SamiraBubble
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SamiraBubbles Bücher
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"Wissen Sie, was die häufigste Google-Anfrage der letzten Jahre war?“, fragt Giovanni Frazzetto seinen Interviewer, um sogleich selbst die Antwort zu geben: „Was ist Liebe?". Eine Frage, die auf dem ersten Blick zunächst simple scheint, aber in Wirklichkeit ziemlich komplex ist. Der aus Sizilien stammende Hirnforscher Giovanni Frazzetto widmet sich in dem 180 Seiten schmalen Büchlein diesem Thema sowie den damit verbundenen Subthemen Nähe, Fürsorge, Zusammensein wie auch Distanz und Einsamkeit.
Frazzetto machte in Heidelberg seinen Doktor der Molekularbiologie, einem Bereich, in dem ich nicht wirklich bewandert bin. Doch entgegen meiner anfänglichen Befürchtungen gelingt es Frazzetto erstaunlich gut, dem laienhaften Leser einen angenehmen wie interessanten Zugang zu der Materie zu ermöglichen. Er verknüpft nämlich die Erkenntnisse aus der Neurowissenschaft mit der Kunst des Erzählens, wodurch das Ganze leichter zu erfassen ist. Der Forscher veranschaulicht die Grundlagen anhand von fiktiven Geschichten, in denen er Einzelpersonen, Paare oder Familien begleitet und mithilfe ihrer Gedanken, Gefühle und Handlungen wichtige Phänomene erklärt. Die Geschichten sind mitten aus dem Leben gegriffen, authentisch, menschlich und berührend. Frazzetto führt dabei zunächst in die Problematik ein, stellt die Figuren und ihre Lebensumstände vor und liefert an geeigneter Stelle nützliche Ergebnisse aus der Wissenschaft, die die gegenwärtige Situation erhellen und Zusammenhänge erklären. Die Geschichten, die je ein Kapitel umspannen gehen einem oftmals sehr nah, so sehr, dass man sich wünscht man könnte die Figuren noch ein Stück weiter begleiten und herausfinden, wie die Dinge für sie ausgehen. Nicht selten habe ich mich in einer Beschreibung angesprochen oder wiedergefunden, was so manche Auseinandersetzung und Reflexion mit den eigenen Erfahrungen, den eigenen Beziehungen zu den Menschen in meinem Umfeld und nicht zuletzt zu mir selbst angestoßen hat. Was ich Frazzetto hoch anrechne ist, dass er den Spagat zwischen wissenschaftlichen Anspruch und allgemeiner Verständlichkeit zu meistern weiß.
Er erzählt unterhaltsam, aber ohne an Seriosität einzubüßen. An mancher Stelle mag er etwas dick auftragen in dem Versuch die Geschichte besonders lebensnah zu gestalten, er schmückt schon gerne aus. Und vielleicht wäre Frazzetto in seinem nächsten Leben gerne Schriftsteller, das Talent hätte er auf jeden Fall dazu. Insgesamt bietet er dem interessierten Leser einen kurzweiligen Einstieg in ein komplexes Thema.
