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RogerSuffo

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Cover des Buches Sieben Kugeln zum Turm der Testuden (ISBN: 9783944907048)

Bewertung zu "Sieben Kugeln zum Turm der Testuden" von Slov ant Gali

Sieben Kugeln zum Turm der Testuden
RogerSuffovor 10 Jahren
Kurzmeinung: Spannung von Anfang bis Ende mit immer neuen utopischen Einfällen
Wenn unbekannte Kräfte entfesselt werden und wenn sie missbraucht werden

Wer hat nicht schon einmal aufgeschrien: Was habe ich da nur angerichtet?

Als die Kinder um Rahman jene leichten harten Kugeln zu ihren „Schwurkugeln“ erklären, ahnen sie nicht, dass das das Vorspiel zu einem Grauen ist, dem nicht nur Berlin zum Opfer fällt. Als Leser packte mich das Unheimliche ganz allmählich. Kein oberflächliches Splatterzeug, sondern immer neu Bangen in scheinbaren Idyllen, was denn nun DAS wieder bedeutet. Die Halluzination mit Hornissen wird im Wechsel mit einer modernen Horrorvision vom entfesselten Brei erzählt. Warum? Als Vielleser ahnt man, dass das eine mit dem anderen zusammenhängt.

Der besonderen Bedeutung des Vorspiels ist geschuldet, dass die Hauptfigur erst später in Erscheinung tritt: Eine renitente Schülerin einer 10. Klasse in Eberswalde. Die ist mir wahrscheinlich deshalb so sympathisch, weil sie keine Moden mitmacht sondern welche macht – und sei es aus reinem Widerspruchsgeist. Und wenn sie wieder einmal ein Chaos verursacht hat, sagt sie „Ist ja nichts passiert!“ dazu. Insofern eignet sie sich nur bedingt zum Vorbild für den verantwortungsbewussten, strebsamen Jugendlichen. Aber sie kämpft: Als sie mit dem bevorstehenden Tod rechnet, will sie zumindest etwas tun, auch wenn sie wie alle anderen nicht weiß was, als sie sich einer entfesselten Supermacht gegenüber weiß, versucht sie scheinbar Unmögliches und spielt Superagentin.

Übrigens finde ich auch die Lehrerin Sonja interessant. Eigentlich scheitert sie immer wieder. Sie will das Beste, aber wenn es dann praktisch wird, gibt sie höchstens ungewollt der Powerfrau Petra den entscheidenden Tipp, wie sie sowohl die Welt rettet als auch ihr eigenes Imperium aufbaut. Ja, die Frauen kommen insgesamt sowieso besser weg.

Viele SF-Romane kosten eine Grundidee des Autors bis zur Neige aus, machen aus ihr unmöglichst viele Buchseiten – Slov ant Gali reiht dagegen verschiedenartige Ideen aneinander, dass man selten zu Atem kommt. Und nach dem Durchlesen merkte ich überrascht, dass sehr viele „Was wäre wenn, ...“ durchgespielt worden sind.

Ein Wermutstropfen: Die, die die Kugeln den Menschen geschickt haben, bleiben bis zum Schluss konturlos. Man muss sich an das halten, was sie aus und mit den Menschen machen, die mit ihnen in Berührung kommen.

Cover des Buches Alexander Beljajew: Der Amphibienmensch (ISBN: B001D80TJK)

Bewertung zu "Alexander Beljajew: Der Amphibienmensch" von Alexander Beljajew

Alexander Beljajew: Der Amphibienmensch
RogerSuffovor 10 Jahren
Ein Perlentaucher-Science-Fiktion oder ein Sonderlingsschicksal

