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Rolandpauler

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Rezensionen und Bewertungen

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Cover des Buches Dezemberfieber (ISBN: 9783946086024)

Bewertung zu "Dezemberfieber" von Frank O. Rudkoffsky

Dezemberfieber
Rolandpaulervor 8 Jahren
Kurzmeinung: Ein Buch, das unter die Haut geht
Hölle der Psyche

Der äußerst bewegende Roman spielt sich auf drei Ebenen ab: Bastian, Student und Schriftsteller, reist mit seiner Freundin Nina durch Thailand – zumindest ist es so geplant. Wenige Tage vor dem Abflug ist sein Vater gestorben, zu dem er seit seinem Studienbeginn vor neun Jahren den Kontakt weitgehend abgebrochen hatte. Bei der Haushaltsauflösung fällt ihm ein Buch in die Hände mit Briefen, die sich seine Eltern geschrieben hatten, als sie nicht mehr miteinander sprechen konnten, obwohl sie in einem Haus mit ihrem Sohn zusammenwohnten. Die Mutter war psychisch krank, depressiv. Ihre Krankheit zerstörte die Familie.
Die Darstellung des Familienlebens ist die zweite Ebene, beginnend in einer Zeit, in der die Mutter noch Mittelpunkt der Familie, der schriftstellerisch begabte und ambitionierte Sohn noch glücklich ist, Depressionen trüben bereits ihr Verhältnis zu ihrem allzu besorgten Ehemann. Sie endet mit Bastians Auszug und vergeblichen Versuchen des Vaters, engeren Kontakt zum Sohn herzustellen.
Die dritte Ebene sind die Briefe der Eltern, die sie in der Phase der Sprachlosigkeit in ein Buch schreiben, um die Kommunikation irgendwie aufrechtzuerhalten. Diese Dokumente sind Zeugnisse der zunehmenden Zerrüttung und Hilflosigkeit des Vaters, der mit Vernunft gegen eine Krankheit ankämpfen will, die sich jeglicher Vernunft verschließt. Der Vater flüchtet sich in seine Arbeit, die ihn regelmäßig nach Thailand führt, und in eine kurze Liaison mit einer Arbeitskollegin. Der Sohn erfährt von ihr und interpretiert sie als Verrat an der Mutter, die Selbstmord begeht.
Diese beiden Ebenen begleiten den Erzählstrang: Reise in Thailand. Diese nimmt eine unerwartete Wendung, als Bastian auf eine rätselhafte Botschaft in einem Bücherregal stößt, die drei junge Rucksackreisende hinterlassen haben. Es ist eine Art Schatzkarte, die ihn und Nina zu einem Ort in unwegsamem Gelände des Nationalparks führt, an dem ein Buch versteckt ist mit dem Eintrag: „The ghost of Felix Hoffmann“. Bastian schließt sich den drei Jugendlichen an und verlässt die allzu fürsorgliche Nina, von der er sich nicht verstanden fühlt. Für Bastian beginnt eine selbstzerstörerische Reise in die Vergangenheit: Leitfaden sind die Briefe seiner Eltern. Er verfällt Alkohol, Zigaretten und Drogen: Seine Depressionen steigern sich zu Wahnvorstellungen rund um sein Schuldbewusstsein gegenüber der Mutter. Sein Hass gegen den Vater wächst, dem er größte Schuld an dem tragischen Leben und Ende seiner Mutter gibt. In seiner Fantasie wird sein Vater, der beruflich viel in Thailand zu tun hatte, zum Sextouristen. Als er einen Mann mit einer jungen Thailänderin entdeckt, der seinem Vater ähnelt, greift er diesen volltrunken tätlich an und beschimpft ihn in übelster Weise. Dieser Mann rettet ihm im nächsten Augenblick das Leben, als Bastian von Jugendlichen überfallen wird, und leitet damit eine Wende ein. Bastian kehrt zu Nina zurück, dem Sinnbild eines von Vernunft bestimmten Lebens.
Mit unglaublichem Einfühlungsvermögen zeichnet Rudkoffsky nicht nur die Personen, ihr Fühlen und Handeln, sondern ebenso die jeweilige Umgebung, in der sie sich gerade bewegen. Die Briefe erlangen Unmittelbarkeit nicht nur aus ihrem Inhalt, sondern auch aus den kleinen Streichungen und Korrekturen, die zeigen, wie deren Schreiber um die richtigen Worte für ihre Gefühle ringen. Den Leser belastet die Ahnung: Bastian wandelt auf den Spuren seiner Mutter auf einen Abgrund zu. Vor diesem rettet ihn die Person, die er mit dem verhassten Vater identifiziert, der stets das Beste für seinen Sohn gewollt und ihn auf seine Weise geliebt hatte. 