Bewertung zu "The Woman in the Window - Was hat sie wirklich gesehen?" von A. J. Finn
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Ich hab nach „The Woman in the Window“ gegriffen, weil es mir „The Girl on the Train“ ähnliche vibes gegeben hat. Von der Verfilmung dazu war ich damals ganz angetan und versprach mir nun eine ebenso spannende story des Debütautors A.J. Finn. Tatsächlich lehnt sich „The Woman in the Window“ sehr stark an den plot von „The Girl on the Train“ an. So wird auch hier die Perspektive einer isolierten, gescheiterten Frau gewählt, durch die der Leser die Geschehnisse wahrnimmt. Und auch hier wird der Leser in die Rolle eines Voyeurs gedrängt, denn ebenso wie Rachel, die jeden Morgen mit dem Zug an ihrer alten Nachbarschaft vorbeifährt und sich in das Leben, das sie einst hatte träumt, blickt auch Anna Fox - und damit auch der Leser - mit ihrer Kamera sehnsüchtig in die umliegenden Häuser und beobachtet die Bewohner. Für Anna ist es ein harmloser Zeitvertreib, aber gleichzeitig auch die einzige Verbindung zur Außenwelt. Nach einem traumatischen Erlebnis, über deren Hintergründe der Leser nur langsam und stückweise erfährt, hat Anna eine besonders schwere Form der Angststörung entwickelt, die sie ans Haus fesselt. Die Hilflosigkeit und das Ohnmachtsgefühl versucht die einstige Psychologin, die sich selbst immer in der Rolle der Hilfespenderin gekannt hat, mit Alkohol und Tabletten zu betäuben. Ein Umstand, der ihrer Glaubwürdigkeit als alleinige Zeugin eines Mordes nicht gerade zugutekommt. Der Autor versucht hier das bereits bekannte Spiel mit Wahrheit und Lüge zu spielen, indem er Anna als unzuverlässige Erzählerin präsentiert, der man nicht glauben darf. Das hat bereits den Reiz in „The Girl on the Train“ ausgemacht.
Doch während ich dort das Rätselraten um den Täter gespannt verfolgt und meine Aufmerksamkeit geschärft habe, um die einzelnen Puzzleteilchen zusammenzufügen, empfand ich es hier nur mühselig konstruiert und zu gewollt. Die Alkoholexzesse der Protagonisten zusammen mit ihrer wehleidigen Art, der betont zur Schau gestellte Leichtsinn, das ging mir schnell auf die Nerven. Erschwerend kommt hinzu, dass mir die Täterfigur vom ersten Auftritt an bekannt war (ich sag nur hello norman bates 🙋), sodass ich die nächsten 500 Seiten damit verbracht habe, meine Theorie bestätigt zu bekommen. Das ist NICHT gut bei einem Thriller. Es fehlt an Spannung, weil vorhersehbar. Es fehlt an Atmosphäre, weil alles so gewollt wirkt. Es fehlt an Bezug zu den Figuren, weil sie so unnahbar sind. Fazit: Für mich ein Fall von gewollt, aber nicht gekonnt.
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In dem Roman „Lied der Weite“ widmet sich Kent Haruf sieben Menschen aus der fiktiven Kleinstadt Holt nahe Colorado und verwebt deren Schicksale zu einer anrührenden Erzählung, die tief bewegt. Mit einer ausgesprochenen Ruhe und einer beeindruckenden Beobachtungsgabe erzählt der mittlerweile verstorbene Autor von den Sorgen und Wünschen ganz normaler Menschen. Jeder von ihnen hat seine eigene Geschichte, seine eigenen schmerzhaften Erlebnisse, nichts davon ist wirklich neu und doch treffen sie den Leser mitten ins Herz.
Da wäre Guthrie, Lehrer und Vater, der sich von seiner apathischen Frau emotional entfremdet hat und nun Job und Erziehung allein bewältigen muss. Da wären seine beiden kleinen Jungen, die darunter leiden, dass ihre geliebte Mutter ihnen immer mehr entgleitet, wogegen sie verzweifelt versuchen anzukämpfen. Da wäre Victoria, die mit 17 ungewollt schwanger und von ihrer Mutter deshalb vor die Tür gesetzt wird. Da wäre die engagierte Lehrerin Maggie, die sich ihrer vorübergehend annimmt, jedoch mit ihrem dementen Vater genug zu tun hat. Da wären die beiden Brüder McPheron, zwei liebenswürdige, gealterte Junggesellen, die nicht viel vom Leben gesehen und kennengelernt haben außer ihren Hof, auf dem sie abseits der Stadt leben. Als sie Victoria auf Drängen der Lehrerin bei sich aufnehmen verändert sich das Leben aller Beteiligten. Gemeinsam bauen sich die drei, die allmählich mit einander zusammenwachsen, eine Art Wahlfamilie auf und zeigen damit den Bewohnern der Stadt, dass es möglich ist aus der wie auch immer entstandenen Einsamkeit wieder herauszufinden, wenn die Menschen zusammenhalten und für einander einstehen.