Man kann es einen „Klassiker“ der Science Fiktion nennen. Wem das zu groß ist, der nennt es das Urwerk der sowjetischen Phantastik. Die Erzählung kehrt das Frankenstein-Motiv um. Der im 1. Weltkrieg traumatisierte Chirurg gibt sein Bestes, um Kranke und Verletzte zu retten überschreitet dabei aber alle Grenzen, indem er Teile von Tieren verpflanzt. Einem Jungen pflanzt er Kiemen ein. Damit wird der zum Jagdobjekt für einen Schiffseigner eines Perlentaucherkutters. Der Junge verliert letztlich seine amphibische Fähigkeit und kann im Wesentlichen nur noch unter Wasser weiterleben und damit ohne seine erste, große und u.U. einzige große Liebe. Dem Schicksal, als gefangener Meeresteufel für den Perlenkapitalisten Sklavenarbeit zu leisten entgeht er aber auch.

Die Geschichte ist einfach und klar erzählt. Der Autor zeichnet dabei ein Milieubild von einer Gegend in der Nähe von Buenos Aires, wo er nie war. Was mir als Nachteil vorkommt, sind die überzogenen Familienbeziehungen – also wer nicht verwandt ist, steht zumindest im Pflegekindverhältnis – und der Horrorzoo des Chirurgen, der heute jeden Tierschützer auf den Plan rufen würde. Eines jedoch gelingt Beljajew ausgezeichnet: Man fiebert mit dem Ichthiander mit, man versteht seine Qualen der unverstandenen und nicht zu verwirklichenden Liebe, man versteht sogar Surito, den Bösewicht, der ja auch nur sein Stück Glück festhalten will, wie er es versteht und Christo, der letztlich ein Vertrauen gerade bei dem behält, den zu betrügen er losgezogen war.

Wahrscheinlich wollte Beljajew sagen: Schaut her! So eine Welt haben wir gerade überwunden. Hier aber war er zu optimistisch ...

Cover des Buches Die Spur führt zum Hermes. Zukunftsroman. Kompass-Bücherei Band 137. Mit Illustrationen von Erhard Schreier. [Aus dem Estnischen übertragen von Alexander Baer]. (ISBN: B00G08WKCM)

Bewertung zu "Die Spur führt zum Hermes. Zukunftsroman. Kompass-Bücherei Band 137. Mit Illustrationen von Erhard Schreier. [Aus dem Estnischen übertragen von Alexander Baer]." von Boris Kabur

Die Spur führt zum Hermes. Zukunftsroman. Kompass-Bücherei Band 137. Mit Illustrationen von Erhard Schreier. [Aus dem Estnischen übertragen von Alexander Baer].
RogerSuffovor 10 Jahren
Cover des Buches Das Rätsel des Sigma (ISBN: B0054ID0Z0)

Bewertung zu "Das Rätsel des Sigma" von Karl-Heinz Tuschel

Das Rätsel des Sigma
RogerSuffovor 10 Jahren
Cover des Buches Zurück in die Zukunft (ISBN: 9783404130399)

Bewertung zu "Zurück in die Zukunft" von George Gipe

Zurück in die Zukunft
RogerSuffovor 10 Jahren
Cover des Buches Schöne neue Welt (ISBN: 9783596508020)

Bewertung zu "Schöne neue Welt" von Aldous Huxley

Schöne neue Welt
RogerSuffovor 10 Jahren
Lenina, der Wilde und Menschen, die funktionieren wie am Fordschen Fließband

