Die gesamte Geschichte ist berührend und spannend und bietet jeder Leserschaft weitaus mehr als 200 Seiten bedrucktes Papier. Ich empfehle das Buch jedem.
Der Klappentext verrät es schon, dieses Buch hat es in sich. Am besten ist es wohl, sich einen regnerischen (oder auch sonnigen) Tag Zeit zu nehmen und richtig in das Buch hineinzufallen. Es mag vergleichsweise kurz sein, ist aber voll gespickt mit allem, was ein gutes Buch benötigt. Der angenehme Nebeneffekt: das handliche Format erlaubt auch den unbeschwerten Mittransport in allerlei Öffis oder auf Spaziergängen - bereits von mir und Freund*innen getestet. Und selbst in diesen ablenkenden Umgebungen rührt das Buch manchmal zu Tränen, lässt euch wütend werden, oder verursacht Schmunzeln, sodass sich die Zugnachbarin wundert.
Der Inhalt ist nicht primär handlungsbasiert, sondern lebt von den Dialogen und Gedanken der Charaktere. Die Charaktere sind handerlesen und überaus spannend konzipiert. Informationen, die man sonst beim Smalltalk erfährt - Ausbildung, Wohnort, Arbeitstätigkeit - werden ausgespart. Die Charaktere sollen nicht von den Lesenden voreilig definiert werden, sondern entwickeln sich über das Buch hinaus selbst und im Kopf der Leserschaft. Nicht primär die Charaktere stehen im Rampenlicht, sondern ihre Aussagen und Handlungen in Reaktion zueinander.
Der Klappentext bildet schon gut ab, welchen Themen sich Hannah Oppolzer in ihrem Debüt widmet. Lebensentwürfe - welche wir uns ausdenken und planen, welche von uns erwartet werden, welche wir abstoßen oder anziehend finden. Familien - was ist schon die beste Familie, was, wenn eine Mutter-Tochter-Beziehung nicht bilderbuchmäßig ist. Freundschaften - Was braucht es für eine wahre Freundschaft? Wie wird mit Gefühlen und Geheimnissen, Wahrheiten und Rollenerwartungen umgegangen? Romantische Beziehungen - Was, wenn die Liebe enttäuschend ist? Was wenn das Einfache und Gute nicht das ist, was man möchte? Fragen über Fragen, deren Antwort man nach dem Lesen näher kommt. Und das nicht, weil das Buch alle Antworten auf dem Silbertablett serviert, sondern weil es unglaubliche/unglaublich viele Denkanstöße liefert. Ein geniales Buch, um sich mit sich selbst und gesellschaftlichen Themen zu beschäftigen - und zwar genau in der Tiefe, die für einen selbst passt. Man kann mit Gedankenanstößen dieses Buches bestimmt ganze Tagebücher mit Sichtweisen über das Leben füllen, man kann sich aber auch einfach in die spannende Geschichte fallen lassen, die einen von jeder Seite schnell zur nächsten Blättern lässt. Auf dieser nächsten Seite kann man dann zahlreiche weitere spannende Wortwechsel zwischen den Charakteren lesen, und zwischen deren Zeilen. Man kann sich ebenso bei jedem Seiten-Umblättern von neuen literarischen Meisterstücken überraschen lassen: Blickwinkelwechsel, raffinierte Handlungswendungen, Wortspiele, und begeisternde Beschreibungen von Raum, Natur, Infrastruktur und äußerlichen Erscheinungen, die einem die Augen öffnen für die Mannigfaltigkeit der erlebten Realität.
Ich habe von dem Buch gelernt, mich zu reflektieren, hinter die Kulissen der Menschen zu sehen und mich jeden Tag dazu zu motivieren, zu eruieren was ich wirklich von meinem Leben möchte.