenfalls so meine Probleme, denn eine so extreme Einteilung in Gut und Böse habe ich bisher in kaum einem anderen Roman abseits des Romance-Genres vorgefunden.
In ihrem Nachwort geht Donna W. Cross auf einige Dinge ein, die die Historie betreffen, insbesondere der Frage, ob es eine Päpstin gegeben haben könnte. Sie kommt zu dem Schluss, dass es so gewesen sein muss, dass die Faktenlage keine andere Deutung zulässt. Dies halte ich jedoch für problematisch, denn viele der „Fakten“ sind schlichtweg falsch oder lassen zumindest auch andere Deutungen zu. Als Autor kann man zu seinen Vorstellungen stehen, sollte jedoch auch andere Möglichkeiten zulassen und die Leser nicht davon überzeugen wollen, dass seine Darstellung die einzig richtige ist.

Fazit
Ignoriert man die Tatsache, dass der Aufhänger der Geschichte aus der Luft gegriffen ist, und hat man kein Problem mit einer extrem einseitigen Charakterdarstellung, dann erwartet einen hier eine durchaus spannende Geschichte. Wer allerdings eine durchweg glaubwürdige Handlung und ein Mindestmaß an historischer Genauigkeit erwartet, wird wahrscheinlich enttäuscht werden.

Cover des Buches Die Templer - Der Schwur der Ritter (ISBN: 9783442363490)

Bewertung zu "Die Templer - Der Schwur der Ritter" von Jack Whyte

Die Templer - Der Schwur der Ritter
Rissavor 7 Jahren
Keine Pflichtlektüre

Inhalt
La Rochelle, Frankreich, 1307: Am Freitag, dem 13. Oktober, sollen alle Angehörigen des Templerordens in Frankreich auf Befehl König Philipps verhaftet werden. Einzig die Kommandantur in La Rochelle konnte frühzeitig gewarnt werden, so dass nicht nur die Ritter und Knappen, sondern auch ein Teil der Flotte und der sagenumwobene Templerschatz in Sicherheit gebracht werden kann.
Auf der Suche nach einem sicheren Hafen einigt man sich darauf, Schottland anzusteuern, die Heimat von William Sinclair, dem ranghöchsten Templer und Angehörigen einer geheimen Bruderschaft innerhalb des Ordens, denn der neue schottische König, Robert Bruce, hat sicher Verwendung für gut ausgebildete Krieger…

