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STMaster

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Cover des Buches Spieltrieb (ISBN: 9783895610561)

Bewertung zu "Spieltrieb" von Juli Zeh

Spieltrieb
STMastervor 13 Jahren
Rezension zu "Spieltrieb" von Juli Zeh

Inhalt:
Die sehr intelligente, jedoch genauso zurückgezogene Schülerin Ada kommt neu auf das private Ernst-Bloch-Gymnasium in Bonn, da sie von ihrer alten Schule geflogen ist. Sie redet kaum - und wenn, dann ist sie meist sehr provokant - auch, weil Ada sich für etwas besseres hält. Zum Beginn des zweten Halbjahres ihres zweiten Jahres auf Ernst-Bloch kommt der halbägyptische Schüler Alev - ein eher schlechter Schüler, der schon auf ettlichen Schulen in ettlichen Ländern war - neu auf die Schule. Gemeinsam beginnen sie, mit ihrem Deutschlehrer zu spielen.

Bewertung:
„Wir wollen keine Gemeinschaft. Wir wollen unsere Ruhe.“

Ich muss sagen - Bertold Brecht hätte sich über dieses Buch gefreut. Normalerweise habe ich einen Körper, ein Gesicht, eine Stimme aller Romanfiguren vor meinem inneren Auge und inneren Ohr, wenn ich ein Buch lese. Anders bei diesem Buch. Die Charaktere werden beschrieben - so gut beschrieben, dass man alles über sie weiß - wie sie aussehen, wie sie sprechen, einfach alles. Aber ich konnte sie mir nicht vorstellen. Ich konnte mich einfach nicht in die Charaktere hineinversetzen. Normalerweise lege ich ein Buch nach wenigen Seiten aus der Hand, wenn ich mich nicht in die Charaktere hineinversetzen kann, da dies normalerweise Ausdruck des mangelnden Könnens eines Autors ist - doch nicht bei diesem Buch. Bei diesem Buch hatte diese Distanz zu den Charakteren keine abstoßende, sondern eine anziehende Wirkung.

Ich habe Kommentare zu diesem Buch gelesen, in welchen Leute schrieben, sie könnten einfach nicht nachvollziehen, weshalb die Protagonisten des Buches so handeln wie sie handeln. Entweder - und das ist meine Meinung - waren diese Kommentare von Leuten, die meine Generation nicht kennen oder von Leuten, die nur eine heile Welt kennen. In diesem Buch gibt es wirklich sehr interessante Charaktere - allen voran Ada und Alev. Alev ist ein Junge, der eigentlich alles hat, was er braucht, andere gerne nach seiner Nase tanzen lässt und sich selbst überschätzt. Ich würde sagen, ihm haftet etwas wissenschaftliches an - er stellt eine Hypothese auf, stellt die günstigsten Rahmenbedingungen her und startet ein Experiment - und das alles um seine Neugierde zu befriedigen - und um sich selbst zu beweisen, dass er intelligent ist.
Die andere sehr interessante Person Ada hingegen ist ein hochbegabtes Mädchen, welches weiß, dass es den meisten Menschen geistig weit überlegen ist. Deshalb fühlt sie sich oft unterfordert und langweilt sich. Zudem hat sie eine Art Minderwertigkeitskomplex, den man allerdings nur zwischen den Zeilen erkennt. Aufgrund dieser Langeweile - und vielleicht, da sie nicht immer nur Außenseiterin sein möchte - macht sie bei Alevs Experiment mit.

Alles in alle mist das Buch sehr gut geschrieben, allerdings sucht die Autorin im mittleren Teil des Buches nach Vergleichen, findet keine, die wirklich passen und verwendet welche, die nicht passen. Dieser Teil ist etwas schwer zu lesen. Ansonsten ist die Sprache top und sucht ihresgleichen. Auch gibt es eine schöne Verwendung von Metaphern und Bildern - auch wenn diese erst geschaffen werden müssen, wie zum Beispiel das immer wiederkehrende Bild der „Prinzessin“ - eines jungen Mädchens, dessen körperliche Entwicklung perfekt abgelaufen ist und in der Zeit seiner Jugend einfach immer gut aussieht - egal mit welcher Frisur oder in welcher Kleidung. Allerdings ist die Intelligenz dieser Prinzessinen meist nicht allzu hoch.

Was mir an diesem Buch besonders gut gefallen hat war der Zynismus der Protagonisten. Hier mal zwei Beispiele:

Adas Mutter:„Ihr Vater ist Araber? Was macht er so?“ [...]
Alev: „Im Moment vögelt oder prügelt er meine Mutter, wahrscheinlich beides abwechselnd.“

„Wenn ich verheiratet wäre“*, sagte Ada, *„würde ich sagen: Ich bin die Treppe runtergefallen“

Fazit:
Ein wirklich tolles Buch, das ich ohne Zögern jedem empfehle - allerdings sollte der Leser auch mit Handlungen zurechtkommen, die außerhalb seines Verständnisses für "gut" und "richtig" liegen.

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