Cover des Buches crystal.klar (ISBN: 9783946086000)

Bewertung zu "crystal.klar" von Dominik Forster

crystal.klar
Rolandpaulervor 8 Jahren
Kurzmeinung: Ein schonungslos offenes Buch eines cleanen Drogenabhängigen, über seinen Weg in die Sucht, das Leben mit Sucht und im Knast.
Einmal Hölle und zurück

Vorab: Ich habe Dominik Forster auf der Frankfurter Buchmesse kennengelernt und bin mit ihm befreundet. Vielleicht geht mir deshalb sein autobiografischer Roman derart unter die Haut. Er erzählt im brutalen Jargon der Szene, wie er als Jugendlicher, ausgestattet mit schwachem Selbstbewusstsein und großer Angst, in Drogenszene und Kriminalität hineinwächst. Zunächst die leichten Drogen, die sein Leben beschwingt und angenehm machen, dann härtere, schließlich Sucht und Beschaffungskriminalität - Griff in die Firmenkasse des Vaters und Dealen. Eindringlich beschreibt F. seine Gefühle im Rausch, seinen Ekel, die Gier nach immer neuen Levels, nach immer geileren Trips, nach Anerkennung bei „Freunden“. Sein Leben kreist nur noch um Drogen, auch wenn sie ihn fertigmachen: „Ich vegetiere nur noch vor mich hin. Ich kann es einfach nicht lassen, mir das Gehirn wegzuballern.“ Mehr und mehr verliert er die Kontrolle über sich, wird gewalttätig, verantwortungs- und rücksichtslos, sogar gegenüber seiner Geliebten. Aber gibt es überhaupt noch das Gefühl der Liebe für ihn? Paranoia hat ihn fest im Griff. Lässt sie überhaupt noch Gefühle zu, die Basis für menschliches Handeln?
Ich bin erleichtert, als die Polizei sein Drogenlager aushebt und er sich selbst stellt, bevor er, geistig umnachtet, noch zum Mörder wird. Im Gefängnis erwartet ihn eine Welt, „die einzig zwischen Mann und Opfer unterscheidet“. Angst prägt wieder einmal sein Leben, Anpassung ist die einzige Möglichkeit, nicht Opfer zu werden. Zukunftspläne „kreisen ständig um das Dealen und wie man das noch weiter ausbauen könnte. […] Mit etwas Vorkenntnis kommst du in den Knast, mit einem Doktortitel kommst du wieder raus.“ In der Einsamkeit der Zelle schwindet sein Lebensmut: „Dein Hirn vergewaltigt dich mit Worten, die du nicht loskriegst.“ Grausamer Höhepunkt: Ebrach, Jugendvollzugsanstalt . Von wegen Resozialisierung.
Ein von der Gefängnisleitung gelesener Brief an die Eltern, in dem er seinen Selbstmord ankündigt, bringt Forster endlich in Therapie - eine große Erleichterung, auch wenn er sich trotz allen Ekels nicht therapieren lassen will, weil er sich nach seinem alten Leben sehnt. Es gibt nichts anderes für ihn. In der Adaption wird er kurz vor seiner Entlassung rückfällig. Erst der Drogentod des „Freundes“, mit dem er nach dem Knast dealen wollte, führt zum radikalen Sinneswandel. Was bedeutet Freundschaft in der Drogenszene. Forster findet hier die Antwort auf eine Frage, die das gesamte Buch durchzieht.
Forster ist seit fünf Jahren clean und seit 2013 ehrenamtlicher Mitarbeiter in der Suchtprävention bei der mudra in Nürnberg. Er hat in über hundert Schulen über seine Erfahrungen berichtet und am 2. November den von der Ergo-Versicherung gestifteten Preis: „Dein Weg“, gewonnen. Sein Buch sollte zur Pflichtlektüre für alle gemacht werden, die teilhaben an der Formung unserer Gesellschaft. Die basiert längst nicht mehr auf Werten, die gegen den Ausstieg in die Parallelwelt der Drogenszene immun machen könnten. Pfeiler unserer ach so schützenswerten Wertegemeinschaft ist doch längst Sucht: Sucht nach Konsum, Gewinn, Schönheit, Macht und vielem mehr bereits im Kindesalter. Wer da nicht mithalten kann, wird ausgegrenzt, wird Opfer, nicht nur im Knast. Es ist nicht mehr viel da von der christlichen Leitkultur. Selbst die „heiligsten Feste“ stehen längst im Bann dieser Sucht. Und wo bleibt der Mensch, um den es Jesus nach Aussagen der Evangelisten eigentlich ging?