Meine Meinung
Die ersten beiden Bände der Reihe, in denen es um die Gründung des Ordens sowie die Zeit nach der Schlacht von Hattin geht, haben mir so gar nicht gefallen, weshalb es merkwürdig erscheinen mag, dass ich den dritten Band dann überhaupt noch zur Hand nehme. Ich hatte ihn aber bereits gekauft, und da habe ich eben kurz hineinlesen wollen, um zu schauen, ob er wohl genauso enttäuschend ist wie die ersten Bände. Ich muss sagen, dass ich in gewisser Weise positiv überrascht war, und da das Buch dann mit etwa 440 Seiten um einiges dünner ist als der Rest der Reihe, war es dann auch schnell gelesen.
Wirklich glaubwürdig war die Geschichte zwar trotzdem nicht, aber wenigstens wurde der Fehler der Vorgänger, eine Geschichte anzufangen und mittendrin abzubrechen, nicht wiederholt. Stattdessen gibt es einen einzigen Handlungsbogen, der sich mit der Frage befasst, wie es nun mit dem Templerorden weitergehen soll.
Aufhänger der Handlung ist die Idee, dass eine einzige Kommandantur in Frankreich rechtzeitig von den Plänen Philipps des Schönen informiert werden und so mitsamt dem Templerschatz entkommen konnte. Da ja der sagenumwobene Templerschatz anscheinend nie gefunden wurde, ist dies nicht der einzige Roman, der sich mit diesem Gedankenspiel beschäftigt. Und so beginnt der Roman mit einem richtigen Knaller, es wird spannend, denn jemand versucht zu verhindern, dass die Warnung das richtige Ohr erreicht, und auch die Flucht muss glücken.
Leider war dies aber auch eine der wenigen spannenden Stellen im Roman, denn von nun an plätschert die Geschichte die meiste Zeit auf einem recht geringen Spannungsniveau vor sich hin, nur gelegentlich lodert sie kurz auf, um gleich danach wieder abzuflauen. Gekämpft wird selten, dafür wird mehr geredet und geplant. Als Sir William, der seit seiner Kindheit das erste Mal wieder schottischen Boden betritt, auf Anhänger von Robert Bruce trifft, erhält der Leser erst einmal seitenweise Informationen, wer Bruce überhaupt ist, wie er zum englischen und französischen König und zur Kirche steht. Die meisten dieser Informationen scheinen auch direkt an den Leser gerichtet zu sein, nicht an Sinclair, der zumindest über einen Teil der Dinge informiert sein sollte. Obwohl ich bereits einige Romane gelesen habe, in denen Robert Bruce eine wichtige Rolle spielt, waren mir diese Informationen einfach zu viel und zu geballt untergebracht, dies hätte man viel beiläufiger tun können.
Einer der Pläne, der einen Teil der Templer betrifft, beschäftigt sich mit der Legende eines Landes im Westen, das „Merica“ genannt wird. Hier musste ich doch sehr stutzen. Ich halte es nicht für unwahrscheinlich, dass es Legenden über ein Land im Westen gegeben hat, aber „Merica“? Das ähnelt doch zu sehr dem Namen, den der Kontinent heute trägt, dieser aber leitet sich vom Namen des Entdeckers Amerigo Vespucci ab und stammt aus dem 16. Jahrhundert, nicht von irgendwelchen Legenden aus dem Mittelalter. Hier frage ich mich, wie des Autor darauf gekommen ist, ausgerechnet diesen Namen zu verwenden, jeder andere Vorschlag wäre besser gewesen.
Die geheime Bruderschaft innerhalb des Templerordens, die es so meiner Meinung nach gar nicht hätte geben können, spielt auch hier wieder eine Rolle, jedoch wird hier auch wieder kaum erklärt, was es mit ihr auf sich hat. Die Informationen, die man hier erhalten hat, waren doch recht oberflächlich – zum Glück, denn so konnte man sie weitestgehend überlesen, und für das Verständnis ist es auch nicht wichtig.
Überraschenderweise gibt es hier eine Liebesgeschichte, die sich aber erst zum Ende hin richtig entwickelt, auch wenn man sie schon sehr früh erahnen kann. Zunächst kam mir dieser Handlungsstrang zu aufgesetzt vor, doch zum Ende hin passt er zum Buch: Nicht zu hundert Prozent überzeugend, aber innerhalb der Buchlogik stimmig.

Fazit
Kein Highlight, aber für mich trotz der Spannungsarmut der beste Band der Reihe. Man verpasst aber auch nichts, wenn man diesen Roman nicht liest.

Cover des Buches Die Päpstin (ISBN: 9783898130691)

Bewertung zu "Die Päpstin" von Donna W. Cross

Die Päpstin
Rissavor 7 Jahren
Cover des Buches Die Keltin (ISBN: 9783442357017)

Bewertung zu "Die Keltin" von William V. Crockett

Die Keltin
Rissavor 7 Jahren
Der Widerstand am Antoninuswall

Inhalt
Nördlich des Antoninuswalls, im 2. Jahrhundert nach Christus: Die achtjährige Kaledonierin Neeve, die sehr gut zeichnen kann, muss mitansehen, wie ihr Vater von den Römern hingerichtet wird. Als wenig später das kaledonische Heer von den Römern vernichtet wird und Neeves Mutter und Schwester gefangengenommen und in die Sklaverei verschleppt werden, beginnt ein starker Hass auf die Römer in ihr zu brodeln, und sie schwört sich selbst und ihren Brüdern, die Römer zu bekämpfen, bis das Land von ihnen befreit ist.
Zur gleichen Zeit in Rom: Vectis Trebellius Quadratus, der Sohn eines Praetorianers, wächst mit dem Wissen auf, dass die Römer militärisch allen anderen Völkern überlegen sind. Sein Ziel ist es, selbst einmal eine hohe Position im Militär einzunehmen.
Wann und wo werden Neeve und Vectis aufeinander treffen?