Was mir bei all dem gefehlt hat, war ein stärkerer Blick in das Innere der Handelnden, der Roman bietet keine Introspektion in ihre Gedanken, es gibt keine inneren Monologe, die die Figuren noch nahbarer und fassbarer machen würden. Haruf lässt sie vielmehr über ihre Taten sprechen, jedoch fiel mir zumindest bei Victoria, die ja nun die Hauptperson ist auf, dass sie zuweilen unbeteiligt wirkte. Es wurde viel über ihren Kopf gesprochen und entschieden. Auch hat mich das Ende nicht ganz zufriedengestellt, irgendwie wurden die Fäden etwas vorschnell zusammengezogen, was mich irgendetwas vermissen ließ.
Diese Punkte tun dem positiven Gesamteindruck jedoch keinen Abbruch, denn Roman überzeugt auf anderer Seite durch seinen ruhigen, eindringlichen Schreibstil, der ganz ohne Hektik oder Dramatisierung zu fesseln weiß. Das ist sehr angenehm für den Leser und bewirkt, dass man ganz aufmerksam auch den leisen Zwischentönen, dem Nicht-Gesagten lauscht, in denen, wie so oft das ganz Wesentliche ausgedrückt wird.
Fay, die titelgebende Hauptfigur ist 17 als sie von zu Hause abhaut. Keinen Tag länger hält sie es dort aus bei ihrer in bitterer Armut lebenden und zerrütteten Familie, ihrer apathischen Mutter und dem gewalttätigen Vater, der zu sexuellen Annäherungen an seiner Tochter neigt und den kleinen Bruder gegen einen Pick-up ausgetauscht hat. Sie will zum Küstenort Biloxi in Mississippi, dort soll es warm sein, mehr weiß sie nicht darüber. Auch nicht wie sie mit nur zwei Dollar in der Tasche dorthin kommen soll. Überhaupt zeichnet sich Fay durch eine große Unwissenheit aus, die den Leser so manches Mal den Kopf schütteln lässt. So weiß sie etwa nicht was es bedeutet Trinkgeld zu geben, was es mit Prostitution auf sich hat und warum die Kassiererin an der Tankstelle ihr als Minderjährige kein Bier verkaufen will. Dazu ist sie noch ziemlich naiv, sie trampt allein durch den Süden, steigt bei Männern ins Auto und muss dann auf die harte Tour erfahren, dass es nur den wenigsten dabei um uneigennützige Hilfe geht. Trotz aller Ahnungslosigkeit und so mancher Katastrophe, die sie dadurch verursacht, ist sie eine Figur, mit der der Leser sympathisiert, denn er merkt, hier ist ein junges Mädchen, das einfach nur auf der Suche nach Geborgenheit und Liebe ist.
Der Roman ist wie ein Roadmovie aufgebaut: Wechselnde Schauplätze, ereignisreiche Wendungen, immer in Bewegung. Was mich sehr schnell gestört hat, war der Schreibstil von Brown. Er schreibt sehr, sehr, sehr detailliert. Der Roman besteht zu einem großen Teil aus passagenweisen Landschafts-und Situationsbeschreibungen, die einem jeglichen Raum für die eigene Vorstellungskraft nehmen. Für mein Empfinden – und mich stören normalerweise keine längeren Beschreibungen – war das viel zu ausführlich und hat sich negativ auf meinen Lesefluss ausgewirkt. Manch einer mag das Brown verzeihen, weil er dafür gute Unterhaltung bietet, die durchaus spannend und atmosphärisch ist, für mich hat es aber einiges kaputt gemacht.