Cover des Buches Der Tanz der Häsin (ISBN: 9783944788340)

Bewertung zu "Der Tanz der Häsin" von Dieter R. Fuchs

Der Tanz der Häsin
Rolandpaulervor 8 Jahren
Kurzmeinung: Eine faszinierende Geschichte voll von Schicksalsschlägen, Emotionen und psychologischem Einfühlungsvermögen. Dazu noch dezent lehrreich.
Die tanzende Häsin lenkt Geschicke

Vorab eine Warnung für Leser, die morgens ausgeschlafen sein müssen: Mehrfach habe ich das Buch in der Nacht weggelegt, um endlich zu schlafen. Nach einigen Minuten habe ich weitergelesen, weil ich derart fasziniert von Inhalt und Stil war. Jetzt schreibe ich gähnend die Rezension, was ich ansonsten aufgrund von Faulheit vermeide. Vielleicht hat mich das Buch derart in seinen Bann gezogen, weil ich mich darin in mehreren Figuren wiederfinde – u a. Sandras Begeisterung für Forschung und ihre Liebe zu einem Behinderten oder ganz allgemein der Umgang der Protagonisten mit zum Teil schrecklichen Schicksalsschlägen.
Im Mittelpunkt des Romans steht die Metsuke-Figur der tanzenden Häsin, einer Frauengestalt mit Hasenkopf, aus dem Besitz des Autors. Dieser gibt ihr eine bewegte und bewegende Geschichte in drei Erzählsträngen. Zwei davon beginnen in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, der dritte im Jahr 2014.
Die Kunsthistorikerin Sandra Haas erfindet sich neu, verändert ihr Aussehen und vor allem bricht sie beruflich aus dem Alltagstrott aus. Sie verzichtet auf eine Anstellung an der Universität München, die mit einem Forschungsprojekt für ihre Doktorarbeit verbunden ist. Das alte, vom Doktorvater und Arbeitgeber gestellte Thema ödet sie an, sie brennt für ein anderes: Der Einfluss japanischer Kunst auf die Künstler des Blauen Reiters. In Zusammenhang mit diesem Thema stößt sie auf die tanzende Häsin. Eine Zeichnung ihres Ururgroßvaters von dieser schafft die Verbindung zu dem Erzählstrang, der 1914 in St. Petersburg beginnt.
Die Figur der tanzenden Häsin soll zusammen mit anderen Metsuke-Figuren nach London gebracht werden, wo diese kleine, aber feine Sammlung dem Industriellen Fabergé zum Geburtstag geschenkt werden soll. Auf der langen Bahnreise bekommt Sandras Ururgroßvater sie zu Gesicht und zeichnet sie ab. Diese Skizze stellt die Verbindung zum dritten Erzählstrang her.
In einem Münchner Tabakladen, gleichzeitig Umschlagplatz für Kunstgegenstände, bekommt Franz Marc die Figur zu sehen und skizziert sie in seinem Skizzenbuch. Diese Figur beeinflusst zumindest eines seiner Bilder und berührt durch seine magische Kraft die Seele des Malers und die seiner Frau. Auch das Petersburger Liebespaar scheint von der Magie der Figur bezaubert, ebenso Sandra, die eine innere Wandlung vollzieht, der Autor des Buches und dieser Rezension.
Überaus interessant erweist sich, was Fuchs über den Hasen in der Mythologie in sämtlichen Kulturkreisen zusammenträgt. Fast erscheint er als Archetyp menschlicher Kultur oder Psyche. In allen drei Erzählsträngen tragen die Protagonisten Erkenntnisse zu diesem Thema zusammen, die wiederum Einfluss auf deren Psyche und das gesamte Geschehen haben. Die tanzende Häsin ist allgegenwärtig.
Die Art der Darstellung weckte in mir Emotionen. Ich habe mich mit mehreren der Protagonisten identifiziert, mit ihnen gelitten und mich mit ihnen gefreut. Was will man mehr von einem Buch?
Roland Pauler



Cover des Buches Die Chemie des Todes (ISBN: 9783499256462)

Bewertung zu "Die Chemie des Todes" von Simon Beckett

Die Chemie des Todes
Rolandpaulervor 9 Jahren
Cover des Buches Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand (ISBN: 9783570585016)

Bewertung zu "Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand" von Jonas Jonasson

Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand
Rolandpaulervor 9 Jahren
Cover des Buches Die Päpstin (ISBN: 9783746627854)

Bewertung zu "Die Päpstin" von Donna W. Cross

Die Päpstin
Rolandpaulervor 9 Jahren
Cover des Buches Mieses Karma (ISBN: 9783499266768)

Bewertung zu "Mieses Karma" von David Safier

Mieses Karma
Rolandpaulervor 9 Jahren
Cover des Buches Harry Potter und der Stein der Weisen (ISBN: 9783551551672)

Bewertung zu "Harry Potter und der Stein der Weisen" von Joanne K. Rowling

Harry Potter und der Stein der Weisen
Rolandpaulervor 9 Jahren
Cover des Buches Der Vorleser (ISBN: 9783257060652)

Bewertung zu "Der Vorleser" von Bernhard Schlink

Der Vorleser
Rolandpaulervor 9 Jahren
Cover des Buches Sakrileg - The Da Vinci Code (ISBN: 9783404154852)

Bewertung zu "Sakrileg - The Da Vinci Code" von Dan Brown

Sakrileg - The Da Vinci Code
Rolandpaulervor 9 Jahren

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