Meine Meinung
Bei Die Keltin handelt es sich um den Debütroman des Autors William V. Crocket. Die Version, auf der die deutsche Übersetzung basiert, ist nie in Originalsprache erschienen, stattdessen ist eine überarbeitete Fassung erst einige Jahre später veröffentlicht worden. Inwieweit beide Fassungen voneinander abweichen kann ich nicht sagen, doch zumindest die ersten Seiten unterscheiden sich stark. Aus diesem Grund bezieht sich diese Rezension ausdrücklich nur auf die deutsche Fassung.
Die Geschichte setzt mit der Kindheit Neeves und Taranis‘ an. Dies hat einerseits zur Folge, dass der Leser weiß, wie lange die unterschiedlichen Positionen gefestigt sind und worauf die Haltungen sich begründen, andererseits dauert es so recht lange, bis die beiden Hauptpersonen erstmals aufeinandertreffen und die Handlung so richtig interessant wird.
Anhand der genannten Konstellation könnte man erwarten, dass hier eine Liebesgeschichte eine wichtige Rolle spielt. Diese ist jedoch längst nicht so dominant, wie der Klappentext des Romans dies vermuten lässt, und die Darstellung hat mir sehr gut gefallen. Abgesehen davon liegt der Schwerpunkt des Romans auf dem Freiheitskampf der Kaledonier und dem Versuch der Römer, den Antoninuswall zu halten. Es geht darum, wie unterschiedlich die Römer und die Kelten das Römische Reich wahrnehmen, wie unterschiedlich die Welten doch sind, um Bündnisse zwischen den keltischen Stämmen, den Aufbau der Kastelle, auch erfährt man einiges über Kartenzeichner und wie wichtig diese für die Römer waren. Diese Hintergrundinformationen werden recht beiläufig in die Handlung eingefügt. Nun kenne ich mich selber wenig mit der Antike aus, ich gehe jedoch davon aus, dass das Beschriebene authentisch ist, ist der Autor selbst doch Dozent für römische Geschichte an einer Uni in New York.
Neben den Handlungssträngen um Neeve und Vectis gibt es noch einen dritten, der von einem machtgierigen römischen Senator handelt, dem jedes Mittel recht ist, auch Mord, um seine Ziele zu erreichen. Mir haben diese Szenen nicht ganz so gut gefallen, nicht unbedingt, weil sie wenig glaubwürdig wären, sondern einfach, weil mir dieser Senator zu abgebrüht ist und er mit allen bösen Taten davonzukommen scheint.
Die meisten Charaktere fand ich aber sehr angenehm und auch glaubwürdig beschrieben. Zwar waren die Hauptpersonen vielleicht ein wenig zu gut, insbesondere Vectis, der für seine Position doch ein recht weiches Herz hat, im Großen und Ganzen hat es aber einfach gepasst, weil sich der Autor Zeit nimmt, selbst die meisten Nebencharaktere mit einer Vergangenheit auszustatten, die ihre Taten und Einstellungen begründet.
Einzig die Darstellung der Druiden hat mir so gar nicht gefallen. Nicht nur werden sie recht negativ dargestellt, sie haben zudem noch recht mystische Auftritte, die nicht erklärt werden. Dieser Ausflug in die Fantasy trübt den Eindruck dieses sonst doch so schönen Romans ein wenig.
Am Schreibstil oder der Übersetzung hatte ich nichts auszusetzen, die Geschichte ließ sich sehr flüssig lesen. Stellenweise ist die Handlung schon mal blutig, bei diesem Thema lässt sich das nicht vermeiden, auf detailierte Beschreibungen von Grausamkeiten wird jedoch verzichtet.
Zusatzmaterial ist leider überhaupt nicht vorhanden, es gibt weder Vor- noch Nachwort, auch ein Personenregister oder eine Karte sucht man leider vergeblich.

Fazit
Ein sehr schöner Roman, der recht gemächlich beginnt, dann aber an Fahrt aufnimmt. Ein sehr schöner Roman, den ich gerne alle paar Jahre wieder zur Hand nehme.

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