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Bewertung zu "Underground Railroad" von Colson Whitehead
Whiteheads preisgekrönter Roman erzählt von der Flucht der jungen, widerspenstigen Sklavin Cora, die mit Hilfe der titelgebenden „Underground Railroad“, einer Untergrundbahn, dem harten Dasein auf einer Plantage in Georgia entfliehen will. In der Realität beschrieb die Underground Railroad ein geheimes Netzwerk von Fluchtrouten für Sklaven, an dem in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, nicht nur Schwarze, sondern auch weiße Gegner der Sklaverei beteiligt waren. Dabei verständigten sie sich über Codes der Eisenbahn (was der ganzen Sache seinen Namen gab); es gab die „Schaffner“, die dafür sorgten, dass die „Passagiere“ an sichere „Stationen“ gelangen, wo sie kurzfristig Unterschlupf finden konnten bis die „Fahrt“ wieder zum nächsten „Bahnhof“ vorgenommen werden konnte.
Whitehead nimmt den Begriff der UR wörtlich und lässt seine Protagonistin mit einer unterirdischen Eisenbahn den gefährlichen Weg in die Freiheit nehmen, der sie durch das ganze Land führt.
Doch zunächst beschreibt der Roman sehr anschaulichen und dadurch unerträglichen Bildern das harte Leben von Sklaven, die tagtäglich unter der Willkür ihrer teils sadistischen Besitzer leiden müssen. Auspeitschungen, Verstümmelungen, Vergewaltigung sowie psychischer Terror stehen auf der Tagesordnung: „Randalls Besucher schlürften gewürzten Rum, während Big Anthony mit Öl übergossen und geröstet wurde. Den Zeugen blieben seine Schreie erspart, weil man ihm schon am ersten Tag sein Geschlecht abgeschnitten, es ihm in denMund gestopft und diesen zugenäht hat“.
Es gibt Dutzende solcher brutalen Szenen im Buch, eine schlimmer als die nächste. Es verwundert also nicht, dass Cora, deren Mutter selbst vor Jahren alleine und erfolgreich geflüchtet ist, es ihr nachmachen will. Sodann folgt eine spannende Reise durch verschiedene Staaten, die jeweils auf ihre Art mit der Sklaverei umgehen. Im vermeintlich liberalen South Carolina etwa, wo Cora zwischendurch Halt macht und ihren Frieden meint gefunden zu haben, werden geheime Experimente an Schwarzen durchgeführt. Also geht die beschwerliche Reise für Cora weiter, von einer Station zur nächsten, mal schneller, mal mit Verzögerung. Gleichzeitig ist sie sich wohl im Klaren darüber, welche Strafen sie und auch ihren weißen Fluchthelfern erwarten, wenn sie aufgespürt wird. Doch einmal die Süße der Freiheit geschmeckt, will Cora nicht aufgeben und geht entschlossen und mutig weiter ihren Weg ins Ungewisse.
Coras Persönlichkeit gehört definitiv zu den Stärken des Buches, man bewundert sie für ihren Willen frei zu sein und bangt mit ihr. Daneben fand ich es nach der Lektüre von Heimkehren, das ebenfalls von Sklaverei handelt, erfrischend wie Whitehead ganz freivon Pathos und nüchtern mit dem Thema umging, während Gyasis Sprache einen stark emotionalisierenden Charakter hat, die (zurecht) von Wut und Frustration durchgezogen ist. Whitehead lässt es sich jedoch auch nicht nehmen Amerika für seine (wieder aktuellen) Verbrechen anzuklagen: "Amerika ist ebenfalls ein Trugbild, das größte von allen. Die weiße Rasse glaubt – sie glaubt aus tiefstem Herzen –, dass sie das Recht hat, sich das Land zu nehmen. Indianer zu töten. Krieg zu führen. Ihre Brüder zu versklaven. Falls es irgendwo Gerechtigkeit gibt in dieser Welt, dürfte diese Nation nicht existieren, denn sie beruht auf Mord, Diebstahl und Grausamkeit.“
Insgesamt also ein augenöffnendes Buch, das Unterhaltung wie Erkenntnisgewinn bietet.