Vorweg: Das Buch ist meiner Meinung nach zurecht eine der ganz großen Dystopien überhaupt. Obwohl ich viele Auffassungen des Autors nicht teilen kann, habe ich es mit Interesse zuende gelesen. Eine starke Kulturkritik, aber … wiederholt kommt der enge Horizont des Autor zum Vorschein. Während die Idee, Ford eine Art Gottstatus zuzubilligen, genial zu nennen ist, sind die Anklänge, in denen ganz nebenbei der Kommunismus mit erledigt werden soll, peinlich komisch. Huxley scheint da nur“Gleichmacherei“ und Personenkult gehört zu haben, und so verballhornt er seine Kunstmenschen eben auch in Marxe und die Lenina. Allerdings wäre der Test angebracht, inwieweit sich heutige Menschen als „genormt“ erkennen – auch wenn diese „Normung“ im Sinne des Funktionierens schon weit verbreitet ist … vielleicht aber auch deshalb: Er beschreibt ja überzeugend, dass seine Zuchtmenschen nicht begreifen, wieso der Wilde meint, sie befreien zu müssen. Das haben die heutigen Durchschnittsmenschen, die brav Mainstreammedien konsumieren mit diesen Retortenprodukten gemein. Huxleys Hohelied auf religiöses Denken in Verbindung mit der (Nicht-)Kommunikation zwischen dem Wilden und der Lenina und die nachfolgende Selbstgeißelung wird durch die Enthüllungen sexuellen Missbrauchs infolge geistiger Kastration der Täter peinlich.

Die Schwierigkeit des Buches liegt für mich in den negativen Extremen auf beiden Seiten (wahrscheinlich der Weltsicht auf die Blockkonfrontation geschuldet): Während Huxley den Leser das gleichschaltend primitive schwache, durch Drogen „gesicherte“, nach Kasten „genormte“ „Glück“ ablehnen lässt, stellt er ihm den Dreck, die Dummheit und Verwahrlosung des Wilden (unter den Wilden) gegenüber. Vielleicht hätte er auf dessen soziale Sonderstellung verzichten sollen, denn er ist ja besonders freudianisch krank. Seine Vorprägung als Ausgestoßener, der als Kind hätte so gern dazugehören wollen, aber stets seine Außenseiterrolle empfinden ließ, lässt ihn später, als er in dem erzählten Paradies auf – im Sinne seiner vorher angestrebten Gemeinschaftsnorm – Ekelhaftes, Unmenschliches stößt. So scheitert die entscheidende Szene, die der Frage entsprechen könnte „Hatten Romeo und Julia Sex und es lag nur in Shakespeares Takt, dies nicht im Einzelnen zu beschreiben?“ bzw. „Wäre es nicht wenigstens besser gewesen, wenn sie welchen gehabt hätten?“. Diese Option kommt im Denken des Wilden nicht vor, und so merkt er gar nicht, dass die Annäherung der Lenina bereits nicht mehr eine rein fleischliche Lust ist („Metze), wie es ihrer Normung entsprochen hätte, sondern einen sehr individuellen „hohen“ menschlichen Gefühl Platz zu machen begann. Das Mädchen, das ihn hätte verstehen wollen – und vielleicht allmählich auch verstanden hätte – verstößt er, während er primitiv Genormte meint, befreien zu können, indem er ihnen ihre Glücksdroge wegwirft. (Vielleicht ein Hinweis an künftige Revolutionäre, am Grad der Verständnisfähigkeit der Massen anzuknüpfen?)

Die durch Zufälle Abweichungen von der Normung in Richtung individuellen Handelns zeigen, werden auf Inseln verbannt. Wie viele mögen das sein? Wie werden die sich entwickeln, die Entwicklung der Erdbevölkerung beeinflussen? Huxley hält sie als Reserve.Er droht aber mit Selbstzerfleischung der Test-Alphas. Womit sich das Gedankengebäude in Widersprüche verstrickt, weil eben unterschiedliche Menschen gebraucht werden. Nur wie sieht die „schöne neue Welt“ dann aus?

Cover des Buches Ein Stern fliegt vorbei. Wissenschaftlich-phantastischer Roman. (ISBN: B002KJP2C0)

Bewertung zu "Ein Stern fliegt vorbei. Wissenschaftlich-phantastischer Roman." von Karl-Heinz. Tuschel

Ein Stern fliegt vorbei. Wissenschaftlich-phantastischer Roman.
RogerSuffovor 10 Jahren
Naiv freundliche Zukunftssicht auf die Menschheit