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Gyasi’s Heimkehren ist ein ambitioniertes Werk: Die Handlung erstreckt sich über einen Zeitraum von mehr als 250 Jahren, spielt auf zwei Kontinenten, folgt 7 Generationen einer Familie und ist aus 14 Perspektiven erzählt.
Seinen Ausgang nimmt es im Ghana des 18. Jahrhundert, in der zwei Halbschwestern getrennt und ohne die Kenntnis voneinander aufwachsen. Zum Einen ist da Effia, die mit einem britischen Offizier verheiratet wird und dank seiner Geschäfte im Sklavenhandel ein komfortables Leben im afrikanischen Kontinent lebt. Was keiner weiß, ist, dass unter den Menschen, mit denen ihr Mann und seine Leute handeln ihre Schwester Esi ist, die wie tausend andere aus ihrem Dorf verschleppt, erniedrigt und nach Amerika verschifft wird. Von hier an begleitet die Autorin die Lebensgeschichten der beiden Frauen und ihrer Nachkommen bis in die Gegenwart. Abwechselnd kommen die Frauen und Männer, Töchter und Söhne der beiden voneinander getrennt verlaufenden Familienzweige je ein Kapitel lang zu Wort. Räumlich bewegen sie sich zwischen der ehemals britisch besetzten Goldküste (das heutige Ghana) und den Baumwollplantagen sowie Kohleminen in den Südstaaten. Die Linie wird im heruntergekommenen New Yorker Stadtteil Harlem weitergeführt und schließlich zurück zum Ursprungsort gebracht.
Das verbindende Element ist dabei der Kampf nach Freiheit und Gleichbehandlung, den die Nachfahren beider Seiten noch bis heute führen müssen.
Mit ihrer bildhaften, lebendigen und zarten Sprache gelingt es Gyasi dem Leser ein tiefes Verständnis von diesem Kampf zu vermitteln, deren psychischen Folgen wie ein Schatten auf alle nachfolgenden Generationen liegen werden: „Wenn jemand etwas Böses tut…dann ist es, als würde ein Fischer sein Netz ins Wasser werfen. Er behält nur die wenigen Fische, die er selbst isst, und wirft die anderen zurück ins Wasser im Glauben, dass ihr Leben normal weitergehen wird. Niemand vergisst, dass er einmal gefangen war, auch wenn er jetzt frei ist“ (333).
Das wirklich Erstaunliche an Heimkehren ist schließlich, dass es auf eine so gelungene Art Fiktion und Fakten miteinander verwebt, sodass man sich durch das Buch gleichzeitig unterhalten wie auch gebildet fühlt. In jedem Fall ist es ein Werk, das einem während und nach dem Lesen beschäftigt und gedanklich nicht zur Ruhe kommen lässt, was angesichts der noch immer aktuellen Thematik vielleicht auch Sinn der Sache war.