Gerade entdeckte ich, dass das Buch neu aufgelegt worden ist. Es wäre sehr interessant, die Überarbeitung mit der Urfassung zu vergleichen. Ohne wesentliche Veränderungen kann ich es mir heute nicht vorstellen ... Hier geht es um jenes in der aufstrebenden DDR entstandene: Ich habe das Buch bis zu Enede gelesen und es nicht bereut. Trotzdem habe ich mich mehrmals vergewissert: Es stammt aus dem Jahr 1967. Mit welcher Naivität darin davon ausgegangen wird, dass in einer noch lange nach uns heute liegenden Zeit mit Loch- und Magnetstreifen gearbeitet werden würde, dass man von schweren Rechnersystemen ausgeht, deren Leistungsfähigkeit weit hinter der heute erreichten liegt, dann wird das Buch irgendwie mottenfraßig. Dazu kommt, dass die Hinweise, die abstrakt zu erklären versucht, dass man, also wie man im Kommunismus lebt. Diese Passagen riechen nach vorauseilendem Gehorsam, mit dem der Autor dass Wohlwollen der Kulturfunktionäre zu gewinnen hoffte. Für mich kontraproduktiv wirkt die größenwahnsinnige Perspektive des Buches, also dass es geschrieben ist, als sei es von einem Menschen aus der Zukunft der geschilderten Zukunft rückblickend geschrieben. Das wirkt zum einen unlogisch, weil der Erzähler so tut, als wisse er etwas, was seine Zeitgenossen nicht wüssten, das nimmt aber auch viele Möglichkeiten, Spannung zu erzeugen. Es ist letztlich eine Schilderung, wie toll doch die Menschheit gewesen sei, dass sie das alles gelöst habe – womit eben viel vorweg genommen ist.

Dabei ist die Handlungsidee eigentlich extrem: Ein Materiefeld mit mehreren Planetoiden nähert sich dem Sonnensystem auf einem Kurs, der das wahrscheinliche Ende des Lebens auf der Erde bedeuten würde. Dies ist das Ergebnis einer verschlüsselten Botschaft von Außerirdischen. 100 Jahre haben die Erdenbewohner Zeit. Zeit also für Erkundungsflüge und Erfahrungen mit dem Verhalten von Menschen im Verlauf von Langzeitflügen. Da kommt zweimal auch ein wenig Spannung auf: Einmal als eine psychosomatische Lethargie-Erkrankung um sich greift und das andere Mal, als eine Virenmutation eines der Raumschiffe im engsten Sinn die Substanz eines der Schiffe angreift,
Alle handelnden Personen sind positive Charaktere. Kleine Reibereien entstehen durch (psychische) „Krankheiten“ und Selbstüberforderung bei der Arbeit. Ihre Lösung wird durch eine klärendes Eingreifen Nahestehender erreicht – wenn auch nicht immer am optimalen Zeitpunkt.
Ein Detail gefiel mir in seiner (Nicht-)Darstellung: Die familiären Nebeninfos machen klar: Lutz Gemba hat einen afrikanischen Einschlag im Äußeren, aber niemand hält für erforderlich, es in irgendeiner Weise zu erwähnen.
In erster Linie ist das Buch ein Dokument, wie man sich vor 50 Jahren in der DDR die Zukunft dachte. Traurig dabei, dass Kuschel den Zweifel des Starwissenschaftlers an der Beherrschabarkeit der Hyperfusion zu schweren Kernen keinen positiven Wert zuordnen mag, sie eher in Fortschrittsgläubiskeit untergehen.  

Cover des Buches Der lebende See (ISBN: 9783944907017)

Bewertung zu "Der lebende See" von Slov ant Gali

Der lebende See
RogerSuffovor 10 Jahren
Reisen durch Zeiten und Räume von gruselig bis heiter

Eine Sammlung von Stories zu rezensieren ist immer schwierig. Bei dieser besonders, weil von keiner Geschichte auf die nächsten geschlossen werden kann. Wenigstens zwei bieten skurrile Wege an, wie Slov ant Galis Lieblingsgesellschaft, so eine Art Kommunismus, erkämpft werden könnte, beide aber sicher nicht ernst gemeint. Immerhin führen ihn in der einen die Erde im Handstreich besetzende Außerirdische ein.

Da hält der Autor wohl den Untergang der irdischen Zivilisation für ein wahrscheinlichere Zukunftsvision, die mehrere Geschichten auf unterschiedliche Weise behandeln. Darunter ist selbstverständlich eine herrlich absurde, in der die Menschheit ausstirbt, weil alle Frauen von Laborflöhen gebissen werden. Deren Wirkung ist eine ungebremste Sexlust, die alles Andere abschaltet. Der Konzern wollte doch „nur“ Profit machen. Natürlich ist auch ein bisschen Rache der Natur an den Menschen dabei – Horror mit Augenzwinkern. Immer wieder die Frage der persönlichen Verantwortung, das Mitmachen oder das Aussteigen, weil man nicht ein Rädchen sein will, das macht, was scheinbar jeder macht. Dabei wird Gegenwärtiges auf die Spitze getrieben. Big Brother und NSA-Skandal finden grausige Fortsetzungen. Allerdings empfinde ich diese Geschichte als schwächste im Band.
Gefechte zwischen Raumschiffen finden nicht statt, dafür aber eine Raumschiffentführung und Visionen zwischen Wirklichkeit und Einbildung, bei denen sich der Leser seinen Teil denken muss.
Die Titelgeschichte hätte sicher zu einer Star-Trek-Folge umgearbeitet werden können. Evolution und Absonderlichkeiten. Was passiert, wenn sich alle eingefügt haben, und erst ein von außen Kommender bemerkt, dass etwas nicht stimmt?
Einem echten SF-Fan muss man das „Großvaterparadoxon“ nicht erklären. Mit ihm spielt der Autor recht naiv-freundlich.
Vielleicht sollte man mehr Didaktik von den Geschichten verlangen, eine klare Aussage, warum die jeweilige Geschichte erzählt wird und wie ernst man das nehmen soll, was man gerade gelesen hat. Mir gefällt hier aber mehr, dass manche surreale Schwebe erhalten bleibt. Mir geht es ein wenig wie dem Psychiater in der verstörenden Eröffnungsgeschichte „Abea“, der sicher ist, dass hinter der erzählten eine ganz andere Geschichte steckt. Vor der schützt sich der unheldische Held mit einem kräftigen Schuss Fantasie. Der Fantasie des Leser zuträglich ist wahrscheinlich, wenn man manche Auffassungen des Autor aus „Gemeinschaft der Glückssüchtigen“ schon kennt – aber dann weiß man vielleicht doch, was er sagen möchte …  

Cover des Buches Querfeldein ist nicht immer geradeaus (ISBN: 9783944907024)

Bewertung zu "Querfeldein ist nicht immer geradeaus" von Gunda Jaron

Querfeldein ist nicht immer geradeaus
RogerSuffovor 10 Jahren
Kurzmeinung: heitere Mischung aus Prosa und Lyrik
Vorwiegend Heiteres zwischen Kindheit und Ehegattenmord