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Zadie Smiths „Swing Time“ ist vollgepackt mit den verschiedensten Themen. Vordergründig soll es um eine Freundschaft zwischen zwei jungen Mädchen gehen, die während der 80er in einem ärmlichen Londoner Stadtteil zusammen aufwachsen. Beide hegen große Träume, wollen Tanzen und auf die großen Bühnen der Welt, doch nur eine der beiden hat wirklich Talent, die andere verfolgt nicht wirklich etwas zielstrebig und stellt auch nie etwas eigenständig auf die Beine, sondern lässt sich vielmehr nur mitziehen. Neben Musik und Tanz werden also auch die Punkte Rivalität, Siegen und Scheitern angeschnitten. Gleichzeitig behandelt Smith „große“ Diskurse wie Race/Gender/Identity, Rassismus, Diskriminierung, Politik sowie Familie und Frauenfiguren. Smith scheint nichts auszulassen und bringt alles irgendwie zur Sprache. Aber eben nur irgendwie. Sie bemüht sich die unterschiedlichen Themen gut auszubalancieren und hüpft immer mal wieder vom einen zum anderen. Doch sie nimmt sich nie einem bestimmten Thema genauer an, um es intensiver zu betrachten, wie es dem Thema vielleicht gerecht wäre. Alles tummelt sich im selben Wasser, wo es miteinander verschwimmt. In der Folge kann Smith gar nicht anders als in einem Modus zu kommen, in dem sie eher schwafelt, als festzustellen. Trotz manch klugen, zitatwürdigen Aussagen bleibt so manches leider an der Oberfläche hängen. Reduktion ist hier das Zauberwort. Trotz allem habe ich das Buch überwiegend gerne gelesen und gerade die Passagen über Tracy und der Ich-Erzählerin genossen, weil es diese Kapitel waren, in denen die für mich wirklich interessanten Themen und Fragen angesprochen wurden, während ich mit den Berichten von und über Aimee nichts anfangen konnte.
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Bewertung zu "Wir sehen uns am Meer" von Dorit Rabinyan
„Wir sehen uns am Meer“ erzählt die Geschichte von zwei jungen Menschen, der aus Israel stammenden Übersetzerin Liat und dem palästinensischen Künstler Chilmi und ihrer Liebe für einander.
Durch Zufall treffen sie eines Abends aufeinander und sofort springt der Funke über. Fortan verbringen sie eine intensive Zeit miteinander, erleben erinnerungswürdige Momente und geben sich dabei stets Mühe ihre verschiedene Herkunft, die wie eine unsichtbare Dritte in ihrer Beziehung sich immer wieder nach vorne drängt zu ignorieren. Anfangs vermitteln Liat und Chilmi ein hoffnungsvolles Bild von einem modernen Paar, das trotz seiner ethnischen Differenzen zueinanderhält und nicht zulassen will, dass die politischen Machtkämpfe zwischen ihren Herkunftsländern sich auf ihre Beziehung auswirken. Jedoch lastet der Druck auf beide schwer, vor allem auf Liat, die von Freunden und der Familie für ihre Beziehung stark kritisiert wird. Und auch zwischen den Liebenden kommt es immer wieder zu Reibungen, was frustrierend ist für sie wie auch für den Leser, weil man spürt, wie sehr die zwei sich eigentlich lieben. Man hofft mit ihnen, dass sie gegen die Widerstände, die sie von allen Seiten spüren erfolgreich ankämpfen können, doch am Ende geben sie sich geschlagen und sehen wohl ein, dass ihnen zumindest in diesem Leben keine gemeinsame Zukunft möglich ist.
Ich bin unentschlossen, was das Ende angeht. Einerseits hätte ich mir gewünscht, dass sie an ihrer Liebe festhalten. Andererseits mag es vielleicht unrealistisch gewesen sein, denn Liat musste letztlich früher oder später zurück in die Heimat und dort wäre kein Platz für Chilmi an ihrer Seite gewesen.
Positiv aufgefallen ist mir ansonsten der Schreibstil der Autorin, der sehr lebendig, bildreich, poetisch und elegant ist. Ihre Beobachtungen zu den Figuren und dem Umfeld, wie etwa den Landschaftsszenarien sind unglaublich präzise, detailliert und anschaulich. Mir hat es eine große Freude gemacht solche Passagen zu lesen. Zum Ende hin gab es aber einige Stellen, die sich sehr stark dahinzogen und langatmig wurden, was sich auch auf die Spannung auswirkte.
Nichtsdestotrotz halte ich den Roman für lesens- und damit empfehlenswert!
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Über mich
- 29.02.2016