Vorsicht: In diesem Buch versuchen zwei Autoren den nichts Böses ahnenden Leser immer wieder neu durch lockeres Geplauder zwischendurch so lange einzulullen, bis er mit der nächsten Pointe nicht mehr rechnet. Vor allem Gunda Jaron lässt ihre Leser mit offenbarem Vergnügen zappeln, bis er auf die ausgelegte falsche Spur reingefallen ist. Zumindest die FKK-Psychologie durchbricht aber dieses Muster: Der Leser darf früh schmunzeln und er kann nachher nur darüber diskutieren, ob der nächste den vorigen Gedanken getoppt hat. Die Richtung aber bleibt gleich: Der FKKler ist eben … eigen. (Wobei die Erzählerin ja selbst dazu gehört.) Ansonsten wäre es unfair, die Handlung einzelner Geschichten in einem Satz zu erzählen: Entweder man verrät die Pointe, auf die alles hinsteuert oder man erzählt nicht die Geschichte, wie sie gemeint ist. Insofern sind einige Texte dabei, die sich aufdrängen, ein zweites Mal gelesen zu werden, wenn man gerade fertig ist: Man kann dann die Stellen entdecken, die schon auf die richtige Lösung hingedeutet haben, an denen man aber lesend vorbei geführt wurde. Nur eines sei verraten: Mehrmals werden Morde begangen. Und bei den Texten, die ganz ohne Verbrechen auskommen, lauern die furchtbar doofen Tücken des Alltags – kann man doofe Lieder zu singen.
Insgesamt waren die Autoren allerdings sehr in ihren „roten Faden´“ verliebt und die meisten Gedichte sind intellektuell wenig „anspruchsvoll“.
… 2.
Mit Saufen bringt Ernst, welch’ Blamage,
die Freundin tagtäglich in Rage.
Er kann nur noch lallen,
da lässt sie ihn fallen
vom Fenster der siebten Etage. …

Das ist auch der Vorzug des ganzen Bandes: Man kann beim Lesen entspannen. Wer allerdings unterwegs lesen will, der sollte aufpassen: Die Geschichten sollten einzeln im Ganzen gelesen werden.


Cover des Buches Liebe m.b.H. (ISBN: 9783944907000)

Bewertung zu "Liebe m.b.H." von Slov ant Gali

Liebe m.b.H.
RogerSuffovor 10 Jahren
Kurzmeinung: alle Stationen von Liebesbeziehungen feinfühlig oder hintergründig bedichtet
Gedichte für jede Liebeslage

Klar habe ich auch einige Liebesgedichte geschrieben. Das macht doch jeder mal. Aber nicht so verschiedene, nicht solche, die sich ein Paar zum Hochzeitstag schenken kann und kein Schmalz bleibt kleben, eher so ein hintergründiges Schmunzeln der Heineschen Art. Man kann das Buch auch als Lebensgeschichte lesen, angefangen mit nicht immer erfolgreicher Fühlung-Aufnahme, die Phase des Himmehochjauchzens fällt zum Glück nicht zu lang aus. Schon kommt die Zeit nach dem filmischen Happyend, bei dem im Film nach Tucholsky ausgeblend´ wird. Hier nicht. Hier gehen die Helden fremd – und sei es nur in Gedanken – oder sie mischen einander „Wohlriechende Trichterlinge“ (solche Pilze gibt’s wirklich, sollte man meiden) in ihr Zeitgulasch, tun sich weh, bereuen, entfremden sich im Alltag und enden doch in Gefühlen am Rande der Steinernen Hochzeit, es hat sich gelohnt.
Schön auch der Wechsel der Stile und „Tonarten“. Der liegt nicht nur daran, dass die drei Autoren sich ständig gegenseitig ablösen. Sie spielen ja auch mit Motiven wie dem Feuer speienden Drachen oder dem Wunsch, ihr Leben wie ein zu eng gewordenes Kleid abzulegen, den sich die Partner nicht erfüllen können. Ich fand genug „moderne Lyrik“, aber eben auch klassisch Gereimtes und Gedichte, bei denen ich über so viel mehr oder weniger schwarzen Humor mir das Grinsen nicht verkneifen konnte. Und das Heulen auch nicht. Das will schon was heißen.
Vielleicht zum Abschluss etwas „Theoretisches“. Wenn man über einen Gedichtband schreibt, darf man ja wohl ein Gedicht vorstellen:
wir alle
sind inseln
felsen im ozean
manchmal
reiten sirenen
auf unserem
sonnigen punkt
dann kuschelt sich
strandgut
an unsere
grindige haut
bevor die flut
alles fortspült 
später
nennen wir es
liebe
„Liebe m.b.H.“ sieht auch Optimistischeres …  

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Krimis und Thriller, Fantasy, Literatur, Unterhaltung

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